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Wiener Miliz: Kommandanten im Interview

30. April 2020 - 

Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik werden Teile der Miliz aufgeboten. Welche Wiener Einheiten werden am 4. Mai einrücken und welche Aufgaben werden sie übernehmen? Diesen und ähnlichen Fragen standen der Militärkommandant von Wien, Brigadier Kurt Wagner, und die Kommandanten der beiden Miliz-Jägerkompanien, Hauptmann Kevork Asvazadurian von der 2. Jägerkompanie und Hauptmann Eric Lang von der 1. Jägerkompanie, in einem Telekonferenz-Interview Rede und Antwort.

Zwei Miliz-Bataillone

Dem Militärkommando Wien unterstehen zwei Miliz-Jägerbataillone. Das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" und das Jägerbataillon Wien 2 "Maria Theresia". Von beiden Bataillonen wird jeweils eine Kompanie in der Stärke von ca. 180 Soldaten einberufen.

Die 2. Kompanie des Jägerbataillons Wien 1 übernimmt die Bewachung von Botschaften und internationalen Institutionen. Die 1. Kompanie des Jägerbataillons Wien 2 ist für die Grenzraumüberwachung im Rahmen eines sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes im Burgenland vorgesehen.

Das Interview

Lässt die Teilaufbietung der Miliz Ihr Herz höher schlagen?

Brigadier Kurt Wagner: Für mich als Soldat war immer klar, dass wir für einen Einsatz ausbilden. Um Einsatzaufgaben zu erfüllen, gibt es präsente Kräfte und die Miliz. Eine Aufbietung dieser Milizkräfte war für mich immer eine Angelegenheit, die es durchzudenken gilt und die eines Tages kommen wird. Dieser Moment ist jetzt gekommen.

Hauptmann Eric Lang: Natürlich! Ich hätte damit nicht gerechnet. Ich freue mich unter Anführungszeichen, dass es unter diesen Umständen zu einem Einsatz der Miliz kommt. Für Einsätze dieser Art wurden wir ausgebildet. Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir unserer Bevölkerung Hilfe leisten können.

Hauptmann Kevork Asvazadurian: Für mich ist es wichtig, dass das Bundesheer jetzt die Möglichkeit hat, die Miliz in den Einsatz zu schicken, damit die jahrelangen Vorbereitungen nun effektiv werden. Der wichtigste Aspekt ist, dass wir mit unserer Unterstützung der österreichischen Bevölkerung helfen können.

Die Wiener Miliz wird in diesem Einsatz Botschaften und internationale Institutionen in der Bundeshauptstadt bewachen. Warum macht das nicht die Polizei?

Brigadier Wagner: In der Regel übernimmt die Polizei diese Aufgaben. Bei zusätzlichen Aufgaben, wie zum Beispiel einem Einsatz im Rahmen der aktuellen Coronakrise, kann die Polizei das Bundesheer um Assistenz ersuchen. Dieses Ersuchen gab es bereits 2016 im Zuge der Flüchtlingskrise. Damals haben wir für zweieinhalb Jahre die Botschaftsbewachung in Wien übernommen. Aktuell wurde wieder ein Ersuchen der Landespolizeidirektion Wien über das Innenministerium an uns gestellt. Wir haben nun den Auftrag erhalten, wieder einen Teil der Botschaften zu überwachen. Die Übernahme der zu bewachenden Objekte wurde bereits Mitte März durchgeführt.

Bislang wurde diese Bewachung durch Kräfte der Militärpolizei durchgeführt. Jetzt soll für diese Aufgabe die Miliz zum Einsatz kommen. Warum wird die Militärpolizei durch die Miliz abgelöst? Ist die Miliz für diese Aufgabe optimal ausgebildet?

Brigadier Wagner: Wir haben die Bewachung der Schutzobjekte mit der Militärpolizei begonnen. Diese Einheit verfügt über die Ausbildung und die Erfahrung für solche Einsätze. Die Militärpolizei stand bereit und konnte sofort mit der Aufgabe beginnen. Die Militärpolizei hat aber auch andere Aufgaben. Daher wurden sie bereits routinemäßig abgelöst. Zwischenzeitlich ist mit einer Gardekompanie der dritte Turnus im Einsatz. Selbstverständlich steht für diese Aufgabe auch die Miliz zur Verfügung. Die Wiener Miliz ist von unseren grundsätzlichen Überlegungen heraus vorgesehen, Objekte zu bewachen. Die Aufgabe der Bewachung von Botschaften ist eine ureigene Aufgabe, die das Militär und im Besonderen die Miliz sehr gut kann. Vor Übernahme dieser Aufgabe gibt es für die Miliz eine gemeinsame Ausbildung und Schulung mit der Landespolizeidirektion Wien, dem Militärkommando Wien und der Garde. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Einsatz optimal verlaufen wird.

Weltweit wird in den Medien von Politikern vom Kampf gegen das Coronavirus gesprochen. Es werden Phrasen, wie "Wir befinden uns im Krieg", oder "Wir haben einen unsichtbaren Feind" verwendet. Die Bevölkerung in Wien ist mit bewaffneten Soldaten konfrontiert. Wie können Sie den Wienerinnen und Wienern die Angst nehmen?

