Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Der transnationale Terrorismus nach dem 11. September

Sicherheitspolitische und nachrichtendienstliche Konsequenzen

von Alfred Schätz

In der Folge der Terroranschläge von New York, Washington und Pennsylvania am 11. September 2001 erlangte der bis dahin kaum verwendete Begriff des "Terrorkrieges"(Fußnote 1/FN1) als Bezeichnung für die Maßnahmen der USA gegen den transnationalen Terrorismus eine unerwartete Verbreitung. Bei diesem ursprünglich in einem anderen Zusammenhang verwendeten Terminus(FN2) scheint es sich also um den Versuch zu handeln, ein neues Phänomen zu fassen und einer Terminologie zu unterwerfen.

Aus philosophischer Sicht wird Krieg oft als ein Instrument der Machtausübung betrachtet. Dabei kann diese Form der Machtausübung verschiedensten Zielen, von Verteidigungs- und hegemonialen bis hin zu Unterwerfungskriegen dienen. In jedem Fall schien nach dem allseits bekannten Zitat von Clausewitz der Krieg etwas zu sein, das durch die Politik quasi zu kontrollieren, zu bändigen sei. Der Terror scheint nun eine neue Dimension des Kriegsbegriffes darzustellen.

Dennoch ist der Terror oder "Schrecken" in der internationalen Sicherheitspolitik keine unbekannte Symbolik. So fand während der Zeit der bipolaren Blockkonfrontation der Begriff des "Gleichgewichts des Schreckens" Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch. Die Fähigkeit, einen Gegner tödlich zu treffen und dadurch gleichzeitig die eigene Vernichtung in Kauf zu nehmen, führte damals zur Unfähigkeit, Krieg zu führen. Folgt man dem Philosophen Heimo Hofmeister, so war " ... Krieg also durch dieses Gleichgewicht des Terrors zu einer Art ‚Terrorfrieden‘ geworden ...".(FN3) Doch auch der heutige Terror entwickelte sich aus der Unfähigkeit, Krieg zu führen. Für Terrororganisationen in den israelischen Palästinensergebieten(FN4) beispielsweise stellt sich die Alternative einer konventionellen Kriegsführung nicht. Ein solcher Versuch wäre mit der eigenen Vernichtung verbunden. Somit sind Terroranschläge eigentlich ein Ausdruck der Machtlosigkeit. Mit dem Terrorkrieg, also der Kriegsführung durch Terror, entdeckten diese Organisationen die Ohnmacht als Macht.

Hier zeigt sich auch der Zusammenhang zwischen Terrorismus und Freiheits- bzw. Partisanenkampf. Auch letzterer entwickelt sich in der Regel dort, wo reguläre konventionelle Kriegsführung die eigenen Kapazitäten übersteigt, also ebenfalls wieder aus der eigenen Machtlosigkeit.

Diese eher philosophisch anmutenden Gedanken besitzen einen durchaus praktischkonkreten Hintergrund: So gehört seit dem Beginn der US-Operation Enduring Freedom zu den zentralen Fragen auch innerhalb der US-Regierung jene, ob es gelingen kann, mit einer umfangreichen militärischen Operation gegen einen zumindest paramilitärischen Gegner, Terrorismus per se erfolgreich zu bekämpfen.

Wäre die Festnahme bzw. die Tötung Osama Bin Ladens als Sieg im Kampf gegen den transnationalen Terrorismus zu bewerten oder wären dafür nicht ganz andere, zum Teil auch subtilere Methoden und Ansätze erforderlich? Im Lichte der aktuellen Lageentwicklung rund um die Operation Enduring Freedom wird deutlich, dass die Strategie der USA im Kampf gegen den Terror exakt der durch die Attentäter vom 11. September aufgezwungenen Logik terroristischer Organisationen folgt.

Wenn der Terrorkrieg wie ausgeführt im Wesentlichen darin besteht, dem Gegner dessen Machtlosigkeit vor Augen zu führen, so ist es das implizite Ziel der Operation Enduring Freedom, Bin Laden und damit auch anderen Terrorgruppierungen vor Augen zu führen, dass sie der Weltmacht USA auch dann unterlegen sind, wenn sie zu terroristischen Methoden greifen. Daher ist die derzeitige Strategie der USA, nämlich Bin Laden und die Führungselite der Al Qaida um jeden Preis zu zerschlagen, im Sinne einer Generalprävention die einzig mögliche, um dieses Ziel zu erreichen.

Diese Strategie scheint aus heutiger Sicht auch im internationalen Kontext durchaus erfolgreich zu sein, begab sich doch mit dem Irak lediglich ein einziger Staat in direkte Opposition zu der Vorgangsweise der USA.

Die Frage der Rechtmäßigkeit eines "Krieges gegen den Terror"

Obwohl noch in weiterer Folge ausführlicher auf das Phänomen der verschwimmenden Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit und den damit zusammenhängenden sicherheitspolitischen Konsequenzen einzugehen sein wird, drängt sich im Lichte der bisherigen Ausführungen jedoch bereits die Frage der ethischmoralischen sowie völkerrechtlichen Legitimation eines "Krieges gegen den Terror" auf, also des Einsatzes eines traditionell dem Bereich der äußeren Sicherheit zugeordneten staatlichen Machtinstruments gegen einen nichtmilitärischen Gegner, dessen Methode traditionell als Bedrohung der inneren Sicherheit perzipiert wird.

Die völkerrechtliche Legitimation des "Krieges gegen den Terror" haben die USA unmittelbar nach den Anschlägen und unwidersprochen auch von den VN de facto über das im Artikel 51 der Charta festgelegte Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung abgeleitet. Eine Besonderheit in diesem Zusammenhang ist zweifellos die Tatsache, dass ein Terrorakt als bewaffneter Angriff gegen einen Staat betrachtet wird.

Die durch die USA herbeigeführte "Allianz gegen den Terror" sowie der Versuch, v.a. islamische Staaten in diese Koalition einzubinden, ist daher auch nicht als völkerrechtlicher Legitimationsversuch, sondern vielmehr als Bemühen zu interpretieren, politisches Verständnis für die Notwendigkeit der gesetzten Maßnahmen zu erzielen und einer potenziellen Destabilisierung islamischer Regime entgegenzuwirken.

Sehr wohl von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang allerdings die Frage der Beweisführung für die Zuweisung der unmittelbaren Verantwortung Bin Ladens und der Al Qaida für die Terroranschläge in den USA. Wenngleich es hierfür eine sich ständig verdichtende Kette von Indizien gibt und sowohl der EU am 3. und 4.10.2001 als auch einer Reihe von Staaten auf bilateraler Ebene von den USA die Beweislage präsentiert worden war, bleibt die Frage offen, ob diese für den Abschluss eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens ausreichend gewesen wäre. Derartige Leitlinien standen jedoch weder für die USA noch für die mit ihr solidarisch erklärten staatlichen Akteure je ernsthaft zur Diskussion.(FN5) Vor diesem Hintergrund bildete sich somit eine Solidargemeinschaft von Staaten, die aus verschiedensten Motiven angetreten sind, die USA im Kampf gegen den transnationalen Terrorismus zu unterstützen. Mit unterschiedlichem Engagement (dem sich freilich kein verlässliches Mitglied der Staatengemeinschaft völlig zu entziehen vermochte) umfasst dieses Bündnis Staaten wie China, Israel, Mazedonien, die Russische Föderation, Spanien, die Türkei sowie das Vereinigte Königreich. Die demonstrative Auswahl von Ländern erfolgte hier natürlich bewusst, handelt es sich doch um solche, in denen bewaffnete Gruppierungen verschiedener Qualität existieren, die wiederholt dem Bereich des Terrorismus zugeordnet wurden.

