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Bedrohungen auf See: Terrorismus und Piraterie

Terrorismus als eine Form der asymmetrischen Kriegführung hat auch eine maritime Komponente. Ein spektakulärer Beleg dafür ist der Terroranschlag auf den amerikanischen Zerstörer USS "Cole" am 12. Oktober 2000 im Hafen von Aden - fast ein Jahr vor den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Eine weitere Bedrohung auf See geht von der zunehmenden Piraterie aus, die insbesondere in Südostasien die internationale Handelsschifffahrt ernsthaft gefährdet.

Ein Selbstmordkommando der Terror-Organisation Al Qaida hatte sich in einem mit Sprengstoff beladenen Schlauchboot dem Zerstörer USS "Cole", der an der Pier im Hafen von Aden lag, genähert und beim Aufprall eine heftige Explosion ausgelöst. Auf dem Schiff gab es 17 Tote und 42 Verletzte. Zudem wurde der Zerstörer stark beschädigt und war danach nicht mehr einsatzfähig. Das zeigt, dass nicht einmal mehr Kriegsschiffe - vor allem im Hafen oder auf Reede - vor terroristischen Angriffen sicher sind.

Am 23. Oktober 2000 fuhren Kamikaze-Sprengboote der Terror-Organisation LTTE (siehe Kasten) Angriffe auf zwei Personenfähren. Eine Fähre wurde zerstört, die andere schwer beschädigt.

Wenig später, am 7. November 2000, versuchte ein Selbstmordkommando der palästinensischen Terrororgani­sa­tion "Hamas" mit einem Sprengboot israelische Kriegsschiffe zu zerstören. Al­ler­dings explodierte das Boot zu früh. Der Schaden hielt sich daher in Grenzen.

Im Vorjahr wurde in Marokko eine Al Qaida-Zelle aufgedeckt, die Selbst­mordanschläge mit kleinen, schnellen Sprengstoff-Booten gegen amerikani­sche und britische Kriegsschiffe in der Straße von Gibraltar geplant hatte ...

Taktik und Techniken der Terroristen

Auf Hoher See sind Schiffe vor terroristischen Anschlägen relativ sicher. Aber in Häfen, auf Reede, bei Kanalpassagen oder in engen Fahrwässern, wo ihre Manövrierfähigkeit begrenzt ist, finden Terroristen geeignete Möglichkeiten für Anschläge. Dabei greifen sie Schiffe entweder von Land aus an, setzen Kampfschwimmer mit Sprengladungen an, nutzen kleine, schnelle Boote ("Speed-Boats"), setzen Selbstmordkommandos auf Sprengbooten ein oder legen Treibminen aus. Selbstmordkommandos auf Sprengbooten bilden die häufigste Angriffsart. Angriffe gegen Schiffe aus der Luft mit ferngelenkten und mit Sprengstoff gefüllten Sportflugzeugen oder als Kamikaze sind ebenfalls nicht auszuschließen. Meist verkleiden sich die Terroristen als Fischer und Wassersportler oder tarnen ihre Schiffe als staatliche Schiffe (Marine, Küstenwache, Wasserschutz­poli­zei). Bei der Entführung des Kreuz­fahrt­schiffes "Achille Lauro" im Jahre 1985 gingen sie z. B. als Touristen an Bord.

Die erforderlichen Technologien für den Bau von Booten, die Ausrüstung der Kampfschwimmer sowie Waffen und Munition sind auf dem freien Weltmarkt verfügbar. Die Proliferation von Waffen, Munition, ABC-Kampfstoffen oder nuklearen Materialien hat nach dem Zerfall der Sowjetunion ohnehin gewaltige Ausmaße angenommen. Zivile Ausrüstung für Schiffe, Sporttaucher oder Sportflieger kann weltweit erworben und ebenso für militärische bzw. terroristische Zwecke genutzt werden. So ist bei­spiels­weise der Polizei Kolumbiens im September 2000 ein U-Boot in die Hände gefallen, das für den Transport von Drogen bestimmt war. Es vermochte 150 bis 200 t Ladung zu transportieren und hatte zwölf Mann Besatzung.

