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Die Luftstreitkräfte der Republik Österreich

von Friedrich W. Korkisch

Kurzfassung

◄ Die Problematik der österreichischen Landesverteidigung, der Gegensatz zwischen Wunsch und Realität, zwischen militärischer Forderung und politischen Zugeständnissen, zeigte sich nirgendwo deutlicher als bei den Luftstreitkräften. Als nach Abschluss des Staatsvertrages der Entschluss zur Aufstellung von Luftstreitkräften fiel, wählte man als Organisationsform eine Mischform zwischen Anknüpfung an die Luftwaffe des Deutschen Reichs bzw. die Luftstreitkräfte des Ständestaates vor 1938.

1955 wurde im Amt für Landesverteidigung die erste Keimzelle der zukünftigen Luftabteilung und der Luftstreitkräfte der Zweiten Republik gelegt, wobei sich von Anfang an die Frage stellte, ob man die Luftstreitkräfte als selbstständige Teilstreitkraft oder bloß als Waffengattung etablieren sollte. Die gewählte Führungsstruktur war schließlich die einer "erweiterten Waffengattung" mit speziellen Technikern, Fernmeldeteilen, Sanitätsdienst, Versorgung etc., allerdings wie jedes andere Gruppenkommando den Sektionen des BMLV untergeordnet.

Die erste Aufstellungsphase war gekennzeichnet durch das Fehlen von Personal und Budgetplanung sowie konkreten Vorstellungen, was man eigentlich wollte. Zur Aufgabenerfüllung "Wahrung der Lufthoheit, Unterstützung des Heeres durch Ausschaltung feindlicher Einwirkung aus der Luft, Aufklärung und Bekämpfung feindlicher Erdtruppen, Durchführung von Lufttransporten, Verbindungsaufgaben und Abwehr feindlicher Einwirkungen aus der Luft" wäre eine "Groß-Luftwaffe" nach Schweizer Vorbild erforderlich gewesen, die politisch nicht durchsetzbar war. Zudem gerieten die Luftstreitkräfte im Wettlauf um die Nutzung ehemaliger Flugplätze in Konflikt mit zivilen Flughafenbetriebsgesellschaften, die auf den Aufbau einer internationalen Fluglinie hofften.

Im Juni 1956 wurde entschieden, die Luftabteilung in die Sektion II des Ministeriums zu integrieren, ab Oktober desselben Jahres hatte sie unter der Bezeichnung Kommando der Luftstreitkräfte die Agenden der Truppenführung wie ein Gruppenkommando wahrzunehmen. Doch schon im Jänner des darauf folgenden Jahres wurden mit der Schaffung des Kommandos der Luftstreitkräfte die Verhältnisse wieder umgekehrt: Dies führte zu einem Kompetenzkonflikt insofern, als der Leiter Luftabteilung im BMLV zwar vorgesetztes ministerielles Organ, im Rang aber niedriger war als der Befehlshaber des Kommandos Luftstreitkräfte. Dazu kam noch die räumliche Trennung der beiden Organisationen, die sich ebenfalls nicht als förderlich herausstellen sollte.

Kein anderer Bereich beschäftigte die Luftstreitkräfte nach 1955 mehr als die Frage, welches Jagdflugzeug zu beschaffen wäre. Die schließlich 1960 gefällte Entscheidung zu Gunsten der schwedischen Saab J-29F überraschte nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Fliegeroffiziere. Im Zuge der Ereignisse des Jahres 1968 sollten Draken beschafft werden, allerdings fiel die Entscheidung doch auf die Saab 105 OE.

In der Bundesheerreform 1972 verloren die Luftstreitkräfte die Fliegerabwehrkräfte und mehrere Verbände. Das Kommando Luftstreitkräfte wurde Ende Juni 1973 aufgelöst und damit die Fliegertruppe zu einer Waffengattung reduziert. Erst 1975 erkannte man den Fehler und wertete die Heeresfliegerkräfte wieder zu Luftstreitkräften und das Kommando der Fliegerbrigade zur Fliegerdivision auf. 1983 wurde das Flugmelderegiment zum Kommando Luftraumüberwachung, und im Jahr darauf endlich beschlossen, die längst überfällige Beschaffung der Draken einzuleiten.

