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Beurteilung der Gebirgslage

Hurra! Rauf auf den Berg … ohne Rücksicht auf Verluste. Das hat sich bereits in der Vergangenheit oft als fatal erwiesen. Um heute die unterstellten Soldaten keinem unkalkulierbaren Risiko auszusetzen, hat das qualifizierte Personal die Gebirgslage genau zu analysieren und danach den taktischen Kommandanten bestens zu beraten.

Der taktische und operative Verlauf zahlreicher militärischer Auseinandersetzungen der Kriegsgeschichte wurde durch den Kampf im Gebirge und dessen extreme Umfeldbedingungen nachhaltig beeinflusst. Zahlreiche sicherheitspolitische Konfliktzonen der Gegenwart - und vermutlich auch der Zukunft - liegen in gebirgigen Regionen. Aufgrund des technischen Fortschrittes und der erwartbaren Entwicklung von Streitkräften wird das zukünftige Konfliktbild zunehmend von asymmetrischen Formen der Konfliktaustragung geprägt. Das Gebirge bietet, ebenso wie urbane Regionen, asymmetrisch kämpfenden Kräften zahllose Möglichkeiten, die technologische Überlegenheit konventioneller Streitkräfte zu unterlaufen. Ein entscheidender Baustein in der Auftragserfüllung von Streitkräften im Gebirge oder in gebirgsähnlichem Gelände ist der Umgang mit den jeweiligen Umfeldbedingungen - der Gebirgslage.

Geschichte

Einerseits verursachten Fehler oder Nachlässigkeiten bei der Beurteilung der Gebirgslage schwer wiegende Folgen in Form von unverhältnismäßig großen Verlusten oder sie brachten Feldzüge sogar gänzlich zum Scheitern. Andererseits konnten offensichtlich unterlegene Kräfte durch geschickte Ausnützung dieser Gebirgslage als Sieger vom Gefechtsfeld gehen. Im Ersten Weltkrieg hat der Einsatz z. B. der Alpinreferenten oder der Bergführerkompanien in der k.u.k. Armee maßgeblich mitgeholfen, die Opferzahlen zu reduzieren und die Erfolge auf dem Gefechtsfeld zu erhöhen.

Dazu einige Beispiele quer durch die Geschichte: Hannibal verlor bei der Überquerung der Alpen nahezu die Hälfte seines stolzen Heeres durch Felsstürze, Schneestürme und Abstürze.

Napoleon forderte mit seinem Grundsatz "Wo eine Ziege gehen kann, kann auch ein Mann gehen, und wo ein Mann gehen kann, kann ein ganzes Bataillon marschieren …" von seinen Truppen oft unlösbare Aufgaben im Gebirge. Die zahlen- und ausrüstungsmäßig unterlegenen Bewohner der alpinen Regionen Europas wussten sich im schwierigen Gelände mit durch sie ausgelösten Steinlawinen usw. erfolgreich zu wehren.

Beispielsweise setzte Enver Pascha mit zwei Dritteln der 3. türkischen Armee im Winter 1914/15 zur Umfassung des russischen rechten Flügels über den Kaukasus an, um in den Rücken der Verteidiger der Festung Kars zu gelangen. Wegen fehlender Vorbereitung und ohne alpine Kenntnisse scheiterte das Unternehmen allerdings am Winterwetter. Die Türken verloren bei diesem Unternehmen durch die ungünstige Gebirgslage von ihren 90 000 Soldaten nicht weniger als 78 000!

