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Berufsethisches Fortbildungsseminar an der Heeresunteroffiziersakademie vom 9. bis 11. November 2005

29. August 2005 - 

Die Heeresunteroffiziersakademie führt heuer zum sechsten Mal ein berufsethisches Fortbildungsseminar durch, das sich an alle Bildungsinteressierten des Bundesheeres, vorrangig an höhere Unteroffiziere, richtet. Das Thema des diesjährigen Seminars lautet: "Vorstellungen von Gut und Böse ... und wie sie unser Denken und Handeln beeinflussen". Mit dieser Veranstaltung will die Akademie in bewährter Form eine möglichst spannende interdisziplinäre Behandlung einer ethischen Fragestellung bieten.

Folgende Referenten konnten mit ersten Ideen, die sich bis zum Beginn des Seminars noch entwickeln werden, für die Veranstaltung gewonnen werden:

Major Andreas Kastberger (Heeresunteroffiziersakademie): "Konstruktivismus - wie wirklich ist die Wirklichkeit?"

Der Vortrag, dessen Überschrift sich von einem Buchtitel von Paul Watzlawick ableitet, soll eine Einleitung in die Vorstellungswelt des Menschen bieten, die letztlich Bewertungen wie "gut" oder "böse" nie völlig objektiv zuzulassen scheint. Konstruktivismus ist die Bezeichnung für die philosophische Theorie von der Subjektivität des Wissens. In der radikalen Denkvariante leugnen Konstruktivisten überhaupt die Existenz einer objektiven Wirklichkeit. Es soll anhand eines kurzen Überblicks und ausgewählter Beispiele aus der politischen Philosophie gezeigt werden, wie sich das Denken in unserem Kulturkreis rund um Sein und Schein von der Antike beginnend bis in die heutige Zeit entwickelte.

Dr. Hans Königslehner (Berufspädagogische Akademie des Bundes, Linz): "Emotionale Führung - Machterwerb durch Machtverzicht?!"

Gute Führungskräfte, ob Lehrer, Manager oder sonstige Vorgesetzte, sind nicht Techniker der Macht, sondern vor allem Virtuosen des Beziehungsmanagements. Sie schaffen ein Klima, in dem Ideen wachsen, fördern Teamgeist und Visionen, verstehen ihre Mitarbeiter oder Schüler und strahlen bei aller Verantwortung große Offenheit und Zuversicht aus. Zahlreiche Studien beweisen, dass Führungskräfte mit emotionaler Kompetenz besser in der Lage sind, ein vertrauensvolles und anregendes Klima zu schaffen. Fünf emotionale Kompetenzen sind maßgebend:

  • Selbstbewusstheit - Gemeint ist ein tiefes Verständnis für seine Gefühle, Stärken und Schwächen, Bedürfnisse und Motive.
  • Selbststeuerung - Biologische Impulse steuern unsere Gefühle. Wir können sie nicht ausschalten, aber viel tun, um sie zu kontrollieren. Emotional intelligente Menschen können vor allem ihre negativen Gefühle kontrollieren.
  • Motivation - Menschen mit hohem Führungspotenzial sind intrinsisch motiviert. Diese Personen können sich selbst motivieren und immer wieder Leistungsbereitschaft und Begeisterungsfähigkeit aus sich selbst heraus entwickeln.
  • Empathie - Sich in die Gefühle und Sichtweisen anderer Menschen hineinversetzen zu können, ist die wesentliche Grundlage von Menschenkenntnis.
  • Soziale Kompetenz - Unter sozialer Kompetenz versteht man die Fähigkeit, Kontakte und Beziehungen zu anderen Menschen zu knüpfen und auf Dauer aufrecht erhalten zu können. Gemeint ist also ein gutes Beziehungs- und Konfliktmanagement, aber auch das Vermögen, funktionierende Teams zu bilden und zu leiten.

Die Forschung hat gezeigt, dass emotionale Fähigkeiten während des ganzen Lebens gelernt und gefördert werden können. Der Vortrag soll sich im Kern dem Thema der Macht im Führungsprozess, das in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht selten unreflektiert wegen Angst vor Machtmissbrauch ins Reich des Bösen verbannt wurde, widmen. Die Führungs- und Machtthematik wird unter zeitgemäßem und bewusst nicht nur militärischem Licht betrachtet.

