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Zur Lösung des Kosovo-Konfliktes

Zur Lösung des Kosovo-Konfliktes - Die Anwendung der Szenariobündelanalyse im Konfliktmanagement

Die Anwendung der Szenariobündelanalyse im Konfliktmanagement

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Die Szenariobündelanalyse  
Überlegungen und Alternativen zum Krisenmanagement in Südosteuropa und speziell im Kosovo  
Die Lageentwicklung im UNO-Protektorat Kosovo (1999-2002)  
Ziele, Befürchtungen und Anfangsoptionen der einzelnen Akteure  
Militärische Stärke und plausible Koalitionen  
Beschreibung der Szenariobündel  
Schlussfolgerungen  
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Vorwort

Abstract

Drei Jahre nach dem Ende des Kosovo-Krieges ist die politische Zukunft dieser ehemals serbischen und heute von der UNO verwalteten Provinz noch völlig offen. Während die albanische Mehrheitsbevölkerung des Kosovo die staatliche Unabhängigkeit fordert und eine Reintegration dieses Gebietes in die Union Serbien und Montenegro ablehnt, ist die Staatengemeinschaft - zumindest offiziell - nicht bereit, neue Grenzänderungen in Südosteuropa zuzulassen.

Die ungeklärte Frage des zukünftigen politischen Status des Kosovo erzeugt ein Sicherheitsvakuum, das sich auf die Stabilität des Kosovo und seiner Nachbarländer mit albanischem Bevölkerungsanteil negativ auswirkt.

Aus der Forschungskooperation von Sektionschef Hon.Prof. DDr. Erich Reiter, Beauftragter für Strategische Studien im Bundesministerium für Landesverteidigung entstand eine Publikation mit dem deutschen Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Prof. DDr. hc. mult. Reinhard Selten. Der Bonner Wirtschaftsprofessor hat 1994 als erster Deutscher zusammen mit den US-Ökonomen John F. Nash und John C. Harsanyi den Nobelpreis für die grundlegende Analyse des Gleichgewichts nicht-kooperativer Spieltheorie erhalten. In dieser Neuerscheinung werden mit Hilfe der von Selten weiterentwickelten Szenariobündelanalyse, von realen Anfangsoptionen ausgehend, mögliche Entwicklungsstränge in einem Konfliktgebiet dargestellt und analytisch ausgewertet.

Das Buch "Zur Lösung des Kosovo-Konfliktes" richtet sich an alle am Stabilisationsprozess in Südosteuropa interessierten Leser, vor allem aber an politische Entscheidungsträger, denen durch die vorliegende Analyse eine Hilfestellung bei der politischen Bewertung der aktuellen Entwicklung im Kosovo gegeben werden soll.

