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Bombenjob Kampfmittelbeseitiger (II)

Ausrüstung und Ausstattung

EOD- bzw. IEDD-Teams werden je nach Einsatzart, Auftrag oder Vorgabe des Organisationsplanes variabel zusammengesetzt. Aufgrund der Vielzahl von Einsatzszenarien wird unterschiedliches Gerät benötigt; mit der Entsendung von Kampfmittelbeseitigern in das Kosovo hat sich die Geräteausstattung dieser Teams grundlegend geändert. Durch den Zulauf von neuem Gerät und der damit verbundenen fundierten Ausbildung konnte die Zufriedenheit der eingesetzten Soldaten stets sichergestellt werden.

Das Einsatzspektrum für EOD- bzw. IEDD-Teams ist vom Einsatzraum abhängig und vielfältig. Die Aufgaben für EOD-Teams im Bereich "Beseitigung" beginnen im Hantieren mit Munition von Infanteriewaffen über Granaten und Geschoßen aller Kaliber und reichen bis zum Manipulieren an Bomben und Lenkwaffen.

IEDD-Teams beseitigen unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen in und an Häusern, z. B. Autobomben und abgestellte Gepäcksstücke ohne Besitzer in öffentlichen Einrichtungen wie Polizeistationen, Flughäfen oder Bahnstationen.

Alle Kampfmittelbeseitiger, die im Rahmen von KFOR ihre Auslandsmission antreten, werden in der Einsatzvorbereitung im Schulungszentrum Munitionstechnik sowohl in Gerätekunde als auch in Einsatztaktik auf mögliche Einsätze bei EOD- und IEDD-Verfahren vorbereitet und ausgebildet.

Der Bombenschutzanzug

Der Bombenschutzanzug (siehe Titelbild) bietet dem Techniker im Gefahrenradius Schutz vor - Splittern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1 600 m/s und - der Druckwelle bei einer möglichen Detonation.

Haken- und Leinensatz

Der Haken- und Leinensatz ist eine universell einsetzbare Gerätekombination aus Karabinern, Seilen, Keilen, Klemmen sowie Rollen. Er dient vor allem zur Unterstützung und Ergänzung der erforderlichen Maßnahmen beim Beseitigen von behelfsmäßigen Sprengvorrichtungen (IED) oder auch im Bereich der Kampfmittelbeseitigung (EOD).

Untersuchungsspiegelsatz

Dieser Satz beinhaltet verschiedene Spiegel für die Überprüfung und Kontrolle von unzugänglichen, schwer erreichbaren und schlecht einsehbaren Räumen, Behältnissen und Vorrichtungen. Durch die variable Ausstattung ist es auch möglich, Blindgänger in ihrer Lage besser zu lokalisieren und Aufnahmesicherungen und versteckte Ladungen frühzeitig zu erkennen.

Antimagnetischer Werkzeugsatz

Der Werkzeugsatz ist in einem Koffer übersichtlich sortiert untergebracht. Damit können Bauteile an der Munition entfernt werden, z. B. das Heckteil einer Bombe, um die Sicht auf den Zustand des Zünders zu ermöglichen.

Schieß- und sprengtechnische Entschärfungsgeräte

Kann bei Blindgängern, Versagern oder Sprengvorrichtungen die Zündvorrichtung nicht an Ort und Stelle vom Sprengstoff getrennt werden, gibt es Verfahren, die es ermöglichen, mit geringen Mengen an Sprengstoff oder Treibmitteln die Munition zu vernichten bzw. zu zerstören.

Unter Vernichten versteht man das Unbrauchbarmachen von Kampfmitteln im Low Order bzw. High Order-Bereich, unter Zerstören das Unbrauchbarmachen der Zünder bzw. Zündquellen von USBV.

Die getrennten Komponenten beim Zerstören können dann gefahrlos an einen geeigneten Platz - meist ein Sprengplatz - gebracht und dort vernichtet werden. Das Wesentliche bei allen Vernichtungsmethoden liegt im kontrollierten Einsatz von Sprengstoff und in der Minimierung der Schäden im Angelände; Stichwort: Kollateralschäden!

