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Network-Centric Warfare - Der Ansatz eines Kleinstaates

von Helmut Habermayer

Kurzfassung

◄ Bei Network-Centric Warfare (NCW) geht es vor allem um eine "Transformation" der Streitkräfte, d.h. die evolutionäre Weiterentwicklung und die Einführung von neuen Kampfkraft-bezogenen Fähigkeiten, die durch neue Technologien möglich gemacht werden. Sie sollen den Streitkräften revolutionäre Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Armeen, aber auch gegenüber subversiven Bedrohungen verschaffen. Darüber hinaus muss NCW als Katalysator für die Vernetzung des gesamten sicherheitsrelevanten Staatsapparates gesehen werden. Diese übergreifende Entwicklung ist eine der wesentlichen Gründe, warum sich auch ein Kleinstaat wie Österreich der Herausforderung NCW stellen muss.

NCW umfasst die militärische Dimension mit den drei Komponenten strategisch, operativ und taktisch, wobei es bei ersterer um die Vernetzung der Nachrichtendienste und die Einbindung der von ihnen gewonnenen Ergebnisse in das Führungsverfahren geht, das für die österreichische Teilnahme in multinationalen Operationen von zentraler Bedeutung ist. Die operative Komponente muss die vernetzte Operationsführung multinational und Teilstreitkräfte übergreifend erleichtern, wodurch die Interoperabilität für die Teilnahme an multinationalen Operationen sichergestellt werden kann. Die taktische Komponente sollte für Österreich die höchste Priorität haben. Das erklärte Ziel, innerhalb der nächsten Jahre eine auslandseinsatzfähige Brigade aufzustellen, verlangt die Herstellung der Netzwerkfähigkeit einer solchen Brigade.

NCW umfasst weiters die staatliche Dimension, bei der es vorrangig um die Vernetzung der staatlichen Stellen zum Schutz der Bevölkerung und im Weiteren um eine vernetzte Sicherheitspolitik geht, und die internationale Dimension, d.h. die Vernetzung mit EU und NATO. Die eigentliche Problemstellung für das Bundesheer ist daher, die internationale Entwicklung mitzumachen und die Interoperabilität mit dem strategischen Umfeld zumindest soweit herzustellen, dass österreichische Kräfte an Netzwerk-unterstützten Friedensoperationen teilnehmen können.

Das im Frühjahr 2003 entwickelte Konzept NOVA (Netzwerk-zentrierte Operative Verfahren Austria) beschreibt die zu erreichenden Fähigkeiten des Bundesheeres und korreliert mit dem laufenden Reformprozess. Im Detail wird das Bundesheer in der Lage sein müssen, die folgenden neuen Regeln konsequent anzuwenden bzw. an ihnen teilzuhaben: - gleichzeitige Bereitstellung aller vorhandenen Mittel (concurrent resources), - Zusammenarbeitsfähigkeit (interoperability), - Führungsüberlegenheit (command and control superiority), - Selbstsynchronisation (self-synchronisation), - hohe Operationsgeschwindigkeit (speed of operations), - beherrschende Manöver (dominant manoeuvre), - gezielte Gefechtshandlungen (precision engagement), - fokussierte Logistik (focused logistics), und - umfassender Schutz (full dimensional protection).

Darüber hinaus wäre es für den Aufbau der geforderten Netzwerkfähigkeit von erheblichem Vorteil, wenn sich das Bundesheer neben einer stärkeren Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Technik im eigenen Lande auch auf starke strategische Partner im Ausland abstützen könnte, da eine kleine Armee nur schwer in der Lage sein wird, alle erforderlichen Funktionalitäten selbstständig zu entwickeln. Das Bundesheer ist gefordert, die Zeichen der Zeit zu erkennen und mitzuziehen, oder hoffnungslos zurückzufallen. Es stellt sich für Österreich die Frage, in welcher "Liga" der internationalen Streitkräfte es zukünftig mitspielen will.

Die Signale aus der NATO und der EU deuten unmissverständlich darauf hin, dass ein angemessener Solidarbeitrag erwartet wird, der sich nicht auf die Teilnahme an Friedenseinsätzen geringer Intensität beschränken kann. Will das ÖBH als national und international ernst zu nehmende Organisation überleben, ist daher alles zu tun, um die Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Dies erfordert Investitionen in Bildung, Forschung, Entwicklung, in strategische Partnerschaften und letztendlich die permanente Beteiligung an internationalen Einsätzen. ►


Volltextversion

Network-Centric Warfare - Der Ansatz eines Kleinstaates

Nachdem in der ÖMZ 6/2003 Network-Centric Warfare (NCW) als revolutionäres Konzept der Supermacht USA vorgestellt wurde,(Fußnote1/FN1) versucht dieser Beitrag, den NCW-Ansatz eines kleinen Staates mit eingeschränkten budgetären Möglichkeiten darzustellen. Dazu wird zunächst auf die umfassende Bedeutung von NCW für einen kleinen Staat eingegangen und in der Folge die erforderliche Transformation des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) beschrieben.

Nach der Sprachregelung des Pentagon geht es bei NCW vor allem um eine "Transformation" der Streitkräfte. Was ist die neue Qualität dieser militärischen "Transformation"? Im Gegensatz zur Modernisierung von Streitkräften, die sich auf das Denken in "Nachfolgesystemen", d.h. den Ersatz von Ausrüstung und Waffensystemen, mit dem Ziel bezieht, die Kampfkraft zu erhalten bzw. zu verbessern und die Kosten zu senken, versteht man unter "Transformation" die evolutionäre Weiterentwicklung und die Einführung von neuen kampfkraftbezogenen Fähigkeiten, die durch neue Technologien möglich gemacht werden. Sie soll den Streitkräften revolutionäre Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Armeen, aber auch gegenüber subversiven Bedrohungen verschaffen.

Über diese ursprüngliche Bedeutung hinausgehend setzte sich in den USA unter dem Eindruck des 11. September 2001 und der daraufhin geschaffenen Homeland Defense jedoch die Erkenntnis durch, dass es sich bei dieser Transformation um einen wesentlich bedeutenderen Schritt in die Zukunft handeln könnte, als die bloße militärische Dimension dies zunächst vermuten lässt. Sie umfasst wesentlich mehr und wird mittlerweile als Katalysator für die Vernetzung des gesamten sicherheitsrelevanten Staatsapparates gesehen. Dabei ist die Veränderung der militärischen Kampfführung im Sinne von NCW nur noch ein - wenn auch sehr wichtiger - Teil eines gesamtstaatlichen Prozesses, der sich generell auf die Anpassung aller staatlichen Bereiche auf die Erfordernisse des Informationszeitalters bezieht. Dieser Prozess geht weit über die militärische Dimension hinaus, auch wenn diese Entwicklung ihren Ausgangspunkt bei den Streitkräften genommen hat.

Warum NCW für Österreich?

Diese übergreifende Entwicklung ist eine der wesentlichen Begründungen, warum sich auch ein Kleinstaat wie Österreich der Herausforderung NCW stellen muss. Es geht auch in Österreich um mehr als um militärische Verteidigung. Selbst wenn sich Österreich entschließen sollte, im militärischen Bereich nicht im gesamten Spektrum mitzuziehen, muss es sich einer gesamtstaatlichen Transformation stellen. Diese bezieht sich auf den Wandel der gesamtstaatlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Ein Zurückbleiben ist für einen modernen Industriestaat in der Mitte eines vereinten Europas keine Option. Es wird von Österreich erwartet, auch im Bereich der Streitkräfte in der ersten "Liga" mitzuarbeiten. Entsprechende Signale kommen von den Partnernationen, und diese beschränken sich nicht nur auf den militärischen Bereich.