Inhaltsverzeichnis Vorwort der Herausgeber Reinhard Selten, Thorsten Chmura, Thomas Pitz Die Szenariobündelmethode 1. Einleitung 2. Die Szenariobündelmethode 3. Allgemeine Eigenschaften der Szenariobündelmethode 4. Akteure 5. Ziele und Befürchtungen 6. Militärische Stärke und Schutzbeziehungen 7. Plausible Koalitionen 8. Anfangsoptionen 9. Interne Ereignisse 10. Szenariobündel 11. Zusätzliche Bemerkungen zu den Zielen der Methode Erich Reiter Überlegungen und Alternativen zum Krisenmanagement in Südosteuropa und speziell im Kosovo 1. Territoriale Ordnung als Konfliktpotenzial 2. Multiethnische Konzepte als Mittel des Krisenmanagements 3. Sicherheitspolitische Bewertung der westlichen Balkanpolitik 4. Kosovo - der Luftkrieg die Statusproblematik 5. Reflexionen zur Konfliktlösung Predrag Jurekoviæ Die Lageentwicklung im UNO-Protektorat Kosovo (1999-2002) 1. Die Bedeutung des Kosovo für den regionalen Stabilisierungsprozess 2. Das internationale Protektoratsregime im Kosovo 3. Zur Entwicklung der Sicherheitslage Predrag Jurekoviæ Ziele, Befürchtungen und Anfangsoptionen der einzelnen Akteure 1. Liste der Akteure 2. Beschreibung der einzelnen Akteure Predrag Jurekoviæ, Peter Steiner Militärische Stärke und plausible Koalitionen 1. Konfliktorientierte Reihung von Akteuren nach ihrer militärischen Stärke 2. Plausible Koalitionen Predrag Jurekoviæ, Walter Feichtinger Beschreibung der Szenariobündel Szenariobündel 1 Szenariobündel 2 Szenariobündel 3 Szenariobündel 4 Szenariobündel 5 Szenariobündel 6 Szenariobündel 7 Szenariobündel 8 Erich Reiter Schlussfolgerungen Erste Folgerungen für die westliche Politik, insbesondere die der EU Zweite und dritte Folgerung für die Politik der EU Vierte Folgerung für die Politik der EU Fünfte Folgerung für die Politik der EU Anhang Karte: Minderheitengruppierungen im Kosovo Zeittafel UN-Sicherheitsratsresolution 1244 vom 10. Juni 1999 Text des provisorischen Verfassungsrahmens für das Kosovo von Mai 2001 Die Autoren und Herausgeber Vorwort der Herausgeber Die Kriege im ehemaligen Jugoslawien und der Zerfall dieses Staates haben die Gemüter der Menschen Europas stark betroffen. Diese Ereignisse haben gezeigt, wie rasch sich Situationen völlig verändern können und dass es auch in Europa selbst noch notwendig ist, sicherheitspolitische Überlegungen anzustellen, wie die Stabilität des ganzen Kontinentes und auch seines Umfeldes hergestellt und gewährleistet werden kann.

Die Politik der europäischen Länder beziehungsweise der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten von Amerika, also der Länder, die man vereinfacht gemeinhin als den "Westen" bezeichnet, gegenüber dem ehemaligen Jugoslawien und seinen Nachfolgestaaten war ursprünglich auf den Erhalt Jugoslawiens ausgerichtet und nach dessen Zerfall dann auf den Erhalt der einzelnen Teilrepubliken. Dadurch ergab sich ein spezifisches Problem für die autonome Provinz Kosovo innerhalb der Republik Serbien, die selbst wiederum Teil der Bundesrepublik Jugoslawien war und nunmehr Teil der neuen Union "Serbien und Montenegro" ist. Das Kosovo war keine Teilrepublik und konnte daher nicht selbständig werden, obwohl es etwa die gleiche Einwohnerzahl wie Mazedonien hat und wesentlich homogener ist als die anderen Gebiete im ehemaligen Jugoslawien, ausgenommen nur Slowenien. Zirka 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind Albaner, und auf Grund ihrer hohen Geburtenzahlen wird der albanische Bevölkerungsanteil noch zunehmen. Es gab Prognosen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt im Laufe dieses Jahrhunderts die Kosovo-Albaner auch innerhalb der Republik Serbien die Mehrheit darstellen würden.

Die Unterdrückungspolitik Belgrads gegenüber seinem Staatsteil Kosovo beziehungsweise den dort lebenden Albanern führte schließlich zum bewaffneten Guerillakampf der UÇK (Ushtria Çlirimtarë e Kosovës, Befreiungsarmee des Kosovo) und in der Folge zu einer militärischen und polizeilichen Operation Serbiens mit dem vermuteten Ziel der Vertreibung eines Gutteils der kosovo-albanischen Bevölkerung.

