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Vorwort des Herausgebers

erschienen in der Publikation "Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik 2004" - Dezember 2004

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Abstract:

Vorwort des Herausgebers


Das Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik 2004 will zur Weiterentwicklung der sicherheitspolitischen Diskussion über wichtige geopolitische, strategische, militärische und andere sicherheitsrelevante Fragen im internationalen Kontext und im europäischen Geist beitragen. Dazu werden bedeutsame globale Trends und Konfliktpotenziale in 50 inhaltlich aufeinander abgestimmten Themenbeiträgen international anerkannter Fachleute analysiert.

Aus der Perspektive einer proaktiven Sicherheitspolitik geht es in einem allgemeinen ersten Teil um brennende Fragen wie die nach dem Verfall der anthropologischen und historischen Grundvoraussetzungen des ius in bello (Dan Diner), der wachsenden Tendenz, sicherheitspolitische Interessen durch Rückgriff auf militärische Mittel durchzusetzen (Curt Gasteyger), dem Krieg als Mittel der Politik generell (Dieter Ruloff), den Herausforderungen des zweiten Nuklearzeitalters (Paul Bracken) und den Hintergründen der Diskussion um vorbeugende Verteidigung, also die umstrittenen preemptive strikes (Karl-Heinz Kamp). Größerer Platz wurde Heinrich Schneider eingeräumt, um über die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vor dem Hintergrund ihrer wechselvollen Geschichte zu berichten.

Walter Laqueur eröffnet den Abschnitt über den Krieg gegen den Terrorismus mit einem Beitrag über Reaktionsoptionen auf einen seiner Meinung nach durchaus wahrscheinlichen terroristischen Angriff mit Massenvernichtungswaffen, in dem er auch die Wichtigkeit der strategischen Planung für einen solchen Fall argumentiert. Nach einer theoretischen Qualifikation des Terrorismus als neue Ermattungsstrategie, gegen die die Entwicklung heroischer Gelassenheit die erste Verteidigungslinie bildet (Herfried Münkler), geht es konkret um das Verhältnis von Globalisierung und politischem Islam (Mehdi Parvizi Amineh), den internationalen Djihad-Terrorismus (Berndt Georg Thamm), die Quellen der Macht von Al-Qaida (Katharina von Knop) und die Risiken und Dilemmata des westlichen Afghanistan-Engagements (Johannes Reissner).

Krisenfaktoren für eine zukünftige Handlungsfähigkeit der Europäischen Union (Josef Janning) und Probleme der Entwicklung der Europäischen Sicherheitspolitik (Erich Reiter) werden zu Beginn des Kapitels über Europa und die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) angesprochen. Dem folgen Beiträge zur ESVP- und NATO-Entwicklung aus britischer Sicht (Emil J. Kirchner), zur Bedeutung des deutschen Vertrauensverhältnisses zu Washington (Arnulf Baring), zur Streitkräftetransformation aus der Perspektive von Kleinstaaten (Rob de Wijk) und ein Vorschlag für ein EU-Krisenmanagement durch Beitrittsperspektive für das Kosovo (Friedhelm Frischenschlager). Grenzen der Lösungskompetenz Brüssels zeigt ein Beitrag über den Konflikt in Transnistrien (Arad Benkö, Martin Malek). Zwei Aufsätze thematisieren den sehr kontroversiell diskutierten möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union: Egon Kapellari plädiert vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung über einen möglichen europäischen Islam aus katholisch-kirchlicher Sicht für ein anderes Modell, etwa ein Assoziationsmodell als Alternative zum derzeitigen Integrationsmodell der EU. Lothar Rühl fragt in seinem ausführlicher gefassten ersten Beitrag dagegen nach den geopolitischen und strategischen Parametern einer europäischen Sicherheitspartnerschaft mit der Türkei.

Im Abschnitt über die Region Greater Middle East geht es um Zukunftsszenarien für den israelisch-palästinensischen Konflikt im 21. Jahrhundert (Babak Khalatbari), die einschlägige transatlantische Debatte und die Erfahrungen des Barcelona-Prozesses (Muriel Asseburg) und Überlegungen zur Sicherheit Israels (Yossi Beilin). Nur aus einer Perspektive vor den Präsidentschaftswahlen vom 9. Oktober 2004 war eine Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan möglich. Während für Mostafa Danesch keine Friedensentwicklung absehbar ist, setzen Conrad Schetter und Susanne Schmeidl auf eine langfristige Strategie der Befriedung von unten mit einer Stärkung von - auch traditionellen - zivilgesellschaftlichen Strukturen sowie der Einbindung moderater religiöser Kräfte. Schließlich widmet sich Oliver Thränert den Motiven und Herausforderungen des iranischen Nuklearprogramms.

