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Militärische Krisenintervention - ein Konzept mit oder ohne Zukunft?

erschienen in der Publikation "Friede im 21. Jahrhundert" (ISBN: 3-901328-64-5)

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Schlagworte zu diesem Beitrag:  Politische Theorie, Krieg, Krise, Konzept, Internationale Organisationen, UNO

Abstract:

Der Titel meiner Ausführungen suggeriert, es gäbe ein (einziges) Konzept für militärische Krisenintervention, in Wahrheit existieren aber zahlreiche verschiedene Konzepte beziehungsweise Ansätze, die sich teilweise widersprechen. Meine eigenen Erfahrungen in verschiedenen Friedensmissionen haben in mir überdies eine gewisse Skepsis gegenüber vorgeblich allgemein¬gültigen Patent¬lösungen wachsen lassen, die sich aber oft nicht in die Praxis umsetzen lassen. Ich werde mich daher im folgenden darauf konzentrieren, grundsätzliche Probleme der internationalen militärischen Krisenintervention aufzuzeigen und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren.

Die Veränderungen der weltpolitischen Rahmenbedingungen nach dem Ende des Kalten Krieges dürfen weitgehend als bekannt vorausgesetzt werden und sollen hier nur stichwortartige Erwähnung finden: Während die Gefahr bewaffneter zwischen¬staatlicher Konflikte geringer wurde, treten zunehmend komplexe, innerstaatliche Konflikte auf, die multidimensionale Bedrohungen der internationalen bzw. regionalen Sicherheit darstellen. Es kommt zu einer weitgehenden "Entstaatlichung" des Krieges, wobei zum Teil längst überwunden geglaubte Figuren aus dem 30-jährigen Krieg wieder aufleben. Als typische Elemente dieses neuartigen Konflikttypus wären zu nennen:

- Involvierung von mehr als zwei Parteien bzw. von Parteien in einer asymmetrischen Konstellation;
- Auftreten von paramilitärischen Gruppen, Milizen, Kinder¬soldaten, Söldnern und Warlords;
- Involvierung internationaler Konzerne und/oder von "Sicher¬heitsfirmen" (wie etwa Executive Outcomes);
- keine klare Trennung zwischen Kombattanten und Zivilisten;
- Kollaps der staatlichen Institutionen;
- Zusammenbruch von Recht und Ordnung;
- massive Bewegungen von Flüchtlingen und intern Vertriebenen;
- weitgehende Zerstörung der Infrastruktur;
- Entstehen einer "Bürgerkriegsökonomie".

Der Begriff "Bürgerkriegsökonomie" bedarf einer näheren Erläuterung: Es ist darunter die rücksichtslose Ausbeutung aller aktuell verfügbaren Ressourcen eines Landes zu verstehen. Typische Erscheinungsformen sind das Verschieben von Bodenschätzen (Diamanten, Gold, Kupfer etc.), Edelhölzern, Rauschgift, Waffen und Menschen (insbesondere jungen Frauen). Die Drahtzieher gelangen oft in kürzester Zeit zu großem materiellem Wohlstand, aber auch an die politischen Schaltstellen. Die Beispiele reichen hier von Charles Taylor in Liberia über Foday Sankoh in Sierra Leone bis zum Thaci-Klan im Kosovo und zur kroatischen Mafia in Bosnien. Gleichzeitig werden zivile Kompetenzen entwertet, es kommt zur Marginalisierung von Angestellten, Arbeitern, Angestellten, Bauern, Handwerkern und Intellektuellen. Das Erlernen von Gewalttechniken und Gewaltbereitschaft wird zur Überlebensfrage, überdies vereiteln kriminelle Strukturen jeden sinnvollen Einsatz von Instrumenten der Entwicklungszusammenarbeit. Weil die Menschen voll damit beschäftigt sind, ihr tägliches Überleben zu sichern, tätigen sie keine langfristigen Investitionen mehr. Je länger ein Konflikt dauert, desto schwieriger wird es, die sozialstrukturellen Auswirkungen rückgängig zu machen.

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