Eine bloße Übernahme von militärischen Konzepten einer Lead Nation wie den USA und der Versuch, ein solches Konzept auf österreichische Verhältnisse zu übertragen, werden dabei zu kurz greifen. Ein solcher Versuch wäre schon allein auf Grund der unterschiedlichen Ressourcen und Einsatzszenarien zumindest fragwürdig. Auch andere europäische Staaten können und wollen sich einen derartigen Zugang zu NCW nicht leisten. Dementsprechend kann festgestellt werden, dass im Bereich der Umsetzung von NCW trotz der viel beschworenen Interoperabilität jeder Staat aufgerufen ist, aus wirtschaftlichen Überlegungen seinen eigenen - möglichst unabhängigen - Weg zu beschreiten. Dies kann auch für Österreich gelten. Ein unabhängiger, eigenständiger Weg muss jedoch erst entwickelt werden.

Ausgangspunkt der Vernetzung sind und bleiben international und auch national die Streitkräfte. Das Ausmaß der strategischen Dimension der netzwerkunterstützten Kriegführung wurde bisher noch nicht klar erkannt. Die Entwicklung der neuen Kommunikations- und Informationstechnologien hat Möglichkeiten einer radikalen Veränderung der Art und Weise, wie militärische Kräfte strukturiert werden und zum Einsatz kommen, eröffnet. Die "Revolution in Business Affairs", die das globale Wirtschaftsleben radikal verändert hat, findet im Militär durch die Revolution in Military Affairs seine Entsprechung. Dabei muss klar sein, dass eine Entwicklung im Gang ist, bei der zwar erkennbar wird, in welche Richtung sich relevante Streitkräfte entwickeln, aber noch kein definierter Endpunkt ersichtlich ist.

Diese Veränderungen erstrecken sich über die Bereiche der Ausbildung, der Struktur, der Technik und der Einsatzkonzepte bis tief in die Führungs- und Denkstrukturen hinein. Es gibt besonders fortschrittliche Länder wie z.B. Großbritannien, die Niederlande, Norwegen, Schweden oder Finnland, die sich, teilweise mit parlamentarischer Autorisierung, und durchaus mit (verteidigungs-)industriellem Hintergrund bereits sehr weit vor wagen, obwohl ein genaues Ziel nicht definiert werden kann und die netzwerkunterstützte Kriegführung in all ihren Ausformungen erst entwickelt wird. Die Zukunft wird zeigen, in welchem Ausmaß das Modell tatsächlich erfolgreich sein wird. Angesichts der Entwicklung im wirtschaftlichen Bereich ist das Risiko eines Scheiterns allerdings gering einzuschätzen.

Auf Grund des unumkehrbaren Charakters müssen diese Entwicklungen jedenfalls aber durch das ÖBH synchron vollzogen werden, um die militärisch zu fordernde Interoperabilität zu erreichen bzw. zu erhalten.

Die Dimensionen von NCW aus österreichischer Sicht

Wie bereits dargestellt, umfasst NCW mehrere Dimensionen: die militärische, die staatliche und die internationale.

Die militärische Dimension

Die militärische Dimension ist jene, die sich schon am weitesten entwickelt hat. Sie beinhaltet eine strategische, operative und taktische Komponente. Für Österreich sind insbesondere die strategische und die (obere) taktische Komponente von Bedeutung, da die Fähigkeit zur selbstständigen Operationsführung im Ausland unter den derzeitigen Gegebenheiten nicht gegeben ist. Auch eine Operationsführung im klassischen Verständnis auf österreichischem Hoheitsgebiet ist auf Grund des derzeitigen Bedrohungsbildes für absehbare Zeit so gut wie auszuschließen.

Die strategische Komponente von NCW beinhaltet v.a. die Vernetzung der Nachrichtendienste sowie die entsprechende Einbindung der nachrichtendienstlichen Ergebnisse in das strategische Führungsverfahren. Dieses bezieht sich primär auf die Teilnahme von österreichischen Kontingenten in multinationalen Operationen. Hiezu ist es von höchster Bedeutung, dass die Nachrichtendienste durch entsprechende Informations-, Kommunikations- und Aufklärungstechnik die vorgegebenen Interessengebiete abdecken und ihre Ergebnisse sowohl national als auch multinational zur Verfügung stellen können. Dazu wird es notwendig sein, für die Nachrichtendienste in den nächsten Jahren einen substanziellen Ressourcenzufluss zur Führungsunterstützung, für den Aufklärungsverbund und zur Einsatzunterstützung sicherzustellen. Für das strategische Führungsverfahren selbst ist ein Hochsicherheitsnetz, in dem auch sensible Informationen verarbeitet werden können, erforderlich.

Die operative Komponente muss die vernetzte Operationsführung multinational und Teilstreitkräfte übergreifend erleichtern. Dies bedeutet die Führung von zumindest divisionsstarken Kräften im Ausland, die multinational zusammengesetzt sind und eine starke Luftkomponente sowie - in den meisten Fällen - eine maritime Komponente enthalten. Da Österreich eine eigenständige Operationsführung bestenfalls als Fernziel vor Augen haben kann, müssen zunächst alle Anstrengungen auf die Herstellung der Interoperabilität für die Teilnahme an multinationalen Operationen ausgerichtet werden, die durch internationale Organisationen (NATO, EU, UNO, OSZE) oder eine Lead Nation geführt werden. Die Teilnahme an den Operationen in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo sowie in Afghanistan hat gezeigt, wie fordernd derartige Einsätze sein können. Als Force Provider muss Österreich daher trachten, so rasch wie möglich ein Führungsinformationssystem zu entwickeln, das nahtlos an jenes der operativ führenden Organisation/Nation angedockt werden kann.

Die taktische Komponente sollte für Österreich die höchste Priorität haben. Das erklärte Ziel, innerhalb der nächsten Jahre eine auslandseinsatzfähige Brigade aufzustellen, verlangt die Herstellung der Netzwerkfähigkeit einer solchen Brigade. Diese Netzwerkfähigkeit muss einerseits die o.a. Funktionalität zur Einbindung des eigenen Führungsinformationssystems in ein übergeordnetes sicherstellen können, andererseits der Brigade den elektronisch unterstützten Kampf der verbundenen Waffen ermöglichen. Allein die Verfügbarkeit von durchgängigen GPS-Daten auf einem georeferenzierten Geländemodell wäre ein erheblicher Fortschritt, der große Auswirkungen sowohl auf die Lagefeststellung(FN2) wie auch auf die Kampfführung selbst haben könnte.

Die staatliche Dimension

Bei der staatlichen Dimension von NCW geht es v.a. um die Vernetzung der staatlichen Stellen zum Schutz der Bevölkerung im weitesten Sinne. Ein "9/11-Szenario" wäre auch für Österreich derzeit eine kaum zu bewältigende Bedrohung. Anhand eines Beispieles lässt sich die Komplexität der Vernetzung bei der Terrorbekämpfung darstellen: Bei einer konkreten Terrorbedrohung gegenüber der Wiener UNO-City, etwa durch Kampfmittel aus der Luft, wäre das österreichische Krisenmanagement derzeit auf Telefone und Faxe angewiesen. Die Konkretisierung der Bedrohung würde die enge Zusammenarbeit der Nachrichtendienste des BMI und des BMLV sowie des diplomatischen Dienstes des BMaA erfordern. Der Einsatz von Luftverteidigungsmitteln würde die enge Koordination von Einsatzkräften des ÖBH, der Polizei und der Rettungsdienste verlangen. Sowohl die Verwaltungsstrukturen der Ressorts als auch die Kommunikationsstrukturen der Einsatzkräfte sind derzeit nicht interoperabel. Vereinzelt bestehen offene Internet-Anschlüsse, auf die eventuell behelfsmäßig zurückgegriffen werden könnte. Erste Ansätze - wie die elektronische Aktenbearbeitung der Ressorts (ELAK) - sind zwar im Entstehen, nach dem Scheitern des gemeinsamen Behördennetzes ADONIS wegen zu hoher Kosten sind jedoch die Einsatzkräfte noch auf längere Sicht nicht in der Lage, direkt miteinander zu kommunizieren. Überdeckt wird dieses Beispiel noch durch die unbedingt notwendige internationale Kooperation sowohl der Nachrichtendienste und der Polizei, als auch der Luftraumüberwachung (LRÜ). Hier herrscht erheblicher Handlungsdruck im Sinne der erwähnten gesamtstaatlich koordinierten "Homeland Defense". Die Teilnahme von Vertretern des BMLV am derzeitigen Österreichkonvent zur Neuinterpretation der Umfassenden Landesverteidigung und Verankerung einer solchen "Homeland Defense" in der neuen Verfassung wäre von vordringlicher Bedeutung für die Sicherheit Österreichs.

