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Focus: Kann man den Terror besiegen?

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat der amerikanische Präsident den "Krieg gegen den Terror" ausgerufen. Danach wurde in den USA ein eigenes Sicherheitsministerium eingerichtet. In vielen Ländern wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt, und die Amerikaner marschierten, jeweils mit Unterstützung verbündeter Staaten, in Afghanistan sowie im Irak ein.

Aber was wurde im Kampf gegen den Terrorismus tatsächlich erreicht? Wenn auch auf amerikanischem Boden keine weiteren Aktionen mehr stattgefunden haben, so gab es doch spektakuläre Anschläge in Madrid und in London, in Tel Aviv, auf der Sinai-Halbinsel, in Bangladesch sowie auf Bali. Doch vor allem hat sich das Gefühl der permanenten Unsicherheit verstärkt - der Terror wurde international. Dazu tragen die ständigen Meldungen über Selbstmordattentate genauso bei wie die massiven Terroranschläge in Russland im Zusammenhang mit dem Krieg in Tschetschenien.

Kann man den Terror, trotz größter Anstrengungen, vielleicht gar nicht besiegen? Um diese Frage zu beantworten, sollte vorher untersucht werden, was aus den Terrorbewegungen der vergangenen Jahrzehnte geworden ist.

Die terroristischen Aktivitäten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts können in drei große Gruppen eingeteilt werden: Es gab den Terror im Nahen Osten, wobei zeitgleich auch im Westen Gruppierungen auftraten, die entweder aus revolutionären oder aus nationalistischen Motiven Anschläge durchführten. Nach der Niederlage der arabischen Armeen im Sechs-Tage-Krieg 1967 kam es auch in Europa zu Anschlägen von palästinensischen Gruppen wie z. B. 1972 in München. Namen wie George Habash, Abu Nidal oder Achmed Jibril machten Schlagzeilen. Staaten wie Libyen, Syrien und der Irak wurden immer wieder beschuldigt, den Terrorismus zu unterstützen, und sie unterhielten tatsächlich ihre eigenen Organisationen.

In Westeuropa wiederum gab es den Revolutionären Terror wie die Action Direct in Frankreich oder die Rote Armee Fraktion (RAF) in Deutschland. Die ETA (Euskadi Ta Askatasuna - Freiheit für das Baskenland) kämpfte für die Unabhängigkeit des Basken-Landes und die IRA (Irish Republican Army - Irisch Republikanische Armee) für ein selbstständiges Nordirland.

Was machte die Bekämpfung dieser Terrorbewegungen so schwierig? Wohl die Tatsache, dass es sich beim Terrorismus um eine Form der Psychologischen Kriegführung handelt, bei der gezielt grausame Gewalt eingesetzt wird. Psychologische Kriegführung heißt aber insbesondere, dass es darum geht, Meinungen zu prägen und Emotionen zu beeinflussen. Daher genügt es nicht, Terroristen militärisch zu besiegen, es muss auch das psychologische und ideologische Umfeld miteinbezogen werden. So wurden die Mitglieder der RAF nicht nur festgenommen, sondern es ist auch das politische Umfeld abgebröckelt. Die IRA hat ihren Kampf weitgehend eingestellt, als es zu einem politischen Kompromiss kam.

Wie steht es nun um den islamischen Terror der letzten Jahre? Der Islam ist seit dem 18. Jahrhundert der strategischen, der geopolitischen und der kulturellen Hegemonie des Westens ausgesetzt. Die Ressentiments gegenüber dem Westen wurden durch den Zusammenbruch des Ottomanischen Reiches genauso geprägt, wie durch die Siege Israels über die arabischen Armeen. Dazu kam noch, dass arabische Regime scheiterten, die ihrerseits westliche Modelle wie den "arabischen Nationalismus" (Ägypten) oder den "arabischen Sozialismus" (Algerien) übernahmen.

Wenn nun der islamische Fundamentalismus und das Wiedererwachen des Islam durch das Gefühl der militärischen und kulturellen Unterlegenheit gegenüber dem Westen gestärkt werden, dann können militärische Siege des Westens nur eines bewirken: eine noch massivere Ablehnung des Westens und eine noch stärkere Besinnung auf die eigenen Wurzeln. Der Islam wird zu einer revolutionären Kraft, wobei für alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Missstände in den eigenen Ländern der Westen verantwortlich gemacht wird. Der islamische Fundamentalismus wird dort geschürt, wo für die vorhandenen Mängel, vom niedrigen Lebensstandard bis zur Unterdrückung der intellektuellen Freiheit, nicht das eigene System, sondern "die Amerikaner" bzw. "der Westen" als Ursache gelten.

Schon die ersten Christen waren der Überzeugung, dass "das Blut der Märtyrer der Samen für das weitere Gedeihen der Christenheit" ist. Um wie viel mehr können im Informationszeitalter alle jene als Märtyrer erscheinen, die überzeugt sind, dass sie für eine gerechte Sache sterben. Daher sind gerade im Zusammenhang mit dem islamischen Terror jene Maßnahmen, wie sie der Europarat zur Prävention vor Terrorismus beschlossen hat, genauso wichtig wie der "Dialog der Zivilisationen", der zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen soll.

Militärische Aktionen alleine können daher nicht erfolgreich sein, wenn es darum geht, Menschen nicht nur zu besiegen, sondern auch für sich zu gewinnen.

Autor: Botschafter Dr. Wendelin Ettmayer

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