Der Bericht eines k.u.k. Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg zeigt die Vorteile des Ausnützens der Gebirgslage zu eigenen Gunsten auf: "… Und da wird die künstlich ausgelöste Lawine zur schrecklichsten aller Waffen. Haben die Beobachter festgestellt, dass irgendwo hinter den feindlichen Stellungen eine Trägerkolonne bergan keucht oder Schneeschaufler an den Wegen arbeiten, so beginnt das Schießen auf die Kammwechten. Meist genügt nur eine Salve von vier kleinen Brisanzgranaten, oft auch ein einzelner Schuss, um das Verderben loszulassen. Der ganze Hang kommt ins Rollen, schiebt sich übereinander, drängt in auf- und niederwogenden Wellen talab. Die Italiener unten springen aus dem Hohlweg, den sie geschaufelt haben, beginnen nach links und rechts durch den Schnee zu waten. Da hat sie die Lawine schon erreicht. Ein Wall begräbt sie, stürzt weiter, prallt gegen den Waldrand, der noch zweihundert Meter tiefer liegt. Die Bäume purzeln durcheinander, werden geknickt, zerschmettert, mitgerissen. Donnerähnliches Rollen schlägt herauf, bricht sich an den Wänden. Über der Lawinenbahn steht wohl zehn Minuten lang eine flimmernde Wolke hoch gepeitschter Schneemassen, die sich langsam auf das Grab der Verschütteten niedersenkt …" (Aus dem Archiv der Dolomitenfreunde; Autor unbekannt.) Beinahe eine Generation später wiederholte sich Ähnliches in anderen Weltregionen: "… Überall im Gelände eingenistete russische Scharfschützen der Marineinfanterie mussten zeit- und blutraubend ausgeschaltet werden. Als dies gelungen war, hatte sich die Wucht des Schneesturms auf den Höhen und Felskuppen derart gesteigert, dass nichts mehr ging … Im arktischen Sturm funktionierte kein MG, Geschütz oder Panzer, nur noch unsere Gebirgsjäger kämpften mit dem bloßen Seitengewehr, wobei sie den Gegner oftmals erst beim Abtasten der Koppel erkannten …" (Josef Brugger, ehemaliger Gebirgsjäger der Deutschen Wehrmacht.) Und der Blick in die jüngste Vergangenheit bestärkt das einleitend Gesagte: "Im sowjetisch-afghanischen Konflikt ist eine hochmoderne Armee auf mangelhaft organisierte, schlecht ausgerüstete, teils gar rivalisierende Widerstandskämpfer gestoßen. Diese wussten aber im unwegsamen, kargen Gelände zu überleben und zu kämpfen …" und "Vor allem Truppenkontingente aus südlichen Ländern zeigten sich im Bosnien-Konflikt den Herausforderungen, die ein harter Winter in einer Gebirgsregion stellt, nicht gewachsen …" (Beat Fischer; AZMZ 7/2000.)

Gebirgslage

Durch die gesamte Menschheitsgeschichte zieht sich die Auseinandersetzung militärischer Führer mit der Gebirgslage. Durch die fortschreitende technische Entwicklung ergeben sich zwar immer bessere Möglichkeiten der Beurteilung, dennoch sind der moderne und "verwöhnte" Mensch sowie das hochtechnische Gerät im besonderen Maß anfällig für extreme Umwelteinflüsse.

Aus welchen Einzelfaktoren setzt sich nun diese Gebirgslage zusammen? Die nachstehende Aufzählung soll anhand einzelner Beispiele einen Überblick geben. (Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)

Meteorologische (wetterkundliche) Besonderheiten

Der Einfluss des Wetters auf den Menschen, das Tier und das Gerät ist vor allem im Gebirge vielfältig. Es wirken nicht nur klimatische und jahreszeitliche Wetterbedingungen, sondern auch kurzfristige Wettergeschehen. Folgende Besonderheiten sind zu berücksichtigen: Temperatur (Hitze)

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren, die zu Konzentrationsmängeln, Ungleichgewicht im Flüssigkeitshaushalt bzw. Hitzschlag führen.

Hydraulische Systeme können undicht werden.

Temperatur (Kälte)

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren durch die körperliche Belastung beim Angriff. Oft kann auch das Warten in ausgesetzten Stellungen Unterkühlung oder Erfrierungen hervorrufen bzw. die Handhabung der Waffe erschweren.

Bei hydraulischen Systemen können ab minus 28°C durch die Erhöhung des Reibungswiderstandes die Schläuche platzen.

Vereisung von Scheiben, erhöhter Kraftstoffverbrauch und sichtbarer Abgasausstoß bei Fahrzeugen sind die Folge.

Biologische und chemische Kampfstoffe können länger sesshaft bleiben.

Trinkwasseraufbereitungsanlagen sind unter plus 10°C nur noch bedingt einsetzbar.

Der Treffpunkt aller Flachfeuerwaffen liegt tief.

Temperaturschwankungen

Technisches Gerät reagiert mit Fehlfunktionen (Funk, Relaisstationen, …).

Behinderung von Marschbewegungen z. B. durch Steinschlag, weil Spaltenfrost das Gestein erodiert.

Ausbreitungs- und Zugweitenberechnungen der herkömmlichen Melde- und Auswertedienstprognosen in der ABC-Abwehr sind aufgrund von Temperaturunterschieden nur mehr bedingt anwendbar.

Sonneneinstrahlung

Physiologische Beeinflussungen von Soldaten machen sich als Sonnenstich, Sonnenbrand, Augenreizung bis zur Schneeblindheit sowie Schwierigkeiten beim Zielerfassen und Entfernungsschätzen bemerkbar.

