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Truppen- und Kaderübungspflicht

Gerade in Zeiten einer Umgliederung des Bundesheer, bei der eine Vielzahl von altgedienten Wehrpflichtigen (Wpfl), auch unter Verzicht auf die Nutzung einer noch offener Truppen- und/oder Kaderübungsverpflichtung, aus der Beorderung entlassen werden, stellt sich für viele Kameraden, die auf Grund ihrer zivilen und militärischen Qualifikation weiterhin beordert bleiben und damit regelmäßig ihre Waffenübungen zu leisten haben, die Frage, wie lange sie noch der Truppen- bzw. Kaderübungsverpflichtung unterliegen, bis sie endgültig aus der Beorderung ausscheiden.
Im Zuge der Einnahme der strukturangepassten Heeresgliederung 1992 gewann diese Frage zunehmend an Bedeutung, da diverse Medien, allen voran die periodisch erscheinenden Printmedien, in diesem Zusammenhang berichteten, dass Truppenübungen hinkünftig nur mehr innerhalb von acht Jahren nach der Beendigung des Grundwehrdienstes (GWD) zu leisten sind.

Was bringt diese Frist?

Tatsächlich wurde diese Forderung im Bundesministerium für Landesverteidigung im Zusammenhang mit der nunmehr eingenommenen Heeresgliederung sowohl aus militärischen, wie auch aus ökonomischen Gründen erhoben: Die Mobilmachungsorganisation des BH wird durch diese Maßnahme einerseits über jüngere und damit leistungsfähigere Beorderte verfügen und andererseits geht die übungsbedingte finanzielle Belastung des Ressorts zurück, da bei jungen Wpfl der durchschnittliche vom BMLV zu entschädigende Verdienstentgang niedriger ist als bei älteren, die in ihrer beruflichen Laufbahn bereits weiter fortgeschritten sind.
Die ressortinterne Weisung, Wehrpflichtige nicht länger als acht Jahre nach Beendigung ihres GWD zu TÜ heranzuziehen, verpflichtet die planenden Kommanden, die Beorderten-Waffenübungen so anzulegen, dass die Beorderten in diesem Zeitraum ihre TÜ-Pflicht voraussichtlich erfüllt haben werden, was nach der derzeitigen Systematik ohnehin die Regel ist.
Für die TÜ-Pflichtigen ist jedoch entscheidend, dass eine Frist für die zulässige Einberufung bis höchstens acht Jahre nach dem GWD im Wehrgesetz nicht besteht und die Aufnahme einer solchen Bestimmung auch nicht vorgesehen ist.
Es darf daher niemand damit rechnen, dass er nicht mehr zu TÜ einberufen wird, wenn er seine gesetzliche Übungspflicht noch nicht erfüllt hat, obwohl seit dem GWD bereits acht Jahre verstrichen sind.

Das Wehrgesetz

Das Wehrgesetz 1990 (WG), BGBl. Nr. 305/1990, in der geltenden Fassung kennt grundsätzlich zwei Arten von verpflichtenden Waffenübungen, nämlich die Truppenübung (TÜ) und die Kaderübung (KÜ).

Die Übungspflichtigen
Während alle jene Wpfl, die einen GWD von mindestens sechs Monaten, aber kürzer als acht Monate geleistet haben, TÜ in der auf acht Monate noch fehlenden Dauer zu leisten haben, rekrutieren sich die KÜ-pflichtigen entsprechend dem militärischen Bedarf, unabhängig von der geleisteten Gesamtdauer des GWD.
KÜ-pflichtig sind ex lege Offiziere und Offiziersanwärter des Milzstandes und sonstige Wpfl des Milizstandes, die in einem militärischen Dienstverhältnis gestanden sind, oder einen Wehrdienst als Zeitsoldat geleistet haben. Für andere Wpfl besteht die Möglichkeit, sich freiwillig zu KÜ zu melden. Diese Meldung ist unwiderrufbar und begründet daher die für den Wpfl einseitige Verpflichtung, diese KÜ auch tatsächlich zu den nach den militärischen Interessen festgelegten Terminen zu leisten. Kann das BH seinen Bedarf an KÜ-Pflichtigen für die Moborganisation mit diesen beiden Personengruppen nicht decken, so besteht weiters die Möglichkeit, Wpfl, die während des GWD eine vorbereitende Kaderausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, binnen einem Jahr nach Entlassung aus dem Präsenzdienst, zu KÜ auszuwählen. Die gesetzlich verankerte Dauer der KÜ beträgt für Offiziere insgesamt 90 Tage, für Chargen und Unteroffiziere 60 Tage, wobei nochmalige freiwillige Verpflichtungen bis zum Höchstausmaß der jeweiligen wehrgesetzlichen Erstverpflichtung zulässig sind.

Der gesetzliche Zweck Im Gegensatz zu TÜ, die vornehmlich zur Erhaltung des Ausbildungsstandes und. zur Unterweisung in Einsatzaufgaben von Wpfl zu leisten sind, dienen KÜ zur Heranbildung für Kaderfunktionen sowie zur Erhaltung und Vertiefung der dabei erworbenen Fähigkeiten. Kaderfunktionen sind Kommandanten- und Fachfunktionen.