Die Resolution 1373 des VN-Sicherheitsrates sorgte für die einhellige, völkerrechtlich abgesicherte Verurteilung jeder Form des Terrorismus. Entscheidend ist langfristig jedoch die Frage der politischen Definition des Terrorismus, wenngleich die Wahrscheinlichkeit, dass die Staatengemeinschaft zu einer solchen findet, als sehr gering zu beurteilen ist.(FN6) Um bei den oben erwähnten Beispielländern zu bleiben, können etwa sowohl die nordirische IRA als auch die baskische ETA eindeutig als Terrororganisationen beurteilt werden. Im Falle Mazedoniens ist die Staatengemeinschaft ebenfalls darin einig, dass es sich bei den Aktivitäten der so genannten "Nationalen Befreiungsarmee" zumindest teilweise um terroristische handelte.(FN7) Doch wie verhält sich die Sachlage im Falle Jugoslawiens, wo 1998 eine so genannte "Befreiungsarmee des Kosovo" gegen die regierende Staatsgewalt gekämpft hatte und vom Regime Milosevic als Terrororganisation eingestuft worden war?(FN8) Hier wandelte sich die Terminologie internationaler Akteure im Verlauf des bewaffneten Konfliktes zwischen den Begriffen "Terrorismus" und "Widerstandskämpfer" mehrfach.

In anderen Fällen gestaltete sich die Haltung der internationalen Gemeinschaft noch kontroversieller. So war die Beurteilung der separatistischen Rebellen in Tschetschenien bis zum 11. September 2001 ebenso Thema des politischen Diskurses wie heute das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte gegen die Hamas im Rahmen des am 2.12.2001 von Premierminister Scharon ausgerufenen "Krieges gegen den Terror".

Unschärfen und Widersprüche scheinen allerdings durch die aktuelle Entwicklung weit gehend in den Hintergrund gedrängt zu werden. Kritik an den russischen Streitkräften in Tschetschenien ist im Lichte des globalen Kampfes gegen den transnationalen Terrorismus daher derzeit ebenso wenig opportun wie jene an der präventiven Tötung von Hamas-Aktivisten durch israelische Spezialkräfte.(FN9)

Konsequenzen für die internationale Politik

Das Zusammentreffen einer weltweiten internationalen Koalition gegen Terrorismus mit dem gleichzeitigen Fehlen eines theoretischen Konsenses in der Frage, was darunter überhaupt zu verstehen ist, scheint das System der internationalen Beziehungen auf völkerrechtlicher, geostrategischer und sicherheitspolitischer Ebene neu zu ordnen, wobei dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist.

Eine Weiterentwicklung der "Spielregeln internationaler Politik" ist allerdings per se nichts Außergewöhnliches. Die Besonderheit der aktuellen Situation liegt allerdings in dem Faktum begründet, dass diese durch einen einzigen "Motor" vorangetrieben wird, nämlich die USA. Die Frage, ob die internationalen völkerrechtlichen und politischen Rahmenbedingungen ausreichen, um dem Phänomen Terrorismus wirkungsvoll zu begegnen oder einer Anpassung bedürfen, mag dabei durchaus legitim und notwendig sein. Die durch den Druck der Notwendigkeit erforderlicher konkreter Maßnahmen voranschreitenden USA sehen sich dabei jedoch offensichtlich nicht an das Erfordernis der Konsensfindung mit anderen Staaten gebunden. Wurde dies unmittelbar während der ersten Phase der Operation Enduring Freedom von der Staatengemeinschaft weit gehend kommentarlos hingenommen, so regt sich nun doch erste Kritik v.a. aus den Reihen einiger EU-Staaten, die nicht mehr bereit zu sein scheinen, dass sich " ... Bündnispartnerschaft auf Gefolgschaft reduziert ...".(FN10) Wenngleich diese Formulierung wohl eine etwas drastische ist, so macht sie doch deutlich, dass die Auswirkungen der Entwicklung nach dem 11. September die Eckpfeiler der internationalen Beziehungen grundlegend verändert haben: So haben v.a. internationale Organisationen wie die VN, die NATO aber auch die EU einen Bedeutungswandel erfahren. Die NATO fungierte trotz der Aktivierung der Beistandsverpflichtung im Wesentlichen lediglich als politische Unterstützung der durch die USA ergriffenen Maßnahmen. NATO-Beiträge reduzierten sich auf die humanitäre Hilfe zu Gunsten Afghanistans sowie auf operativer Ebene auf die Unterstützung durch NATO-Awacs-Flugzeuge, den Einsatz der Stanavformed im Mittelmeer sowie Überfluggenehmigungen. Die VN positionierten sich einmal mehr als völkerrechtliche Legitimierungsinstanz im Hinblick auf die US-Maßnahmen sowie als zuständig für die Mandatierung des Post-Konflikt-Krisenmanagements.

Aus der Sicht der USA erforderte jedenfalls die Lage nach dem 11. September rasches, entschlossenes und effizientes Handeln. Hinsichtlich ihrer strategischen Zielsetzung ist die Operation Enduring Freedom als einzigartiges Phänomen zu bewerten, diente sie doch zunächst primär der Ausschaltung eines Terroristen und seines unmittelbaren Nahbereiches. Die Beseitigung des Taliban-Regimes war dabei vorerst lediglich Mittel zum Zweck der Ausschaltung von Al Qaida. Die langfristige Stabilisierung des Raumes hingegen soll ein Wiedererstehen von Terrorstrukturen verhindern.

Vor diesem Hintergrund scheint es durchaus konsequent, dass die USA das Hauptziel der Operation in jeder Phase in uneingeschränkter nationaler Kontrolle bewahrten(FN11), die "Nebenaufgaben" allerdings anderen nationalen und internationalen Akteuren überließen. Daher, aber auch weil mit der Beendigung der Operation in Afghanistan der Kampf gegen den transnationalen Terrorismus nach Aussagen der USA noch lange nicht abgeschlossen ist, ist mit einem übermäßigen militärischen Engagement derselben im mittel- bis langfristigen Krisenmanagement in Afghanistan nicht zu rechnen.

Deshalb gewinnt die aktuelle Diskussion bezüglich der Frage der Lead Nation für die International Security Assistance Force (ISAF) an Bedeutung. Die zunehmende Kritik der europäischen Alliierten an der (nach deren Ansicht) mangelnden Einbindung der NATO in die Operation verbunden mit der faktisch demonstrierten eingeschränkten Fähigkeit, selbstständig Verantwortung zu übernehmen, dient hier nicht gerade gesteigerter europäischer Glaubwürdigkeit.(FN12) Neben der neuen Positionierung internationaler Organisationen zeigt die aktuelle Lageentwicklung die ungeheure Dynamik, mit der Regionen, aber auch einzelne staatliche Akteure an sicherheitspolitischer Bedeutung gewinnen bzw. verlieren können.

So herrschte in der ersten Phase nach den Anschlägen vom 11. September eine gewisse Besorgnis der politischen Führung verschiedener Länder, v.a. im ehemaligen Jugoslawien, sie könnten aus dem Fokus der Staatengemeinschaft rücken und mittel- bis langfristig an Ressourcen insbesondere der USA und der EU verlieren.

