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Nur noch 24 Stunden

18. Jänner 2006 - 

Hermon Base, Donnerstag, Tiefer Winter auf fast 3.000 m Seehöhe.

In einem Erlebnisbericht schildert der Kommandounteroffizier der 1. Kompanie, Siegfried Wolf, wie schwierig es ist, Soldaten die auf Heimaturlaub fahren, vom höchsten UN-Stützpunkt der Welt, dem Herman Hotel, ins Tal zu bringen. Eisige Temperaturen und Schneestürme machen den Transport zur Position 12 zu einem problematischen Unterfangen das die Soldaten um den erwarteten Urlaub zu Hause bangen lässt.

7:45 Uhr "Morning Briefing": Noch 24 Stunden Zeit

Der Kompaniekommandant der Edelweißkompanie hat sein Kader zum täglichen "morning-briefing" versammelt. Die größte Problematik ist heute der Transport der Urlauber von Hermon Hotel, 2814m, in das Tal zu Position 12. Bis Freitag 8:00 Uhr müssen alle bei der Position 12 abfahrbereit für den Zubringerbus zum Flughafen nach Damaskus sein. Seit gestern Abend erlebt die Kompanie einen Wettersturz. Die ganze Nacht hindurch Schneefall, Windgeschwindigkeiten um die 180 Km/h und sehr starke Schneeverwehungen. Akute Lawinengefahr ist nicht auszuschließen. Der Kommandant kommt zum Entschluss, dass die erste Erkundungsfahrt und gleichzeitig die Räumung der Straßen um 18:00 Uhr stattfinden wird. In der Nacht sind die Sichtverhältnisse besser. Die weißen Konturen des Geländes heben sich vom schwarzen Himmel leichter ab. Am Tag wird das Orientieren durch Nebel und Schneesturm fast unmöglich gemacht.

18:00 Uhr: Noch 14 Stunden bis zur Abfahrt

Auf Befehl des Kompaniekommandanten beginnen zwei Pistenbullys gleichzeitig mit der Räumung der Straßen im Gebirge. Einen der roten Bullys pilotiert der Kommandant selbst. Er will die schmale, gefährliche Straße in das Tal zur Position 12 freiräumen. Der zweite Pistenbully wird durch den erfahrensten Kraftfahrer der Kompanie besetzt. Wachtmeister Falkner soll sich zu den Urlaubern Richtung Hermon Hotel durchkämpfen. Zur Unterstützung der Pistenbullyfahrer werden Beifahrer eingeteilt.

Der Schneefall und der Wind haben kaum nachgelassen und sind so stark, dass die Scheibenwischer Mühe haben, den gefrierenden Schnee von den Scheiben zu befördern. Außentemperatur: -5 Grad, durch starken Wind wirkt dies wie mindestens -20 Grad, Innentemperatur im Bully: 25 Grad. Die Heizung ist voll aufgedreht. Ein Funkspruch durch Bordfunkanlage beruhigt die Wartenden auf Hermon Hotel. "Reporting Point 203 passiert". Die Hälfte der Strecke bis auf Hermon Hotel hat ein Pistenbully bereits bezwungen. Der zweite Pistenbully befindet sich unterhalb der "Alten Bullygarage". Seit der Abfahrt von Hermon Base konnte die Straße nur bis auf Höhe des "Seilwindenhauses" vom Schnee befreit werden.

19:00 Uhr: Noch 13 Stunden bis zur Abfahrt

Orientieren können sich die Räumteams nur mittels der sieben Meter hohen Schneestangen. Diese wurden im Sommer jeweils links und rechts des Weges gesetzt. Der Bully des Kommpaniekommandanten schiebt auf der Fahrt Richtung Position 12 den schweren Schnee walzenförmig vorwärts, zur Seite den steilen Hang hinunter, fährt danach rückwärts und wieder nach vor. Das geschieht ungefähr 30 Mal auf 200 Metern und die Schaukelbewegungen im Inneren des Fahrzeuges sind vergleichbar mit der Fahrt auf einer Hochschaubahn! In kurzen Abständen muss das Seitenfenster immer wieder wegen der Orientierungsschwierigkeiten geöffnet werden. Über Funk wird in kurzen Abständen eine Lage-Information an die Zentrale weitergegeben. Bedrohlich erscheinen die meterhohen Schneemassen am Steilhang. Der Kompaniekommandant prüft mit kritischem Blick einen lawinengefährdeten Hang. Entschluss: "Abbruch der Schneeräumung wegen Lawinengefahr und Einrücken". Mittlerweile hat sich der Bully UN 4982 bis auf Hermon Hotel durchgekämpft. Er bringt die Soldaten noch heute bis auf Hermon Base, wo sie eine Schlafmöglichkeit zugewiesen bekommen.

