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"Kein Honiglecken"

Die Vorbereitung der Kaderpräsenzeinheit des Jägerbataillons 17 auf die Teilnahme an einer der EU Battle Groups 2011-1

Das Jägerbataillon 17 erhielt im Frühjahr 2009 den Auftrag, seine Kaderpräsenzeinheit für die Teilnahme an einer der beiden für das erste Halbjahr 2011 (2011-1) vorgesehenen EU Battle Groups auszubilden und vorzubereiten. Für die unter niederländischem Kommando stehende EU Battle Group, an der Kräfte aus fünf Nationen beteiligt sind, stellt Österreich 180 Soldaten.

Für das erste Halbjahr 2011 (2011-1) sind zwei EU Battle Groups vorgesehen, eine mit den Niederlanden als Lead Nation, die andere mit Schweden. Den Kern jeder EU Battle Group bildet ein Infanteriebataillon, verstärkt durch Kampfunterstützungs-, Logistik- und Sanitätselemente. Kräfte für die von den Niederlanden geführte Battle Group stellen - neben den Niederlanden selbst - Deutschland, Finnland, Litauen und Österreich.

Das Kernstück des österreichischen Kontingentes bildet eine gehärtete Infanteriekompanie auf Mannschaftstransportpanzern " Pandur", die durch das Jägerbataillon 17 zu formieren war. Zahlreiche Herausforderungen im Zusammenhang mit der Aufstellung und Vorbereitung dieser Kompanie prägten und prägen das Jahr (2010) bis zum Erreichen der vollen Einsatzbereitschaft und zum Beginn der so genannten Stand-by-Phase (Anfang 2011). Einige dieser Herausforderungen werden in diesem Beitrag dargestellt.

Die Struktur

Die Kaderpräsenzeinheit (KPE) des Jägerbataillons 17 besteht aus einem Kompaniekommando, je einer Kommando-, Versorgungs- und Scharfschützengruppe, dem I. Jägerzug sowie einem Panzerabwehrlenkwaffenzug in Straß. Der II. Jägerzug ist zwar organisatorisch der Kompanie zugeordnet, jedoch beim Jägerbataillon 19 in Güssing stationiert. Diese räumliche Trennung ist eine Herausforderung für die Kaderpräsenzeinheit, gilt es doch, eine möglichst einheitliche Ausbildung innerhalb der Kompanie sicherzustellen. Das erfordert einen permanenten engen Kontakt zwischen den betreffenden Dienststellen. Darüber hinaus werden sämtliche Verlegungen sowie spezielle Ausbildungsvorhaben für Kompaniezusammenziehungen (im Durchschnitt eine pro Monat) genutzt. Dies fördert auch die Entstehung eines "gesunden" Kompaniegefüges, das gerade für eine Einsatzeinheit unabdingbar ist.

Eine weitere Herausforderung für die Kompanie ergab sich aus der Änderung der materiellen Struktur, im Konkreten aus der Ausstattung mit Mannschaftstransportpanzern "Pandur". Aus der Sicht der Kompanie bedeutet die Ausstattung mit Mannschaftstransportpanzern eine Kampfwertsteigerung (die auch für die Zeit nach der Beteiligung an der EU Battle Group wünschenswert wäre). Der Personalplan blieb aber der einer ungehärteten Jägerkompanie und in dieser gibt es z. B. keine Bordschützen. Die erforderlichen Bordschützen mussten daher aus den bestehenden Organisationselementen entnommen werden. Das reduziert aber die Absitzstärke der Kompanie erheblich.

Personallage

Im Zuge der Vorbereitungen für den Einsatz in einer der beiden Battle Groups 2011-1 erfolgten bei der Kaderpräsenzeinheit des Jägerbataillons 17 erhebliche Änderungen im Personalbereich. Ende 2009 wurde sowohl die Kompanieführung (Kompaniekommandant und -stellvertreter) sowie die Kommandanten der Züge und der Scharfschützengruppe neu besetzt. Auch im Bereich der Mannschaftssoldaten kam es seit Ende 2009 zu erheblichen Veränderungen im Personalstand. Alleine von den in Straß dislozierten Teilen der Kompanie haben insgesamt neun Soldaten die Ausbildung zum Berufsunteroffizier eingeschlagen und stehen der Kaderpräsenzeinheit somit nicht mehr zur Verfügung. Weitere 16 Soldaten haben ihren Militär-Vertragsbedienstetenvertrag nicht über den Zeitraum der EU Battle Group verlängert oder vorzeitig gekündigt (Ende 2010 wird der Letzte dieser 16 in das zivile Erwerbsleben zurückkehren). Lediglich das Fachpersonal der Kommando- und der Versorgungsgruppe blieb nahezu unverändert.

