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Suche nach Minen und Kampfmitteln (I)

Personen und Fahrzeuge sind durch Minen als Waffensysteme der modernen Kriegsführung in Krisengebieten und vom Krieg zerrütteten Ländern stets in Gefahr. Nimmt eine Person eine Mine bewusst wahr, ist es in aller Regel bereits zu spät. Das macht die Suche nach Minen und Kampfmitteln zur Herausforderung schlechthin.

Die Problematik der Minen bzw. der Beseitigung ist seit deren industrieller Erzeugung zu Beginn des 20. Jahrhunderts permanent gewachsen. Die meisten Minen sind in der Herstellung einfach, sehr billig und für die Kriegsführung zur Behinderung des Feindes oder Sperrung von Gelände bzw. Geländeteilen unerlässlich. Sie werden als Sperren in Räumen oder Aufmarsch- und Durchzugsgebieten (groß angelegte Minenfelder), für den Objektschutz (rund um Dörfer, Hochspannungsanlagen, Brunnen etc.), als Zugangssperre (Verminung von Wegen, Brücken und Versorgungsrouten) oder auch subversiv/terroristisch (als Einzelminen ohne erkennbarem Verlegeschema) angewendet. Zudem werden Minen verlegt, um Weiden, Brunnen und Ackerflächen unbenutzbar zu machen. Sie sind relativ einfach auszubringen, in ihrer Wirkung zuverlässig sowie zeitlich nahezu unbegrenzt einsetzbar.

Weltweit werden jährlich ca. 25 Millionen Euro für Minen ausgegeben, vor allem in Entwicklungsländern der Dritten Welt. Nach Angaben der UNO (United Nations Organisation) sind Landminen in über 80 Ländern der Erde verlegt.

Die Zahl der verlegten Minen wird mit 60 bis 100 Millionen vermutet, weitere Millionen Minen liegen in Lagern bereit und warten auf ihren Einsatz. Die genaue Anzahl ist derzeit unbekannt.

Nach Angaben der UNO (Landmine Monitor Report 2006) wurden 2005 insgesamt mehr als 740 Quadratkilometer Verdachtsflächen weltweit geräumt, wobei die meisten Entminungstätigkeiten in den späten 1980er-Jahren durchgeführt wurden. Bei drei wesentlichen Entminungsprogrammen (Bosnien und Herzegowina, Kambodscha, Jemen) wurde das kampfmittelbelastete Gelände fast um 340 Quadratkilometer reduziert. Über 470 000 Landminen (davon 450 000 Antipersonen-Minen) und an die 4 Millionen explosive Gegenstände wurden vernichtet.

Die UNO rechnet, dass alle dreißig Minuten in den Krisengebieten der Welt eine Landmine zur Umsetzung gebracht wird. Dadurch werden mehr als zwanzigtausend Menschen jährlich, vor allem Frauen und derzeit geschätzte 8 000 Kinder, die nicht unmittelbar an den kriegerischen Handlungen beteiligt sind, von Landminen getötet, verletzt oder verstümmelt.

Szenarien

Die weltweiten Szenarien, in denen Minen verlegt wurden und werden, müssen als chaotisch angesehen werden. Im Wesentlichen sind es meist finanzschwache Bürgerkriegsparteien, die besonders billige Minen ankaufen und sofort verwenden. Volkskriege z. B. dauern oft über mehrere Jahrzehnte an und dadurch gefährden Minen mit unterschiedlichem Entwicklungsstand die Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt.

Die Minen werden in der Regel in großer Eile, ohne militärischen Verlegeschema, in allen erdenkbaren Kombinationen von Schützen- und Panzerminen sowie als Sprengfallen verlegt. Erschwerend kommen noch die unterschiedlichsten Bodenarten und verschiedensten Minentypen hinzu, welche die Eingrenzung der Verdachtsflächen und die anschließende Beseitigung erschweren.

Das Erkennen von Minen und/oder Minensperren in verschiedensten Geländeteilen ist äußerst schwierig, weil die Minen meistens schon längere Zeit im Boden liegen und durch Bodenbewuchs verdeckt sind. Dazu kommt noch, dass durch starke Regenfälle, durch die Schneeschmelze im Frühjahr und/oder durch Überschwemmungen etc. Minen in sicheres Gebiet geschwemmt werden können und so vermeintlich unverminte bzw. geräumte Geländeabschnitte auf Dauer nicht immer als minenfrei zu bewerten sind.