Zünderausdrehgerät "Helios"

Dieses Spezialgerät wird zur Entfernung von Zündvorrichtungen an Granaten und vor allem an Bomben verwendet. Das Ausdrehgerät wird mittels Treibkartuschen angetrieben und kann durch Veränderung der Spannbacken auf verschiedene Durchmesser aufgesetzt werden. (Die Spannbacken dienen der Fixierung des Zünderausdrehgerätes am Zünder.) Schießbolzengeräte 12,7 mm und 20 mm

Diese beiden Schießbolzengeräte werden zum Zerstören von Zündeinrichtungen, Auslösemechanismen und Sprengvorrichtungen verwendet. Die Wirkladungen für eine verlässliche Zerstörung reichen von Stahlbolzen über Sand bis hin zu Wasser. Der Einsatz dieser Geräte kann von einem Dreibein (siehe Foto oben), aufgelegt und stabilisiert auf einem Sandsack oder auch mit einem Manipulator erfolgen.

"Dynergit"

Das System "Dynergit" ist ein Schießbolzengerät (Disrupter) und dient ebenfalls der Beseitigung oder Zerstörung von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen aus sicherer Entfernung. Durch die Abgabe von hoher kinetischer Energie ist bei diesem Gerätetyp eine universelle Einsatzmöglichkeit gegeben: - Entfernen von Zündeinrichtungen an explosivstoff verdächtigen Gegenständen wie z. B. an Gasflaschen oder Feuerlöschern; - Auf- oder Durchschießen von Trennwänden, Stahltüren oder Holztüren.

Katanasatz mit Wandstärkenmessgerät

Der sprengtechnische Öffnungssatz "Katana" wird speziell für lineare Schneidaufgaben zum Unschädlichmachen von Blindgängern und Versagern verwendet. Nach Messen der Wandstärke des Kampfmittels werden die entsprechenden Hohlladungsformen ausgewählt, mit Sprengstoff gefüllt und je nach Einsatz am Blindgänger angebracht. Mit diesem Verfahren ist es möglich, sprengtechnisch zu öffnen und/oder die Wirkladung vom Zündmechanismus zu trennen, ohne dass das Kampfmittel zur Wirkung kommt.

Punkthohlladungen

Punkthohlladungen funktionieren nach dem herkömmlichen Hohlladungsprinzip. Der Zweck dieser Ladungen liegt primär in der Zerstörung oder im Vernichten von Zündeinrichtungen.

Die in drei Größen verfügbaren Hohlladungen werden auch zum Vernichten von UXOs im Low Order-Bereich verwendet. Um mit den verschiedenen Größen die bestmögliche Wirkung zu erzielen ist es notwendig, - erstens den richtigen Abstand zwischen UXO und Hohlladung herzustellen und - zweitens mittels Laser die Eindringstelle am Objekt genau zu bestimmen.

Voraussetzung für einen erfolgreichen Vernichtungsvorgang ist natürlich die genaue Kenntnis über den Aufbau und die Funktion des Blindgängers.

Metalldetektoren

Tiefensonde "Ferex"

Die Tiefensonde wird zur Detektion, Identifizierung und Lokalisierung von nicht explodierter Munition und von explosiven Altlasten in Gehäusen aus ferromagnetischem Material (z. B. Bomben) verwendet. Durch die spezielle Software eines Analysegerätes können die aufgenommenen Detektionsfelder genauestens zergliedert werden.

Sonstige Detektoren

Noch werden in den Auslandseinsätzen verschiedene Detektoren verwendet. In absehbarer Zeit wird es aber eine Vereinheitlichung für alle Einsatzgebiete geben.

Diese sonstigen Detektoren werden zur Ortung von Eisen- und Nichteisenmetallen wie z. B. von Geschoßen oder Minen im Erdboden oder in flachen Gewässern verwendet. Durch ausgefeilte Technologien können auch Minen mit einem sehr geringen Metallanteil genau lokalisiert werden.

Manipulationsfahrzeug TEODOR

Bei diesem Gerät handelt es sich um das komplexeste System der gesamten EOD- bzw. IEDD-Ausrüstung, einen beweglichen Roboter. Es besteht aus dem Manipulatorfahrzeug und der Bedieneinheit mit Monitor und Bedienpult. Der TEODOR gilt in Fachkreisen als ausgereiftes und kompaktes Fahrzeug der Fernhantierungstechnik. Die Manipulatoren wurden konzipiert, um Menschen in besonders gefährlichen Situationen zu ersetzen und deren gefahrvolle Aufgabe zu übernehmen.

Der Manipulator ist durch seinen beweglichen Manipulatorarm und seine hoch entwickelte elektronische Ausstattung in der Lage, eine Vielzahl an Aufgaben ferngesteuert zu bewältigen: - Zugang verschaffen (z. B. Türen öffnen, Hindernisse beseitigen); - Erkundung und Überwachung von Räumen und Gebäuden mit eingebauten Spezialkameras; - Suche nach Sprengfallen und versteckten Ladungen; - Einsatz von diversen elektrischen und mechanischen Werkzeugen; - Einsatz von verschiedenen Schusssystemen wie z. B. dem Schießbolzengerät; - Verbringen von Gegenständen in Schutzbehälter; - Positionieren von Röntgensystemen sowie das Herstellen von Röntgenaufnahmen in Echtzeit.