Physiologische Beeinflussung von Tragtieren, bei denen ebenfalls ein Sonnenstich auftreten kann.

Biologische und einige chemische Kampfstoffe werden durch den UV-Anteil im Sonnenlicht zerstört.

Luftfeuchtigkeit

Physiologische Beeinflussungen von Soldaten: Bei zu viel Luftfeuchtigkeit tritt eine Förderung der Unterkühlung durch Wärmeentzug auf; bei extrem trockener Luft kommt es im Sommer zur Austrocknung der Schleimhäute, im Winter droht Flüssigkeitsverlust - auch ohne körperliche Belastung.

Bei Metallen kommt es zu Korrosionsschäden durch Kondenswasserbildung.

Wolken, Nebel, Dunst

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten durch optische Einschränkungen hinsichtlich der Orientierung, Zielerkennung und der Zielerfassung. Das Gefecht wechselt vom Kampf auf weite Entfernungen hin zum Nahkampf, Erschwernisse treten beim Halten des Zusammenhanges der Kräfte, bei der Verbindung oder auch bei der Aufklärung auf.

Geräusche werden über weite Strecken übertragen.

Phänomene der Streuung, Beugung, Reflexion sowie der Absorption: Zum Beispiel können bei der Verwendung von Zielzuweisungs-, Tieffliegererfassungs-, Bord- oder Gefechtsfeldradargeräten verfälschte Radarechos bzw. Radarschatten bei hochauftürmenden Quell- und Gewitterwolken mit entsprechend großen Eisteilchen entstehen.

Die Infrarotsichtweiten sowie die Leistungen von Restlichtverstärkern, Sensoren und Lasergeräten werden geringer, je mehr Eis-, Wasser- oder Staubteilchen sich in der Luft befinden.

Es kann zur Einschränkung bzw. zum Ausfall der Luftunterstützung kommen. Der Einsatz auch modernster Hubschrauber im alpinen Gelände ist bei einer Sichtweite von unter 100 Metern nicht mehr möglich. Bei tiefen Temperaturen besteht zusätzlich die Gefahr der Vereisung.

Luftdruck

Die psychologischen und physiologischen Beeinflussungen von Soldaten bei Föhn zeigen sich in Konzentrationsschwierigkeiten, Schmerzen, mangelnder Leistungsbereitschaft etc.

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren kommen auch als Folge des abnehmenden Sauerstoffpartialdrucks vor. Ungeübte Soldaten brauchen bereits bei einer Seehöhe von 2 000 Metern zwei bis drei Tage Höhenanpassung, ansonsten kann es zu Leistungsabfall, zu Konzentrationsschwierigkeiten, zum Höhenlungenödem oder sogar zum Höhengehirnödem kommen.

Abnehmender Luftdruck verringert die Leistung von Verbrennungsmotoren, ebenso die von Heiz- und Kochgeräten, insbesondere jedoch die Turbinenleistung bei Hubschraubern.

Für Hubschrauber kann aufgrund der Luftdichte in den Hitzezonen der Erde das Starten vom Vormittag bis zum späten Nachmittag unmöglich sein (Gefahr der Aufheizung von Südhängen).

In größerer Höhe haben Geschoße aufgrund des geringeren Luftdrucks eine größere Reichweite.

Der Treffpunkt aller Flachfeuerwaffen liegt hoch.

Wind

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren sind bei Wind die Erhöhung des Flüssigkeitsbedarfes und die Verringerung der Standfestigkeit, wodurch gewisse Geländeabschnitte nicht mehr begehbar sind. Wind ist zusätzlich ein verstärkender Faktor für andere Elemente wie z. B. die Kälte.

Beim Zielerfassen während des Feuerkampfes können Schwierigkeiten auftreten.

Für Luftfahrzeuge besteht Turbulenzgefahr. Probleme treten beim An- und Abflug auf. Föhnlagen können Hubschraubereinsätze aufgrund mangelnder Stabilisation unmöglich machen.

Die Flugbahnen von Geschoßen aus Steilfeuerwaffen können in der oberen Winkelgruppe durch Luftdichte und Luftströmung (Richtung und Stärke) massiv beeinflusst werden.

Schneeverwehungen infolge schwerer Stürme können jede Marschbewegung zum Erliegen bringen.

Die Ausbreitungs- und Zugweitenberechnungen der herkömmlichen Melde- und Auswertedienstprognosen in der ABC-Abwehr sind wegen der lokalen Winde und einer örtlich begrenzten Thermik nur bedingt anwendbar.