Vom Erzeugen bis zum Beseitigen

Heute werden in mindestens 35 Ländern Minen erzeugt. Dabei produzieren diese Länder mehr als dreihundert Grundmodelle. Die vielen Varianten dieser Grundmodelle oder Minenfamilien sind dabei noch nicht eingerechnet. Diese extreme Typenvielfalt erfordert eine langwierige Ausbildung der Minensucher und Kampfmittelräumer/Kampfmittelbeseitiger sowie stets aktuelle, technisch innovative Hilfsmittel für die Detektion bzw. Beseitigung.

Erste Hinweise auf vermutete Minenfelder ergeben sich oft aus bloßen Gerüchten von Einwohnern, aber auch durch die typischen Anzeichen von kampfmittelbelasteten Geländeteilen wie z. B. Detonationstrichtern, zerstörten Fahrzeugen, Leichen, Tierkadavern, Skeletten oder Verwesungsgerüchen. Das Aufspüren von Minen ist langwierig, arbeitsintensiv, kostspielig, entnervend, mühsam und gefährlich - trotz des permanenten technischen Fortschrittes in diesem Fachbereich.

Moderne und zuverlässige Technologien stehen nur begrenzt zur Verfügung, maßgeblich sind die Prävention und die rechtzeitige Erkennung von Verdachtsflächen.

Bei der Lokalisierung von Minen sind größere Minenfelder einfacher einzugrenzen als kleine Minenfelder oder einzeln, wahllos/terroristisch verlegte Minen. Vor allem letztere verursachen bei der Detektion und Beseitigung enorme Probleme, da meist keine Verlegepläne bzw. sonstige Aufzeichnungen über die Verlegetechnik vorhanden sind.

Lebensgewohnheiten von Einwohnern (Meidung von bestimmten Gebieten oder Wegen) können oft Aufschluss über verminte Gebiete geben. Sie sind jedoch keine Garantie für sichere Geländeteile. Werden Wege, Straßen und Flächen von Einheimischen benutzt, bedeutet das nicht unbedingt, dass sie frei von Minen und anderen Kampfmitteln sind.

Ein Kostenvergleich

Die Kosten für die Erzeugung einer Mine belaufen sich auf zirka zwei bis drei US-Dollar pro Stück, hingegen kostet die Räumung einer einzigen Mine ca. 300 bis 1 000 US-Dollar (Newsweek Education Program, 2005). Dies ist mit ein Grund dafür, dass jährlich nur ein Zehntel aller verlegten Minen detektiert und beseitigt wird. Die übrigen, erkannten verminten Flächen werden deutlich markiert, damit die betroffene Bevölkerung diese Gebiete erkennt und meidet. Nach Hochrechnungen des Forschungsinstitutes Rand in Santa Monica (USA), könnte die Detektion und Beseitigung aller auf der Erde verlegten Minen 450 Jahre dauern, sofern keine neuen Minen verlegt werden.

Minen und Verwandte

Nicht nur von Minen alleine geht eine enorme Bedrohung aus. Blindgänger und andere aktive Munitionsteile verseuchen ganze Landstriche und gefährden die Bevölkerung zusätzlich. Diese Teile sind in ihrer Wirkung den Minen gleich zu setzen, weshalb sie fallweise auch als "zur Mine gewordene Munitions- und Kampfmittel" bezeichnet werden.

Keine derzeit bekannte Methode oder Technologie kann alle Arten von Landminen und andere Kampfmittel in allen Bodenarten, bei jedem Wetter und unter allen möglichen Umfeldbedingungen aufspüren und räumen, um die geforderte Räumsicherheit (welche im Einzelfall festzulegen ist) garantieren zu können. Dadurch müssen - die Detektionstechniken, - die Räumgeschwindigkeit und - die geforderte Räumsicherheit verstärkt, verbessert bzw. erhöht werden und unterschiedliche Methoden - manuell, technisch und biologisch, - zu Lande, zu Wasser und in der Luft kombiniert werden.

Technische Minensuche - Neuere Technologien

Mathematische Minensuche

Konventionelle Minensuchgeräte reagieren aufgrund magnetischer Induktion und senden Tonsignale aus. Diese ausgesendeten Signale sind aber aufgrund der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheit (inhomogene Böden) und der unterschiedlichen Minentypen nicht immer gleich. Deshalb können diese eingehenden Signale von den Minensuchern falsch interpretiert werden und erhöhen die "Falschalarmrate".