Erst in dieser ernsten Phase griff der Westen ein: Die NATO-Luftoperation ”Allied Force” im Jahre 1999 führte zu einer Beendigung der repressiven serbischen Herrschaft, zum Rückzug serbischen Militärs und serbischer Polizeikräfte sowie zur Stationierung einer von der NATO geführten Friedenstruppe (KFOR, "Kosovo Force", im militärtechnischen Übereinkommen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien beziehungsweise der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 als "International Security Force - K-For" bezeichnet). Schon neun Jahre zuvor hatten die albanischen Abgeordneten des Provinzparlamentes des Kosovo die Selbständigkeit ausgerufen. Diese war von niemandem anerkannt worden und die militärischen Auseinandersetzungen im übrigen Jugoslawien haben den Westen von der Situation im Kosovo abgelenkt. Der ursprüngliche Versuch der Kosovaren, auf friedlichem Wege zur Unabhängigkeit zu kommen, wurde in Europa ebenfalls nicht ausreichend beachtet. Erst als es zu militärischen Auseinandersetzungen im Kosovo kam, begannen die UNO und die Europäische Union mit ernsthaften Versuchen, mäßigend auf die serbische Politik einzuwirken. Alle Resolutionen, wirtschaftlichen Maßnahmen, Warnungen und Drohungen beeindruckten Belgrad aber nicht: Es verfolgte seine Politik der kulturellen Marginalisierung der Kosovo-Albaner systematisch weiter.

Die Lehre aus dem Kosovokonflikt ist die, dass es dem Westen nicht gelungen ist, die Konflikteskalation im Kosovo zu verhindern. Man hat den Kosovaren das Selbstbestimmungsrecht nicht zugestanden, um den weiteren Zerfall Serbiens beziehungsweise der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien zu verhindern. Man sah in der Erhaltung der bestehenden Staaten die wesentliche Voraussetzung für die Stabilität am Balkan. Schließlich hat man doch mit militärischen Mitteln auf Belgrad einwirken müssen, um seine Unterdrückungspolitik im Kosovo zu beenden. Hinsichtlich der Frage der Selbständigkeit des Kosovo steht man vor der gleichen Situation wie vor dem Luftkrieg gegen Serbien, und damit drängt sich die Frage auf, ob der Konflikt eigentlich gelöst ist.

In dem vorliegenden Buch werden nun die Ergebnisse einer Untersuchung dargelegt, welche Auswirkung das Verhalten der aktuell am Kosovokonflikt beteiligten Akteure in speziellen Situationen beziehungsweise bei bestimmten Ereignissen hätte. Dazu wurde die aus der Spieltheorie stammende Methode der Szenariobündelanalyse angewendet, mit deren Hilfe einfache spieltheoretische Modelle konstruiert werden können. Das ermöglicht logische und nachvollziehbare Beurteilungen über mögliche Krisen- und Konfliktabläufe.

Die Szenariobündelmethode ist ein systematisches Verfahren zur Sammlung von Expertenurteilen, aus denen einfache spieltheoretische Modelle konstruiert werden. Die so entstehenden formalen Strukturen sind im Wesentlichen nichts anderes als extensive Spiele mit vollkommener Information und können daher sehr leicht durch Rückwärtsinduktion gelöst werden. Das Hauptgewicht der Szenariobündel-methode liegt jedoch nicht auf der spieltheoretischen Analyse, sondern auf der Modellierung von Konfliktsituationen.

Die Szenariobündelmethode beruht auf der Annahme, dass sich die Akteure - Staaten oder ethnische Minderheiten - rational verhalten. Es ist jedoch nicht notwendig, von den starken Rationalitätsvoraussetzungen der bayesianischen Theorie auszugehen. Irrationales Verhalten kann auch Berücksichtigung finden, falls es hinreichend wahrscheinlich ist.

Die Szenariobündelmethode liefert Vorhersagen über mögliche Abläufe, die sich aus den Expertenurteilen logisch zwingend ergeben. Das bedeutet jedoch nicht, dass man Vorhersagegenauigkeit erwarten kann. Ein Schachspieler wird versuchen, zukünftige Züge seines Gegners zu antizipieren, aber er wird sehr häufig feststellen, dass etwas anderes geschieht, als er erwartet hat. Man kann daraus aber nicht den Schluss ziehen, dass sich die vorrausschauende Analyse nicht lohnt. Man kann nicht alle Fehler vermeiden, aber es ist wichtig, wenigstens diejenigen auszuschließen, die vermeidbar sind. Das ist der Sinn einer strategischen Analyse, wie sie von der Szenariobündelmethode angeboten wird.