Es kommt zur Anraumbildung bei Antennen, Masten sowie Leitungen, die im Hochbau verlegt sind. (Anraum ist ein fester Niederschlag, der sich bei Frost, Nebel und Wind gegen die Windrichtung aufbaut; Anm.) Luftqualität

Erhöhte Ozonwerte und eine massive Staubbelastung haben negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Mensch und Tier.

Niederschlag

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren treten in Form von Konzentrationsmängeln, verringerter Leistungsbereitschaft, Unterkühlung, verminderter Trittsicherheit und Reibung am Fels und somit geringerer Marschgeschwindigkeit auf.

Flugbewegungen können unmöglich werden (z. B. durch gefrierenden Regen auf den Landeplätzen für Flugzeuge).

Gewitter

Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren sind abhängig vom Abstand zur Gewitterzelle und manifestieren sich in Angst, Konzentrationsschwäche, Unterkühlung oder auch Verletzungen durch Elektrizität.

Hubschrauber müssen Gewitterzellen meiden, es besteht Gefahr der Vereisung oder einer mangelnden Stabilisation.

Beim Flugbetrieb mit Jets besteht Turbulenzgefahr, vor allem in der Phase des An- und Abfluges.

Für den Funkverkehr - einschließlich der Richtverbindungen - resultieren Störungen aus elektromagnetischen Entladungen und auch daraus, dass hoch aufgetürmte Quell- und Gewitterwolken die Übertragung elektromagnetischer Wellen massiv stören können.

Nivalogische (schneekundliche) Besonderheiten

Einwirkung auf die Marschleistung von Soldaten, Tragtieren und technischen Systemen (Fahrzeuge, Gefechtsfahrzeuge) durch z. B. plötzlich auftretende Schneeverwehungen.

Tragfähiger Harsch kann Marschbewegungen auf der Schneedecke mit schwerer Ausrüstung gestatten, andererseits kann tiefer Faulschnee sogar die Fahrt von Überschneegeräten verhindern (Faulschnee ist ein Gemisch aus Wasser und Schneebrocken, das nicht mehr sehr gut zusammenhält, Anm.).

Tiefer Schnee begünstigt den Stellungs- und Biwakbau.

Die Spurentarnung wird erschwert, außer bei starkem Schneefall.

Hindernisse und Sperren verlieren bei entsprechender Schneehöhe ihre Wirkung.

Die Geräuschtarnung ist bei Schneefall und lockerem Schnee sehr gut, aber bei hartem Schnee auch schwierig.

Physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren sind durch die Reflexion des Sonnenlichtes gegeben.

Die Waffenwirkung wird bei entsprechender Schneedichte verringert bzw. gedämpft.

Chemische Kampfstoffe können im Schnee eindicken und so länger wirksam bleiben.

Fernmeldeleitungen können einsinken bzw. einfrieren.

Lawinen

Bei Lawinen gibt es die größten Unsicherheitsfaktoren. Die Schwierigkeit liegt einerseits in der zeitlichen und räumlichen Eingrenzung, andererseits in der Beurteilung der möglichen Auswirkungen. Lawinen gibt es von kleinflächigen Schneebrettern (20 x 30 x 0,35 m; dabei bewegen sich - je nach Schneeart - immerhin 20 bis 40 Tonnen Schnee) bis hin zu Katastrophenlawinen (zwei km Anrissbreite und Fließgeschwindigkeiten von 300 km/h). Solche Lawinen können die Bewegungslinien über weite Strecken zerstören.

Die psychologischen und physiologischen Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren zeigen sich in Form von Angst, was wiederum Auswirkungen auf die Marschleistung zeitigt.

Behinderungen bzw. die Verhinderung der Bewegung von technischen Systemen sind ebenfalls gegeben.

Zerstörungen von Bewegungslinien, Sperren, sonstigen Bauwerken und Gerät treten auf (siehe dazu den Beitrag im TRUPPENDIENST-Heft 5/2006, Soldaten im Hochgebirge III - Die Entwicklung des militärischen Bergführerwesens, S. 418 - 419 über die Lawinenkatastrophe am Gran Poz mit 270 Toten).

Geologische und geografische Besonderheiten

Einfluss auf die Marschbewegung von Soldaten und Tragtieren, wenn der aufwändige Ausbau von Sicherungsanlagen erforderlich ist oder wenn Steinschlaggefahr besteht.

Einfluss auf die Marschbewegung von Fahrzeugen durch z. B. die verstärkte Abnützung von Ketten bei besonders hartem Gestein wie Granit oder erhöhter Zeitaufwand beim Wegebau.

Einfluss auf die Waffenwirkung, da z. B. der weiche Kalkglimmerschiefer eine geringere Splitterwirkung hervorruft als Kalk oder Dolomit.