Seit Ende 2009 haben insgesamt 19 Soldaten ihren Dienst in der Kaderpräsenzeinheit als Personen im Ausbildungsdienst (PiAD) oder auf Basis freiwilliger Waffenübungen (fWÜ) angetreten. Elf dieser 19 haben allerdings aus unterschiedlichen Gründen bis zum Sommer 2010 ihren Dienst wieder beendet - einige davon waren offenbar mit falschen Vorstellungen über den Dienst in einer Kaderpräsenzeinheit eingerückt und mussten erkennen, dass einsatznahe Ausbildung nun einmal "kein Honiglecken" ist.

Ein weiterer größerer Personalzulauf für die Kaderpräsenzeinheit ist erst wieder im Herbst 2010 zu erwarten, wenn Grundwehrdiener des Vollkontingentes vom Einrückungstermin April mit abgeschlossener Basisausbildung 3 (BA3; Ausbildung in der Gruppe oder im Trupp der jeweiligen Waffengattung) als Personen im Ausbildungsdienst (PiAD) zur Kompanie versetzt werden. (Die Allgemeine Wehrpflicht ist eine unverzichtbare Rekrutierungsbasis für die Kaderpräsenzeinheiten; Anm.)

Ausbildungsstand

Jeder Soldat, der zu einer Kaderpräsenzeinheit kommt, sollte bereits eine abgeschlossene Basisausbildung 3 vorweisen können. Die Ausbildung innerhalb der Kaderpräsenzeinheit könnte sich dann nur auf die Ausbildungsziele gemäß den Durchführungsbestimmungen für die Truppenausbildung (DBTA) beschränken.

In der Praxis haben allerdings - seit Jahren - manche Neuzugänge zur Kompanie nur die Kernausbildung der Basisausbildung 1 (BA1; Ausbildung zum Herstellen der Überlebensfähigkeit des Soldaten im Einsatz) durchlaufen und die restliche Zeit ihres Grundwehrdienstes z. B. als Systemerhalter gedient. Liegt dann selbst diese Kurzausbildung Jahre zurück, ist ein erheblicher Ausbildungsaufwand erforderlich, um den geforderten einheitlichen Ausbildungsstand zu erreichen.

Darüber hinaus stiegen zum Teil mangelhaft ausgebildete Neuzugänge laufend - also nicht nur zu gewissen festgelegten Terminen - in den Ausbildungsgang ein. Dadurch entstand für die anderen Soldaten der Eindruck, anscheinend mehrmals "bei Null" zu beginnen.

Mangels freier zusätzlicher Ausbilderkapazitäten im Bataillon wurden diese "Nachzügler" in der Regel vom Tag ihres Eintreffens an in bestehende Organisationselemente integriert und entsprechend intensiv ausgebildet. Übersteigt der Anteil der Neuzugänge, die aus welchen Gründen auch immer nicht über eine fachspezifische Basisausbildung 2 und 3 verfügen (z. B. weil sie aus einer anderen Waffengattung kommen), in einem Organisationselement jedoch eine gewisse Grenze, können diese Soldaten nicht mehr "einfach mitgezogen" werden. Die Ausbildung muss dann zwangsläufig einige Zeit auf dem Niveau der fachspezifischen Basisausbildung 2 und 3 erfolgen, also auf Einzelschützen- und Gruppenebene. Das verzögert die Ausbildung im Zugs- und Kompanierahmen - und das war auch während der nationalen Ausbildung (siehe unten) zur Teilnahme an der EU Battle Group zu spüren.

Gerät und Ausrüstung

Für die Beteiligung an der EU Battle Group erhielt die von Österreich gestellte Jägerkompanie eine eigene materielle und gerätemäßige Struktur. Diese unterscheidet sich - durch zusätzliches Gerät - erheblich von der Struktur einer "normalen" Jägerkompanie bzw. Kaderpräsenzeinheit. Allein in den ersten Monaten des Jahres 2010 wurden der Kompanie zusätzlich rund 160 Versorgungsgüter - Waffen, Geräte und Fahrzeuge - zugewiesen. Der Hauptunterschied zur bisherigen Struktur ist die Ausstattung mit Mannschaftstransportpanzern. Die Kompanie befindet sich nun in der glücklichen Lage, dass alle ihre Kampf- und Führungselemente mit diesem Fahrzeug ausgestattet sind, was österreichweit durchaus eine Besonderheit ist.

Eine weitere Besonderheit ist die Verfügbarkeit modifizierter Mannschaftstransportpanzer für den Panzerabwehrlenkwaffenzug (PAL2000). Diese können erstmals einen gesamten PAL-Trupp inklusive der Starteinrichtung und bis zu drei Lenkflugkörper aufnehmen.