Es verwundert daher wenig, dass sich sehr rasch verschiedene politische Akteure der Thematik bedienten und islamistische Schreckensszenarien beschworen, um damit zum einen die Staatengemeinschaft von der Notwendigkeit fortgesetzten Engagements zu überzeugen, zum anderen aber auch diese gegen den eigenen politischen Gegner zu instrumentalisieren.(FN13) Insgesamt ist also die internationale Politik mit dem 11. September in eine Phase der "neuen Unübersichtlichkeit" getreten, deren Ende nicht absehbar scheint. Voreilige Schlüsse, wie etwa die Beschwörung der Widerlegung des institutionalistischen sicherheitspolitischen Modells und Rückkehr zu (neo-)realistischen Theorien, scheinen hingegen noch zu früh.(FN14) Die Verschmelzung von innerer und äußerer Sicherheit Die aktuellen Ereignisse haben aber auch die Grenze zwischen innerer und äußerer Sicherheit von Staaten weiter verwischt - eine Tendenz, die seit Mitte der 90er Jahre in zahlreichen Staaten deutlich zu erkennen ist. Obwohl bereits vor 1989 teilweise mit Sicherheitsbegriffen gearbeitet wurde, welche nicht ausschließlich auf militärische Bedrohungsszenarien ausgerichtet waren(FN15), blieben in konzeptiver Hinsicht " ... nichtmilitärische Mittel der Sicherheitspolitik in der Praxis doch nur ... eine Art Garnierung der militärischen Landesverteidigung ...".(FN16) Diese werden als Folge der Anschläge vom 11. September eine grundlegende Neuorientierung erfahren. So betonte der deutsche Innenminister Otto Schily am 15.9.2001: " ... Die scharfe Trennlinie zwischen polizeilichem und militärischem Handeln ist nicht mehr gegeben. Künftig wird man polizeiliche Ziele auch mit militärischen Mitteln verfolgen müssen ..."(FN17) - eine Aussage, die gerade vor dem persönlichen Werdegang Schilys die Dimension dieser Entwicklung deutlich illustriert.

Terrorismus, ehemals weit gehend ein Problem der inneren Sicherheit von Staaten, ist plötzlich ein transnationales sicherheitspolitisches Problem. Dementsprechend ist es daher folgerichtig auch nicht mehr eine rein innerstaatliche Entscheidung, wie gegen transnationalen Terrorismus präventiv und reaktiv vorgegangen wird.

Passagierflugzeuge werden nun offensichtlich auch als Suizid-Terrorwaffe zum Einsatz gebracht. Eine derartige Taktik zwingt den für die Verhinderung von Angriffen verantwortlichen staatlichen Akteuren Reaktionszeiten auf, die keinen regulären Entscheidungsfindungsprozess mehr erlauben.

Der internationale Luftverkehr lässt hier insbesondere auf dem europäischen Kontinent auch keinen Spielraum für nationale Ermessensabwägung zu und stellt völlig neue Herausforderungen an die Systeme der Luftraumüberwachung und -verteidigung. Sollten Terroristen versuchen, Anschläge wie jene vom 11. September in Europa zu wiederholen, so ist die Frage der Fähigkeit eines Staates zur Identifizierung und gegebenenfalls Zerstörung von Luftfahrzeugen mit militärischen Mitteln nicht mehr lediglich eine nationalsouveräne Entscheidung, sondern auch eine Verantwortung gegenüber der inneren Sicherheit der Nachbarstaaten.

Sicherheitslücken in der Terrorbekämpfung und -prävention ziehen potenzielle Terroristen quasi an und erhöhen die Gefahr, zu einem Ziel oder Schauplatz eines Anschlages zu werden. Die Entscheidung eines Staates, auf Grund reduzierter Bedrohungsperzeption seine Sicherheitsmaßnahmen zu reduzieren, muss daher eine wohl überlegte sein und kann nur im Einklang mit dem geostrategischen Umfeld erfolgen.

Standardisierung und Abstimmung im Bereich der inneren Sicherheit sind allerdings ohnedies in Europa nichts Neues und spätestens seit der Implementierung des Schengener Abkommens zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Neu ist allerdings, dass sich innere und äußere Sicherheit künftig nicht mehr trennen lassen und daher auch die Streitkräfte von dieser Entwicklung tangiert sein werden.

Subkonventionelle Bedrohungen und Risken als Faktor im transnationalen Terrorismus

Ein militärischer Nachrichtendienst hat dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und diese neuen, nichtmilitärischen Faktoren internationaler Sicherheitspolitik analytisch zu bearbeiten. Zu diesen "subkonventionellen Bedrohungen und Risken" zählen neben transnationalem Terrorismus auch die irreguläre Migration, transnationale Organisierte Kriminalität (OK), die Proliferation von Massenvernichtungswaffen (MVW) und deren Technologie sowie Teilbereiche der Verbreitung konventioneller Waffen.(FN18) Die genannten Phänomene zeichnen sich durch ein hohes Maß an Interdependenz aus, welches insbesondere am Beispiel des transnationalen Terrorismus deutlich wird.

Organisierte Kriminalität

Die Ermittlungen nach den Terroranschlägen vom 11. September machten deutlich, dass die wohl wichtigste Basis terroristischer Organisationen deren Finanzierungsstruktur ist - eine Erkenntnis, die bereits kurz nach den Anschlägen in entsprechenden internationalen Initiativen zur Bekämpfung des transnationalen Terrorismus ihre Entsprechung fand.(FN19) Die dabei umgesetzten finanziellen Mittel sind erheblich. Schätzungen von Experten zufolge(FN20) verfügt die Al Qaida über ein Gesamtvermögen von etwa 5 Mrd. USD. Daraus gelingt es der Organisation Bin Ladens, ein jährliches Budget von bis zu 50 Mio. USD zu erwirtschaften. Andere Terrorgruppierungen verfügen über Jahresbudgets zwischen 5 und 20 Mio. USD, wie beispielsweise die algerischen "Bewaffneten Islamischen Gruppen" (GIA) und deren militante Teilorganisationen sowie die palästinensische Hamas, die Hisbollah oder auch die türkische Milli Görüs. Etwa 50-60% dieser Gelder werden durch Aktivitäten erwirtschaftet, die dem Bereich der OK zuzuordnen sind.

Hiezu gehören auch die Produktion und der Vertrieb von Drogen. Diese stellen einen äußerst lukrativen Bereich der Beschaffungskriminalität dar. So wurden noch im Jahr 1999 mehr als 75% der weltweit produzierten Menge an Rohopium in Afghanistan hergestellt.(FN21) Die Einnahmen aus diesem Erwerbszweig stellten für die Taliban eine der wichtigsten finanziellen Ressourcen dar und hatten somit wesentlichen Einfluss auf deren Möglichkeiten, ihr Regime in Afghanistan aufrechtzuerhalten und somit zu einem langfristigen sicheren Ausgangspunkt des islamistischen Terrorismus zu werden.(FN22) Die Beschaffung finanzieller Mittel ist für Terrororganisationen allerdings auch untrennbar mit der Notwendigkeit verbunden, diese in der erforderlichen Menge und zum erforderlichen Zeitpunkt verfügbar zu haben und zum Einsatz zu bringen. Die dabei angewandten Methoden entsprechen denen der Geldwäsche im Bereich der traditionellen OK.

So verdichteten sich im Zuge der Untersuchung der Hintergründe der Terroranschläge von New York die Erkenntnisse über Netzwerke informeller Finanztransaktionen, wie beispielsweise jenes der "Hawala"(FN23), einem v.a. im südasiatischen Raum verbreiteten System informeller Geldtransaktionen. Ein Teil der Finanzgeschäfte der Al Qaida wurde im Zuge der Vorbereitungen der Anschläge offenbar damit abgewickelt.(FN24) Die Existenz derartiger Strukturen war jedoch bereits lange vor dem 11. September 2001 bekannt. So äußerte die in der Bekämpfung der transnationalen Geldwäsche engagierte Financial Action Task Force (FATF) der OECD bereits in ihrem Jahresbericht 1999-2000 ihre diesbezügliche Besorgnis.(FN25) Obwohl die Bekämpfung der Geldwäscherei bereits seit Jahren als Schwerpunkt der Behörden vieler westlicher Staaten zählt, ist es bis dato nicht gelungen, dieses Phänomen wirkungsvoll zu zerschlagen. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass sich einige Staaten in dieser Hinsicht als sehr unkooperativ erweisen und von der FATF auch dezidiert so bezeichnet werden.(FN26) Ein Kampf gegen den transnationalen Terrorismus ist somit auch ein Kampf gegen OK und Geldwäsche in einem multidisziplinären Ansatz. Dabei geht es allerdings nicht nur um die Verfolgung konkreter Straftaten, sondern auch und v.a. um Vorfeldaufklärung und Prävention. Daher wird dieser Kampf neben polizeilichen und wirtschaftlichen auch mit nachrichtendienstlichen Methoden zu führen sein.