Die zeitlichen Grenzen der Heranziehbarkeit

Truppenübungen
Dem § 28 Abs. 2 leg.cit. zufolge sollen die Militärkommanden Wpfl grundsätzlich nur
1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres oder
2. sofern ein Wpfl aus besonders rücksichtswürdigen persönlichen Interessen oder aus öffentlichen Interessen erst nach Ablauf des seiner Stellung folgenden Kalenderjahres zum GWD einberufen oder aus diesem vorzeitig entlassen wurde, bis zum Ablauf von 10 Jahren nach vollständiger Leistung des GWD zu TÜ heranziehen.
Ist die vollständige Erfüllung der Verpflichtung zur Leistung von TÜ in diesem Rahmen jedoch nicht möglich, so dürfen Wpfl letztgültig bis zum Ablauf ihres 35. Lebensjahres oder falls Ziffer 2 zutrifft, bis zum Ablauf von 15 Jahren nach vollständiger Leistung des GWD zu TÜ einberufen werden.
Im Falle einer gleichzeitig bestehenden KÜ-Pflicht erhöht sich die Altersgrenze der Heranziehbarkeit zu TÜ bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres. Erlischt jedoch die KÜ-Pflicht, bevor alle TÜ-Tage verbraucht sind, und hat der Wpfl die für die Heranziehung zu TÜ maßgeblichen Altersgrenzen bereits überschritten, so ist seine Heranziehung zu TÜ unzulässig.

Kaderübungen Offiziere und Offiziersanwärter des Milizstandes sowie sonstige Wpfl des Milizstandes, die auf Grund eines ehemaligen Dienstverhältnisses bzw. eines Wehrdienstes als Zeitsoldat oder aber durch Auswahl des für sie zuständigen Militärkommandos KÜ-pflichtig sind, können bis zum Ablauf ihres 50. Lebensjahres ohne ihre Zustimmung zu KÜ herangezogen werden.
Wpfl, die sich freiwillig zu KÜ gemeldet haben, können bis zum Erlöschen ihrer Wehrpflicht, dies ist für die Masse der Wpfl bis zum Ablauf des 50. Lebensjahres, für Offiziere, Unteroffiziere sowie Spezialkräfte auf den Gebieten der Technik, des Sanitätswesens, des Seelsorgedienstes und der Fremdsprachen bis zum Ablauf des 65. Lebensjahres, zu KÜ herangezogen werden.

Freiwillige Waffenübungen, Funktionsdienste und Freiwillige Milizarbeit
Weil diesbezüglich immer wieder Missverständnisse auftreten, sei hier auch klargestellt, dass weder geleistete freiwillige Waffenübungen, geleistete Funktionsdienste, oder andere erbrachte Wehrdienstleistungen, noch geleistete Freiwillige Milizarbeit auf die Anzahl der jeweiligen gesetzlichen Verpflichtung zur Leistung von TÜ oder KÜ zählen und dass daher das „Konto“ der offenen Übungstage dadurch auch nicht verringert wird.

Wie kann man sicher sein?

Da es zu gegebener Massen für einen nicht mit der Materie vertrauten Staatsbürger mitunter schwierig sein kann, zu erkennen, ob eine Einberufung innerhalb der gesetzlichen Fristen liegt, kann sich für den Einzelnen die Frage stellen, ob seine Einberufung denn tatsächlich rechtens ist. Dazu muss angemerkt werden, dass es sich bei den die Einberufungen zu TÜ und KÜ durchführenden Bediensteten in den örtlichen Ergänzungsabteilungen um ausgesprochene Profis auf diesem Gebiet handelt, die eine Einberufung ohnehin erst dann vornehmen, wenn dies laut WG tatsächlich zulässig ist. Da aber bei den unzähligen, jährlich zu TÜ bzw. KÜ durchzuführenden Einberufungen immer noch der Mensch, trotz all seiner Erfahrungen, als Unsicherheitsfaktor verbleibt, werden zusätzlich zur Prüfung durch den Bearbeiter alle Einberufungen bei ihrer Eingabe ins DERGIS (=dezentrales Ergänzungsinformaionssystem) durch die im DERGIS vorhandene Wehrgesetzinterpretationsmatrix geprüft, bevor die Einberufungsbefehle, die dann die Verpflichtung zur Leistung der konkreten WÜ auslösen, datenmaschinell erzeugt und an die Wpfl versandt werden. Dennoch sind menschliche Fehlleistungen nicht generell ausschließbar.

Regelmäßig Teilnahme Generell muss gesagt werden, dass Wpfl, die regelmäßig an den Beorderten-Waffenübungen ihrer Mobeinheiten teilnehmen und, wenn sie KÜ-pflichtig sind, das Angebot zur Weiterbildung in höhere Funktionen annehmen, weit vor Erreichen der für ihre Heranziehbarkeit zu TÜ und KÜ maßgeblichen Altersgrenzen ihre gesamten WÜ-Pflicht erfüllt haben werden und so in einem angemessenen Zeitraum nach Leistung ihres GWD durch Verbrauch ihrer Übungstage und anschließender Entorderung entgültig ins Zivilleben entlassen werden können. Diese Vorgangsweise ist daher allen übungspflichtigen beorderten Wpfl, deren Ziel es ist, ihre gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen, zu empfehlen.

Bea Andreas Höller, Erg C

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