Einfluss auf den Stellungs- und Sperrenbau, weil bei härterem Gestein ein erhöhter Zeit- und Sprengmittelbedarf erforderlich ist.

Wasserlösliches Gestein wie z. B. Kalk begünstigt die Ausbildung von Höhlen und Höhlensystemen, wodurch sich dieses Gelände hervorragend für verdeckte Bewegungen und für Stellungen eignet.

Wasserlösliches Gestein speichert aber kein Wasser, sondern lässt dieses in tiefere Schichten abfließen, womit die Wasserversorgung zu einem Problem für Soldaten und Tragtiere werden kann.

Geländeformen

Scharf ausgebildete Geländeformen ergeben meist ein uneinsehbares Gelände, welches eine gedeckte Annäherung erleichtert, aber das Beobachten und Überwachen erschwert.

Druckwelle und thermische Strahlung einer A-Waffendetonation passen sich bei der Explosion am Boden bzw. in geringer Höhe den Geländeformen im Bereich des Detonationspunktes an. Erhebungen können diese Effekte abschirmen oder reflektieren. Sekundäreffekte ergeben sich z. B. aus Hangrutschungen, Lawinen, Steinschlag oder Flutwellen. Gebirgszüge schirmen die Anfangsstrahlung und den Nuklearen Elektromagnetischen (Im)puls (NEMP) ab.

Vormarschstraßen beschränken sich auf zugängliche Gebiete oder Täler und sind oft durch unwegsames Gelände voneinander getrennt, sodass eine rasche Schwergewichtsverlagerung oder eine gegenseitige Unterstützung schwierig bzw. unmöglich ist. Nur so genannte Drehscheiben (z. B. eine Kreuzung von Tälern) erlauben die Verschiebung von Kräften und deren Ansatz entlang mehrerer Bewegungslinien. Durch diese Geländeformen entstehen klar abgegrenzte, isolierte Einsatzräume. Bäche, Schluchten und Steilstufen bewirken eine zusätzliche Teilung des Einsatzraumes.

Große Höhenunterschiede erfordern einen erhöhten Zeitaufwand für Bewegungen, setzen die Truppe größeren Strapazen aus, erhöhen den Kraftstoffverbrauch um 30 bis 50 Prozent und erschweren die Unterstützung durch schweres Flachfeuer (Richteinschränkungen bei Panzern und bei der Panzerartillerie).

Die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen wird durch die ausgeprägten Geländeformen behindert.

Steilfeuerwaffen müssen die Feuerstellungen - mit Ausnahme der Granatwerfer - entlang von Bewegungslinien im Tal wählen und sind in ihrer Wirkung durch große schusstote Räume eingeschränkt.

Geländeformen vermehren die Schatten beim Ausleuchten.

Flugzeuge werden bei der Luftnahunterstützung kanalisiert.

Einschränkungen gibt es auch beim Einsatz von Fliegerabwehrwaffen: Die 3,5-cm-Zwillingsfliegerabwehrkanone ist an Straßen gebunden; die leichte Fliegerabwehrlenkwaffe kann nur 15° (267 Strich) nach unten wirken.

Für Hubschrauber ergeben sich gute Schwebe-, Tarn- und Täuschmöglichkeiten z. B. durch die Ausnutzung des Licht- und Schattenverlaufes während des Tages.

Die Versorgung im schwierigen Gelände wird zu einer echten Herausforderung, weil ohne zusätzliche personelle Unterstützung bis zu zwei Drittel der Kampftruppen durch Versorgungsaufgaben gebunden werden können.

Tektonik

Erdbeben beeinflussen ab der Intensität VI (nach der Europäischen Makroseismischen Skala EMS-98) Soldaten, Tragtiere und technische Systeme. Durchschnittlich werden jedes Jahr weltweit 18 Hauptbeben über der Stärke VII registriert. Schwerpunktzonen liegen dort, wo einzelne tektonische Platten aneinander stoßen. Ein aktuelles Beispiel ist Afghanistan.

Intensität VI: Soldaten und Tragtiere werden erschreckt und verlieren das Gleichgewicht. An Bauwerken entstehen leichte bis mäßige Schäden. Im alpinen Gelände kommt es zu Erdrutschen, Rissen mit bis zu einem Zentimeter Breite und zu Veränderungen der Wasserführung von Quellen.

Intensität VII: Das Beben wird in Fahrzeugen bemerkt, Stellungen und Gebäude mit weniger solider Bauweise, Steinmauern und Rohrleitungen werden stark beschädigt. Im Gelände kommt es zu Erdrutschen an Fahrbahndämmen und steilen Hängen sowie zu Rissen im Wegenetz. Wasserquellen versiegen oder entstehen neu.