Der deutsche Mathematikprofessor Dr. Alfred Karl Lois arbeitet mit seinem Team an der Universität des Saarlandes (Deutschland) an mathematischen Algorithmen, um Minen besser von anderen Objekten unterscheiden zu können.

Ziel des Wissenschafters ist es, Detektoren mit einem Rechner auszustatten, der die Signale differenziert auswertet. Damit soll eine verlässlichere Entscheidung über das Vorhandensein einer Mine und deren Lage ermöglicht werden. Der nächste Schritt wäre an bildgebenden Verfahren zu arbeiten, ähnlich der Computertomographie in der Medizin. Daneben werden auch "lernenden Systeme" eingesetzt, welche eine Entscheidung, basierend auf Messsignalen oder auf berechneten Rekonstruktionen, automatisieren. Unterstützt wird das Projekt vom Fraunhofer-Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren, das für sämtliche Forscherteams standardisierte Messdaten zur Verfügung stellt. Die Forschungsdauer ist auf drei Jahre begrenzt, anschließend soll ein neuer intelligenter Metalldetektor, der Metall und Minen verlässlich unterscheiden kann, zur Verfügung stehen.

Minensuche mittels Biotechnik

Die amerikanische Marine fördert die Entwicklung von Minensuchern mit Hilfe der Biotik. An der Northeastern University in Boston arbeiten Wissenschafter an einem Laufroboter, der wie ein Hummer aussieht und Seeminen im Brandungsbereich detektieren soll. Wie kein anderes Tier ist der Hummer im wirklichen Meeresleben an diese schwierige Zone mit ihren wechselnden Strömungen und dem unregelmäßigen Untergrund angepasst. Acht Laufbeine sollen dem hummerartigen Roboter nun die nötige Beweglichkeit geben, während zwei Paddel (Scheren vorne, Schwanzfächer hinten) für die Bodenhaftung sorgen, wenn das Wasser in verschiedene Richtungen strömt.

Minensuche mittels Radarwellen

Bei zwei Minensuch-Projekten der Europäischen Union im südlichen Afrika setzen Wissenschafter eine in Ilmenau (Deutschland) entwickelte Ultrabreitband-Radarelektronik für ein Georadar ein, das auch nichtmetallische Minen aufspüren soll. Das hoch auflösende Nahbereichsradar untersucht das Erdreich, indem es elektromagnetische Wellen im Gigahertz-Bereich in den Boden sendet, die reflektiert werden, wenn dort Objekte vergraben sind. Die Radarelektronik erlaubt nun erstmalig, ganze Messsysteme mit extremen Bandbreiten von mehreren Gigahertz in Halbleiterchips zu integrieren. Das neue Verfahren bringt nicht nur Vorteile für ein Minensuchradar, sondern eröffnet auch die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung vieler neuer Sensorprinzipien, wie z. B.: - die Mikrowellen-Bilderfassung, - die Impedanzspektroskopie für Medizin- und Biotechnik, - Materialuntersuchungen und - die Anwendung in Überwachungs- und Positioniersystemen.

In Arizona (USA) wird im Forschungsinstitut Chemical Detection Technologies ein Detektor entwickelt, der in einer Stunde eine Fläche von 500 bis 2 000 m2 absuchen kann. Dieses System nutzt die Abgabe von Nitraten in das Erdreich, ein Prozess der bei allen Minen immanent ist. Dabei arbeitet der Detektor mit niederenergetischen Röntgenstrahlen, die das abgebende Nitrat im Boden anregen. Dieses sendet eine charakteristische Fluoreszenz aus, die vom Detektor aufgenommen und mit einem schnellen Analysegerät untersucht wird. Nitrat in Düngemitteln z. B. hat eine ganz andere Konsistenz als das Nitrat von Minen, weshalb Fehlalarme ausgeschlossen werden können. In einem Feldversuch spürte der Eliminator (Beseitiger) sowohl bereits vor fünf Jahren verlegte Minen, als auch erst seit zehn Minuten vergrabene Minen eindeutig und zweifelsfrei auf.