Irreguläre Migration

Ein weiterer Faktor subkonventioneller sicherheitspolitischer Bedrohungen und Risken, der vielfach im Zusammenhang mit islamistischem Terrorismus gesehen wird, ist transnationale irreguläre(FN27) Migration.

Die teilweise umfangreichen islamischen Gemeinden der etwa 14 Mio. Moslems in Europa sind durch die Ereignisse in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dabei wurde insbesondere unmittelbar nach den Anschlägen in den USA in Medienberichten oft undifferenziert der Islam mit Islamismus gleichgesetzt. Dieser Prozess fand letztlich auch eine zusätzliche Dynamisierung durch Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden in zahlreichen europäischen Ländern, wonach islamische Einrichtungen wiederholt von Islamisten für die Rekrutierung von Gesinnungsgenossen missbraucht worden waren.

Die tatsächliche Bedrohungslage stellt sich hingegen in den meisten europäischen Ländern differenzierter dar. Beispielsweise leben in Deutschland derzeit etwa 3 Mio. Moslems. Von diesen werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz etwa 30.000 als grundsätzlich extremistisch beurteilt.(FN28) Aussagen von Experten zufolge besteht bei etwa 2.000 von ihnen das Potenzial zur Gewaltanwendung im Sinne islamistischer Ideologie.

Einer der ersten Ansatzpunkte der Ermittlungsbehörden und Nachrichtendienste in Europa galt daher islamischen Einrichtungen wie Kulturzentren oder Moscheen. Nicht wenige Angehörige dieser Institutionen empfinden dies durchaus als Diskriminierung oder fordern eine verstärkte Eigenkontrolle ihrer Gemeinschaften, um islamistische Tendenzen präventiv aus ihrer Religionsgemeinschaft zu verbannen.

Diese Entwicklung findet dabei auch auf internationaler Ebene ihren Niederschlag. So konstatierte der VN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen, Ruud Lubbers, als Folge der Terroranschläge in den USA eine Verschlechterung des Klimas für asylsuchende Moslems und fürchtete, dass " ... in the current climate there is a risk that refugees and asylumseekers may become convenient scapegoats ...".(FN29) Dies ist eine Befürchtung, die durchaus berechtigt zu sein scheint. Undifferenzierte und ungeprüfte Unterstellungen bleiben dabei jedoch nicht auf Asylsuchende beschränkt. So wurde in einem viel beachteten Bericht des San Francisco Chronicle massive Kritik an Österreichs Praxis geübt, die aus der Slowakei übertretenden irregulären Migranten nicht in diese zurückzuschieben. Dabei wurde ein direkter Bezug zu Bin Ladens Terrororganisation Al Qaida hergestellt: "Thanks to a littleknown Austrian court decision, hundreds of illegal immigrants are pouring into Western Europe every week virtually without hindrance - fugitive Afghan Taliban fighters and members of Osama bin Laden’s al Qaeda terrorist network allegedly among them."(FN30) De facto ist auf Grund bisheriger Erkenntnisse die Wahrscheinlichkeit, dass potenzielle Terroristen der Al Qaida über traditionelle Routen irregulärer Migration in den EU-Raum eingeschleust werden, als gering zu beurteilen. So befanden sich auch die im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September in Deutschland genannten mutmaßlichen Terroristen völlig legal als Studierende in der EU.(FN31) Die Gefahr, im Zuge einer undokumentierten Einreise aufgegriffen, erkennungsdienstlich behandelt und registriert zu werden, widerspricht dem bisher festgestellten Grundsatz von Terrorgruppierungen, möglichst unauffällig in einem Zielland zu leben.

In zahlreichen Staaten wird nach den Anschlägen in den USA Migration von der Bevölkerung als generell bedrohlich perzipiert. So zeigten Umfragen in den USA nach dem 11. September überwältigende Zustimmung zur Feststellung, die Regierung hätte viel zu wenig unternommen, um Einwanderung zu kontrollieren.(FN32) Irreguläre transnationale Migration ist somit vor dem Hintergrund des islamistisch motivierten Terrorismus als relevant zu beurteilen, wobei sich diese Relevanz wie ausgeführt nicht primär aus der Möglichkeit ergibt, dass sich in den Migrationsströmen Terroristen verbergen, sondern vielmehr die dadurch in westlichen Staaten entstandenen moslemischen Gemeinden Zielgruppen für islamistische Agitation und Radikalisierungsversuche sein könnten.(FN33) Irreguläre Migration ist allerdings auch als Begleiterscheinung des "Terrorkrieges" von Bedeutung. So stieg in Österreich die Zahl der Asylanträge von Afghanen im Jahr 2001 gegenüber dem Vorjahr um das mehr als Dreifache auf etwa 13.000.(FN34) Der überwiegende Teil dieser afghanischen Migranten bedient sich dabei der organisierten Schlepperkriminalität. Deren Bekämpfung kommt in Österreich große sicherheitspolitische Bedeutung zu, die sich nicht zuletzt im Einsatz der Streitkräfte an der Staatsgrenze manifestiert. Aufgabe eines militärischen Nachrichtendienstes ist es daher auch, im Sinne einer Vorfeldaufklärung und Frühwarnfunktion auf migrationspolitische Entwicklungen und Tendenzen hinzuweisen und somit zur Bekämpfung dieser Sonderform Organisierter Kriminalität, aber auch zur "Force Protection" der im Grenzeinsatz befindlichen Kräfte beizutragen.

Die Proliferation von Massenvernichtungswaffen und deren Technologie

Als weiterer Teilbereich subkonventioneller Bedrohungen und Risken ist die Proliferation von MVW, Trägersystemen und deren Technologien anzusprechen. Die Verbindung von Terrorismus und MVW ist nicht neu, doch ist nach den Anschlägen vom 11. September und insbesondere nach den Anthrax-Attentaten in den USA deren Bedrohungswahrnehmung innerhalb der Bevölkerung stark gestiegen.(FN35) Bis Anfang der 90er Jahre wurde der mögliche Einsatz von MVW durch Terrororganisationen allgemein kaum als Bedrohung wahrgenommen. Dies änderte sich erst, als 1995 die japanische Sekte Aum Shinrikyo in der U-Bahn in Tokio Sarin zum Einsatz brachte. Erstmals zeigte sich, dass die Bedrohung durch RNBC-Waffen (radiologische, nukleare, biologische und chemische Waffen) nicht ausschließlich auf einen militärischen Gegner beschränkt ist.

Dennoch ist die Möglichkeit für terroristische Organisationen, MVW zu beschaffen, wesentlichen Einschränkungen unterworfen. So kann davon ausgegangen werden, dass die Herstellung eines Nuklearsprengkörpers das Potenzial einer terroristischen bzw. nichtstaatlichen Gruppierung erheblich übersteigt. Daher stehen im Bereich eines nuklear konzipierten Terrorangriffs die Entwendung einer Nuklearwaffe, der Diebstahl radioaktiven Materials für eine radiologische Bombe(FN36) (radiological dispersal device [RDD], "dirty bomb") oder ein konventioneller Angriff gegen eine industriellnukleare Einrichtung im Vordergrund.