Intensität VIII: Soldaten und Tragtiere können in Panik geraten. Schäden entstehen auch an soliden Bauwerken wie z. B. Brücken. Im alpinen Gelände entstehen Risse von einigen Zentimetern Breite. Vielfach ändern sich die Wasserführung und der Wasserstand von Gewässern.

Intensität IX: Allgemeine Panik und gravierende Gebäude- und Straßenschäden. Im Boden entstehen Risse mit mehr als zehn Zentimetern Breite, zahlreiche Erdrutsche und Bergstürze sind die Folge.

Intensität X: Im Boden zeigen sich Risse bis zu einem Meter Breite. Aus Kanälen, Seen und Flüssen wird Wasser an Land geworfen und neue Seen entstehen. Es kommt zu großflächigen Gebäudezerstörungen; an Dämmen, Brücken usw. entstehen schwer wiegende Schäden.

Intensität XI: Allgemeine Katastrophe mit umfangreichen Veränderungen des Erdbodens durch breite Risse und Spalten in horizontaler und vertikaler Richtung. Schwere Zerstörungen entstehen selbst an den stabilsten Gebäuden. Straßen und Flugplätze werden unbrauchbar.

Intensität XII: Die Erdoberfläche wird landschaftsverändernd umgestaltet, nahezu alle Bauten werden zerstört.

Vulkanismus

Vulkane gibt es in vielen Einsatzgebieten. Aktive Vulkane können Einsätze nachhaltig beeinflussen oder sogar verhindern.

Psychologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren sind Angstzustände, hervorgerufen durch die latente Gefahr.

Gefährdung von Soldaten, Tragtieren und technischen Systemen durch pyroklastische Ströme (Gemenge aus ca. 800°C heißen Gasen, Asche und glühenden Gesteinsmassen, die mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 km/h die Hänge hinabrasen), Lavaströme, Lahare (Schlammlawinen aus geschmolzenen Eiskappen oder Gletschern, die sich mit hoher Geschwindigkeit zu Tal bewegen) und Aschesäulen, die bis zu zwölf Kilometer in die Höhe steigen können, mit darauf folgendem Steinbombardement und Aschenregen.

Beeinträchtigung der Wasserversorgung durch verseuchtes Grund- und Quellwasser (Erdgase).

Beeinflussung von Schutzmaßnahmen durch gaskontaminierte Erdmulden, Höhlen oder Schluchten.

Hydrologische (wasserkundliche) Besonderheiten

Unter den Kapiteln Meteorologie und Geologie wurden bereits einige Punkte dazu angesprochen. Darüber hinaus gibt es noch Beeinflussungen durch: Wasserführung, Wasserstand

Beeinflussung oder Behinderung der Marschbewegungen von Soldaten, Tragtieren und technischen Systemen, weil Gebirgsflüsse, Gebirgsbäche oder Gräben und Schluchten wegen fehlender Brücken, schneller Strömung oder rasch wechselnder Wasserführung, zerklüfteten Ufern und felsigem Untergrund zu ernsthaften Hindernissen werden können. Wasserläufe jedoch, die wenig bzw. kein Wasser führen, können durchaus gut befahren oder begangen werden.

Temperatur

Beeinflussung oder Behinderung der Marschbewegungen von Soldaten, Tragtieren (Furten von Gewässern bei kalten Temperaturen) und technischen Systemen. Eine tragfähige, geschlossene Eisdecke kann die Beweglichkeit und damit die Einsatzführung wesentlich verbessern.

Wasserqualität

Eine mangelhafte Wasserqualität erfordert besondere logistische Maßnahmen, um negative Einflüsse auf Mensch und Tier zu vermeiden.

Glaziologische (gletscherkundliche) Besonderheiten

Unter den Kapiteln Meteorologie, Nivalogie und Geologie wurden bereits einige Punkte dazu angesprochen. Darüber hinaus gibt es noch folgende Beeinflussungen: Psychologische und physiologische Beeinflussungen von Soldaten und Tragtieren durch die Angst vor dem unbekannten Gelände, Temperatureinflüsse usw.

Beeinflussung, Behinderung oder gar Verhinderung der Marschbewegung von Soldaten, Tragtieren und technischen Systemen durch die Art des Gletschers: Plateaugletscher z. B. eignen sich sehr gut für Marschbewegungen mit Fahrzeugen oder für Luftlandungen, während steile Hängegletscher nur nach Aufbereitung durch Spezialisten begangen werden können.