Minensuche mit dem Georadar

Am Institut für Geologie und Paläontologie in Hannover arbeiten Forscher an einem 3D-Georadarverfahren, das es ermöglicht, die Tiefen des Erdbodens für das menschliche Auge sichtbar zu machen. Dieses Georadar nutzt elektromagnetische Wellen. Eine Folge von Impulsen wird jeweils für Bruchteile von Sekunden von einer speziellen Antenne gesendet, die langsam nach einem bestimmten Muster über den Erdboden bewegt wird. Treffen diese Wellen auf Unregelmäßigkeiten im Untergrund, wie etwa auf vergrabene Minen, werden sie teilweise zurückgeworfen und vom Georadar registriert. Ein Computer zeichnet die Signale auf und mit einer speziellen Software wird aus der Laufzeit sowie der Intensität reflektierender elektromagnetischer Wellen ein dreidimensionales Bild des Erdbodens entworfen. Mit diesem Verfahren, das nur wenige Spezialisten in Europa beherrschen, kann jede Art und Struktur bzw. Veränderung des Bodens bis zu einer Tiefe von einigen dutzend Metern schnell und ohne Grabungen festgestellt werden.

Minensuche mit dem Hubschrauber

Forscher aus Hannover arbeiten an einem System, bei dem Minen im Boden durch einen Hubschrauber lokalisiert werden können. Der Hubschrauber ist mit entsprechenden Messgeräten ausgestattet. Die Messgeräte können drei physikalische Parameter erfassen. Erster Parameter ist der elektrische Widerstand des Erdbodens, zweiter ist das Erdmagnetfeld und seine Anomalien und letzter ist die natürliche Gammastrahlung, die vom Erdboden abgegeben wird. Mit Hilfe einer 10 m langen Sonde, in die ein elektromagnetisches Messsystem eingebaut ist, wird der Boden nach Minen und Kampfmitteln abgesucht. Dabei muss die Sonde 40 m Abstand vom Hubschrauber haben, damit die Messdaten aufgrund seiner Avionik nicht verfälscht werden. Sind dann Erze oder metallische Gegenstände im Boden gefunden worden, zeigt das Messgerät einen bestimmten Wert an. Die Genauigkeit dieser Methode ist so weit fortgeschritten, dass z. B. ein Medium, welches einem 2-Liter-Behältnis gleicht, durch die Messgeräte angezeigt wird.

Neben der High-Tech-Ausrüstung ist der Mensch, konkret der Hubschrauberpilot, bei dieser Suchmethode besonders wichtig, da bei solch einem Messflug ein konstanter Abstand vom Hubschrauber zum Boden eingehalten werden muss. Die erste Auswertung der Messungen erfolgt direkt vor Ort. Die zweite, genauere Interpretation, findet in einem speziellen Labor statt. Dort werden die Ergebnisse der Messungen visualisiert. Auf einem Monitor werden die Positionen und Tiefen der verdächtigen Anomalien in der Erde angezeigt. Die endgültigen Ergebnisse werden in geologischen Karten dargestellt. Daraus lassen sich ungefährliche Anomalien, wie z. B. Reste von Erdkabeln von vergrabenen Minen und Kampfmitteln unterscheiden. Mit diesem Verfahren können 95 Prozent der verdächtigen Objekte im Boden ausfindig gemacht werden. Die hohe Erfolgsquote bestätigt, dass geophysikalische Messungen aus der Luft die gleiche Qualität und Aussagefähigkeit besitzen wie Messungen am Boden.

Minensuche mittels Informationstechnologie

In den letzten Jahrzehnten mussten sich Organisationen, die sich mit der Problematik von Minen und anderen Kampfmitteln in Krisengebieten beschäftigten, in mühevoller Kleinarbeit einen Überblick über Verdachtsflächen und Gefahrenzonen verschaffen. Die Mitarbeiter mussten Informationen sammeln, verwalten, verdichten, auswerten und händisch in Karten eintragen.

Um diese zeitraubende Tätigkeit einzuschränken, wurde in der Schweiz ein spezielles Informationssystem (IMSMA - Information Management System for Mine Action) entwickelt, das es ermöglicht, per Knopfdruck einen Überblick über Verdachtsflächen und geräumte Flächen zu schaffen. Es handelt sich dabei um eine Datenbank, in welche die Lage von Minenfeldern, Minenarten und anderen gefährlichen Munitionsteilen eingespeichert und Statistiken erstellt werden. Aus den gesammelten Informationen lassen sich Karten mit Verdachtsflächen und Gefahrenzonen erstellen.

