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Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts im Balkanraum

erschienen in der Publikation "Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik 2000" (ISBN: 3-8132-0711-0) - Dezember 2000

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Abstract:

Bis zum "Jahr der Wende" 1989 ging die Völkerrechtslehre mehrheitlich davon aus, daß einem "Volk" eine sezessionistische Neustaatsbildung unter Berufung auf ein "externes" Selbstbestimmungsrecht (SBR) nur im "kolonialen Kontext" möglich sei. Im Gegensatz dazu mußten sich "Völker" im "nicht-kolonialen", d.h. z.B. im europäischen Kontext, mit dem "internen" SBR begnügen, das in der Gewährung einer (bloßen) Territorial- oder Personalautonomie innerhalb des jeweiligen Staates bestand. Der Zerfall der UdSSR, vor allem aber der Bürgerkrieg in Jugoslawien ab März 1991, brachte diesbezüglich aber einen Paradigmenwechsel, erfolgten diese Prozesse doch zum einen im "nicht-kolonialen" Kontext und zum anderen unter Berufung auf ein "externes", sezessionistisches SBR.

Während der Zerfall der "Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien" (SFRJ) seitens der (Teil-) Republiken als Fall einer "Dismembration" gesehen wurde, ging das "Zerfallsprodukt" "Bundesrepublik Jugoslawien" (BRJ) von einem Prozeß fortgesetzter "Sezessionen" aus und betrachtete sich selbst als mit der SFRJ nach wie vor identisch. Es setzte sich die Rechtsansicht einer "dismembratio" der SFRJ durch, was konsequenterweise zu einem Staatsuntergang der SFRJ und zur Neustaatsbildung aller ehemaligen (Teil-) Republiken - und damit auch der BRJ - führte. Neben den (Teil-)Republiken der SFRJ "als solchen" erhoben aber auch in diesen ansässige ethnische Gruppen bzw. Minderheiten Anspruch auf Wahrnehmung des "externen" SBR. Am 23. März 1999 intervenierte die NATO militärisch in der BRJ, aber erst Anfang Juni 1999 lenkte Milosevic ein und unterzeichnete den internationalen Friedensplan.

Auf dem Boden des gegenwärtigen positivierten Völkerrechts kann die Militäroperation der NATO nur als rechtswidrig angesehen werden. Die NATO selbst qualifizierte ihr Vorgehen als "humanitäre Intervention", ohne dafür aber eine eindeutige Rechtsgrundlage angeben zu können. Für den überwiegenden Teil der Lehre kann das an sich rechtswidrige Handeln der NATO aber entweder gerechtfertigt oder entschuldigt werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß es sich dabei um den Fall der Herausbildung eines (derogierenden) Gewohnheitsrechts aufgrund einer Änderung der "opinio iuris" der Staatengemeinschaft handelt.

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