Abwehr

Die Abwehr terroristischer Angriffe hat nach dem "Cole"-Zwischenfall und den jüngsten Anschlagsversuchen in Marokko in der US Navy ein besonderes Gewicht erhalten. Die Schiffs- und Flugzeugträgerverbände der US Navy dominieren sicher und unangefochten die Weiten der Weltmeere, verfügt doch kein potenzieller Gegner über ein gleich­rangiges Potenzial. Daher konnten die Flugzeugträgerverbände z. B. Landziele in Afghanistan mit Flugzeugen und Marschflugkörpern (Cruise Missiles) von der Hohen See aus ungefährdet angreifen. Wie eingangs beschrieben ändert sich aber die Situation in Küstennähe (littoral waters), denn hier existiert eine Bedrohung durch Minen, konventionelle U-Boote, landgestützte Flugzeuge, landgestützte Flugkörperbatterien oder Flugkörper-Schnellboote - und durch Terror-Anschläge. Als der Flugzeugträger USS "Theodore Roose­velt" (CVN-71) durch den Suez-Kanal in den Indischen Ozean zum Afghanistan-Einsatz verlegen musste, war er durch Terror-Anschläge durchaus gefährdet, denn Begleitschiffe können sich nicht zu seinem Schutz im engen Kanal positionieren, und die übliche "Combat Air Patrol" (CAP) entfällt bei Kanaldurchfahrten.

Nach dem "11. September" gibt es kaum noch "unwahrscheinliche" Be­drohungsszenarien. So könnten Contai­nerschiffe am Oberdeck mit ABC-Kampf­stoffen gefüllte Container transportieren und diese z. B. im Hafen von New York detonieren lassen. Denkbar ist auch, dass Terroristen einen Supertanker kapern und ihn dann in einem Hafen in die Luft jagen.

Deshalb hat die US Coast Guard, sie gilt als eine eigene Teilstreitkraft der USA, ihren Schutz auch auf die großen amerikanischen Häfen ausgedehnt. Hie­­zu wurden Reservisten eingezogen und Hafen-Patrouillen jeweils mit sechs bis acht bewaffneten kleinen Schnellbooten rund um die Uhr durchgeführt. Vor allem Häfen mit hoher Militärkonzentration gelten als gefährdet. Daher versieht die US Coast Guard auch Sicherungsdienste für Kriegsschiffe, die nunmehr einen Sicherheitskordon von 500 m fordern, um Angriffen wie auf die USS "Cole" zu entgehen. Wie im Kriege üblich, wird jetzt auch die Position amerikanischer Kriegsschiffe nicht mehr veröffentlicht. Die Versendung persönlicher E-Mails durch die Besatzungen ist ebenfalls aus Sicher­heitsgründen untersagt.

Zur Abwehr werden vor allem die Nachrichtendienste der US Navy, des US Marine Corps und der US Coast Guard eingeschaltet. So können speziell ausgerüstete Flugzeuge nicht nur die feindliche Telekommunikation, sondern auch Mobiltelefone abhören und stören - und deren Standort feststellen. Die Nachrichtendienste der US Navy vervollständigen kontinuierlich ihre elektronischen Karteien mit Telefonnummern, Funksignaturen oder Stimmproben von Politikern und Offizieren potenzieller Feindstaaten sowie mutmaßlichen Terroristen, um auch anonym geführte Gespräche frühzeitig zuordnen zu können.

Doch zurück zum Thema Flugzeugträger: Es ist denkbar, dass mit Sprengstoff gefüllte Kamikaze-Sportflugzeuge oder auch ferngelenkte Flugzeuge gegen einen Flugzeugträger gesteuert werden, der z. B. den Suez-Kanal passiert. Auch ist eine Kollision mit einem mit Sprengstoff gefüllten Frachtschiff nicht auszuschließen. Ein mit Zement beladenes Schiff könnte sich im Kanal selbst versenken und damit die Weiterfahrt des Trägers behindern bzw. ihn dort eingesperrt halten. Von der US Navy werden derartige Szenarien ins Auge gefasst und Abwehrmaßnahmen entwickelt.

Terroristen agieren aus der Deckung, daher ist ihre Bekämpfung so schwierig. In einem mit Sport- und Fischerbooten, zivilen Handelsschiffen und Fähren belebten Seegebiet ist es kaum möglich, ein kleines, mit Sprengstoff beladenes Boot rechtzeitig auszumachen. Das Ausbringen chemischer oder biologischer Kampfmittel ist durch Radar nicht erfassbar.

Terroranschläge leben von der Überraschung. Nicht zufällig lautet eine alte preußische militärische Erfahrung: "Für den Soldaten bildet das Unerwartete die Regel." Daher müssen Abwehrmaß­nahmen gegen Terror-Anschläge so angelegt sein, dass die Überraschung unterlaufen wird. Sensoren zur automatisierten Überwachung von Schiffen (unter Wasser, auf dem Wasser, in der Luft, zur Landseite) zur Früherkennung von Anschlägen, automatisierte Nah- und Nächstbereichswaffen oder auch eine verbesserte Standkraft wären technologische Lösungen. Dass der personelle Bewachungsaufwand mit entsprechender Ausrüstung wie z. B. tragbare Flie­gerabwehrlenkwaffen und der Be­reit­schaftszustand für Schiffe in Häfen oder auf Reede beachtlich erhöht werden muss, versteht sich von selbst.