Das System vergleicht automatisch Angaben über gefährliche Gebiete mit anderen geographischen Informationen. Außerdem gibt das System den Entscheidungsträgern einen Arbeitsablauf vor und hilft die knappen Ressourcen zur Räumung von Minen und Kampfmitteln besser einzusetzen. Das IMSMA ist somit nicht nur eine Datenbank, die mit einem geographischen Informationssystem verbunden ist, sondern auch ein geeignetes Hilfsmittel zur Festlegung von Prioritäten für die rasche und effiziente Entscheidungsfindung bei der Detektion und Beseitigung von Minen und Kampfmitteln. Diese Daten können zur raschen Verbreitung anschließend auch im Internet zur Verfügung gestellt werden.

Aufgrund der Daten kann man z. B. zu dem Schluss kommen, dass eine Mine auf kargem Weideland nicht sofort geräumt werden muss, hingegen in der Nähe einer Schule sofort lokalisiert und vernichtet werden muss. Damit alle betroffenen Länder mit diesem System arbeiten können, wird das System kostenlos zur Verfügung gestellt. Durch die benutzerfreundliche Software können Daten nach einer relativ kurzen Einschulung in das komplexe IMSMA eingegeben und abgerufen werden.

Das Informationsmanagement im Kampf gegen Minen ist enorm wichtig, da die Daten unmittelbar an die zuständigen Behörden, an die Bevölkerung, an Minenräumorganisationen oder militärische Räumeinheiten weiter gegeben werden, um so Unfällen entgegenzuwirken.

Dieses Informationssystem wird von der UNO und von verschiedenen internationalen Organisationen als Standardapplikation eingesetzt und verwendet. Seine Bewährungsprobe hat IMSMA im Kosovo-Krieg bestanden. Dort wurde es vom UN-Mine Action Center erfolgreich eingesetzt, um Verdachtsflächen zu lokalisieren, die Entminungsaktivitäten zu koordinieren und die Evidenz im Sinne der Qualitätssicherung zu gewährleisten. Aufgrund dieser Erfahrungen ist IMSMA in mehr als 20 Ländern im Einsatz. Die Verwendung der Datenbank erfolgte in über 80 Prozent der Minenräumprogramme ("Mine Action Programs") und bewährte sich stets.

Minensuche mittels Wasserstrahlen

Forscher der University of Missouri-Rolla (USA) forschen an einem Projekt, bei dem Landminen mit Hilfe eines Wasserstrahls detektiert, freigespült und anschließend vernichtet werden. Dieses System beruht auf dem Konzept einer Wasserpistole, wonach beim Auftreffen des Wassers auf verschiedenen Oberflächen unterschiedliche Geräusche entstehen.

Mit diesem System können pro Minute ca. zwanzig Meter der Verdachtsfläche abgetastet werden. Das Gerät schießt alle sechs Zentimeter einen ein Meter breiten Fächer aus feinen Wasserstrahlen für Bruchteile von Sekunden mit hohem Druck bis zu zwanzig Zentimeter in den Boden. Jedes Objekt, das von einem Wasserstrahl getroffen wird, erzeugt ein charakteristisches Geräusch. Diese Geräusche werden von einem Mikrofon aufgezeichnet. Ein Computer vergleicht das dabei entstandene Tondiagramm mit den Geräuschdiagrammen bekannter Minen, welche die Forscher vorweg erstellt haben.

Ist eine Mine detektiert worden, so spült ein Wasserstrahl diese frei. Das Spezialgerät besteht aus einem Rohr, um das ein Kranz mit Wasserstrahlen rotiert. Sie weichen die Erde auf, der entstehende Schlamm wird durch ein Rohr abgesaugt. Dieser Vorgang dauert nur zehn Sekunden, bis die Mine freigelegt ist.

Die anschließende Vernichtung der Munition erfolgt ebenfalls mittels eines Wasserstrahls. In so genannten Waterjets werden Wasserstrahlen so gebündelt, dass sie selbst dickeres Blech wie Butter durchtrennen. Damit werden die Minen und deren Zünder effektiv und sicher beseitigt.

Beim Zerstören werden die Mine und der Zünder horizontal in zwei Teile geschnitten. Der Druck, der die Mine zerschneidet, ist so optimiert, dass herkömmliche Minen dabei mit Druckzündern nicht zur Umsetzung (Detonation) gelangen.