Im Bereich der B-Waffen sind biologische Kampfstoffe (Pathogene oder Toxine)(FN37) überall dort verfügbar, wo sie natürlich vorkommen oder gelagert werden. Auf Grund der rasanten Entwicklung im Bereich der Biotechnologie und der damit verbundenen weltweiten Verbreitung des diesbezüglichen Wissens ist damit zu rechnen, dass ein zunehmend größerer Personenkreis Zugang zu Kenntnissen erlangt, die für die Herstellung von biologischen Kampfstoffen erforderlich sind. Die Schwierigkeit des terroristischen Einsatzes biologischer Kampfstoffe in der Praxis liegt einerseits in der Form der Ausbringung, andererseits ist die Herstellung biologischer Agenzien in der erforderlichen Qualität(FN38) und Menge durchaus mit der Überwindung erheblicher technischer Schwierigkeiten verbunden.

Im chemischen Bereich ist der Einsatz eines chemischen Kampfstoffes oder einer toxischen Chemikalie denkbar. Der Einsatz von im militärischen Sinn munitionierten Chemiewaffen steht dabei allerdings weniger im Vordergrund. Vielmehr könnten chemische Kampfstoffe mit relativ einfachen Mitteln improvisiert hergestellt werden.(FN39) Besondere Bedeutung könnten künftig einfache UAVs (unmanned aerial vehicles, Drohnen) für terroristische Angriffe erlangen. Selbst kleine Teams ziviler Fachleute (Flugmodellbauer, Kunststofftechniker, Elektroniker) sind heute in der Lage, ohne erhebliche Probleme und mit handelsüblichen Bauteilen derartige Luftfahrzeuge herzustellen.

Da die Reichweiten solcher Systeme zwischen 50 und 300 Kilometern liegen, könnten UAVs auch grenzüberschreitend eingesetzt werden. Die rechtzeitige Aufklärung einer anfliegenden Drohne ist aus radartechnischen Gründen kaum möglich. Dadurch könnten mittels UAVs chemische radiologische, biologische oder chemische MVW ins Ziel gebracht werden.

Für einen westlichen Industriestaat wie Österreich ergeben sich aus dem dargestellten Bedrohungsbild weit reichende Konsequenzen. Zwar stellt Österreich weder Massenvernichtungswaffen noch deren Trägersysteme her, doch besitzt es in vielen Teilbereichen die Fähigkeit und Technologie zur Produktion von Teilkomponenten und Ausgangsstoffen (so genannten Precursor-Materialien). Österreich ist dabei ähnlich wie die meisten westlichen Länder über internationale Non-Proliferationsregime(FN40) rechtlich oder politisch angehalten, die Weitergabe derartiger Technologie an Proliferationsstaaten(FN41) zu unterbinden. Hierzu ist eine wirksame Exportkontrolle erforderlich, welche in der Verantwortung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit steht.

Die Rolle eines militärischen Nachrichtendienstes ist dabei hinsichtlich der Beratung der verantwortlichen Behörde eine bedeutende. Proliferationsrelevante Beschaffungsversuche durch Proliferationsstaaten finden heute im Allgemeinen unter dem Deckmantel legaler Wirtschaftsbeziehungen statt. Die Aufklärung suspekter Endverbraucher erfordert den Einsatz nachrichtendienstlicher Methoden. Vor dem Hintergrund nationaler Wirtschaftsinteressen findet dabei die gänzliche Abstützung auf internationale Kooperationen ihre natürlichen Grenzen und erfordert eigene Kapazitäten auf diesem Gebiet. Die Erkenntnis, dass Massenvernichtungswaffen künftig verstärkt auch als Terrorwaffen zum Einsatz gebracht werden könnten, verleiht dieser Notwendigkeit eine zusätzliche Bedeutung, zumal die Beschaffung proliferationsrelevanter Technologie oder Materialien durch potenzielle Terroristen noch schwieriger zu erkennen sein wird.

Die Bedeutung der Nachrichtendienste - oder: Intelligence failure?

Wie bereits mehrfach erläutert, kommt den Nachrichtendiensten bei der Bekämpfung des transnationalen Terrorismus wesentliche Bedeutung zu. Nachrichtendienstliche Erkenntnisse und Analysefähigkeit in den oben angeführten Teilbereichen subkonventioneller Bedrohung können dazu beitragen, die personelle, finanzielle und strukturelle Basis terroristischer Gruppierungen auszutrocknen. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, stellt sich die Frage, weshalb Terroranschläge wie jene vom 11. September in den USA dennoch möglich waren. Haben die Nachrichtendienste in den USA und im weltweiten Rahmen versagt?

Die USA verfügen über eine "Intelligence Community", deren 13 Teilorganisationen ein geschätztes Jahresbudget von über 30 Mrd. USD zur Verfügung steht. Ein großer Teil dieser Mittel wurde in den letzten Jahren in den USA, aber auch in den großen Nachrichtendiensten anderer Staaten zum Ausbau der kostenintensiven Systeme elektronischer Informationsgewinnung (Signal Intelligence/SIGINT) investiert.

Der Bedeutungszuwachs von SIGINT geht im Wesentlichen zurück in die Zeit des Kalten Krieges, als dadurch eine enorme Menge an Information über den potenziellen militärischen Gegner gewonnen werden konnte. Die gewonnene Information war dabei ähnlich strukturiert, in sich konsistent und daher mit relativ einfachen Mitteln automationsgestützt analysierbar. Darüber hinaus zeichnete sich der Gegner durch relativ gut kalkulierbare Verhaltensmuster aus, welche rational nachvollziehbar und vorhersagbar waren.

Der technologische Vorsprung im SIGINT-Bereich bescherte den USA folglich einen nicht unwesentlichen Vorteil gegenüber der Sowjetunion.(FN42) Eine derartige Strategie ist allerdings im Kampf gegen den Terror in dieser Form nur bedingt einsetzbar. Terroristische Organisationen, v.a. jene, die dem Bereich des Islamismus zuzuordnen sind, folgen Handlungsmustern, welche oft nicht rational begreifbar sind und den nachrichtendienstlichen Analytiker vor erhebliche Herausforderungen stellen. Die Bereitschaft islamistischer Terroristen, selbst ihr Leben vorsätzlich für die Sache hinzugeben, mag hier als Beispiel dienen.

Darüber hinaus sorgte - im Übrigen nicht nur in den USA - die rasante technologische Weiterentwicklung der letzten Jahre für eine quantitative Zunahme der gewonnenen Informationsmenge, welche im Rahmen der nachrichtendienstlichen Analyse kaum mehr zu bewältigen ist. Die Fähigkeit moderner SIGINT-Technologien, praktisch jede technische Kommunikation weltweit aufzunehmen, zu dechiffrieren und in kurzer Zeit dem Analytiker zur Verfügung zu stellen, ist für diese Entwicklung mit verantwortlich. Der dadurch entstehende "information overload" verschafft dem Gegner aber erst recht die Möglichkeit, seine Kommunikationen darin zu verbergen.(FN43) Im Fall Osama Bin Ladens gibt es Hinweise, dass er sich einer derartigen Methode bedient hat. Verstärkte Investition in die technische Aufklärung muss daher mit dem gleichzeitigen Aufwuchs der Auswerte- und Analysefähigkeit akkordiert werden.

Parallel zu der völlig neuen Qualität von SIGINT wurde der Faktor Human Intelligence (HUMINT) in weiten Bereichen vieler Dienste vernachlässigt. Die Beschaffung nachrichtendienstlicher Information durch menschliche Quellen ist jedoch gerade bei einem unklar strukturierten und schwer kalkulierbaren Gegner von höchster Priorität.