Wenn mit Terroranschlägen zu rechnen ist, benötigt ein Einsatzverband vor allem auch klare "Rules of Engagement", denn Wasserfahrzeugen und Flugzeugen, die sich in der Nähe des Verbandes im Hafen/auf Reede bewegen, ist nicht immer anzusehen, ob sie harmlos sind oder sich in feindlicher Absicht nähern. Umfassende Nachrichtengewinnung bildet eine weitere Voraussetzung zur Vorbeugung bzw. Abwehr von Anschlägen. Den besten Schutz für Schiffe vor Terroranschlä­gen bietet letztlich die offene See.

Piraterie

Eine andere Art maritimer Bedrohung ist die weltweit zunehmende Piraterie. Seit zehn Jahren erfasst das Piraterie-Meldezentrum (Piracy Reporting Cen­tre - PRC) in Kuala Lumpur/Malaysia systematisch alle gemeldeten Piraterieakte und warnt über Radio die Handelsschifffahrt vor piratengefährdeten Seegebieten. Die Statistiken zeigen nicht nur ein Anwachsen der Piraterie, sondern auch eine zunehmende Brutali­sierung bei Schiffsüberfällen und Ka­perungen. Waren Piraten früher mit Messern und Macheten bewaffnet, so treten sie heute mit automatischen Waffen, Panzerfäusten und tragbaren Raketenwerfern auf - und sie wenden diese Waffen auch an.

Das PRC unterscheidet drei Kategorien der Piraterie:

  • Low Level Armed Robbery. Hiebei überfallen mit Messern und Pistolen bewaffnete Diebesbanden Schiffe auf See oder im Hafen nach der "Hit-Rob-Run"-Taktik. Der Überfall dauert etwa 30 bis 60 Minuten. Die Banden haben es dabei auf das Bargeld der Schiffsbesatzung oder auf Teile der Ladung abgesehen.
  • Medium Level Armed Assault and Robbery. Dies sind brutale Überfälle von gut organisierten und schwer bewaffneten Banden, Mord und Totschlag sind an der Tagesordnung. Oft wird die Besatzung des überfallenen Schiffes getötet oder auf See ausgesetzt und das Schiff mit seiner Ladung entführt.
  • Major Criminal Hijack. Hiebei überfallen straff geführte und schwer bewaffnete internationale Banden die Handelsschifffahrt; die Besatzung der Schiffe wird getötet oder ausgesetzt. Oft wird die Schiffsladung auf andere Schiffe umgeladen. Meist wird das Schiff gekapert, im Aussehen verändert, mit falschen Papieren versehen und unter falschem Namen verkauft oder für eigene Zwecke genutzt. (Es geht also um Schiff und Ladung; Anm.)

Den Schwerpunkt der weltweiten Piraterie bildet Südostasien (Straße von Malakka, Indonesien, Malaysia, Indien, Bangladesch).

1997 hat die französische Marine in Paris ein internationales Kolloquium "Nouvelles menaces en mer" ("Neue Bedrohungen auf See") durchgeführt. Dabei wurde insbesondere der Einsatz von Seestreitkräften und Marinefliegerkräften gegen Piraterie, Drogentransfer über See, Terrorismus, Kriminalität und Menschenhandel auf See behandelt. Das Kolloquium endete in der Erkenntnis, dass für diese Delikte zuerst die Polizeibehörden und die Küstenwache der Küstenstaaten zuständig sind, nicht aber die Seestreitkräfte der Staatenwelt. Ein Grund für diese Bewertung liegt darin, dass sich über 80 Prozent aller gemeldeten Schiffsüberfälle in den letzten zehn Jahren weltweit innerhalb der Hoheitsgewässer, d. h. in Häfen oder Ankerreeden von Küstenstaaten abgespielt haben. Hier darf aber nur der Küstenstaat die erforderliche Polizeigewalt bzw. Gegenmaßnahmen ausüben. Ausländische Kriegsschiffe dürfen die Hoheitsgewässer fremder Staaten oh­nehin nur nach diplomatischer Anmeldung ("friedliche Durchfahrt") und nach Erlaubnis des Küstenstaates befahren.