22:00 Uhr: Noch 10 Stunden bis zur Abfahrt

Beide Pistenbullys werden in der Garage auf Hermon Base eingestellt und aufgetankt. Bei wärmenden Tee und einer Jause wird die weitere Vorgangsweise besprochen. Was sagt der Wetterbericht? Wann wird der Wind schwächer und damit die Sicht besser? Der Schneefall sollte nach Mitternacht aufhören. Wetterbesserung für die nächsten Tage wurde angesagt. Die Sonne soll wieder scheinen und die Temperaturen ansteigen. Entscheidung: "Um 1:00 Uhr soll der nächste Versuch gestartet werden." Die Urlauber und "60 hours"-Soldaten haben inzwischen auf Hermon Base die Abmarschbereitschaft für eine mögliche Abfahrt Richtung Position 12 hergestellt. Enttäuschte Gesichter bei jedem Einzelnen, als der Kompaniekommandant bekannt gibt, dass derzeit ein Transport unmöglich ist und ein weiterer Versuch der Schneeräumung nach Mitternacht gestartet wird.

Einige Soldaten rauchen noch eine Zigarette und diskutieren heftig, welche Möglichkeiten sie noch haben, um rechtzeitig den Zubringerbus um 8:00 Uhr zu erreichen. Die Abfahrt mit Schiern über die Bullyrinne? Per pedes mit den Schneeschuhen - gesichert an einem Seil?

1:00 Uhr: Noch 7 Stunden bis zur Abfahrt

Leichte Wetterbesserung. Der Schneefall wird geringer, der Wind ist aber noch zu stark. Die erforderliche Sicht noch zu gering. Warten, Warten, Warten.... Endlich, nach drei Stunden hat auch der Wind aufgehört. Draußen vor der Tür von Hermon Base herrscht klares Wetter. Man kann sogar die Sterne wieder sehen. Der Kompaniekommandant und Wachtmeister Herbert Falkner starten um 4:00 Uhr die Pistenbullys. Die Schneeräumung Richtung Position 12 beginnt.

4:00 Uhr: Noch 4 Stunden bis zur Abfahrt

Vom Motorengeräusch aufgeweckt versammeln sich die Urlauber im Bereich der Zentrale. Sie lauschen gespannt den mittels Funk durchgegebenen Standorten der Pistenbullys. Wie ist jetzt die Situation? Kann die kritische Stelle heute passiert werden? Wenn nicht, verfällt das Flug-Ticket? Was ist mit dem geplanten Urlaub? Immer wieder wird auf die Uhr geblickt. Reportingpoint "Unfallkurve" erreicht. Leichtes Aufatmen bei den Urlaubern. Noch ein weiterer lawinengefährlicher Abschnitt ist durch die Pistenbullys zu räumen. Auf den Kompaniekommandanten ist sicher Verlass. Er wird "seine" Urlauber nicht enttäuschen.

6:00 Uhr: Noch 2 Stunden bis zur Abfahrt

Endlich, um 6:00 Uhr kommt der erlösende Funkspruch des Kommpaniekomandanten: "Die Straße ist geräumt, der dritte Pistenbully kann die Urlauber zur Position 12 bringen!" Erleichterung und frohe Gesichter bei den wartenden Soldaten. Rasch wird das Gepäck aufgeladen und ab geht die Fahrt zur Position 12. Um 7:00 Uhr sind alle Urlauber rechtzeitig im Tal. Von dort werden sie mit einem Toyota Landcruiser ins Camp zum Zubringerbus für den Flughafen Damaskus transportiert.

Eine Stunde später sind alle Bullys samt den Besatzungen auf Hermon Base retour. Der Koch hat inzwischen ein kräftigendes Frühstück vorbereitet. Durch gemeinsame Anstrengungen der Soldaten am Berg konnte die Abfahrtszeit eingehalten werden, denn die AUA am Flughafen Damaskus wartet auf keinen.

Vizeleutnant Siegfried Wolf

Pistenbully auf dem Weg zum nächtlichen Räumdienst. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Pistenbully auf dem Weg zum nächtlichen Räumdienst.

Schneeräumen bei so gut wie jedem Wetter. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Schneeräumen bei so gut wie jedem Wetter.

Wo ist der Weg? (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Wo ist der Weg?

Räumen selbst bei Nebel. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Räumen selbst bei Nebel.

Wachposten-Turm in Eis und Schnee. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Wachposten-Turm in Eis und Schnee.

Hermon Base im Schnee. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Hermon Base im Schnee.

Das Schneeschild kämpft sich dur den Schnee. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Das Schneeschild kämpft sich dur den Schnee.

Zur Erleichterung der Soldaten: Im Tal angekommen. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Zur Erleichterung der Soldaten: Im Tal angekommen.

Nach langem Bangen: Endlich angekommen. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Nach langem Bangen: Endlich angekommen.

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