Probleme treten derzeit noch dadurch auf, dass jede Mine andere Geräusche erzeugt und bei bewachsener Erdoberfläche der Wasserstrahl auf Bewuchs, Laub etc. treffen kann. Dafür müssen die Forscher noch entsprechende Vergleichsdiagramme erstellen bzw. Methoden für die Beseitigung des Bewuchses erarbeiten. Ein weiteres Problem dieses Systems ist der logistische Aufwand zur Bereitstellung des erforderlichen Wassers, vor allem in Trockengebieten.

Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass das System zum Schutz von Personen auf einem ferngesteuerten Fahrzeug montiert ist. Auch die Suchgeschwindigkeit von 20 m pro Minute ist ein großer Vorteil im Vergleich zur manuellen Suche.

Minensuche mittels Robotern

Der Wiener Universitätsprofessor Dipl.Ing. Dr. Peter Kopacek entwickelt und baut mit seinem Team seit Jahren Roboter, die für Fußballspiele eingesetzt werden. Ziel dieser Entwicklungsarbeit ist es, eine robuste Hard- und Software sowie künstliche Intelligenz für die Industrie herzustellen. Diese Technik kann auch zur Detektion und Beseitigung von Minen und Kampfmitteln eingesetzt werden. Die einzelnen Roboter werden dafür von einem Computer mittels Funk gesteuert, um so das Zusammenwirken mehrerer Roboter zu koordinieren und den Zeitbedarf zu verringern. Dabei werden die Daten für den Rechner mit einer Kamera aufgezeichnet und alle Bewegungen der Roboter aufeinander abgestimmt. Mit derselben Technik können auch Schwärme von Robotern mit unterschiedlichen Aufgaben in einem Minenfeld gesteuert werden. Die Roboter, welche mit Sensoren ausgestattet sind, sind so leicht gebaut, dass sie herkömmliche Schützenminen mit Druckzündern nicht zur Auslösung bringen. Ein zweiter und dritter mit Geräten ausgestatteter Roboterschwarm soll die Minen dann freilegen und in weiterer Folge verbringen oder beseitigen. Pilotversuche liefen an der Königlichen Militärakademie in Belgien.

Minensuche mittels Sensoren

Sprengstoffe bestehen so wie alle organischen Stoffe aus Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Allerdings haben Sprengstoffe bestimmte Charakteristika bzw. weisen sie ein ihnen nur bestimmtes, eigenes physikalisches Verhalten auf, wenn sie beeinflusst werden.

Die menschlichen Sinnesorgane reichen für die Detektion bzw. Erfassung dieser geringen Veränderungen im molekularen Aufbau bzw. in der chemischen Struktur nicht aus, weshalb meist hochempfindliche Sensoren in verschiedensten Bereichen zur Anwendung kommen. Wenn Sensoren Sprengstoffspuren erkennen, geben sie ein optisches/akustisches Signal, ausgelöst durch einen charakteristischen Messwert, der anschließend vom Minensucher ("Operator") interpretiert wird. Im nächsten Schritt kann der Minensucher Rückschlüsse ziehen und die entsprechenden bzw. erforderlichen Maßnahmen setzen.

Forscher an der Universität in Nevada (USA) haben einen neuartigen, empfindlichen Sensor für den Nachweis geringster Sprengstoffspuren entwickelt. Die Wissenschafter nutzen dazu einen nur wenige Zehntel Millimeter langen Ausleger, der seine Schwingungsfrequenz bei der Anlagerung von Sprengstoffmolekülen charakteristisch ändert.

Das Herzstück des kleinen Sensors besteht aus einer frei schwingenden Blattfeder von einigen hundert Mikrometern Länge, die mit einem Piezoelement verbunden ist. Zum Aufspüren von Sprengstoff wird die Blattfeder in hochfrequente Schwingungen versetzt. Trifft ein Sprengstoffmolekül auf die Blattfeder, ändert sich deren Schwingungsverhalten. Diese Frequenzänderung wird vom Piezoelement in entsprechende Spannungsimpulse umgewandelt, welche wiederum in einem Computer dargestellt werden können.

Zusätzlich wird das explosive Material mit Spannungsimpulsen über die Zündtemperatur erhitzt, wodurch es zu einer kontrollierten Explosion kommt. Diese Umsetzung wird von Hochgeschwindigkeitskameras aufgezeichnet. Die Spannungsimpulse, die Explosionstemperatur und das Schwingungsverhalten der Blattfeder liefern die Messwerte, die darüber Aufschluss geben, welcher Sprengstoff letztendlich vorliegt.

