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Heeresdisziplinargesetz 2002

Allgemeines
Das Bundesgesetz über das militärische Disziplinarrecht (Heeresdisziplinargesetz 1994 – HDG 1994) wurde mit BGBl. Nr. 522/1994 kundgemacht und trat mit 1. Oktober 1994 in Kraft.
Am 23. Dezember 2002 erfolgte im BGBl. I Nr. 167/2002 die Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Landesverteidigung, mit der das Heeresdisziplinargesetz 1994 wiederverlautbart wird. Das wiederverlautbarte Heeresdisziplinargesetz trägt den Titel "Heeresdisziplinargesetz 2002" sowie die Abkürzung "HDG 2002". Nach Art. 49a Abs. 3 B-VG sind somit ab dem 24. Dezember 2002 alle Behörden an den wiederverlautbarten Text gebunden.
Hiezu erfolgt ein kurzer Überblick auf diverse Entwicklungen und Änderungen im Heeresdisziplinarrecht der letzten Jahre und die Darstellung des wesentlichen Inhalts des Heeresdisziplinargesetzes 2002.

Entwicklungen und Änderungen
Rechtspolitische Zielsetzung des Gesetzes ist die Normierung eines umfassenden, eigenständigen Disziplinarrechtes für den gesamten militärischen Bereich.
Der Anwendungsbereich des Gesetzes bezieht sich grundsätzlich auf alle Soldaten (Soldaten im Präsenz- und Ausbildungsdienst und Berufssoldaten), Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes und Berufssoldaten des Ruhestandes.
Die im Heeresdisziplinarrecht enthaltenen Abweichungen von den Disziplinarbestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 für (zivile) Bundesbeamten liegen in der besonderen Eigenart des militärischen Dienstes sowie in den Erfordernissen und Besonderheiten der militärischer Organisationsstrukturen begründet.
Hierdurch wird insbesondere auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes Rechnung getragen, mit der er die Erlassung eigenständiger Disziplinargesetze für verschiedenartige Bundesdienstzweige unter Bedachtnahme auf das allgemeine Sachlichkeitsgebot ausdrücklich als verfassungsrechtlich zulässig festgestellt hat.

Pflichtverletzung und Verjährung
Disziplinarrechtlich relevantes Delikt ist jede Pflichtverletzung. Darunter versteht man die Verletzung der Pflichten im Präsenz- oder Dienststand, die gröbliche Verletzung der Pflichten im Miliz-, Reserve- oder Ruhestand, die Handlung oder Unterlassung im Miliz- oder Reservestand, die es nicht zulässt, Wehrpflichtige ohne Nachteil für den Dienst und damit für das Ansehen für das Bundesheer in ihrem Dienstgrad zu belassen, und die Erschleichung eines Dienstgrades (im Miliz-, Reserve- oder Ruhestand).
Als Maßstab für die Höhe der Disziplinarstrafe ist die Schwere der Pflichtverletzung von Bedeutung. Die Milderungs- und Erschwerungsgründe nach dem Strafgesetzbuch kommen zur Anwendung und auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten wird Bedacht genommen. Darüber hinaus besteht in bestimmten Fällen die Möglichkeit zur Verhängung eines Schuldspruches ohne Strafe.
Eine Pflichtverletzung kann verjähren, wenn die Einleitung eines Verfahrens nicht innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis durch eine zuständige Disziplinarbehörde erster Instanz und innerhalb von drei Jahren seit Beendigung der Pflichtverletzung erfolgt ist.
Ein weiterer Verjährungsfall liegt dann vor, wenn die Bestrafung nicht innerhalb von drei Jahren nach Einleitung des Verfahrens erfolgt ist. Die Fristenläufe werden bei Strafanzeige, bei anhängigem gerichtlichen Strafverfahren sowie bei Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof und anderen Tribunalen gehemmt.
Für den Disziplinarvorgesetzten besteht bei Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung, die auch den Verdacht einer Pflichtverletzung begründet, Anzeigepflicht.
Im Falle des Zusammentreffens einer Pflichtverletzung mit einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung besteht bei einer rechtskräftigen Verurteilung die Verpflichtung zum Absehen von einer disziplinären Verfolgung, sofern dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist.
Die Disziplinarbehörde ist an Tatsachenfeststellungen in einem strafgerichtlichen Urteil gebunden. Weiters besteht ein auf Verfassungsebene verankertes Recht des Bundespräsidenten, verhängte Disziplinarstrafen zu mildern oder nachzusehen sowie anzuordnen, dass ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet oder eingestellt wird.