Brigadier Wagner: Wir befinden uns im tiefsten Frieden. Die Coronakrise betrifft uns aber alle und schränkt uns ein. Die Bevölkerung hat keinen Grund, sich vor dem Bundesheer zu fürchten. Im Gegenteil – und das hat schon die Botschaftsbewachung von 2016 bis 2018 gezeigt: Ich denke, wir wurden von der Bevölkerung sehr gut aufgenommen. Die Bevölkerung hat den damaligen Einsatz als Steigerung des Sicherheitsgefühls gesehen. Die eingesetzten Soldaten hatten ein positives Erscheinungsbild in der Bevölkerung. Obwohl wir wie die Polizei mit einer Pistole bewaffnet vor den einzelnen Objekten stehen.

Welche Ausbildung müssen die Soldaten absolvieren?

Brigadier Wagner: Die Ausbildung für die Milizsoldaten beginnt nächste Woche. Es gibt eine entsprechende Schulung in rechtlicher Hinsicht. Ein Training mit den Waffen, inklusive Scharfschießen. Eine Besonderheit ist das Szenarientraining – bei dieser Form des Trainings werden bestimmte Situationen nachgespielt, die auf einen Soldaten beim Objektschutz zukommen könnten. Dies sind Herausforderungen, bei denen man sich im Nahkampf bewähren kann.

Untersteht das Wiener Militär bei diesem Einsatz der Polizei?

Brigadier Wagner: Die eingesetzten Soldaten erfüllen Aufträge für die Polizei und fachlich zuständig ist die Polizei. Dienstrechtlich unterstehen sie dem Bundesheer.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Wiener Polizei?

Brigadier Wagner: Wir haben eine enge und ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Polizei. Das betrifft sowohl das Militärkommando Wien als auch die Landespolizeidirektion Wien bis hin zu den Polizeiinspektionen in den Bezirken. Bei den Einsätzen im Rahmen der Botschaftsbewachung und bei den alternierend stattfindenden "Netzwerk"-Objektschutzübungen, wie etwa 2014 beim Tanklager im Ölhafen Lobau, in den vergangenen Jahren zeigt sich die gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Es gehört zu unserem Training dazu, dass wir gemeinsam mit der Polizei bestimmte Objekte erkunden und bewachen.

Hauptmann Asvazadurian: Wir haben einen guten Zugang zur Polizei. Es gibt einen gegenseitigen Respekt. In der Vergangenheit gab es viele gemeinsame Übungen mit der Polizei.

Was ist aus Ihrer Sicht das Schwierigste in diesem Einsatz?

Hauptmann Lang: Meine Kompanie wird im Burgenland eine Kompanie der Garde ablösen, um dort einen sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz zu leisten. Für die Soldaten des Jägerbataillons Wien 2 findet die Einsatzvorbereitung in der Dauer von zwei Wochen in Allentsteig statt. Wir werden uns für unseren Auftrag bezüglich Grenzüberwachung dementsprechend vorbereiten. Das Schwierigste könnte eventuell die weite Ausdehnung des Verantwortungsbereiches im sogenannten "Abschnitt Nord" sein. Der Kompaniegefechtstand befindet sich in Bruckneudorf. Ja, die große Distanz zwischen meinen Soldaten könnte zur Herausforderung werden.

Hauptmann Asvazadurian: Ich sehe eigentlich keine Schwierigkeiten. Wir sind gut ausgebildet und hoch motiviert. Wir haben jahrelang für einen Einsatz trainiert. Jetzt haben wir die Möglichkeit, uns zu bewähren.

Übt die Miliz regelmäßig?

Hauptmann Asvazadurian: Das Bataillon übt alle zwei Jahre für zwei Wochen. Zwischen den Jahren gibt es Sonderwaffenübungen. Es finden laufend Kurse und Seminare für die Milizsoldaten statt. Viele meiner Kameraden sind vielseitig im In- und Ausland tätig. Wir haben für so einen Einsatz jahrelang trainiert. Dafür ist eine Miliz da. Das ist unser zweiter Beruf.

Das Bundesheer ist aufgrund seiner vielfältigen Aufgaben in der Coronazeit in den Medien aktiv hervorgetreten. Welche Aufgaben können Soldaten noch übernehmen?

Brigadier Wagner: Wenn Sicherheits- und Gesundheitsbehörden ausgelastet sind, können sie das Bundesheer um Assistenz anfordern. Wir erbringen auch Unterstützungsleistungen, sofern wir ausreichend Kräfte zur Verfügung haben, wie zum Beispiel Hilfeleistungen in einem Pharmakonzern im März durch die Baupioniere des Militärkommandos Wien. Diese Leistungen müssen finanziell abgegolten werden.

Abschließend ein letztes Statement?

Brigadier Wagner: Man kann sich vor allem auch in schwierigen Zeiten auf das Bundesheer verlassen. Wir unterstützen die Behörden mit allen Kräften und Möglichkeiten, die wir haben. Um effizient helfen zu können, benötigen wir für das Bundesheer eine entsprechende Ausstattung, auch in finanzieller Hinsicht. Je mehr man in das Bundesheer investiert, desto mehr bekommt die Bevölkerung wieder zurück.

Die Kommandanten beim Video-Interview. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Die Kommandanten beim Video-Interview.

V.l.: Hauptmann Asvazadurian, Brigadier Wager, Hauptmann Lang. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

V.l.: Hauptmann Asvazadurian, Brigadier Wager, Hauptmann Lang.

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