Rechtliche Fragen

Grundsätzlich verpflichtet das See­rechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 nach Artikel 100 alle Staaten zur Bekämpfung der Piraterie: "Alle Staaten arbeiten in größtmöglichem Maße zusammen, um Seeräuberei auf Hoher See oder an jedem anderen Ort zu bekämpfen, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht." Artikel 101 definiert Piraterie als: "Illegal acts of violance and detention ... for private ends ... on the high seas ... outside the jurisdiction of any state." Die Definition beschränkt Piraterie also auf die Hohe See (the high seas) und auf private Beschaffungskriminalität (private ends). Damit werden u. a. politisch bedingte Terrorakte gegen Schiffe ignoriert. Auch wird Piraterie in staatlichem Auftrag nach dem Völkerrecht nicht als Piraterie gewertet.

Artikel 107 legt fest, wer bzw. welche Schiffe/Flugzeuge zum Aufbringen von Piraten berechtigt sind: "Ein Aufbringen wegen Seeräuberei darf nur von Kriegsschiffen oder Militärluft­fahrzeugen oder von anderen Schiffen oder Luftfahrzeugen vorgenommen wer­den, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar und die hierzu befugt sind." Danach ist jedes Kriegsschiff berechtigt, aber nicht verpflichtet, Piraterie auf Hoher See und nur dort, d. h. in internationalen Gewässern, zu bekämpfen und einem überfallenen Schiff im Notfall gegebenenfalls auch mit Waffengewalt zu helfen. Dieses Recht gilt nicht in fremden Hoheitsgewässern, wo über 80 Prozent aller Überfälle stattfinden. Hier herrscht nur die ausschließliche Gewalt des Küstenstaates.

Stellen Kriegsschiffe in Hoheitsgewässern eines Staates Piraterie fest oder kommt von dort ein SOS-Ruf eines überfallenen Schiffes, so dürfen sie nicht aktiv werden oder mit Waffengewalt eingreifen, denn dazu ist allein der Küstenstaat befugt. Die Handlungsmöglichkeiten von Kriegsschiffen bleiben damit sehr eingeschränkt.

Einsatz von Seestreitkräften

Im November 1999 brachte die indische Korvette "Prahar" mit militärischer Gewalt im Arabischen Meer den von Piraten gekaperten Frachter "Alon­dra Rainbow" auf. Nach zwölf Tagen Jagd konnte das Schiff mit zwei Aufklärungsflugzeugen, mehreren Patrouillenbooten der indischen Küstenwache und der Korvette gestellt werden. Die Piraten wurden überwältigt und das Schiff an den Besitzer zurückgegeben. Dies war in unserer Zeit der erste Fall, dass Kriegsschiffe auf Hoher See mit militärischer Gewalt ein gekapertes Schiff gestellt und die Piraten festgenommen haben.

Seestreitkräfte sind mit ihren weitreichenden und vielfältigen Fähigkeiten für die Bekämpfung der Piraterie auf Hoher See bestens geeignet. Sie besitzen die Fähigkeit zur lang anhaltenden Präsenz in weiten Seegebieten, vermögen riesige Seegebiete mit Bordhub­schraubern und Aufklärungsflugzeugen kontinuierlich aufzuklären und zu überwachen und verfügen über entsprechende Waffen zur Durchsetzung ihrer Aufgaben. Seitdem ein Schiffsverband der Deutschen Marine im Rahmen der Anti-Terror-Operation "ENDURING FREEDOM" am Horn von Afrika eingesetzt ist, sind dort keine Piraterie-Vorfälle mehr gemeldet worden. Allein die Präsenz von Kriegsschiffen bedeutet schon eine wirksame Abwehrmaß­nahme gegen Piraterie.

Das eigentliche Problem bei der Bekämpfung der Piraterie liegt aber in der Identifizierung. Piratenschiffe führen heute keine Totenkopfflagge mehr im Mast, mit der sich die klassischen Piraten der vergangenen Jahrhunderte ausgewiesen haben. Auch gibt es heute keine Seeräuberrepubliken oder bar­baresken Staaten mit großen Stützpunkten wie im 18. Jahrhundert in Tunis und Algier, als französische und britische Flottenverbände gezielt gegen das Pi­ra­tenunwesen eingesetzt wurden. 1816 vernichtete ein britisch-niederländisches Geschwader die Piraten in Algier, und 1830 ging ein französischer Flottenverband gegen alle Piratenstütz­punkte in Algerien vor.