Über die Fähigkeit zum planmäßigen Schutz hinausgehend sollte das Ziel jedoch eine darüber hinaus gehende vernetzte Sicherheitspolitik sein. Dies bedeutet, dass alle sicherheitsrelevanten Akteure ihre Ziele und Strategien, ihre Prozesse und Strukturen sowie ihre Mittel bewusst und systematisch miteinander verknüpfen.(FN3) Internationale Sicherheit kann nicht (mehr) von der nationalen Sicherheit - auch eines Neutralen - entkoppelt gesehen werden, da Veränderungen in der nationalen Sicherheit (Verhalten eines Staates im internationalen Staatengefüge, interne Sicherheitsprobleme, militärische Stärke oder Schwäche usw.) direkten Einfluss auf die internationale Sicherheit haben. Somit lässt sich auch die nationale Sicherheit nicht mehr klar in innere und äußere Sicherheit trennen. Sowohl ihre gegenseitige als auch internationale Interdependenz wäre daher neu zu beurteilen.

Die politischen Entscheidungsträger haben dafür die Grundlagen zu schaffen. Dies bedeutet vor allem eine ressortübergreifende Planung, in der etwa der Nationale Sicherheitsrat eine stärkere Rolle spielen könnte, indem er eine zeitliche und inhaltliche Synchronisierung der von der nationalen Sicherheitsdoktrin abgeleiteten Teilstrategien vornimmt. Dies beginnt auf der strategischen Ebene bei der Vernetzung der Nachrichtendienste in verschiedenen Ressorts und der gemeinsamen Informationsaufbereitung für Entscheidungsträger, setzt sich bei den Abteilungen der Ressorts fort und endet schließlich bei den gemeinsamen Anstrengungen vor Ort. Ansatzweise funktionieren derartige Netzwerke bereits, allerdings als zweckgebundene Insellösungen, meist im Katastrophenschutzbereich, im humanitären Bereich (z.B. im Bereich der zivil-militärischen Zusammenarbeit) oder zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung. Darüber hinaus wird jedoch nach wie vor im eigenen Bereich gearbeitet, ohne andere Ansätze zu berücksichtigen. Beispielsweise existiert sowohl beim BMLV als auch beim BMI ein Auslandseinsatzkonzept; abgestimmt wurden diese Anstrengungen jedoch bisher nicht. Von einer systematischen ressortübergreifenden Zusammenarbeit auf Arbeitsebene ist man noch weit entfernt. Im Unterschied zur anlassbezogenen Koordination bei Krisenfällen im In- und Ausland über Telefon, Fax und teilweise Internet geht es bei der gesamtstaatlichen Vernetzung um den systemischen Ansatz.

Das BMLV versteht sich bei diesem Ansatz als Wegbereiter, der durch Aufzeigen der Möglichkeiten der vernetzten Führung die anderen Ressorts dazu animieren soll, einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Noch bringt es die Sicherheitsarchitektur des Bundesheeres mit sich, dass es keine direkte Verbindung zu anderen staatlichen und zivilen Systemen gibt. Damit kann auch kein Datenaustausch mit dem Intranet des ÖBH erfolgen. Der Datenaustausch zu anderen Stellen über das Internet ist nur mit eigens dafür installierten offenen PCs möglich. Diesen allerdings als ersten Schritt zu institutionalisieren wäre eine leicht zu bewältigende Aufgabe.

Die internationale Dimension

In den beiden bisher beschriebenen Dimensionen wurde bereits die internationale Vernetzung angesprochen. Sie bezieht sich in erster Linie auf die EU und die NATO.

Im militärischen Bereich setzt nun auch die NATO auf die vernetzte Kampfführung. Am 13. November 2003 wurde eine Vereinbarung unter den NATO-Vertretern getroffen, eine Machbarkeitsstudie für eine NATO Network Enabled Capability (NNEC) durchzuführen, mit der bereits im Jänner 2004 zu beginnen war. Verantwortlich dafür ist die NATO Consultation, Command and Control Agency (NC3A).(FN4) Diese Studie soll zunächst die in der NATO bereits existierenden Systeme auf ihre Netzwerkfähigkeit untersuchen und jene Systeme adaptieren, die auch die NATO zur Informationsüberlegenheit führen können. Die NATO folgt damit ihrer Joint Vision 2018, die der U.S. Joint Vision 2020 nahe kommt. Letztlich hofft man in der NATO dadurch die taktischen und strategischen Kapazitäten sowohl der Nationen als auch der NATO in einer vernetzten Form zum Zusammenwirken zu bringen, um moderne Verbände wie die NATO Response Force unterstützen zu können. Dabei soll es zu einer engen Zusammenarbeit zwischen der NC3A, die für die technischen Konzepte verantwortlich ist (Plug-and-Play), und dem Allied Command for Transformation (ACT) in Norfolk kommen, das die dazugehörigen Doktrinen für die neuen Allianzoperationen entwickeln wird. 2005 soll die Studie fertig sein und den Nationen vorgelegt werden, um über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden. Es wurde jedoch festgelegt, dass schon während der Erstellungszeit die ersten gesicherten Ergebnisse innerhalb der NATO umgesetzt werden. Am 13.11.2003 haben sich Kanada, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Norwegen, Spanien, Großbritannien und die USA bereit erklärt, an der Studie mitzuarbeiten und mit vorerst jeweils 150.000 EUR einzusteigen. Alle diese Nationen entwickeln jedoch zusätzlich auch ihre eigenen nationalen NCW-Konzepte.

Der NATO CDE-Prozess (Concept Development and Experimentation) ist dabei analog zum US-CDE-Konzept das wichtigste Werkzeug, um neue netzwerkorientierte Konzepte zu erproben und die Transformation zwischen den Partnern zu harmonisieren.

Innerhalb der EU besteht offenbar noch keine erkennbare gemeinsame Position zu diesem Thema, obwohl sie dringlich erforderlich wäre. Zwar soll der European Capability Action Plan (ECAP) dazu beitragen, die europäischen militärischen Fähigkeitsdefizite abzubauen, und in diesem Zusammenhang ein nützliches Werkzeug darstellen, um Synergien zwischen nationalen und multinationalen Projekten zu erzielen, doch obliegt es den einzelnen Nationen selbst, hierfür freiwillig Beiträge zu nennen. Ähnlich wie bei der NATO liegt jedoch in der Grundidee von NCW potenziell eine große Chance für die EU, im Rahmen eines gemeinsamen - wenn möglich einheitlichen - Modernisierungsprozesses eine überproportional große Steigerung der Kampfkraft ihrer Streitkräfte zu erreichen und gleichzeitig die europäische Beitragsfähigkeit und Interoperabilität mit den Streitkräften der US sicherzustellen.(FN5) Je mehr die Integration der EU voranschreitet, desto stärker wird es auch zu einer internationalen Vernetzung im staatlichen und wirtschaftlichen Bereich kommen. So wie international agierende Konzerne ihre Planungs- und Produktionsabläufe bereits vernetzt haben, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Derartiges auch im staatlichen Bereich zum Standard wird. Die Umsetzung des Schengen-Vertrages ist eines der besten Beispiele der internationalen Vernetzung in Europa. Dasselbe muss im Bereich des Verkehrs (Luftverkehr, Schiene, Straße und Seeweg), der Lebensmittelversorgung, der Energieversorgung, der Flüchtlingsbetreuung usw. erfolgen. Je mehr Hoheitsrechte durch eine zentrale europäische Verwaltung wahrgenommen werden, umso bedeutender wird das Projekt der internationalen Vernetzung.