Eis und Firn lassen sich für den Stellungsbau sehr gut bearbeiten.

Bei guten Eisverhältnissen können hohe Marschgeschwindigkeiten erzielt werden.

Eisbrüche und Spalten lassen sich für Stellungssysteme, Unterstände oder für die bewegliche Einsatzführung verwenden.

Beeinflussung, Behinderung oder Verhinderung der Marschbewegungen von Soldaten, Tragtieren und technischen Systemen durch die von der Gletscherfließbewegung erzeugten Formen. Das lose Geröll der Moränen bedeutet Steinschlag- und Abrutschgefahr. Gletscherseen können schlagartig entleert werden und ganze Bewegungslinien oder Täler verwüsten (z. B. Huascaran/Peru 1962, 4 000 Tote). Das Kaschmir-Gebiet ist bekannt für seine Eislawinen, die mit hoher Geschwindigkeit (bis zu 300 km/h) zu Tal donnern.

Botanische (pflanzliche) Besonderheiten

Der maßgebliche Einfluss liegt im Bereich der Tarnung von Bewegungen bzw. von Annäherungen. Oberhalb der Wald- bzw. der Baumgrenze und der Krummholzzone sind ungesehene Bewegungen kaum möglich.

Wald- oder Buschbrände können sich unkontrolliert ausdehnen und jede Einsatzführung nachhaltig beeinflussen.

Gewisse Pflanzenarten sind beim Verzehr oder auch bereits bei Berührung hochgiftig.

Zoologische (tierische) Besonderheiten

Durch Fluchtbewegungen von Tieren, etwa von Vögeln, können Annäherungen oder Marschbewegungen verraten werden.

Gewisse Tierarten greifen unter Panik Menschen an (z. B. Schlangen) oder sehen im Menschen eine Beute (z. B. Raubkatzen). Der psychologische Einfluss auf die Truppe, sich in Gebieten zu bewegen, wo eine Konfrontation mit derartigen Tieren im Bereich des Möglichen liegt, ist dabei nicht zu unterschätzen.

Zusammenfassung

Im modernen Gefecht laufen einzelne Phasen sehr rasch und komplex ab, insbesondere beim Kampf der verbundenen Waffen. Dies erfordert bestens ausgebildete, abgehärtete und erfahrene Soldaten, entsprechende Mittel und Ressourcen sowie schnell verfügbare und genaue Beurteilungsgrundlagen. Durch die zunehmende Internationalisierung der Einsätze des Österreichischen Bundesheeres gilt es, bisher als "exotisch" eingestufte Bereiche mit einzubeziehen.

Und bei all diesen Überlegungen sind die im Beitrag erwähnten Umfeldbedingungen verstärkt zu berücksichtigen. Diese Bedingungen wirken natürlich nicht für sich allein, sondern greifen ineinander. Wind z. B. verstärkt die Kälteeinwirkung auf die Haut bei Minusgraden wesentlich. Die Auswirkungen gelten für Feind und Eigene gleichermaßen und können die eigene Einsatzführung auch durchaus positiv beeinflussen. So begünstigen z. B. Nebel und Sturm einerseits die Annäherung gebirgstauglicher Kräfte, können aber andererseits den Zusammenhang der Kräfte gefährden. Natürlich wird jeder geschickte Gegner versuchen, einige dieser Naturerscheinungen künstlich auszulösen (z. B. Lawinen) und taktisch auszunützen. Viele dieser Erscheinungen gibt es natürlich auch in anderen Regionen, aber im Gebirge oder gebirgsähnlichen Gelände wirken sie sich durch Isoliertheit und lange Versorgungswege umso schwer wiegender aus.

Neuversuch

Im Rahmen der Übung "PEACE SUMMIT 2006" wurde wieder einmal versucht, die Gebirgslage im Brigaderahmen bewusst als Teil des Führungsprozesses wahrzunehmen. Die Abstützung auf diverse zivile Einrichtungen (Lawinenwarndienste, Wetterdienste usw.) und auf den Militärwetterdienst allein sollte nicht ausreichend sein, sondern es wurde auch eine Zelle beim Brigadestab eingerichtet, die sich ausschließlich mit der Gebirgslage auseinander setzte. Ausgehend von den Standing Operating Procedures (SOP) für die Gebirgssicherheit waren die vorrangigen Ziele einerseits die Beratung der Kommandanten im Führungsverfahren und andererseits die aktive Unterstützung der Truppe im alpinen Gelände, z. B. beim Lawinensprengen, Seilbahnbau oder beim Bergen von Mannschaft und Gerät. Ein weiteres Ziel war festzustellen, ob es möglich sei, mit den im Bundesheer gängigen Verfahren eigene Gefahrenpläne usw. mit ähnlicher Qualität wie im zivilen Bereich zu erstellen.