In diesem Diskurs wird immer wieder das Argument ins Treffen geführt, es sei extrem schwierig, mit HUMINT in islamistische Organisationen und andere terroristische Strukturen einzudringen. Dieses Argument mag zwar teilweise berechtigt sein, doch ist das Ergebnis eines erfolgreichen HUMINT-Ansatzes dem anderer Sensoren in Teilbereichen überlegen.(FN44) In diesem Zusammenhang kann natürlich auch nicht ausgeschlossen werden, dass die nachrichtendienstliche Aufklärung in einer demokratischen Gesellschaft einfach an ihre natürlichen Grenzen gestoßen ist.

Dennoch hat SIGINT im Spektrum nachrichtendienstlicher Aufklärungssensoren weiter seine sinnvolle Berechtigung und rechtfertigt den Einsatz von Ressourcen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Investitionen in den Bereich der technischen Aufklärung quasi als Kostenmultiplikator wirken, da sie ihrerseits durch die große Informationsmenge auf den Bedarf an Analyse- und Auswertungskapazität ungebremst durchschlagen.

Eine entscheidende Erkenntnis der Ereignisse vom 11. September ist die Notwendigkeit nachrichtendienstlicher Kooperation sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext. Diese war bisher zweifellos nicht ausreichend. Wie nun teilweise bekannt wird, war bei einer Reihe von Nachrichtendiensten zwar Information über islamistische Terrornetzwerke vorhanden, die aber aus verschiedensten Gründen nicht weitergegeben worden war. Ein Grund für diese Zurückhaltung liegt sicher in der Problematik der Geheimhaltung. Je breiter Information gestreut wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese in falsche Hände gelangt und letztlich entweder die Ermittlungen behindert oder gar die Quellen selbst gefährdet.

Terroristische Organisationen haben in den letzten Jahren "gelernt" und ihre Methoden denen der Strafverfolgungsbehörden angepasst. Gegenüber den staatlich legitimierten Behörden haben diese allerdings einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Sie sind nicht an rechtsstaatliche Vorgaben gebunden. Vor diesem Hintergrund wird daher künftig sicher nicht nur in den USA eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit bestimmter rechtlicher Einschränkungen der Handlungsfreiheit der Behörden geführt werden. Diese erlangte ja bereits im Zusammenhang mit der Frage der Vertretbarkeit der US-Vorgangsweise im Umgang mit den in Guantanamo Bay internierten gefangenen Taliban- und Al Qaida-Angehörigen auch internationale Brisanz. In letzter Konsequenz reduziert sich die Diskussion jedoch auf den Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Anspruch auf Freiheit und jenem nach Sicherheit.

In diesem Licht wird daher in verschiedenen Ländern die Problematik der Notwendigkeit elektronischer Überwachungsmaßnahmen ("Lauschangriff") und des automationsunterstützten Datenabgleichs ("Rasterfahndung") neu bewertet werden müssen.(FN45)

Resumee

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben die (sicherheits-)politische Landschaft in vielen Bereichen nachhaltig verändert. Der Terror als Form der Kriegsführung (oder zumindest als bewaffneter Angriff) einerseits und der "Krieg gegen den Terror" (manifestiert in der Operation Enduring Freedom) andererseits sorgten für eine Annäherung wenn nicht gar Verschmelzung von innerer und äußerer Sicherheit, konventioneller und subkonventioneller Bedrohungen.

Die bestehenden völkerrechtlichen und politischen Rahmenbedingungen scheinen für den Umgang mit diesem Phänomen allerdings nur bedingt geeignet zu sein. Das Fehlen eines gemeinsamen internationalen Verständnisses von Terrorismus, verbunden mit der dominierenden Rolle eines einzelnen staatlichen Akteurs, der natürlich primär seine nationalen Interessen verfolgt, muss zu politischen Konflikten führen.

Nachrichtendiensten kommt künftig eine verstärkte Rolle in der Aufklärung nichtmilitärischer Faktoren der Sicherheitspolitik zu. Die weitestgehende Interdependenz dieser subkonventionellen Bedrohungsformen (OK, Proliferation von MVW, Irreguläre Migration, Terrorismus) erfordert deren umfassende Beobachtung sowie die Kooperation im nationalen und internationalen Kontext.

Formen subkonventioneller Bedrohung akkumulieren dabei oft in Räumen mit extremer Instabilität und destabilisierender Ausstrahlung auf gesamte Regionen. Derartige Räume sind dadurch prädestiniert für das Setzen von Stabilisierungsmaßnahmen durch die Staatengemeinschaft. Der Einsatz von Streitkräften als Ultima Ratio hierfür setzt Soldaten internationaler Kräfte derartigen Bedrohungsformen nicht nur spezifisch aus, sondern involviert sie aktiv durch die Zuweisung von an sich polizeilichen Aufgaben.(FN46) Als aktuelles Beispiel ist hier der Einsatz österreichischer Soldaten im Rahmen von ISAF in Afghanistan zu nennen, der für diese mit einem hohen Risiko im gesamten Spektrum subkonventioneller Bedrohungen verbunden ist.

Für einen militärischen Nachrichtendienst ist es daher erforderlich, diese Phänomene auch im Detail zu analysieren und dadurch zur "Force Protection" beizutragen. Die Entsendung spezifischer Elemente (v.a. National Intelligence Cells/NICs) gemeinsam mit den eingesetzten Truppen erfüllen dabei eine wichtige Funktion, ohne die für manche Staaten eigenes militärisches Engagement nicht mehr denkbar ist.

ANMERKUNGEN:

(Fußnote 1/FN1) Wird beispielsweise im world wide web mittels einer handelsüblichen Suchmaschine nach dem Begriff "Terrorkrieg" recherchiert, so ist festzustellen, dass er auf 3.800 Positionen im Internet zu finden ist. Unterwirft man die Suche einer zeitlichen Einschränkung, so erkennt man, dass von diesen 3.800 websites etwa 3.700 oder 98% erst seit dem 12.9.2001 existieren.

(FN2) So wurde unter dem Begriff "Terrorkrieg" die "...völkerrechtswidrige Form der Kriegsführung, die unter Missachtung des Unterschieds zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten gegen die Zivilbevölkerung vorgeht, um so Moral, Arbeitskräftepotenzial und zivile Infrastruktur des Gegners zu zerstören..." verstanden. Siehe Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Mannheim 1974, Band 23, S.342.

(FN3) Univ.-Prof. Dr. Heimo Hofmeister in einem Referat "Theorie des Terrorkrieges" im Rahmen eines Workshops der Direktion für Sicherheitspolitik des Bundesministeriums für Landesverteidigung am 23.11.2001 in Reichenau/Rax.

(FN4) Hiezu zählen die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad.

(FN5) Beispielgebend in diesem Zusammenhang mag die Stellungnahme von Lord G. Robertson gelten, der Ende September 2001 sagte, die NATO brauche keine Beweise, da die Schuld Bin Ladens offensichtlich sei. Vgl. Gowans, Stephen: Could Washington’s shifting evidentiary standards signal an attack on Iraq? Internet-Dokument: www.mediamonitors.net/gowans31.html v. 15.12.01.

(FN6) Das entscheidende Kriterium in diesem Zusammenhang ist dabei die Abgrenzung zwischen Terroristen und Freiheitskämpfern. Die oft zitierte Aussage "one states freedom fighter is another states terrorist" bringt diesen Konflikt treffend zum Ausdruck. Bisherige Definitionsansätze (Völkerbund 1937, Resolution der Generalversammlung der VN 1999, verschiedene wissenschaftliche Versuche, in dieser Frage einen Konsens zu erreichen) scheiterten ebenso, großteils an dem Problem, zwischen einem "weiten" Ansatz, der jede nichtstaatliche Gewaltanwendung als Terrorismus definiert und einem "engen" Ansatz, der oft gezielt auf eine bestimmte Gruppierung ausgerichtet ist, einen brauchbaren Mittelweg zu finden. Vor diesem Hintergrund ist auch die durch den Rat für Justiz und Inneres am 6.12.01 in Brüssel verabschiedete Definition von Terrorismus über Straftatbestände eine wenig hilfreiche, bringt sie doch in die politische Bewertung von Gewaltanwendung keine Klarheit.