Die Transformation des ÖBH

Die eingangs erwähnte Transformation von Streitkräften zur Schaffung von revolutionären bzw. asymmetrischen Vorteilen kann nicht nur für große und wirtschaftliche potente Länder gelten. Wie die jüngsten weltweiten Operationen zeigen, sind für die längere Durchführung von Einsätzen Koalitionen erforderlich, die sich Kosten und Risiko teilen. Selbst die Teilnahme an einem Nation Building-Prozess nach der heißen Phase eines Konfliktes erfordert bereits Netzwerkfähigkeiten.

Die eigentliche Problemstellung für das ÖBH ist es daher, die internationale Entwicklung mitzumachen und die Interoperabilität mit dem strategischen Umfeld zumindest soweit herzustellen, dass österreichische Kräfte an netzwerkunterstützten Friedensoperationen teilnehmen können.

NOVA

Wie die Armeen vieler anderer moderner Staaten hat daher auch das Österreichische Bundesheer begonnen, sich mit NCW zu beschäftigen. Das im Frühjahr 2003 entwickelte Konzept NOVA (Netzwerkzentrierte Operative Verfahren Austria) beschreibt die zu erreichenden Fähigkeiten des ÖBH und fügt sich damit hervorragend in den laufenden Prozess der Reform des österreichischen Bundesheeres ein. Es ist dabei kein "Konzept der Schwäche", das versucht, Defizite durch neue Technologien auszugleichen. NOVA stellt vielmehr die Anforderungen an ein modernes österreichisches Bundesheer für das Jahr 2010 im Einklang mit dem erwünschen "Level of Ambition" dar. Es konzentriert sich daher auf die Fähigkeit zur Teilnahme an internationalen Einsätzen bis zum oberen Petersberg-Spektrum mit bis zu brigadestarken Kräften.

Auch wenn es sich bei derartigen Einsätzen nicht primär um die Bewältigung von Angriffs- oder Abwehroperationen nach US-Muster handelt, kommen dabei die Grundregeln von NCW zur Anwendung: Die Aufklärungssysteme sind auf dem Boden, in der Luft und im Weltraum mit den Nachrichtendiensten, mit der Führungs- und Kommandoebene sowie mit den Waffensystemen und Soldaten auf dem eigentlichen Gefechtsfeld vernetzt, unabhängig davon, um welche Art des Einsatzes an welchem Ort der Welt es sich handelt und wie die Koalitionskräfte zusammengesetzt sind.

Konkret wird das ÖBH in der Lage sein müssen, die folgenden neuen Regeln konsequent anzuwenden bzw. an ihnen teilzuhaben, um im Rahmen einer zukünftigen internationalen Operation zum Erfolg zu kommen. Sie wurden in Schlagworten erstmals in der U.S. Joint Vision 2010 (FN6) festgelegt: - gleichzeitige Bereitstellung aller vorhandenen Mittel (concurrent resources), - Zusammenarbeitsfähigkeit (interoperability), - Führungsüberlegenheit (command and control superiority), - Selbstsynchronisation (self-synchronisation), - hohe Operationsgeschwindigkeit (speed of operations), - beherrschende Manöver (dominant manoeuvre), - gezielte Gefechtshandlungen (precision engagement), - fokussierte Logistik (focused logistics) und - umfassender Schutz (full dimensional protection).

Die Anforderungen, die aus diesen Grundsätzen erwachsen, werden im Konzept NOVA ausführlich dargestellt und strukturelle, organisatorische und verfahrensmäßige Ableitungen getroffen sowie die ressourcenbezogenen Erfordernisse grob dargestellt. Eine kurze Zusammenfassung dieser Ableitungen erfolgt unter den später angeführten Aspekten der Transformation des ÖBH.

Mit dem Abschluss eines sehr breit gehaltenen Stellungnahmeverfahrens hat das neue Konzept bereits eines seiner Hauptziele erreicht, nämlich die Sensibilisierung möglichst aller Stellen des BMLV sowie der höchsten Entscheidungsträger. Nach einer nochmaligen Überarbeitung des Konzeptes NOVA auf Grund der eingegangenen Stellungnahmen wird es im Frühjahr 2004 der obersten Führung zur endgültigen Genehmigung vorgelegt werden. Für die weitere Entwicklung des ÖBH ist es von höchster Bedeutung, dass die oberste Führung sich dieser neuen Herausforderung bewusst ist und rechtzeitig entsprechende Schritte hinsichtlich Planung, Organisation und Ressourcenbereitstellung setzt. Da die Umsetzung von NOVA in den nächsten Jahren auch erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtstruktur des ÖBH sowie die Mittelbereitstellung haben wird, wäre auch eine Aufnahme der Prinzipien von NOVA in die Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission, die bis Mitte 2004 fertiggestellt werden, anzustreben. Damit könnte auch ein parteiübergreifender politischer Konsens zur Umsetzung des Konzeptes sichergestellt werden.

Nach der endgültigen Verfügung werden die bereits existierenden Konzepte an die Prinzipien der netzwerkunterstützten Kriegsführung anzupassen und die in Bearbeitung stehenden Konzepte wie das Informations- und Kommunikationstechnologiekonzept daran zu orientieren sein. Grundsätzlich befindet sich das ÖBH mit dem derzeitigen konzeptiven Ansatz in Bezug auf Interoperabilität und Netzwerkfähigkeit im europäischen Durchschnitt. Auch in Österreich ist es zunächst erforderlich, die interne Interoperabilität zu erreichen. Dies bedeutet vorerst die Kommunikationsfähigkeit zwischen den Luftstreitkräften, den Landstreitkräften und den Spezialeinsatzkräften herzustellen.

Dazu ist es notwendig, die Netzwerke und Applikationen des ÖBH darzustellen und hinsichtlich ihrer Interoperabilitätserfordernisse zu analysieren. Dies kann nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nur durch eine noch zu schaffende Arbeitsgruppe/Forschungseinrichtung im naturwissenschaftlich-technischen Bereich erreicht werden, da es derzeit auf Grund mangelnder Kapazitäten nur begrenzt möglich ist, einen umfassenden Überblick über die im ÖBH verwendeten Netze/Datensysteme und deren Funktionalitäten zu bekommen. Auf dieser Basis wäre eine einheitliche Systemarchitektur zu entwickeln, welche die für NOVA erforderliche Interoperabilität sicherstellt.

Maßgeblich wird dazu das derzeit in Entwicklung stehende IKT-Konzept beitragen. Die im Planungsstadium befindlichen Projekte, wie das Führungsinformationssystem PHÖNIX, das Grenzraumüberwachungssystem GEFAS, das Truppenfunksystem CONRAD, die Verbesserung der Satellitenverbindungen sowie von IFMIN (Integriertes Fernmelde- und Informationsnetz), die Erneuerung des Flugfunknetzes, die Erneuerung der Freund-Feind-Kennung, der Ersatz der "Goldhaube" usw. wären danach rasch weiterzuentwickeln und an die Interoperabilitätsbedürfnisse im Sinne von NOVA anzupassen. Dasselbe gilt auch für die neuen Kommunikationsnetze im nachrichtendienstlichen Bereich.