Durch die äußerst robuste Konstruktion kann das Gerät auch leichtere Explosionen ohne nennenswerte Schäden überstehen.

Röntgengerät XR 200

Diese Art von Durchstrahlungsgerät im IEDD-Bereich dient primär zur Lokalisierung von Zünd- oder Energiequellen im USBV. Der Einsatz des XR 200 kann in Kombination mit dem Manipulator oder als Stand-alone-Gerät auf festem Untergrund erfolgen.

"Aquaset"

Das "Aquaset" ist eine vorgefertigte Wasserladung und kann zum sofortigen Einsatz gegen kleine unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (z. B. Briefbomben) verwendet werden. Durch die Wirkung von "Aquaset" ist es möglich, Zünd- und Sprengmittel voneinander zu trennen, um die Gefahr einer Detonation abzuwenden. Dieses schießtechnische Öffnungs- und Zerstörungsverfahren kann mit dem dazugehörigen Adapter auch durch den Manipulator sicher zum Einsatz gebracht werden.

"Telemach"

Das Distanzschussgerät "Telemach" erlaubt den fernausgelösten Beschuss von behelfsmäßigen Sprengvorrichtungen auf eine Distanz von bis zu zehn Metern. Dieses Schussgerät wird mittels einer Schnellwechselplatte am Manipulatorarm angebracht. Die Vorteile bei diesem System mit seinen speziellen Projektilen sind: - die exakte Zielerfassung mit dem integrierten Laserpointer innerhalb kürzester Zeit; - das Eindringen in Fahrzeuge (wo z. B. bereits eine Autobombe lokalisiert wurde) aus sicherer Distanz; - keine Beeinträchtigung im Umfeld des Zielobjektes durch die Wirkung des Projektils; - hoch oder tief platzierte Spreng- oder Brandvorrichtungen können mit einem Fernschuss zerstört werden; - das persönliche Risiko für den Kampfmittelbeseitiger wird dadurch erheblich verringert.

Manipulierstange

Die Manipulierstange stellt eine einfache Hilfe beim Umgang mit gefährlichen Gegenständen dar. Sie findet in vielen Bereichen ihre Verwendung, besonders aber bei Aufträgen, wo der Sicherheitsabstand zum Objekt (UXO, IED) zwingend erforderlich ist.

Schutzschild

Der Schutzschild wird vom Kampfmittelbeseitiger bei Arbeiten als Ganzkörperschutz verwendet. Durch die spezielle Konstruktion kann der Schild zum Überwachen von Arbeiten sowie beim Einsatz des Scharfschützengewehres durch drei verdeckte Öffnungen verwendet werden. Das Scharfschützengewehr dient zum Vernichten der gefundenen Munition durch Beschuss.

Schon die Geräteausstattung zeigt, dass die Ausbildung zum Kampfmittelbeseitiger zeitintensiv und fordernd ist. Dabei werden technisches Verständnis, hohe physische und psychische Leistungsbereitschaft, kombiniert mit einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein und Engagement, gefordert.

Durch die sich rasch ändernde Bedrohungslage im internationalen Einsatz ist es notwendig, auch die Geräteausstattung stets den neuen Anforderungen anzupassen und die Ausbildung sowie die Einsatztaktik neu zu überdenken und nachzujustieren. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, findet ein ständiger Erfahrungsaustausch zwischen nationalem und internationalem Fachpersonal statt.

(wird fortgesetzt) ___________________________________ __________________________________ Autor: Vizeleutnant Josef Scherz, Jahrgang 1964. 1983 beim Landwehrstammregiment 37 in Wiener Neustadt eingerückt, Ausbildung zum Artilleristen. 1986 Auslandseinsatz bei UNDOF/AUSBATT, 1990 bei UNFICYP. 1997 Ausbildung zum Kampfmittelbeseitiger und Munitionsunteroffizier; 1999 bis 2004 Dienst beim Jagdkommando. 1999 bis 2000 bei KFOR als Teamleader eines EOD-Teams, 2003 bei AUCON/EUFOR FYROM als stellvertretender Teamleader eines EOD-Teams. Seit 2004 Lehrunteroffizier für Munitionstechnik im Schulungszentrum Munitionstechnik der Heeresversorgungsschule.

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