Heute operieren straff organisierte und technisch bestens ausgerüstete Banden mit kleinen, schnellen Motorbooten, die von Sport- und Fischfangbooten nicht zu unterscheiden sind. Sie überfallen Schiffe auf Reede oder im Hafen und verschwinden wieder. Eine Identifizierung ist meist erst bei einem Überfall möglich. So bietet die weitläufige Inselwelt Südostasiens mit über 70 000 Inseln heutigen Piraten gute Schlupfwinkel und ermöglicht die unbemerkte Annäherung sowie ein schnel­les Untertauchen nach dem Überfall. Meist finden die Überfälle an einem Freitag statt, denn die Büros der Reedereien sind am Wochenende nicht besetzt. Meldungen über Überfälle erreichen die Reedereien erst am Montag - die Täter haben also Zeit genug zum Untertauchen. Damit entziehen sich die Piraten der großräumigen Bekämpfung, für die Kriegsschiffe ein geeignetes Mittel darstellen.

Dennoch werden zunehmend Kriegsschiffe zur Bekämpfung der Piraterie in Südostasien eingesetzt. Dort konzen­trieren sich Kriegsschiffe aus Indo­ne­si­en, Malaysia und Singapur auf eine Art Polizeitaktik, auf die Nachrichtenge­winnung sowie auf die Überwachung und das Patrouillieren von viel befahrenen, küstennahen Seegebieten und Wasserstraßen. Singapur setzt Kriegsschiffe auch zur Überwachung seiner Seeverbindungswege vor seinem unmittelbaren Küstenstreifen ein. Zwischen Indonesien und Singapur existiert auch eine "Command and Control"-Hotline, über die Meldungen ausgetauscht und Einsätze koordiniert werden. Zudem haben Indonesien und Ma­lay­sia ein "Maritime Operation Plan­ning Team" eingerichtet, das die gemeinsamen Patrouillenfahrten in der Straße von Malakka organisiert. Aller­dings kommen immer nur wenige Pa­trouillenfahrzeuge zum Einsatz. Es fehlt aber die kontinuierliche Überwachung und Präsenz auf See, um die Piraterie nachhaltig bekämpfen zu können.

Militärischer Schutz - oder eine internationale Seepolizei

Der volkswirtschaftliche Schaden durch Piraterie beläuft sich auf etwa 15 Milliarden Euro im Jahr. Das Vorgehen der Piraten wird zunehmend brutaler. Das zeigen 210 Geiselnahmen und 21 Tote im Jahr 2001. Daher wird der Ruf nach militärischem Schutz der Handelsschifffahrt immer lauter. Die Hanse hat im 14. und 15. Jahrhundert zum Schutz ihrer Schifffahrt das militärische Konvoi-System erfunden und ausgeübt. Alle Handelsschiffe wurden damals verpflichtet, sich einem Konvoi anzuschließen.

Heute wäre ein Konvoi-System bei einem globalen Seeverkehr von etwa 100 000 Schiffsbewegungen im Jahresdurchschnitt weltweit ein sehr aufwändiges Unternehmen. Denn alle Staaten mit Handelsschifffahrt müssten kontinuierlich, rund um die Uhr und Jahr für Jahr, Seestreitkräfte und Marinefliegerkräfte in ausreichender Anzahl bereitstellen, um in allen gefährdeten Seegebieten permanent präsent zu sein. Zudem müsste ein solcher internationaler Einsatz unter einem Mandat der Vereinten Nationen quasi als internationale Seepolizei (United Nations Naval Protection Force) koordiniert und geführt werden. Auch setzt das voraus, dass alle Staaten bereit sind, Einschränkungen ihrer Souveränität bzw. Ho­heitsgewalt in ihren Küstengewässern hinzunehmen.


Autor: Kapitän zur See a. D. Dieter Stockfisch (Deutschland), Jahrgang 1940. Nach der Ausbildung zum Marineoffizier u. a. Fernmeldeoffizier im 2. Landungsge­schwa­der, Kommandant eines U-Jagd-Bootes und Lehrgangsleiter an der Marineunterwasserwaffenschule. Nach der General-/Admi­ral­stabsausbildung u. a. erster Offizier auf einer Fregatte, Referent im Führungsstab der Marine (Innere Führung, Pressearbeit), Kommandant der Fregatte "Augsburg", Kommandeur des 2. Zerstörergeschwaders, Branch Chief "Combat Requirements" bei AFNORTH (Norwegen) und Referatsleiter im Führungsstab der Marine, u. a. für die Einsatzplanung der Marine zuständig und auch mit dem Problem Piraterie befasst; seit 1998 im Ruhestand und Redakteur/Marine der Fachzeitschrift "Soldat und Technik".

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