Parallel dazu sollte das ÖBH das erforderliche Know-how für die Erreichung der notwendigen internationalen Interoperabilität selbst entwickeln. Dies kann am ehesten erreicht werden, indem entsprechend qualifiziertes Personal zu anderen Transformationskommanden oder Forschungseinrichtungen entsendet wird. Dies haben andere europäische Nationen - auch im Rahmen von PfP - bereits getan, um immer am letzten Stand der internationalen Entwicklung teilhaben zu können. Naturgemäß bietet sich dafür das bereits erwähnte Allied Command Transformation in Norfolk/VA an, zu dem 2004 auch ein österreichisches Team entsendet werden wird. Aber auch die Teilnahme an Forschungsprojekten wie der o.a. NATO-Studie oder die Entsendung von Wissenschaftlern zu den Forschungseinrichtungen anderer Länder - wie z.B. dem Zentrum für Analysen und Studien der Bundeswehr - könnte von großem Nutzen sein.

Forschung

Wesentlich für die Lösung der komplexen Aufgabenstellungen von NOVA wird auch in Österreich die Zusammenarbeit des ÖBH mit Wissenschaft und Industrie sein. Die Schaffung von Forschungskapazitäten nach dem Vorbild anderer Länder ist eine Voraussetzung für die Entwicklung einer fundierten Netzwerkfähigkeit. Hiezu kann sich das ÖBH bereits bestehender ziviler Forschungseinrichtungen wie des ARC-Seibersdorf (wieder) bedienen oder nach dem britischen Vorbild direkt die österreichische Industrie einladen, in Form einer vom BMLV geleiteten Gesellschaft am Projekt der Netzwerkfähigkeit mitzuarbeiten.

Das ÖBH kann es sich jedoch nicht leisten, eigene Forschungen über Jahre zu betreiben und weitere Jahre für die Beschaffung vergehen zu lassen. Die Lösung für das österreichische Kommunikationsproblem kann nur in der möglichst raschen Entwicklung von Vorgaben für ein Führungsinformationssystem gesehen werden, die auf dem in Entwicklung befindlichen Führungssystem, den vorhandenen Netzwerken und Applikationen und den Grundsätzen von NOVA aufbauen und die dann möglichst rasch selbst erfüllt bzw. zugekauft werden.

Dazu wird es notwendig sein, sofort Forschungskapazitäten ÖBH-intern, extern oder gemischt zu schaffen. Deren Aufgabe sollte es sein - ähnlich wie bei dem niederländischen Führungssystem TITAAN -, die "Legacy"-Systeme des ÖBH auf ihre Integrationsfähigkeit in ein modernes Führungsinformationssystem (z.B. PHÖNIX) zu überprüfen, die vorhandenen Systeme auf neue abzustimmen, neue Systeme selbst zu entwickeln bzw. Empfehlungen für den Ankauf notwendiger Komponenten auszuarbeiten. Der entsprechende Forschungsauftrag sollte so schnell wie möglich entwickelt und vergeben werden.

Dieser müsste sich auf die Entwicklung einer homogenen Systemarchitektur sowie der Implementierung und Erprobung von elektromagnetischen Systemen beschäftigen. Es müsste - abgeleitet vom konzeptiven Ansatz - ein C3-System entwickelt werden, das den Interoperabilitätserfordernissen von NCW entspricht. Dazu wären kritische Design-Überlegungen anzustellen, wie etwa: - Was ist die richtige Information?

- Wer sind die richtigen Personen?

- Wann ist die richtige Zeit?

- Wo ist der richtige Ort?

Selbstverständlich muss Österreich als moderne westliche Industrienation im technologischen Bereich nicht bei null beginnen. Das ÖBH kann auf der derzeitigen Ausrüstung, den Eigenentwicklungen, den industriellen Kapazitäten im Land wie auch auf den Erfahrungen und bisherigen Forschungsergebnissen v.a. im Operations-Research-Bereich aufbauen. Alle im NCW-Bereich relevanten Nationen können auf leistungsfähige Industrien im IT- und Kommunikationsbereich zurückgreifen. Dies sollte auch für Österreich möglich sein.

Darüber hinaus wäre es für den Aufbau der geforderten Netzwerkfähigkeit von erheblichem Vorteil, wenn sich das ÖBH neben einer stärkeren Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Technik im eigenen Lande auch auf starke strategische Partner im Ausland abstützen könnte, da eine kleine Armee nur schwer in der Lage sein wird, alle erforderlichen Funktionalitäten selbstständig zu entwickeln. Dies könnten neben Organisationen wie der NATO oder der EU auch fortschrittliche Nationen wie die Niederlande, Schweden, Finnland oder Deutschland sein, mit denen Österreich traditionell gute Beziehungen unterhält.

Allerdings kann festgestellt werden, dass das Prinzip der netzwerkzentrierten operativen Verfahren auch dann bereits - zumindest eingeschränkt - funktioniert, wenn nicht alle Teilsysteme bis zur letzten Plattform/zum letzten Soldaten miteinander vernetzt sind. Die Beschaffungsvorgänge in den letzten Jahren - insbesondere im IKT-Bereich - waren auf Grund der technischen Entwicklung bereits auf Netzwerkfähigkeit ausgerichtet, wenn auch noch nicht entsprechend systematisch strukturiert.

Die ersten Erfahrungen fortschrittlicher Nationen haben gezeigt, dass die wirkliche Herausforderung der Entwicklung einer Interoperabilität im Sinne von NCW weniger im technischen Bereich liegt, sondern vielmehr im Bereich der genauen Definitionen der Schnittstellen, im Bereich der militärischen Führungskultur, der Ausbildung und der Rekrutierung.

Technologische/technische Aspekte/IKT

Voraussetzung für die Vernetzung im Sinne von NCW ist ein hochleistungsfähiges Kommunikationssystem, das neben Stimm- auch Daten- und Videoübertragung in Echtzeit ermöglicht. Durch dieses Kommunikationsnetz werden drei weitere gleichwertige Netze miteinander verbunden: - das Sensornetz, - das Informationsnetz, - das Kampfzonennetz.

Diese drei Netze müssen die verschiedenen vorhandenen Systeme integrieren können und zusätzlich für neue Systeme/Updates über eine nach oben offene Systemarchitektur verfügen.

So muss das Sensornetz neben der Integration von Daten vorhandener Systeme auch hochspezialisierte Schnittstellen wie etwa des LINK 11 oder des LINK 16(FN7) in den wichtigsten Komponenten der modernen Kampfführung zulassen. Darunter fallen Kampfflugzeuge, Drohnen und Aufklärungselemente sowie Teile der Spezialeinsatzkräfte (SEK). Möglichst viele Komponenten des aktiven Kampfes der verbundenen Waffen sind ebenfalls mit Sensoren auszurüsten, die Feinddaten automatisiert an andere Träger des Gefechtes weiterleiten können.

Im Informationsnetz müssen die Sensordaten mit vorhandenen Daten verglichen werden können und Netzdienstleistungen einfließen. Hier werden die Daten und Dienstleistungen in das Führungsinformationssystem eingebracht, das den einzelnen Kommandanten mit Hilfe automatisierter Entscheidungshilfen ebenenangepasst ein rasches Führungsverfahren ermöglicht und gleichzeitig die jeweils verfügbaren Mittel anbietet ("concurrent resources").

In der Kampfzonenebene werden schließlich die Daten der Sensoren und die Führungsprozesse zum Zusammenwirken gebracht, sodass bei der jeweiligen Waffenbedienung völlige Klarheit über Ziel und Handlung erreicht werden kann. Dazu ist es erforderlich, dass im Führungsnetz ein synthetisches Geländemodell zur Verfügung gestellt wird und auch die unterste Ebene ab Gruppenkommandanten/Waffenplattform aufwärts mit einer hochbeweglichen und robusten Hardwarekomponente ausgerüstet wird, die eine Lage-/Feinddarstellung auf einem künstlich generierten Kartenbild zulässt und die Feinddaten automatisch an Unterstützungswaffen-Systeme übertragen kann.