Dass die Vereinigten Staaten für die neuen Herausforderungen auf absehbare Zeit besser gerüstet scheinen als das heterogene EU-Europa, betont Hansrudolf Kamer im Kapitel über das transatlantische Verhältnis und die NATO. Analysen der europäischen Sicherheitspolitik aus amerikanischer Sicht (John C. Kornblum), der Unterschiede und Gemeinsamkeiten amerikanischer und europäischer Bedrohungswahrnehmungen, Sicherheitsstrategien und Reaktionen (Otfried Nassauer), der auch unter den fundamental veränderten Bedingungen seit 1991 längerfristigen strategischen und politischen Aufgaben einer NATO, die sich von einer reinen Defensiv-Allianz zu einer Interventions-Allianz wandelt (Lothar Rühl in seinem zweiten Beitrag), der Auswirkungen der NATO Response Force, insbesondere ihres Beitrages zur Verbesserung der militärischen Handlungsoptionen der EU (Norbert Eitelhuber), aber auch der Probleme der Allianz angesichts des Irak-Krieges (Peter Schmidt) runden das Bild ab.

Eine Bestandsaufnahme der russisch-amerikanischen Beziehungen (Andrei Zagorski) und eine Analyse der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Russlands in der zweiten Amtszeit Wladimir Putins (Manfred Schünemann) eröffnen den Abschnitt über Russland und die GUS. Spezialisiertere Beiträge thematisieren Russlands Umgang mit dem politischen Islam (Ludmilla Lobova), geopolitische Determinanten der ethnischen beziehungsweise separatistischen Konflikte im Südkaukasus (Emil Souleimanov) und Faktoren fragiler Staatlichkeit und schlechter Regierungsführung in der Kaukasusregion (Uwe Halbach).

Im Kapitel Ost- und Südostasien werden das Entstehen eines neuen Mächtedreiecks China-Indien-USA in Asien (Heinrich Kreft), die ernsthafte Gefährdung der Sicherheit und Stabilität Ostasiens durch die seit März 2004 wieder einmal verschärften Beziehungen zwischen China und Taiwan (Tang Shaocheng) und die Vorstöße einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das 1989 verhängte EU-Waffenembargo gegen China aufzuheben (Gudrun Wacker), angesprochen. Wegen der keineswegs nur theoretischen Gefahr eines Nuklearkrieges in Südasien geht es auch um die indische Sicherheitsperzeption und Nuklearstrategie (Klaus Voll) sowie um die Erfolgschancen der gegenwärtigen indischen Friedenspolitik gegenüber Pakistan (Dietmar Rothermund).

Bemerkenswert sind die Überlegungen von Rahul Peter Das zu einer Dreierallianz zwischen Indien, Israel und der Türkei, die es den USA unter anderem erlauben würde, einen cordon sanitaire um den Nahen Osten zu legen und gleichzeitig russische und chinesische Einflussnahme einzudämmen. Zuletzt untersucht Patrick Köllner die Außenbeziehungen und die Außenseiterrolle Nordkoreas in einer zunehmend vernetzten Region.

Im abschließenden Abschnitt über Afrika, eine Großregion, für deren Probleme sich sowohl die USA als auch Europa zunehmend interessieren, werden die Krise des Staates sowie die Privatisierung und Eskalation der Gewalt angesprochen: das Versagen staatlicher Strukturen in Afrika südlich der Sahara (Helmut Strizek), die idealtypisch als Kriegsherren, Bosse krimineller Banden und Rebellen kategorisierbaren nicht-staatlichen Gewaltakteure (Stefan Mair), der Staatszerfall in Somalia und seine Auswirkungen (Ken Menkhaus), die Chancen der Versöhnung nach Völkermorden und Massakern (Stefan Ehlert) sowie die Verlagerung des Konfliktgeschehens vom Süden in den Westen des Sudan (Kristina Bergmann).

Wie auch die bisher im Verlag E.S. Mittler & Sohn erschienenen Jahrbücher für internationale Sicherheitspolitik 1999 bis 2003 und das diesen vorausgegangene im Verlag Styria erschienene Österreichische Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik 1997 richtet sich dieser Sammelband gleichermaßen an Fachleute, politische und militärische Entscheidungsträger sowie an die interessierte Öffentlichkeit.

Erich Reiter

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