Univ.-Prof. Dr. Gerald Kastberger (Institut für Zoologie, Universität Graz): "Gut-Böse. Schön-Hässlich. Menschliche Werte im Lichte der Evolution"

Die Vergleichende Verhaltensforschung (Ethologie) schließt alle Tiergruppen, und so auch den Menschen ein. Diese biologische Wissenschaftsdisziplin erlaubt somit nicht nur die plakative Frage, wie sich der Mensch vom Tier unterscheidet; sie ermöglicht auch die subtile und kritische Befassung mit den menschlichen Werten. Durch die Vielfalt nicht-menschlicher Lebensstrategien kann der Ausdruck menschlichen Verhaltens, und damit auch der humane Wertekatalog, als Ergebnis evolutiver Prozesse verstanden werden, ohne bewerten zu müssen. Solche Analysen werden und wurden immer wieder missverstanden, insbesondere wenn heiße gesellschaftspolitische Themen in der vollen Bandbreite der Tagespolitik zur Debatte stehen (zu Fragen wie beispielsweise der Ehe zwischen homosexuellen Partnern, der Scheidungsrate, der Betreuung von psychisch Erkrankten, der Betreuung von alten Leuten, der Machtmissbrauch durch Korruption, der Ressourcenaufteilung in der Gesellschaft, der Ausländer- und Flüchtlingspolitik, des Umwelt-, Tier- oder Naturschutzes, der Gewaltverbrechen vom Amoklauf bis zum Völkermord).

Ethologische Betrachtungen lösen häufig Verblüffung aus, man erlebt tierliches Verhalten dann als kurios und nicht auf den Menschen übertragbar. Verhalten im Zusammenhang evolutiver Prozesse zu sehen, kann aber dabei helfen, skurrile Verhaltensweisen bei Tieren zu erklären, und sogar weitreichende Entscheidungen im Gesellschaftsbereich zu begründen. Auf einer ethologischen Basis könnten nach Überzeugung des Referenten Voraussagen zur Konfliktentstehung, Konfliktbegrenzung oder Konfliktvermeidung besser formuliert werden. Denken Sie an solche globalen Ereignisse, wie jene rund um den 11. September (2001), die die tägliche Berichterstattung dominieren können. Bei vielen ist auch der ethologische Hintergrund beschreibbar.

Im Seminar werden mit Beispielen (Dokumentationen von Tierverhalten, ethologische Experimente in der Gruppe) ethologische Grundtatsachen vorgestellt. Die Kenntnis der Vielfalt des Tierverhaltens ermöglicht uns, Begriffspaare wie Gut-Böse oder Schön-Hässlich "wert"-frei mit ethologischen, sinnes- und neurophysiologischen Konzepten zu erklären, und somit Ethik als humanen Wertekatalog als Folge evolutiver Prozesse zu sehen.

Militärsuperior Dr. Werner Freistetter (Institut für Religion und Frieden beim Militärbischofsamt, Wien): "Gut und böse - Gefühl, Gebot und Gewissen"

Gut und Böse sind aus unserem Leben nicht wegzudenken: Wir beurteilen andere Menschen und Handlungen als "gut" und "böse", angemessen oder nicht, "positiv" und "negativ". Unser Gewissen kann sehr unangenehm werden, wenn wir das Gefühl haben, etwas moralisch falsch gemacht, anderen etwas "Böses" getan zu haben. Wir orientieren uns dabei in der Regel an Werten oder Kriterien, die unser rationales Urteil oder unser Gefühl leiten: Gut ist, was gerecht ist, anderen nicht schadet etc.

Obwohl die Menschen also ein bestimmtes Bewusstsein von gut und böse haben, ist die Frage, was "gut" überhaupt bedeutet, eine der schwierigsten, die es gibt:

  • Was macht Gutes gut und Böses böse? Warum denken wir in solchen Kategorien?
  • Warum bevorzugen wir in der Regel Gutes vor Bösem?
  • Woher kommen die "Stimme des Gewissens" und die Fähigkeit, gut und böse zu unterscheiden?
  • Entscheiden wir uns für das Gute aufgrund unseres Gefühls oder aufgrund unserer Vernunft?
  • Sind wir wirklich frei, das Gute zu tun? (oder hängt das nicht vor allem von der psychischen Prägung, von Sachzwängen, Glück etc. ab?)
  • Warum gibt es so viele Unterschiede und auch wieder Gemeinsamkeiten im Urteil über das Gute?

Diesen grundlegenden Fragen wird aus ethisch-philosophischer Perspektive mit Blick auf die Situation der Unteroffiziere im Österreichischen Bundesheer nachgegangen. In diesem Zusammenhang können u. a. folgende Themen erörtert werden:

  • "gut" und "professionell"/ Ist Moral für die Soldaten Privatsache?
  • "ethisch/moralisch gut" und "militärisch nützlich"
  • Gut und Böse als politische Kategorien im Zusammenhang militärischer Konflikte und ihre Relevanz für das Verhalten im Auslandseinsatz (z. B. Bosnien, Kosovo, Palästinakonflikt, Afghanistan).
Berufsethisches Fortbildungsseminar. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Berufsethisches Fortbildungsseminar.

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