Mit den vorhandenen feldmäßigen Fernmeldesystemen können die beschriebenen qualitativen Forderungen an das System der Zukunft nicht mehr erfüllt werden. Das übergeordnete IFMIN-System wird selbst bei einer Erweiterung der übertragbaren Datenrate der Richtfunk- und Multiplexgeräte diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden können. Die Gründe dafür sind: - Zusammenspiel vieler, teils wenig harmonisierter Einzelsysteme, - zu geringe Reichweiten, dadurch erhöhter Materialeinsatz, - kein zentrales Systemmanagement (wird im Augenblick bei IFMIN eingeführt), - zeitaufwendiger Aufbau von Fernmeldestellen und Gefechtsständen, - keine Führung in/aus der Bewegung möglich, - mangelnde Fähigkeit zur Unterstützung von Joint Operations, - unzureichende Bandbreite, fehlende Standards und zu viele Schnittstellen zum Übertragen von Sprache, Daten und Video bis auf Kompanieebene.

Vor allem das Übertragungsmedium Richtfunk ist für die vernetzte Kampfführung zu starr und unbeweglich, lässt zu schnell Rückschlüsse auf die Struktur eines Gefechtsverbandes zu und ist in der Reichweite zu sehr vom Gelände abhängig. Weit reichende Verbindungen werden daher in Zukunft mit Masse über SatCom-Verbindungen sicherzustellen sein.

Darüber hinaus werden zumindest jene Geräteversionen, die für den Auslandseinsatz vorgesehen sind, über ein integriertes GPS und Datenverschlüsselung verfügen müssen.

Aufklärungsfähigkeit/ISTAR

Voraussetzung für die netzwerkunterstützte Kampfführung ist die Sensorisierung des Gefechtsfeldes. Diese erfolgt im ersten Ansatz durch technische Aufklärung. Diese muss in der Lage sein, elektronische Ausstrahlungen zu messen, Bilddaten über Feinddislokationen und -bewegungen zu liefern und bei Bedarf selbst Waffenwirkung an den Feind heranzuführen. Die erforderlichen Waffensysteme dazu sind auf strategischer Ebene Satelliten und Aufklärungsflugzeuge und High/Medium Altidude Long Endurance Unmanned Areal Vehicles (HALE/MALE UAVs). Auf der für Österreich eher relevanten operativ/taktischen Ebene werden Fernmeldeaufklärungselemente (Signal Intelligence), Elemente für Elektronische Kampfführung, Aufklärungshubschrauber, taktische UAVs und Radaraufklärungselemente benötigt, verstärkt durch die taktische Erdaufklärung und Aufklärungskräfte der SEK. Für die Beteiligung an internationalen Operationen werden darüber hinaus noch National Intelligence Cells (NICs) und Human Intelligence (HUMINT) - Elemente benötigt, die ebenfalls in der Lage sein müssen, ihre Ergebnisse in den Aufklärungsverbund einzuspeisen. Nicht zuletzt ist es für ein umfassendes Aufklärungsnetz noch erforderlich, die Daten der LRÜ sowie der aktiven Komponente der Luftverteidigung zu verarbeiten. Erst durch das Zusammenwirken all dieser Elemente sind "nachbarlose Operationen" ("noncontiguous operations"), z.B. der tiefe und unabhängige Vorstoß einer einzelnen Division im Irak, und gezielte Gefechtshandlungen ("precision engagement") durch die Kampftruppen möglich.

Führungssystem/Führungsinformationssystem

Das Führungsinformationssystem muss die digitale Darstellung des Geländes inklusive Oberflächengestaltung und Wetterdaten ermöglichen sowie ebenenangepasst vom Gruppenkommandanten aufwärts die jeweils relevante Information zur Verfügung stellen. Durch automatisierte Entscheidungshilfen ist es den Kommandanten zu ermöglichen, die Prozesse der Lagefeststellung, Entscheidungsaufbereitung und Durchführung möglichst simultan durchführen zu können und dadurch die geforderte Führungsüberlegenheit ("command and control superiority") zu erreichen. Dazu ist es bspw. notwendig, dass das Führungssystem laufend mittels GPS den eigenen Standort ermittelt, darstellt und automatisiert an alle eigenen versendet. Damit ist es möglich, bspw. den Weg von Aufklärungselementen oder Patrouillen (z.B. im Kosovo) auf der elektronischen Karte positionsgenau und in Echtzeit verfolgen zu können. Bei der Entwicklung dieser Systeme kann auf die bisher im Bundesheer geleistete Aufbauarbeit (z.B. PHÖNIX) zurückgegriffen werden.

Beweglichkeit/Nachtkampffähigkeit/Allwetterfähigkeit

Wesentliches Element der netzwerkzentrierten Operationsführung ist die - weltweite - Mobilität. Da aus dem derzeitigen Bedrohungsbild zweifelsfrei abzuleiten ist, dass mit einer klassischen Operationsführung in Österreich auf absehbare Zeit nicht mehr zu rechnen ist, müssen alle Anstrengungen zur Erreichung einer Netzwerkfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der absoluten Mobilität unter allen Bedingungen unternommen werden. Dies gilt sowohl für die Beweglichkeit der Plattformen selbst als auch für die Beweglichkeit des gesamten Netzes. Das Schwergewicht wird dabei bei dem von Österreich vorgesehenen Anteil an Truppen für multinationale Operationen liegen, da diese in der Lage sein müssen, im Sinne des beherrschenden Manövers ("dominant manoeuvre") der hohen Operationsgeschwindigkeit ("speed of operations") moderner Streitkräfte folgen zu können.

Da sich der elektronische Kampf in Netzen abspielt, die weitgehend unabhängig von Tageszeit und Witterungsbedingungen funktionieren, ist es eine absolute Notwendigkeit, dass sich die Hardware/Plattformen unter allen Einsatzbedingungen bedienen lassen. Dies muss zumindest in jenem Ausmaß gefordert werden, das für die internationale Kooperation erforderlich ist und sollte sich an anderen vergleichbaren Nationen orientieren.

Sicherheit und Schutz

Grundsätzlich ist die netzwerkzentrierte Operationsführung von sicheren, hochverfügbaren Kommunikationsverbindungen abhängig. Diese können mit herkömmlichen Methoden physisch und elektronisch angegriffen werden oder im Wege der Netze selbst durch Hacker-Methoden und bösartige Software. Angriffsziele sind dabei primär die Verfügbarkeit der Systeme sowie der Informationsfluss.

Dementsprechend wird beim Aufbau des Netzwerkes im Sinne des umfassenden Schutzes ("full dimensional protection") auf eine entsprechende Redundanz sowie eine Härtung der beweglichen Komponenten zu achten sein. So wie bisher die IFMIN-Knoten einem besonderen Schutz unterlagen, wird dies auch für besonders wichtige Knoten im Netzwerk zu fordern sein. Zum Schutz gegen elektronische Kampfmaßnahmen werden darüber hinaus entsprechend starke Schlüsselmaßnahmen vorzusehen sein.

Gegen Attacken aus dem Cyber-Raum selbst wird ein entsprechendes Lagezentrum mit einer Notfallorganisation aufzubauen sein, das - im Sinne der gesamtstaatlichen Dimension - neben dem Schutz von militärischen Netzen auch die Angriffe auf zivile Netze dokumentieren und abwehren könnte.

Nicht zu vernachlässigen ist auf Grund der steigenden Bedrohung durch ABC-Waffen der ABC-Schutz dieser Elemente. Auch hier wird das Schwergewicht auf die für internationale Einsätze vorgesehenen Elemente zu legen sein.