(FN7) So wurden die ethnischalbanischen Rebellen von politischen Repräsentanten verschiedener Staaten wiederholt als "Terroristen" bezeichnet: "Western leaders ...[who]... used the word ‚terrorism‘ or ‚terrorist‘ when condemning the ethnic Albanian rebels in Macedonia during March 2001 included German Chancellor Gerhard Schroeder and Defence Minister Rudolf Scharping; French Foreign Minister Hubert Vedrine; Javier Solana ... Lord Robertson ... Robin Cook." Vgl. International Crisis Group: Bin Laden and the Balkans: The politics of Anti-Terrorism. In: ICG Balkans Report Nr.119 v. 9.11.01. Internet-Dokument: www.intlcrisisgroup.org. Gleichzeitig wurde jedoch die Notwendigkeit deutlich, diese Gruppierungen in eine politische Lösung des Konflikts einzubinden.

(FN8) Bezeichnenderweise stützt sich Milosevic im Rahmen seiner Anhörung in Den Haag auf genau jene Argumentationslinie, indem er beurteilt " ... he was facing the same Islamic terrorism against which the U.S. has since gone to war ...". Vgl. Purvis, Andrew: The world according to Slobo. Internet-Dokument: www.time.com/time/world/article/0,8599,202829,00.html am 15.2.02. Siehe hiezu auch Bina (Belgrade News Agency): Through Terrorism to Independence, Belgrad 1998.

(FN9) Vgl. Financial Times Deutschland: Israel lässt Hamas-Aktivisten erschießen, v. 14.10.01.

(FN10) Am deutlichsten brachte dies bisher der deutsche Außenminister Joschka Fischer zum Ausdruck, der seine Bedenken auf den Punkt brachte, indem er äußerte: " ... eine Welt mit sechs Milliarden Menschen wird selbst von der mächtigsten Macht nicht allein in eine friedliche Zukunft geführt werden ...Verbündete sind keine Satelliten ...". Vgl. Fischer warnt Bush vor einem Krieg gegen den Irak. In: Die Welt am 12.2.02.

(FN11) Der Stellvertretende Verteidigungsminister Wolfowitz soll in diesem Zusammenhang im Rahmen der 38. Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik im Februar 2002 die Aussage getätigt haben: "The mission must determine the coalition, the coalition must not determine the mission." (FN12) Dies trat besonders deutlich im Rahmen der 38. Münchener Sicherheitskonferenz zu Tage, wo NATO-Generalsekretär Robertson u.a. deutlich machte, dass Europa seine militärischen Fähigkeiten deutlich werde erhöhen müssen, wolle es verhindern, dass sich die USA in eine isolationistische oder unilateralistische Entwicklung begeben.

(FN13) Eine treffende Darstellung dieses Phänomens bietet die Studie "Bin Laden and the Balkans: The Politics of Anti-Terrorism" der International Crisis Group. Vgl. ICG Balkans Report Nr.119, Brüssel.

(FN14) Das institutionalistische Modell der internationalen Sicherheitspolitik geht aus von der Annahme einer großen Bedeutung der Kooperation von Staaten auf institutioneller Ebene. Nach Celleste Wallander und Robert Keohane bietet diese die Möglichkeit, durch Kooperation und Kommunikation flexibel auf geänderte Verhältnisse und neue Herausforderungen zu reagieren. Das (neo-)realistische Modell hingegen geht von der Machtpolitik von Einzelstaaten aus.

(FN15) Im österreichischen Landesverteidigungsplan wurde im Jahr 1984 Sicherheitspolitik definiert als " ... Summe aller Maßnahmen, vornehmlich in den Bereichen der Außenpolitik, der Politik zur Erhaltung der Inneren Stabilität sowie der Verteidigungspolitik ...". Vgl. Landesverteidigungsplan, Bundeskanzleramt, Wien 1984, S.5.

(FN16) Vgl. Giller, Joachim: Konsequenzen eines umfassenden Sicherheitsverständnisses. Wien 1996, S.6.

(FN17) Vgl. Dausend, Peter: Schily schließt Attentate in Deutschland nicht aus. In: Die Welt vom 15.9.01.

(FN18) Insbesondere die massenhafte Verbreitung von Klein- und Leichtwaffen ist in diesem Zusammenhang zu nennen.

(FN19) So ist einer der Kernbereiche der VN-Sicherheitsratsresolution 1373 vom 28. 9.01 die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, alles zu unternehmen, um die Finanzierung terroristischer Aktivitäten zu unterbinden.

(FN20) Die nachfolgenden Ausführungen sind das Ergebnis eines am 25.10.01 im Rahmen des deutschen Bundesnachrichtendienstes in Pullach abgehaltenen Symposions zum Thema "Geldwäsche und verdeckte Terrorfinanzierung: Bedrohung der Staatengemeinschaft". Dabei präsentierte Univ.-Prof. Friedrich Schneider von der Universität Linz seine Studien hinsichtlich des Finanzierungspotenzials der Al Qaida und anderer Terrororganisationen.

(FN21) Vgl. Vereinte Nationen: World Drug Report 2000, Oxford 2000, S.27.

(FN22) Schätzungen internationaler Organisationen gehen davon aus, dass die von den Taliban eingehobenen Steuern auf Rohopium jährlich zwischen 50 und 100 Mio. USD betrugen. Vgl. Center for Geopolitical Drug Studies: Drugs and the Taliban. In: Geopolitical Drug Newsletter, Nr.1 - October 2001, Nantes 2001, S.1. Die Produktion und der Handel mit Drogen sind dabei auch in anderen Regionen als finanzielle Ressource militanter, terroristischer oder aufständischer Gruppierungen von Bedeutung. So sind etwa in Kolumbien, dem mit Abstand weltgrößten 287.000 Tonnen im Jahr 1999), die bewaffneten Gruppierungen der "Revolutionären bewaffneten Kräfte Kolumbiens" (FARC) sowie die "Nationale Befreiungsarmee" (ELN) Hauptakteure im Kokaingeschäft. (Vgl. Vereinte Nationen: World Drug Report 2000, Oxford 2000, S.27.) Die Rebellengruppierungen lukrieren dabei etwa 45% ihrer Einnahmen aus dem Drogenhandel. Vgl. Vargas, Ricardo: Antidrogen-Strategie in Kolumbien.

Internet-Dokument: www.kolumbienaktuell.ch/vargas.htm vom 24.7.01.

(FN23) Mittels des "Hawala"-Systems werden Gelder zwischen einzelnen "Brokern" ohne schriftlichen Nachweis auf der Basis gegenseitigen Vertrauens auch grenzüberschreitend überwiesen. Da die Broker (oder Hawaladar) zumeist unabhängig agieren und nicht Teil einer größeren Organisation sind, ist die nachträgliche Verfolgung des Geldflusses zumeist nicht möglich.

(FN24) Vgl. Willman, John: Trail of terrorist dollars that spans the world. In: Financial Times v. 29.11.01.

(FN25) Vgl. Financial Action Task Force: Report on Money Laundering Typologies 1999-2000, Paris 2000, S.6.

(FN26) So werden im aktuellen Bericht vom 7.9.01 u.a. Ägypten, Guatemala, Ungarn, Indonesien, Israel, Myanmar, die Philippinen, die Russische Föderation und die Ukraine in diese Kategorie eingeordnet. Liechtenstein hingegen gelang es durch umfangreiche Maßnahmen, von der Liste der unkooperativen Staaten des Jahres 2000 entfernt zu werden. Vgl. Financial Action Task Force: Review to Identify Non-Cooperative Countries or Territories, Paris 2001, S.12.