Disziplinarbehörden und Sicherungsmaßnahmen
Disziplinarbehörden sind die Einheitskommandanten, Disziplinarvorgesetzten, Kommissionen im Disziplinarverfahren (Disziplinarkommission und Disziplinaroberkommission) und die Einsatzstraforgane.
Die Mitglieder einer Kommission sind grundsätzlich weisungsfrei. Diese Weisungsfreiheit ist durch eine eigene Verfassungsbestimmung rechtlich abgesichert. Nur für Berufsoldaten (auch im Ruhestand) besteht Kommissionszuständigkeit.
Als Kommissionsvorsitzende oder deren Stellvertreter dürfen nur Offiziere bestellt werden (bei der Disziplinaroberkommission zwingend rechtskundig). Als weitere Mitglieder dürfen in Verfahren gegen Offiziere nur Offiziere, sonst nur Unteroffiziere tätig werden.
Als Vertreter der dienstlichen Interessen im Kommissionsverfahren sind ein Disziplinaranwalt und dessen Stellvertreter eingerichtet. Beide Organe unterliegen einer Bestellung durch den Bundesminister für Landesverteidigung und sind nicht weisungsfrei. Ihnen steht die Berechtigung zu, gegen Bescheide der Disziplinaroberkommission Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Zur ordnungsgemäßen Durchführung eines Disziplinarverfahrens kommen Sicherungsmaß-nahmen wie die Dienstenthebung oder die vorläufige Festnahme in Betracht.
Bei Untersuchungshaft oder bei Gefährdung des Ansehens des Amtes oder wesentlicher Dienstinteressen kann zunächst eine vorläufige Dienstenthebung in Betracht kommen, die der Disziplinarvorgesetzte verfügt.
Eine endgültige Entscheidung trifft die Disziplinarkommission. Die Dienstenthebung endet spätestens mit rechtskräftigem Abschluss des Disziplinarverfahrens. Jede durch Beschluss einer Kommission im Disziplinarverfahren verfügte Dienstenthebung hat die Kürzung der jeweiligen Dienstbezüge auf zwei Drittel für die Dauer der Enthebung zur Folge.
Die zuständige Kommission kann jedoch aus sozialen Gründen diese Kürzung vermindern oder aufheben. Die durch die Bezugskürzung einbehaltenen Beträge sind dem Enthobenen nachzuzahlen, wenn er strafgerichtlich nicht verurteilt wird und mit keiner strengeren Disziplinarstrafe als Geldbuße bestraft wird.
Das Sicherungsmittel der vorläufigen Festnahme ist dann anzuwenden, wenn ein Soldat bei einer Pflichtverletzung auf frischer Tat betreten wird und seine Identität nicht bekannt oder nicht sofort feststellbar ist oder begründeter Verdacht auf Entziehung von der disziplinären Verfolgung (Fluchtgefahr) vorliegt oder er trotz Abmahnung die Fortsetzung oder Wiederholung der Pflichtverletzung versucht (Wiederholungsgefahr).
Zweck der vorläufigen Festnahme, die durch Anhaltung im Haftraum erfolgt, ist ausschließ-lich die Vorführung vor die zuständige Disziplinarbehörde. Die Dauer der Festnahme darf höchstens 24 Stunden betragen.


Strafarten und deren Vollstreckung
Soldaten im GWD (bzw. den ersten sechs Monaten des Ausbildungsdienstes) Verweis
Geldbuße (max. 15% d. Bemessungsgrundlage)
Ausgangsverbot (mind. 1 Tag, max. 14 Tage)
Unfähigkeit zur Beförderung (nur für Soldaten mit dem Dienstgrad Rekrut) bzw. Degradierung (zum Rekruten)
alle übrigen Soldaten(nicht im GWD) Verweis
Geldbuße (max. 15% d. Bemessungsgrundlage)
Geldstrafe (max. 350% d. Bemessungsgrundlage)
Entlassung sowie Unfähigkeit zur Beförderung bzw. Degradierung (zum Rekrut)
Wehrpflichtige des Miliz- oder Reservestandes (ab Gefreiter)
Degradierung (bis zum Rekrut)
Berufssoldaten des Ruhestandes
VerweisGeldstrafe (max. 350% d. Bemessungsgrundlage)
Verlust aller Rechte und Ansprüche aus dem Dienstverhältnis (bei Wehrpflichtigen zusätzlich Degradierung zum Rekrut)

Das Ausgangsverbot wird durch vollen oder teilweisen Entzug des Ausganges vollstreckt. Es besteht in einem Verbot des Verlassens des der Einheit zugewiesenen Unterkunftsbereiches.
Im Falle der (gänzlichen oder teilweisen) Unmöglichkeit einer tatsächlichen Vollstreckung des Ausgangsverbotes erfolgt die automatische Umwandlung in eine Ersatzgeldstrafe. Die Geldbuße und die Geldstrafe werden grundsätzlich durch Abzug von den Dienst- oder Ruhebezügen vollstreckt.
Zur Abfederung von sozialen Härten besteht eine Ratenzahlungsmöglichkeit bis zu 36 Monatsraten. Zuständige Behörde für die Hereinbringung von Geldleistungen ist das Heerespersonalamt. Die hereingebrachten Geldleistungen sind dann an die Vereinigten Altösterreichischen Militärstiftungen zu Wohlfahrtszwecken zu überweisen.

Kommandantenverfahren
Das Kommandantenverfahren findet Anwendung auf Soldaten im Präsenz- bzw. Ausbildungsdienst, Berufssoldaten (nur bis einschließlich Geldbuße) und Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes. In erster Instanz ist der Einheitskommandant für die Strafen Verweis, Geldbuße und Ausgangsverbot bis 7 Tage bzw. der Disziplinarvorgesetzte für alle Strafen zuständig. In zweiter Instanz ist der Disziplinarvorgesetzte für den Einheitskommandanten bzw. der nächsthöherer Vorgesetzte für den Disziplinarvorgesetzten zuständig.
Die Einleitung des Verfahrens geschieht durch die erste Verfolgungshandlung des zuständigen Einheitskommandanten gegen den Verdächtigen. Der Einheitskommandant kann das erstinstanzliche Verfahren bei zu geringer Strafbefugnis an den Disziplinarvorgesetzten abtreten.
Weiters besteht die Möglichkeit des abgekürzten Verfahrens (ohne Ermittlungsverfahren) im Falle eines Geständnisses des Beschuldigten oder einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung. Die Berufungsfrist gegen Disziplinarerkenntnisse beträgt eine Woche bzw. bei Wehrpflichtigen des Miliz- oder Reservestandes zwei Wochen.

Kommissionsverfahren
Das Kommissionsverfahren findet Anwendung auf Berufssoldaten (ab der Geldstrafe) und Berufssoldaten des Ruhestandes (in jedem Fall). Das Verfahren beginnt durch Disziplinaranzeige des Disziplinarvorgesetzten oder durch Antrag des Verdächtigen auf Einleitung eines Verfahrens mittels Selbstanzeige.
Die formelle Einleitung des Verfahrens erfolgt aufgrund der Anzeige durch Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission. Hier besteht das zwingende Erfordernis einer mündlichen Verhandlung auf Grund eines Verhandlungsbeschlusses.
Gegen beide Beschlüsse ist eine Berufung an die Berufungskommission nach § 41a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (eingerichtet beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport) zulässig. Das Disziplinarerkenntnis ist in jedem Fall schriftlich auszufertigen. Die Berufungsfrist beträgt zwei Wochen.

Disziplinarrecht im Einsatz
Auf Einsätze nach § 2 Abs. 1 lit. a oder b des Wehrgesetzes 2001 oder bei der unmittelbaren Einsatzvorbereitung findet ein spezielles Einsatzdisziplinarrecht Anwendung. Hier besteht ein weitgehend einheitliches Disziplinarrecht für alle eingesetzten Soldaten.
Seit 1. Juli 2001 gilt das Einsatzdisziplinarrecht nach § 6 des Auslandseinsatzgesetzes 2001 auch im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen (§ 2 Abs. 1 lit. d des Wehrgesetzes 2001). Die Anwendbarkeit besteht ausschließlich während eines Einsatzes sowie hinsichtlich solcher Pflichtverletzungen, die während eines Einsatzes begangen worden sind.
Als Strafarten kommen der Verweis, die Geldbuße (höchstens 20 % der Bemessungsgrundlage), das Ausgangsverbot (höchstens 21 Tage), die Disziplinarhaft (höchstens 14 Tage), der Disziplinararrest (höchstens 14 Tage) sowie die Unfähigkeit zur Beförderung bzw. Degradierung (bewirkt für Berufs- und Zeitsoldaten die Entlassung sowie den gleichzeitigen Antritt des Einsatzpräsenzdienstes) in Betracht.
Bei (gänzlicher oder teilweiser) Unmöglichkeit der tatsächlichen Vollstreckung von Ausgangsverbot, Disziplinarhaft bzw. -arrest während des Einsatzes erfolgt die automatische Umwandlung in eine Ersatzgeldstrafe.
In erster Instanz ist der Einheitskommandant Disziplinarbehörde. In zweiter Instanz der Disziplinarvorgesetzte bzw. - sofern in erster Instanz eine strengere Disziplinarstrafe als ein Ausgangsverbot verhängt wurde - das Einsatzstraforgan ("tribunalähnliche" weisungsfreie Berufungsorgane; durch Verfassungsbestimmung in der Ausübung ihrer disziplinären Aufgaben selbständig und unabhängig).
Das Kommandantenverfahren gilt grundsätzlich für alle Soldaten und alle Strafarten mit verschiedenen Sonderregelungen. Bei bestimmten rechtskräftigen Disziplinarstrafen (Ausgangsverbot bzw. bei Berufssoldaten Degradierung) besteht auf Antrag des Beschuldigten nach dem Einsatz eine Überprüfungsmöglichkeit (Frist zwei Wochen nach Beendigung des Einsatzes).

Mag. Christoph Ulrich, Eleg

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