Personelle Erfordernisse/Präsenzerfordernisse/Verfügbarkeit

Die netzwerkzentrierten operativen Verfahren erfordern Spezialisten sowohl für die Betreuung der Netzwerke als auch für die Bedienung der Systeme. Wie derzeit im Kommando Führungsunterstützung und in der Verwaltung der Friedensorganisation bereits EDV-Spezialisten und Leitbediener eingesetzt werden, ohne die das System nicht mehr funktioniert, wird es erforderlich sein, derartige Spezialisten auch bei den (Kampf-) Verbänden und den entsprechenden Führungsebenen darüber zur Verfügung zu haben. Dazu wird zu prüfen sein, inwieweit bei der Truppe mit dem Personal des Führungsgrundgebiets 6 das Auslangen gefunden werden kann und ab welcher Ebene unter Netzwerkbedingungen ein IKT-Spezialist erforderlich sein wird.

Wie in der Wirtschaft und in der Verwaltung müssen Netzwerke und ihre Datenbanken ständig betrieben und gepflegt werden. Dies kann nicht durch eine Organisation erfolgen, die ihre Computer nur ab und zu hochfährt. Wie sich bei den bisherigen Einsätzen des ÖBH im Ausland gezeigt hat, sind die Anforderungen an die Systembetreuer bereits jetzt beträchtlich und täglich wahrzunehmen. Auch die Bediener des Systems müssen täglich damit arbeiten, um es im Einsatz zu beherrschen. Die netzwerkzentrierte Operationsführung erfordert daher eine Präsenzorganisation. Sie wird zunächst in erster Linie bei jenen Verbänden einzurichten sein, die für multinationale Missionen im Rahmen der NATO, EU oder UNO vorgesehen sind.

Sollte IKT-Personal auf Milizbasis aufgestellt werden, so muss sichergestellt werden, dass diese Spezialisten, deren Ausbildung das ÖBH vermutlich sehr viel kosten wird, bei Bedarf auch zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus muss mit jeglichem Personal, das zum Betrieb der Netzwerke herangezogen wird, eine erweiterte Verlässlichkeitsprüfung durchgeführt werden.

Um das Personal auf den Standard einer netzwerkzentrierten Kampfführung zu bringen, ist es erforderlich, die Ausbildung des ÖBH auf Basis von entsprechend überarbeiteten Unterrichtsgrundlagen an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die Internet- und Handy-Generation weniger Probleme mit der allumfassenden Vernetzung der modernen Kriegführung haben wird, als es derzeit der Fall ist.

Ausbildung/Vorschriften

Auf der Grundlage von NOVA müssen die Akademien und Schulen in ihrem Bereich die entsprechenden Schritte setzen, um ein neues Gesamtverständnis zu erzeugen. Dies kann sich nicht auf eine neue Interpretation des Kampfes der verbundenen Waffen alleine beschränken, da Netzwerkorientierung auch die operative und strategische Komponente enthält. Im Sinne der engeren Verschränkung von Taktik, Operation und Strategie - zumindest im Einsatz - muss vom Personal in Zukunft gefordert werden, den Auftrag auch in höheren Dimensionen zu verstehen und dadurch, in Verbindung mit dem umfassenden Echtzeitlagebild, die angestrebte Selbst-Synchronisierung ("self-synchronisation") zu erreichen.

Eine logische Konsequenz der vernetzten Kampfführung ist auch die Zusammenfassung der Schulen zu zusammengehörigen Schulzentren. Da beispielsweise der Kampf der verbundenen Waffen auf Brigadeebene in Zukunft als taktisches Gesamtverfahren zu lehren ist, sind die entsprechenden Waffenschulen (Inf, Pz, Art, FlA, Pi usw.) in einer Kampftruppenschule zusammenzuführen, die allen das gleiche taktische Verfahren gemeinsam lehrt und nur noch die Ausbildung auf der jeweiligen Waffenplattform getrennt durchführt. Ähnliches gilt für die Schulen der Führungs- und Einsatzunterstützung.

Grundsätzlich wird das System der netzwerkunterstützten Kampfführung durch weit gehende Möglichkeiten der Simulation die Ausbildung erleichtern. Dies wird bereits bei der Beschaffung der einzelnen IKT-Komponenten zu berücksichtigen sein.

Die entsprechenden Vorschriften werden sukzessive mit der Einführung neuer technischer Systeme an die neuen Verfahren anzupassen sein.

Logistische Erfordernisse im IKT-Bereich

Netzwerkunterstützte Kampfführung muss alle vorhandenen Versorgungsgüter erfassen und dem Tempo der Operation entsprechend zur Verfügung stellen. Wie der letzte Irakkrieg, bei dem die netzwerkunterstützte Kampfführung erstmals ansatzweise zum Einsatz kam, gezeigt hat, ermöglicht das absolut genaue Lagebild tiefe, weitgehend unabhängige Stöße großer Verbände mit hoher Geschwindigkeit in das Feindgebiet. Das Hauptproblem ist in diesem Fall nicht mehr der Feind, sondern die Sicherstellung der Versorgung, die schwere und voluminöse Güter über hunderte Kilometer nachschieben muss. Es wird daher mehr als bisher erforderlich sein, den Bedarf ganz genau zu bestimmen. Durch die Vernetzung der Plattformen und entsprechende elektronische Maßnahmen (wie z.B. automatische BAR-Code-Ablesung bei Munitionsverbrauch) ist es möglich, den Verbrauch an Kampfmitteln in nahezu Echtzeit an die versorgungsführende Stelle zu übermitteln, die daraus den Bedarf zu einem gegebenen Zeitpunkt errechnet und den Nachschub spezifisch für die jeweilige Truppe veranlasst. Eine Anforderung alter Art wird dadurch hinfällig.

Auch in der Materialerhaltung werden neue Maßstäbe möglich. Wie z.B. der Konzern Caterpillar vorführt, ist eine satellitengestützte weltweite Ferndiagnose und vorausschauende Materialzuführung sowohl für Service als auch Reparatur keine Utopie mehr.

Da die Logistik in Österreich datenmäßig weiter ausgebaut wird und aus Sparsamkeitsgründen auch bereits ansatzweise die Grundsätze eines "Focused logistics"-Modells angewandt werden, sollte es möglich sein, mittelfristig Versorgungsdaten in das Netzwerk einzubringen und auch für Operationen im Ausland zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung dazu ist jedoch eine Vereinheitlichung der Datensätze. Das eigentliche Ziel für die logistische Bereitstellung muss das Erreichen einer - wenn notwendig weltweit - höheren Versorgungsgeschwindigkeit sein.

Infrastruktur

Da die netzwerkzentrierte Operationsführung, wie bereits mehrmals beschrieben, hochmobil ausgelegt sein muss, wird sie zunächst nur geringe Auswirkungen auf die bestehende Infrastruktur des ÖBH haben.

Ausnahme sind die Einrichtungen der LRÜ, insbesondere die ortsfeste LRÜ mit der Zentrale (LRÜZ), die sofort einer eingehenden Neubeurteilung unterzogen werden muss, da die zur Zeit vorhandenen Radarstellungen eingebettet in einen zukünftigen europäischen Luftraumüberwachungsdatenverbund gesehen werden müssen und darüber hinaus die Aufgaben der LRÜZ in Zukunft von einer mobil zu haltenden Zentrale wahrgenommen werden sollten.

Zusammenfassung/Konsequenzen

Die Entwicklung in Richtung einer netzwerkunterstützten Kampfführung lässt sich nicht mehr aufhalten. Wie die Wirtschaft mit E-Business und auch schon die allgemeine Verwaltung mit ersten Ansätzen des E-Government vorführt, hat das Informationszeitalter begonnen und ist dabei, auch alle Bereiche des Militärs zu erfassen.

