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Die Schmutzige Bombe

Die ideale Terrorwaffe verbreitet Furcht und Schrecken. Nicht, dass es bei ihrem Einsatz auf große Opferzahlen ankommt, es genügt schon, das Gefühl der Gefahr und des Bedroht-Seins bei möglichst vielen Menschen zu erwecken. Eine Bombe, die radioaktives Material verbreitet, bietet sich für diesen Zweck geradezu an.

Eine Schmutzige Bombe ist ein herkömmlicher Sprengkörper, der von radioaktivem Material umgeben ist und dieses bei der Detonation verstreut. Dabei ist die Detonation eine konventionelle und keine nukleare, ein Vergleich mit Atombombendetonationen oder Kernkraftwerksunfällen wäre daher falsch.

Das radioaktive Material zur Herstellung schmutziger Bomben könnte aus verschiedenen Quellen stammen, von nuklearen Waffensystemen, aus Nuklearanlagen, Forschungseinrichtungen, Kliniken oder von Industriebetrieben. Der Zugang zu derartigem Material allerdings ist schwierig. Kernwaffen und Nuklearanlagen, in denen hochwertiges radioaktives Material verwendet wird, sind im Allgemeinen bestens gesichert. Geeignetes Material wäre nur über kriminelle Mitarbeiter zu beschaffen, dies würde jedoch innerhalb kürzester Zeit bemerkt werden. Forschungseinrichtungen, Kliniken und Industriebetriebe verfügen zwar über radioaktive Substanzen, die sich jedoch nicht optimal zum Bau einer Schmutzigen Bombe eignen. Grund hiefür sind deren Konsistenz (flüssige oder umschlossene radioaktive Materialien), deren geringfügige Menge oder deren kurze, radioaktive Lebenszeit. Jemand, der diese Waffe einsetzen möchte, hat dadurch auch nur einen begrenzten Zeitraum zwischen Beschaffung und Einsatz zur Verfügung.

Die Auswirkungen einer Schmutzigen Bombe sind vor allem von zwei Faktoren abhängig. Einerseits vom Sprengkörper selbst und vom Ort seiner Detonation. Diese beiden Tatbestände bestimmen im Wesentlichen die Ausbreitung des radioaktiven Materials und dessen Gefährdungspotenzial. Im Verhältnis zur Kraft der Detonation wird das Material rund um den Detonationspunkt verteilt, und liegt dieser noch dazu in einer gewissen Höhe, kann die Verteilung noch zusätzlich durch den Wind begünstigt werden. Andererseits spielen die Beschaffenheit und Menge des radioaktiven Materials selbst noch eine wesentliche Rolle. Hier sind Aktivität und Lebenszeit (Halbwertszeit) des verwendeten Stoffes sowie dessen chemisches Verhalten bestimmend für die Wirkungen.

Wie wirkt sich eine Schmutzige Bombe auf Menschen aus? Personen, die sich im Wirkungsgebiet der Detonation aufhalten, sind in erster Linie durch die Bombendetonation selbst gefährdet. Durch die Verbreitung des radioaktiven Materials kann zusätzlich eine Strahlenbelastung durch Inkorporation (Aufnahme in den Körper durch Einatmen, Verschlucken oder über offene Wunden) gegeben sein. Durch die Verfrachtung des radioaktiven Materials, aufgrund der Detonation oder mit dem Wind kann dies zu einer Strahlenbelastung auch bei Menschen führen, die sich nicht im Wirkungsgebiet der Bombendetonation aufhalten. Diese Strahlenbelastung braucht nicht medizinisch relevant zu sein, denn die Angst vor Strahlen ist in der Bevölkerung groß - womit der höchstwahrscheinliche Moment des Einsatzes einer Schmutzigen Bombe angesprochen wird: der psychologische Effekt auf die Bevölkerung. Die schreckenseinflößende Wirkung der unsichtbaren Strahlengefahr, die noch dazu in den Medienberichten der letzten Jahre reichlich strapaziert wurde, könnte eine Massenpanikstimmung verursachen.

Ein Ziel des Terrors wäre damit erreicht: Furcht und Schrecken zu verbreiten. Doch bei aller berechtigten Furcht bleibt die Vernunft. Wenngleich es nicht schwer wäre, eine Schmutzige Bombe zu bauen, die dazugehörige Menge an radioaktivem Material ist schwer beschaffbar, die unmittelbaren Wirkungen sind berechenbar und auf einen kleinen Raum begrenzt. Gerade in Österreich wurden die Einsatzorganisationen für einen derartigen Fall vorbereitet. Es wäre nicht das erste Mal, dass die ABC-Abwehrtruppe des Österreichischen Bundesheeres mit seinen Spür- und Dekontaminationselementen für Schutz und Hilfe sorgt.

Autor: Amtsdirektor Erwin Richter, Jahrgang 1962. 1981/82 Einjährig Freiwilliger beim Landwehrstammregiment 33 in Mautern. 1985 bis 1989 Ausbildung zum ABC-Abwehroffizier; Major des Milizstandes seit 1999. Seit 1991 Mitarbeiter an der ABC-Abwehrschule in Wien. 1996 bis 1997 Zusatzfachausbildung für ABC-Abwehroffiziere am österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf. Seit 2001 Leiter des Hauptreferates 2 in der Grundlagenabteilung der ABC-Abwehrschule. Mobbeorderung als Kommandant Melde- und Auswertezentrale im Militärkommando Niederösterreich. Amtsdirektor Richter absolvierte eine Vielzahl internationaler Kurse, publizierte mehrere Facharbeiten im Bereich ABC-Abwehr und war 1994 als Biologiewaffeninspektor (UNSCOM) im Irak.

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