Das Gesamtergebnis des Versuches bei "PEACE SUMMIT 2006" war überaus gut. Der Einsatz der Zelle zur Beurteilung der Gebirgslage erhöhte die Beweglichkeit der Truppe und die Handlungsfreiheit der Kommandanten maßgeblich. Entscheidend dafür war allerdings die Tatsache, dass diese Zelle ständig ihr eigenes Personal ("Fühler") im Gelände hatte und nicht nur auf Meldungen der Truppe angewiesen war. Die Qualität der selbst erstellten Gefahrenpläne war in bestimmten Bereichen ausgezeichnet (z. B. bei der Lawinenlage), in anderen Bereichen war die Abstützung auf wissenschaftliche Beratung (z. B. bei Wetter, Wasser, …) erforderlich. Es hat sich gezeigt, dass der gut aus- und fortgebildete Heeresbergführer fachlich durchaus in der Lage ist, mit Spezialisten der jeweiligen Fachgebiete (z. B. mit Geologen) zusammenzuarbeiten.

Der Neuversuch war ein Erfolg, nun muss aber in dieser Richtung kontinuierlich weitergearbeitet werden. Die Verwendung österreichischer Verbände in einem Gebirge oder gebirgsähnlichem Gelände ist in einem multinationalen Einsatz wie im Kosovo, in Bosnien oder in Afghanistan nicht auszuschließen.

Abschließende Bemerkungen

Anlässlich eines Gebirgskampfseminars der Deutschen Bundeswehr wurde folgende Definition präsentiert: "Gebirgskampf ist die Spezialisierung des infanteristischen Kampfes auf den Einsatz im zum Teil extremen Gebirgs- oder gebirgsähnlichen Gelände (Arktis/Wüste), mit großen Höhenunterschieden und/oder besonderen klimatischen Bedingungen sowie geringer oder gänzlich fehlender Infrastruktur. Der Gebirgskampf zeichnet sich durch Besonderheiten in Bezug auf Führung, Logistik und Planung aus. Es gilt, trotz Gelände- und Klimahindernissen sich schnell zu bewegen, trotz mangelnder Entfaltungsmöglichkeiten überlegen zuzuschlagen und trotz Unübersichtlichkeit überlegen zu führen. Entscheidend sind überlegene Führung, Marschtüchtigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Disziplin und vor allem physische und psychische Widerstandskraft. … Gebirgskampf erfordert daher intensive alpine Erfahrung, eine besondere Ausbildung im Einsatzgelände und Spezialausrüstung." Der österreichische Heeresbergführer, der Heeresbergführergehilfe und der Heereshochalpinist sind die Garanten dafür, dass die österreichische Gebirgstruppe ihren Weg in die Zukunft finden wird. Die in diesem Beitrag erwähnten sieben Teilbereiche der Gebirgslage sind ihr tägliches Brot. Es steht nicht das wissenschaftliche Beherrschen dieser Themen in Vordergrund, sondern das richtige Gespür für diese Erscheinungen. Sie müssen in der Lage sein, mit Spezialisten oder Wissenschaftern des jeweiligen Fachgebietes zusammenzuarbeiten und aus den Ergebnissen oder Erkenntnissen die richtigen Schlüsse für die Beratung der Kommandanten oder die Führung der ihnen anvertrauten Truppe zu ziehen.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberstleutnant Johann Gaiswinkler, Jahrgang 1961. 1980 Grundwehrdienst an der Jägerschule, 1981 bis 1984 Theresianische Militärakademie, 1984 bis 1988 Truppenverwendung beim Landwehrstammregiment 71, Lehroffizier für Panzerabwehr und Jäger an der Sperrtruppenschule, 1988 bis 1989 Lehroffizier an der Theresianischen Militärakademie, 1989 bis 1994 Ausbildungsoffizier und Kompaniekommandant beim Jägerbataillon 26, 1994 bis 2004 Lehroffizier für Qualifizierte Alpinausbildung an der Jägerschule, 2001 bis 2006 Abteilungsleiter der Lehrabteilung 3 sowie Hauptlehroffizier für Gebirgs- und Winterkampf. Heeresbergführer, Heeresschilehrer, staatlich geprüfter Berg- und Schiführer, gerichtlich beeideter Sachverständiger für Alpinistik. Auslandsverwendung: 2005 ACOS G2 bei EUFOR in der MNTF "N".

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