Die neuen Technologien haben im wirtschaftlichen Bereich gezeigt, dass nur der Erfolg zählt. Umso mehr gilt dies für die immer teurer werdenden militärischen Einsätze. Der Erfolg liegt in der Ausnutzung größtmöglicher Synergieeffekte in allen sich anbietenden Bereichen und immer in der Geschwindigkeit. Diese Synergieeffekte lassen sich sowohl national als auch international nur erzielen, wenn ein hohes Maß an Kooperationsfähigkeit bis hin zur Interoperabilität erreicht wird. Je effizienter und zeitgerechter Ressourcen ausgenützt werden können, umso erfolgreicher ist das Unternehmen. Nicht zuletzt deshalb bilden sich immer mehr große Konzerne; kleine, isolierte Unternehmen, die nicht auf Nischenprodukte spezialisiert sind, gehen unter. Dies gilt auch für den Bereich der Sicherheit. Österreich sollte sich rasch zu einer gesamtstaatlich koordinierten Vernetzung aller sicherheitsrelevanten Einrichtungen im Sinne einer "Homeland Defense" entschließen. Der derzeit laufende Österreichkonvent böte dafür die optimale Plattform.

Das Bundesheer befindet sich am Scheideweg. Entweder werden die Zeichen der Zeit erkannt und es wird rasch mitgezogen, oder die österreichischen Streitkräfte bleiben hoffnungslos zurück. Es stellt sich für Österreich die Frage, in welcher "Liga" der internationalen Streitkräfte man zukünftig mitspielen will. Die Signale aus der NATO und der EU deuten unmissverständlich darauf hin, dass ein angemessener Solidarbeitrag erwartet wird, der sich nicht auf die Teilnahme an Friedenseinsätzen geringer Intensität beschränken kann. Will das ÖBH als national und international ernst zu nehmende Organisation überleben, ist alles zu tun, um die Zukunftsfähigkeit sicherzustellen.

Für die Anpassung an das Informationszeitalter im militärischen Bereich müssen Möglichkeiten der Informationstechnologie konsequent nach folgenden Prinzipien ausgenutzt werden: - Alle Plattformen und Führungsebenen werden vernetzt.

- Alle haben gleichzeitig das aktuelle Lagebild.

- Zu jedem gegebenen Zeitpunkt wird das jeweils am besten geeignete Mittel wirksam.

- Massierung von Effekten (Wirkung) anstatt Massierung von Truppen.

Der Einstiegspreis für die Umsetzung dieser Prinzipien ist auch für das ÖBH eine Informationsstruktur, die allen Elementen der Operationsführung einen Zugang zu hochqualitativer Information und entsprechende computerisierte Dienstleistungen ermöglicht. Was die Zukunft von der Gegenwart unterscheidet, ist die fast allgegenwärtige Bereitstellung dieser Informationsleistungen für diese Elemente. Diese können Truppenkontingente im Ausland, unterstützende Elemente im Inland sowie verbündete Partnerarmeen sein.

Eine Transformation in Richtung netzwerkzentrierte operative Verfahren erfordert nicht nur neues Gerät, sondern auch eine neue Organisation und Kommunikation. Die quantitative Stärke von Panzertruppen und die Zahl von Flugzeugen ist zukünftig nur mehr ein Kriterium minderer Bedeutung für die Beurteilung der Möglichkeiten von Streitkräften; die Bedeutung der Teilstreitkräfte wird abnehmen, weil sie isoliert voneinander kaum mehr erfolgreich agieren werden können. Das zu verstehen ist die eigentliche und erste Aufgabe. Dazu sind die Grundsätze der vernetzten Kampfführung konsequent umzusetzen.

Diese Umsetzung kann - wie in der Wirtschaft auch - wirklich erfolgreich nur durch eigene Forschung im Verbund mit strategischen Partnern gelingen. Der Trend ist eindeutig. Der "State of the Art" im internationalen Bereich muss erreicht und erhalten werden, um auch in Zukunft den von Österreich eingeforderten Solidarbeitrag zur internationalen Sicherheit leisten zu können.

Dies erfordert Investitionen in Bildung, Forschung, Entwicklung, in strategische Partnerschaften und letztendlich die permanente Beteiligung an internationalen Einsätzen.

ANMERKUNGEN:

1) Lauring, Bernhard: Network-Centric Warfare - Die Supermacht Amerika hebt endgültig ab. In: ÖMZ 6/2003, S. 760 - 764.

2) Vgl. den großen Erfolg des "Blue Force Tracker" - Systems (BFT der Ist Marine Expeditionary Force (Ist MEF) im Irak. Die Vernetzung jeder Ebene bis zur Kompanieebene sowie der Luftfahrzeuge durch ein BFT-Funkgerät (895 Ground-, 132 Air-BFT-Radios) ermöglichte die jederzeitige automatisierte Echtzeitlagedarstellung der Eigenen Kräfte und hatte somit erheblichen Einfluss auf die Geschwindigkeit des Führungsverfahrens. Vortrag UK-Vertreter auf der Network Transformation - Konferenz in BRÜSSEL/BE vom 02.12.-04.12.2003.

3) Vgl. Vortrag Dr. Heiko Borchert: Von der netzwerkzentrierten Kriegführung zu vernetzter Sicherheitspolitik. Gehalten beim WS "NCW & Streitkräfte, Fähigkeiten und Technologie im 21. Jahrhundert (SFT 21)", LVAk, 13.-14. November 2003.

4) Gemäß NATO AAP-15.

5) Vgl. Mey Holger H., Krüger Michael K.-D.: Vernetzt zum Erfolg? In: "Strategische Analysen" des Institutes für Strategische Analysen e.V. (ISA), Bonn, Bd. 9, S.45.

6) Vgl. Shalikashvili John M., Chairman of the Joint Chiefs of Staff, US Joint Vision 2010, http://www.dtic.mil/jv2010/jv2010.pdf.

7) Link 11 (v. engl. für Verbindung) bezeichnet einen militärischen Datenaustauschstandard der NATO, der speziell bei der Marine, aber auch in Teilen bei der Luftwaffe (Link 11B) genutzt wird.

Link 11 wurde Anfang der 60er-Jahre durch die U.S. Navy entwickelt und dient dem automatisierten Austausch von Lagebildinformationen zwischen den Führungssystemen von Schiffen und Flugzeugen. Link 11 ist mit seinen Datendefinitionen und seinem Regelwerk im Standardization Agreement STANAG 5511 niedergelegt.

Link 11 nutzt UHF bzw. HF - Funkverbindungen zur Übertragung der digitalen Informationen, wobei eine Master-Station nacheinander alle übrigen Teilnehmer abfragt (Roll Call). Wegen seiner Störanfälligkeit und geringen Datenrate mittlerweile als technisch veraltet eingestuft, soll es mittelfristig durch das modernere Link 16 ersetzt werden. Trotzdem dient es bei vielen Marinen nach wie vor als primäres Informationsmedium für den Lagebildaustausch und die Befehlsgebung in Echtzeit.

Link 16 ist als einer der digitalen Dienste des Informationsübertragungssystems MIDS im Standardization Agreement STANAG 5516 definiert.

Helmut Habermayer, MSc.

Geb. 1959; Oberst des Generalstabsdienstes; 1978 Eintritt in die Streitkräfte und Offiziersausbildung; 1981 Ausmusterung zum Heeresaufklärungsbataillon, Verwendung als Zugs- und Kompaniekommandant; 1984-1985 UN-Einsatz Naher Osten als Kompaniekommandant Hermon-Kompanie;1988-1991 Absolvierung 12. Generalstabskurs, anschließend GO in der G3-Abt/MilKdo NÖ; ab 1993 BMLV/Operationsabteilung, verantwortlich für Militärische Aufklärung und Sicherheit; 1998 Kommandant des Panzergrenadierbataillon 35; 2001 Kommandant des Österreichischen Kontingentes KFOR (Kosovo); Hörer des Senior Staff Officers Course am NATO-Defence College in Rom (1996) und Absolvent der National Defense University in Washington, D.C. (1999 - 2000); seit November 2002 stellvertretender Leiter der Abteilung Militärstrategie im BMLV.



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