Der systematische Charakter der Methode erlaubt es, den Analyseprozess transparent zu machen. Es werden Ergebnisse produziert, die nachträglich überprüfbar sind. Man erhält die Chance, aus Fehlern zu lernen.

Die Verknüpfung sicherheitspolitischer Analyse und Beurteilung mit der spieltheoretischen Szenariobündelanalyse soll eine bessere Beurteilung der sicherheitspolitischen Situation und der Auswirkungen verschiedener Handlungen oder verschiedenen Verhaltens ermöglichen. Die Veröffentlichung soll der europäischen Politik eine zusätzliche Beratung beziehungsweise Hilfestellung für die Vornahme der eigenen politischen Bewertungen ermöglichen.

Die Herausgeber bedanken sich bei allen Experten, die bei den zwei Expertentreffen in Wien vom 17. bis zum 19. April 2002 und in Reichenau an der Rax in Niederösterreich vom 31. Juli bis zum 2. August 2002 die Szenariobündelanalyse durchgeführt und zum Teil auch als Autoren an dieser Publikation mitgewirkt haben. Die Expertengruppe setzte sich großteils aus sicherheitspolitischen Analytikern aus dem österreichischen Verteidigungsministerium zusammen, die wegen ihrer langjährigen Beschäftigung mit der Konfliktentwicklung und dem Stabilisationsprozess in Südosteuropa ausgewiesene Kenner der Lage am westlichen Balkan sind und teilweise auch im Rahmen der internationalen Friedensoperationen in der Region im Einsatz waren. Es sind dies in alphabetischer Reihenfolge: Walter Feichtinger, Gustav E. Gustenau, Herwig Jedlaucnik, Predrag Jurekoviæ, Erich Reiter, Peter Steiner und Axel Wohlgemuth. Besonderer Dank gilt auch Christian Haupt, der in Sarajewo für die OSZE die politischen Entwicklungen in Südosteuropa analysiert und durch seine fachkundige Einschätzung der Lage im Kosovo sehr maßgeblich an der erfolgreichen Durchführung des zweiten Expertenseminars beteiligt war. Abschließend sei auch zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern aus dem Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung der Universität Bonn, Thorsten Chmura und Thomas Pitz, für die technische Unterstützung bei der Durchführung der Szenariobündelanalyse gedankt.

Das vorliegende Buch enthält die Ergebnisse dieser Expertenseminare. Zunächst wird die Szenariobündel-methode in einem gemeinsamen Beitrag von dem Direktor des Laboratoriums für experimentelle Wirtschaftsforschung der Universität Bonn, Reinhard Selten, sowie Thorsten Chmura und Thomas Pitz erklärt. Es folgt ein Beitrag von Erich Reiter mit grundsätzlichen Überlegungen zum westlichen Krisenmanagement in Südosteuropa im Allgemeinen und im Kosovo im Speziellen. Der anschließende Beitrag von Predrag Jurekoviæ gibt einen Überblick über die politische Entwicklung im UNO-Protektorat Kosovo seit 1999 und ist als Einstieg zur eigentlichen Fallstudie gedacht. Die Fallstudie ist analog zu den Teilschritten der Szenariobündelmethode in mehrere Einzelbeiträge gegliedert, in denen Predrag Jurekoviæ, Peter Steiner und Walter Feichtinger die Ergebnisse der Expertentreffen rekonstruieren und kommentieren sowie die notwendigen Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis bereitstellen. In einem abschließenden Beitrag zieht Erich Reiter aus der vorliegenden Szenariobündelanalyse Schlüsse für den Stabilisationsprozess im Kosovo. Der Anhang enthält eine Zeittafel und wichtige Kosovo-Dokumente sowie eine Karte mit der ethnischen Verteilung im Kosovo.

Hon.Prof. DDr. Erich Reiter Prof. DDr. h.c. mult. Reinhard Selten

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