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Wehrpsychologie: Menschen führen im Auslandseinsatz

Die Erfahrungen zahlreicher ausländischer Armeen in ihren Auslandseinsätzen in Ex-Jugoslawien, Ruanda, Somalia etc. bestätigen die Wichtigkeit einer adäquaten psychologischen Vorbereitung, sowie einer entsprechenden Betreuung der Soldaten und ihrer Angehörigen vor, im und nach dem Einsatz. Dies gilt in verstärktem Maße für die Führungskräfte aller Ebenen in einem Auslandskontingent.

Ein Auslandseinsatz ist mit dem Dienstalltag in Österreich nur schwer zu vergleichen. Die erste Besonderheit besteht in der oftmals großen Entfernung von Zuhause, den teilweise sehr belastenden Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Soldaten sowie dem Dienst unter Einsatzbedingungen für mindestens sechs Monate. Das alles in einem klimatisch ungewohnten und kulturell sehr fremden Einsatzland, und vielleicht noch unter permanenter Lebensgefahr wie beispielsweise durch die Minenbedrohung.

Die zweite Besonderheit liegt in der Tatsache, dass man Probleme jeglicher Art, die während des Einsatzes vorzugsweise in der Heimat entstehen oder aufbrechen, nicht oder nur schwer selbst lösen kann. Die daraus entstehende Hilflosigkeit erlebt der Soldat im Einsatz als eine zusätzliche akute Belastung, welche die Auftragserfüllung massiv beeinträchtigen und im Extremfall sogar seine vorzeitige Repatriierung erforderlich machen kann.

Die dritte Besonderheit zeigt sich darin, dass, im Gegensatz zum normalen Dienstbetrieb in Österreich, im Einsatzraum Vorgesetzte mit ihren Untergebenen nicht nur permanent zusammen arbeiten sondern auch zusammen leben müssen. Eine solche tagtägliche Nähe untereinander, ohne große Rückzugsmöglichkeiten, wie sie beispielsweise auf den Zonenstützpunkten am Golan gegeben ist, erfordert von den eingeteilten Kommandanten besondere Führungsfähigkeiten, da auch sie als Vorgesetzte immer unter Beobachtung stehen. Zahlreiche Rückmeldungen von Soldaten aller Dienstgrade in den psychologischen Heimkehrerbefragungen der letzten Jahre zeigen, dass sich in einem Auslandseinsatz das menschliche und fürsorgliche Verhalten eines Kommandanten wesentlich mehr auf sein erfolgreiches Führen auswirkt, als primär sein militärisches Wissen und Können, welches im Vergleich mit anderen Armeen ohnehin hoch ist. Unter den geschilderten Bedingungen des Zusammenlebens muss ein Vorgesetzter manchmal auch die Rolle eines Vaters oder guten Freundes übernehmen, um einem ihm anvertrauten Soldaten in einer persönlichen Krise als verständnisvoller Zuhörer und Berater beistehen zu können. Dies gelingt aber nur auf der Basis von gegenseitiger Achtung und gewachsenem Vertrauen sowie einem entsprechend menschlichen Umgang(ston). Auf der Grundlage von Fürsorge, Kameradschaft und gelebtem Vorbild kann sich ein Kommandant der Gefolgschaft seiner Soldaten gewiss sein, auch in Zeiten, in denen der Einsatz schwierig und fordernd wird, wie es sich auch während der Unruhen im März 2004 im Kosovo gezeigt hat. Eine solche Gefolgschaft und somit auch das Vertrauen der Untergebenen muss jedoch erst erarbeitet werden. Dies verlangt von den Vorgesetzten ein großes Bemühen und oftmals den Einsatz ihrer ganzen Persönlichkeit. Insofern sind sie über die gesamte Dauer ihres Auslandseinsatzes auch besonders gefordert.

Um Kommandanten auf ihre schwierige Führungsaufgabe im Auslandseinsatz vorzubereiten, wurde 1998 die Führungsverhaltensausbildung für das Schlüsselpersonal von Auslandskontingenten ins Leben gerufen.

Auslandsspezifische Führungsausbildung Mehrere Hundert Offiziere und Unteroffiziere in Führungsfunktionen in Zypern und Bosnien, am Golan und im Kosovo wurden seither in dreitägigen Seminaren am Beginn ihrer Einsatzvorbereitung psychologisch und führungsmethodisch auf ihre Kommandantenfunktion vorbereitet. Unter der Moderation von langjährig erfahrenen Führungsmethodikern und einsatzerfahrenen Psychologen setzen sich die Teilnehmer in Kleingruppenarbeiten sowie in Plenarunterrichten mit den Aspekten des Führens im Auslandseinsatz auseinander. Dazu gehören, nach dem ersten Kennenlernen im vorgesehenen Organisationselement, die Erarbeitung möglicher schwieriger Führungssituationen sowie adäquater erzieherischer Maßnahmen, das Kennenlernen von spezifischen Einsatzbelastungen, Stressreaktionen und Maßnahmen zur Stressbewältigung, bis hin zur Auseinandersetzung mit Extremsituationen, den Themen Verwundung, Verstümmelung, Sterben und Tod.

Die auslandseinsatzspezifische Führungsverhaltensausbildung ist in den vergangenen Jahren zu einem fixen Bestandteil der Einsatzvorbereitung geworden und genießt bei den Bedarfsträgern eine hohe Akzeptanz. Letztendlich fördert sie maßgeblich den Teambildungsprozess auf und zwischen den unterschiedlichen Führungsebenen und bietet eine Orientierungshilfe beim gegenseitigen Kennenlernen von vorgesetzten und untergebenen Kameraden, als Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Werthaltungen.

Autor: Oberrat Mag. Helmut Slop

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