(FN27) Im Bereich des Heeres-Nachrichtenamtes wird der Begriff "irreguläre Migration" jenem der "illegalen Migration" vorgezogen, da der undokumentierte Grenzübertritt abseits der offiziellen Grenzübertrittsstellen im Zusammenhang mit Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht als illegaler Akt per se zu beurteilen ist. Um das eigentliche Problemfeld irregulärer Migration, nämlich das Phänomen der Schlepperkriminalität, in seiner Gesamtheit fassen zu können, ist ein weiterer Begriff erforderlich, der auch die Flüchtlingsmigration mit einschließt.

(FN28) So erfassten die Verfassungsschutzbehörden 1999 Informationen zu 17 islamistischen Organisationen. Zu den mitgliederstärksten Gruppierungen gehören dabei die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, die Organisation Kalifatstaat sowie die transnationale Muslimbruderschaft. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht. Internet-Dokument: www.verfassungsschutz.de vom 10.2.02.

(FN29) Vgl. BBC: UN refugee chief warns of persecution. Internet-Dokument: www.news.bbc.co.uk/hi/english/world/south_asia/newsid_1807000/1807933.stm am 8.2.02.

(FN30) Vgl. San Francisco Chronicle: Austrian border offers al Qaeda a new gateway to Europe. Terrorists can pass through legal loophole. Internet-Dokument: www.sfgate.com vom 22.1.02.

(FN31) In Deutschland, wo nach dem 11. September die Methode der Rasterfahndung bei der Suche nach möglichen Terrorzellen zum Einsatz kam, wurden daher auch folgerichtig primär jene männlichen, aus islamischen Ländern stammenden Personen gesucht, die " ... legal in Deutschland leben, bisher nicht durch kriminelle Aktivitäten auffällig wurden und keine fundamentalistische Grundhaltung erkennen ließen. Um den Kreis einzuengen, wird speziell nach Studenten technischer Studienfächer gesucht, die mehrere Sprachen beherrschen, keine eigenen Kinder haben und finanziell unabhängig sind." Vgl. TAZ vom 1.10.01. Internet-Dokument: www.taz.de/pt/2001/10/01/a0012.nf/text.

(FN32) So unterstützten diese Aussage in einer Umfrage am 15.9. und 16.9.01 mehr als 76% der Befragten in den USA. Vgl. WorldNetDaily: ¾ polled want stricter border control. Internet-Dokument: www.worldnetdaily.com vom 28.9.01.

(FN33) Als Beispiel möge hier der in Deutschland aktive Vorsitzende des Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden, Metin Kaplan, gelten. Seine Radikalisierungsversuche führten auch letztlich zum Verbot seiner Organisation "Der Kalifatstaat". Vgl. Terror: Hartes Durchgreifen gegen den Kölner Islamisten-Prediger Kaplan. In: www.derspiegel.de/spiegel/0,1518,166938,00.html am 8.2.02.

(FN34) Quelle: Bundesministerium für Inneres.

(FN35) In diesem Zusammenhang darf jedoch auch nicht außer Acht gelassen werden, dass diese gestiegene Bedrohungsperzeption in gesellschaftlichen Teilbereichen durchaus das Ausmaß einer teilweise skurril anmutenden Hysterie angenommen hat. So wurde beispielsweise in Österreich seit dem ersten Auftreten des Erregers in den USA fast 400 mal "Anthrax-Alarm" ausgelöst, wobei sich jedoch der Verdacht, abgesehen von einem kontaminierten Postsack der US-Botschaft in Wien, in keinem einzigen Fall bestätigte.

(FN36) Dabei wird radioaktives Material gemeinsam mit konventionellem Sprengstoff zur Detonation gebracht. Zwar findet hier keine nukleare Kettenreaktion statt, doch wird dadurch radioaktive Strahlung in Form kleinster Teilchen weitflächig zur Verteilung gebracht.

(FN37) Unter Pathogenen werden dabei im Wesentlichen Krankheitserreger, unter Toxinen Gifte verstanden.

(FN38) Hier ist beispielsweise in der Anwendung von Anthrax als Terrorwaffe die Effizienz der Waffe von der Partikelgröße der Anthrax-Sporen abhängig.

(FN39) So kann Yperit oder Senfgas durch Verbindung des in herkömmlicher Kugelschreibertinte vorkommenden Thiodiglykols mit konzentrierter Salzsäure relativ einfach produziert werden. Komplexere Nervengifte wie beispielsweise Sarin oder Tabun hingegen sind hinsichtlich ihrer Vorläufersubstanzen nur relativ schwer zu beschaffen. So war auch das durch die japanische Aum-Sekte hergestellte Sarin trotz großen finanziellen Aufwandes durch geringe Ausbeute und mindere Qualität gekennzeichnet.

(FN40) Hiezu zählen u.a. das Missile Technology Control Regime (MTCR), die Australia Group (AuG), die Nuclear Supplier Group (NSG), die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) etc.

(FN41) Unter Proliferationsstaaten versteht man dabei jene Staaten, welche Massenvernichtungswaffen oder deren Technologie beschaffen und/oder weitergeben. Im internationalen Kontext werden hier v.a. Indien, der Irak, Iran, Libyen, Pakistan, Nordkorea und Syrien genannt.

(FN42) Vgl. Gerolymatos, Andre: The failure of Intelligence. Internet-Dokument: www.omogenia.com/users/diogenis/ am 13.2.02.

(FN43) Als ein Beispiel mag hier die Technik der Steganografie genannt werden. Dabei werden über ein elektronisches Medium, wie beispielsweise das Internet, Bilder übertragen, in denen Nachrichten verborgen sind.

(FN44) Dazu zählen neben der Authentizität der Information auch der Vorteil der leichteren Steuerbarkeit und die Möglichkeit zur Schwergewichtsbildung.

(FN45) In diesem Zusammenhang ist die derzeit in Deutschland stattfindende Kontroverse um die Zulässigkeit der Rasterfahndung von Interesse. So hatten zuletzt Gerichte in Berlin und Düsseldorf die Durchführung der Rasterfahndung in ihren Bundesländern für unzulässig erklärt. Die Kompetenz in dieser Frage ist in Deutschland Landessache. Sollte hier kein Konsens gefunden werden können, bedeutet dies eine erhebliche Einschränkung der Effizienz dieses Instrumentes im Bundesgebiet.

(FN46) In diesem Zusammenhang wird oft generell von einer Tendenz der "Konstabulisierung von Streitkräften" gesprochen, ein Phänomen, welches seit einigen Jahren v.a. in Peace Support Operationen in Südosteuropa erkennbar ist.

Alfred Schätz

Geb. 1940; Divisionär; Angehöriger des Bundesheeres seit 1960; 1961-1964 Theresianische Militärakademie in Wr. Neustadt; 1964-1969 verschiedene Funktionen als Angehöriger der 9. Panzergrenadierbrigade; 1969-1972 Generalstabskurs an der Landesverteidigungsakademie in Wien; Militärwissenschaftliche Arbeit zum Thema "Der militärische Nachrichtendienst in einem neutralen Staat"; seit 1972 Angehöriger des Heeres-Nachrichtenamtes als Hauptreferatsleiter für militärische Sicherheit, Spionage-/Sabotageabwehr der Abwehrabteilung; 1975-1976 Truppenverwendung als Kommandant des Panzerartilleriebataillons 9; 1977-1980 Hauptreferatsleiter Ost und stellvertretender Leiter der Auswertungsabteilung; 1980-1990 Leiter der Auswertungsabteilung; seit 1990 Leiter des Heeres-Nachrichtenamtes.



Ihre Meinung/your opinion/votre opinion: Ihre Meinung/your opinion/votre opinion

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle