Neue Erkenntnisse zu NS-Verbrechen in Grazer Kaserne
Graz, 10. März 2010 - Verteidigungsminister Norbert Darabos hat heute die Ergebnisse jenes Forschungsprojektes präsentiert, das seit 2008 die Kriegsverbrechen in der ehemaligen Grazer SS-Kaserne Wetzelsdorf und am Schießplatz Feliferhof untersucht hat. Unter der Leitung von Dieter Binder von der Uni Graz konnten die Forscher neue Erkenntnisse zum Schicksal der bis zu 219 Opfer gewinnen.
Ziel: restlose Klärung
"Ich habe die moralische, ethische und politische Verantwortung für die Aufarbeitung der Geschichte von militärisch genutzten Liegenschaften", erklärte dazu Minister Darabos, der das Projekt 2008 in Auftrag gegeben hatte. "Es geht hier auch um die Familien der Opfer, und wir werden nicht ruhen, bis alles geklärt ist."
Identität der Opfer
Schwergewicht der Untersuchung war daher auch, mehr über die Identität und den Verbleib der sterblichen Überreste der Opfer zu erfahren, die in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges unter anderem am Areal der heutigen Belgier-Kaserne ermordet worden waren. Die systematische Gewalt von Gestapo und Gauleitung traf dabei vor allem Widerstandskämpfer, Kriegsgefangene, KZ-Insassen, Agenten und Zwangsarbeiter, aber auch abgeschossene US-Piloten.
Verbleib der sterblichen Überreste
Insgesamt vermuten die Forscher Dieter Binder, Georg Hoffmann und Nicole-Melanie Goll 149 bis 219 Mordopfer, von denen 142 unmittelbar nach dem Krieg exhumiert wurden. Anhand von zeitgeschichtlichen Zeugenberichten und alten Luftaufnahmen der US-Armee konnte das Team nun Bombentrichter am Kasernenareal identifizieren, in denen möglicherweise die Überreste weiterer Ermordeter verscharrt wurden.
"Die notwendige Weiterverarbeitung der Kenntnisse bedarf nun einer koordinierten und gemeinsamen Vorgehensweise mit den hierfür verantwortlichen Ministerien wie Innen-, Außen- und Justizministerium", betonte Darabos. Außerdem leiten die Historiker aus den vorliegenden Ergebnissen ab, dass sich zwei an den damaligen Verbrechen maßgeblich beteiligte Täter, die möglicherweise noch am Leben sein könnten, über Deutschland abgesetzt haben.
Aufarbeiten der Vergangenheit
Seit seiner Gründung setzt sich das Bundesheer auch intensiv mit der Vergangenheit der österreichischen Streitkräfte auseinander. Eines der wichtigsten Anliegen für das Heer von heute ist es, jene Epoche aufzuarbeiten, in der es in Österreich gar kein Bundesheer gab: Die leidvolle Zeit der NS-Diktatur.