Daneben wird der Sensor durch die Explosion von Verunreinigungen bzw. Kontaminationen gereinigt, sodass er für weitere Messungen zur Verfügung steht. Derzeit reichen Substanzmengen von ca. 70 Pikogramm für eine verlässliche Aussage aus, was einer Molekülmenge von ca. 1 110 Molekülen entspricht. Seine mechanische Stabilität hat der Sensor auch dadurch unter Beweis gestellt, indem er kontrollierte Explosionen unbeschadet überstanden hat.

Sensor versus Hund: Die Vorteile des Sensors liegen - in seinen geringen geometrischen Abmessungen, - seiner kompakten Bauweise, - der Verwendungsmöglichkeit an Stellen, die z. B. für Hunde nicht zugänglich sind und - erlauben eine permanente Überwachung von gefährdeten Räumen.

Der Nachteil des Systems liegt in seiner gegenüber Hundenasen geringeren Empfindlichkeit.

Der Nachweis von Sprengstoffen, vor allem von TNT, erfolgte bislang auf elektrochemischem Wege oder mit radioaktiven Verfahren wie der Aktivierungsanalyse. Zunehmend setzen sich auch optische Techniken durch, die Sprengstoffmoleküle aufgrund von Fluoreszenzlicht identifizieren. Viele dieser Geräte sind jedoch unhandlich, sehr empfindlich und können nur von Spezialisten bedient werden. Dieser neuartige Sensor könnte eine echte Ergänzung zu anderen Suchmethoden darstellen.

Laseroptischer Minensuchstab

An der Technischen Universität in Clausthal (Deutschland) arbeiten Forscher und Entwickler an einem Laseroptischen Minensuchstab. Kernstück dieses High-Tech-Gerätes ist ein optischer Sensor mit Laser- und Fasertechnologie. Trifft ein Laserstrahl des Gerätes auf einen Sprengstoff oder Kunststoff, wird dessen molekulare Integrität beeinflusst: Es spalten sich Elektronen von den Atomen ab. Die Materie wird ionisiert, ein so genanntes Plasma entsteht. Wird das Laserlicht pulsartig gesendet, bleibt den Elektronen Zeit, während der Pausen an ihre Plätze zurückzukehren, wobei Fluoreszenzlicht freigesetzt wird. Im individuellen zeitlichen Verlauf erkennt die Auswerteelektronik unterschiedliche Materialien wie Sprengstoffe, Kunststoffe oder Metalle. Da die Plasmatemperatur von Material zu Material sehr unterschiedlich ist, können ungefährliche Materialien von gefährlichen Materialien wie z. B. Sprengstoffen unterschieden werden. Für die Suche nach Minen musste die Laserquelle erheblich verkleinert werden. Derzeit befindet sie sich auf einem Chip, welcher in einem Lichtleiter integriert das mobile Messsystem darstellt. Der große Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie berührungslos funktioniert sowie im sicheren und schnellen Aufspüren von Minen und anderen Kampfmitteln. Weiters kann sogar die Sprengstoffart identifiziert werden. International wird diese Methode als Laser Induced Breakdown-Spektroskopie bezeichnet. Sie existiert schon seit Jahren in anderen Anwendungsbereichen, wie zum Beispiel in der Medizin.

(wird fortgesetzt) ___________________________________ ___________________________________ Autor: Hofrat Ing. Gerd Luschnitzky, Jahrgang 1958. Eingerückt 1977, anschließend Unteroffizierslaufbahn bis zum Zugskommandanten, Fachrichtung Nachschub und später Munitionstechnik. 1982 bis 1992 Munitionsunteroffizier an der Theresianischen Militärakademie, 1992 bis 1999 Lehroffizier für Spreng- und Munitionstechnik an der Heeresversorgungsschule. 1987 bis 1992 HTL-Elektrotechnik (Abendschule), 1993 Grundausbildungslehrgang A2 technischer Dienst. 1995 Sonderlehrgang Munitionstechnik in Deutschland, 1996 bis 1997 Aufstiegslehrgang an der Verwaltungsakademie des Bundes. 1997 Grundausbildungslehrgang A1 rechtskundiger Dienst. Ab 1998 diverse Ausbildungen im Bereich Minen und Kampfmittelbeseitigung; ab 1999 verschiedene Funktionen im Bundesministerium für Landesverteidigung; 2002 Auslandseinsatz im Kosovo als EOD-Spezialist. Seit 2005 Leiter des Zentrums für Technische Produktdokumentation.

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