Ein weiterer positiver Aspekt der neuen Geräteausstattung ist die Verfügbarkeit von Nachtkampfsätzen "Aimpoint" für die Maschinengewehre. Die Kompanie verfügt auch bereits über das neue, im UKW-Bereich arbeitende Truppenfunksystem CONRAD (Combat Net Radio; siehe TD 4/2009, "CONRAD - das VHF-Truppenfunksystem des Österreichischen Bundesheeres").

In Summe bedeutet diese Ausstattung für die Kompanie einen großen Schritt vorwärts. Der einzige Wermutstropfen dabei ist, dass das gesamte für die Teilnahme an der EU Battle Group aufgebotene zusätzliche Gerät nach der Stand-by-Phase (siehe unten) wahrscheinlich wieder abgegeben werden muss.

Die Ausbildungs- und Bereitschaftsphasen

Zeitlich besteht die Beteiligung der Kaderpräsenzeinheit an der EU Battle Group im Wesentlichen aus drei Phasen,
  • der nationalen Ausbildung,
  • der multinationalen Ausbildung sowie
  • der Stand-by-Phase

(siehe TD 4/2009, "Die europäischen Battle Groups").

Die sechsmonatige nationale Ausbildung begann im Jänner 2010. Ihr Ziel war das Herstellen der nationalen Entsendebereitschaft. Den Abschluss dieser Phase bildete die zweistufige nationale Evaluierung (Selbstevaluierung Level 1 und 2; siehe TD 3/2010, "Evaluierung von Kaderpräsenzeinheiten") im Juli 2010.

Der nationalen Ausbildung folgt die multinationale Ausbildung, die ebenfalls rund sechs Monate dauert und die mit 31. Dezember 2010 endet. Um Missverständnissen vorzubeugen sei erwähnt, dass diese sechs Monate keineswegs durchgehend im Ausland verbracht werden! Der Großteil der Zeit dient Ausbildungen und Übungen in Österreich, um die Einsatzbereitschaft weiter zu erhöhen. Kernstück und Höhepunkt der internationalen Vorbereitung ist jedoch die Übung "RHINO" 1 im Oktober 2010 in Belgien. Dabei wird erstmals die gesamte EU Battle Group unter Verantwortung der Lead Nation Niederlande zusammengeführt und gleichzeitig einer internationalen Evaluierung unterzogen.

Bis Ende 2010 hat diese EU Battle Group jedenfalls ihre internationale Einsatzbereitschaft herzustellen, weil mit 1. Jänner 2011 die nächste Phase, die Stand-by-Phase, beginnt. Auch diese dauert sechs Monate (erstes Halbjahr 2011) und umfasst im Wesentlichen den Erhalt der Einsatzbereitschaft sowie gegebenenfalls Vorbereitungen für einen konkreten Einsatz im Anlassfall. Ein derartiger Einsatz ist grundsätzlich auf eine Einsatzdauer von maximal 120 Tagen begrenzt und kann bis zum letzten Tag der Stand-by-Phase, das heißt bis zum 30. Juni 2011, ausgelöst werden. Mit Abschluss dieser Bereitschaftsphase endet für die Kaderpräsenzeinheit die Beteiligung an dieser EU Battle Group.

Auf einen Blick

Zur Vorbereitung der Beteiligung an einer der EU Battle Groups 2011-1 waren und sind nicht alle Rahmenbedingungen ideal. Zahlreiche Herausforderungen - vor allem im Bereich der Ausbildung, des Personals und der Kompaniestruktur - begleiteten und begleiten die Kaderpräsenzeinheit auf ihrem Weg zur vollen Einsatzbereitschaft. Obgleich der Auftrag allen Beteiligten schon bisher viel abgefordert hat, nahmen sie die Bewältigung der Herausforderungen mit Freude und Zuversicht in Angriff.


Autor: Hauptmann Mag. (FH) Georg Pilz, Jahrgang 1977. Eingerückt 1996; ab 2001 Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie (Jahrgang "Kaiserjäger", Waffengattung Jäger); 2004 Ausmusterung zum Jägerbataillon 17, dort Verwendung als stellvertretender Kompaniekommandant und ab 2006 als Kompaniekommandant; Auslandseinsätze: 1999 bei ATHUM/ALBA als Gruppenkommandant, 2005/2006 bei AUCON3/EUFOR/ALTHEA als stellvertretender Kompaniekommandant und 2009 bei AUCON20/KFOR als Kompaniekommandant; Auslandsübungen 2006 in Moldawien und 2008 in der Ukraine; seit 2009 Kompaniekommandant der Kaderpräsenzeinheit des Jägerbataillons 17.

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