Als 1991 das Armeekommando aufgelöst wurde, fielen viele Agenden wieder der Luftabteilung zu. Schon damals wurde die Wiedererrichtung eines Kommandos Luftstreitkräfte angedacht, was schließlich in der Reorganisation 2000/01 umgesetzt wurde. 2002 fiel auch in der Nachfolgefrage für die veralteten Draken die Entscheidung: an Stelle der ursprünglich geforderten 30 Maschinen werden aber nur 18 EADS/Eurofighter Typhoon beschafft. ►


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Die Luftstreitkräfte der Republik Österreich

50 Jahre voller Irrwege, aber auch im Zeichen von Leistungsbereitschaft und Professionalität

Die österreichischen Luftstreitkräfte können auf ein halbes Jahrhundert wechselvoller Geschehnisse zurückblicken. Es war ein halbes Jahrhundert Geschichte einer Waffengattung, getragen vom Enthusiasmus jener Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges, ohne die es diese Luftstreitkräfte nicht gegeben hätte, es waren aber auch Jahrzehnte der Stagnation und der Enttäuschungen. Erst ganz zuletzt erfolgte der Schritt zu vollwertigen Luftstreitkräften. Heute sind die österreichischen Luftstreitkräfte einerseits der technologisch herausforderndste Teil des Bundesheeres, andererseits ist man erfolgreich in die NATO Partnership for Peace integriert und wartet auf kommende Aufgaben im Rahmen der EU. Die Luftstreitkräfte haben auch im Frieden den strategischen Auftrag der Luftverteidigung und Souveränitätswahrung durchzuführen.

Dazwischen lagen zahllose Reformen und Teilreformen mit teilweise einschneidenden Reorganisationen, die laufende Bewältigung des rasanten technischen Fortschritts, die oft unterschiedlichen Sichtweisen der handelnden Personen, viele störende Eingriffe in die Führungsabläufe und Strukturen von außen, unerfüllte Hoffnungen auf neue Plattformen und Waffen, viele nicht eingelöste Versprechen. Zu den Höhepunkten gehörten die Errichtung des umfangreichen militärisch-zivilen Luftraumüberwachungssystems Goldhaube, die Überwindung der (teilweise von Österreich selbst errichteten) Barrieren im Zusammenhang mit dem Artikel 13 des Österreichischen Staatsvertrages,(Fußnote 1/FN1) die Implementierung und der Betrieb des Jägers Saab 35-OE Draken, der Kauf der Hubschraubers UH-60L/S-60A Black Hawk, der C-130 Hercules, die rasche Einführung der Northrop F-5E Freedom Fighter und des kommenden EADS/Eurofighter Typhoon.(FN2)

Österreichische Luftstreitkräfte: Alibi oder Schild und Schwert?

Bei einer Konferenz der Stellvertretenden Außenminister der Alliierten im Jänner 1947 in London wurde im Staatsvertragsentwurf, Artikel 17, die Stärke allenfalls aufzustellender österreichischer Luftstreitkräfte mit 90 Flugzeugen und 5.000 Mann (im US-Entwurf wurden auch 6.600 genannt) festgelegt. Diese Begrenzung wurde jedoch im endgültigen Staatsvertragstext weggelassen. In der B-Gendarmerie fehlte eine fliegerische Komponente, wie überhaupt in den Diskussionen und Überlegungen nach 1946 über Art und Umfang der nach Rückgewinnung der Wehrhoheit aufzustellenden Luftstreitkräfte kaum Aussagen gemacht wurden. So blieben Planung und Vorbereitungen für den Aufbau der Luftstreitkräfte der Zeit nach der Erlangung der Wehrhoheit vorbehalten.(FN3) 1949 berechnete Wilfried Ammann die Kosten für Luftstreitkräfte mit 169 Mio. ATS, wobei der ehemalige Artikel 17 die Grundlage bildete.(FN4) Mitte 1955, nach Unterzeichnung des Staatsvertrages, lagen andere und weniger günstige Voraussetzungen vor. Man konnte weder an 1935 noch an 1945 anknüpfen. Als Folge der geringen finanziellen Mittel, der Personalentwicklung und zunächst schwierigen Bewältigung des rasch voranschreitenden technischen Fortschrittes seit Ende des Zweiten Weltkrieges konnte nur in einem sehr kleinen Rahmen begonnen werden. Offen war eine ganz wesentliche Frage, die weder 1955 noch danach eindeutig gestellt und beantwortet wurde: Sollten die Luftstreitkräfte selbstständig organisiert werden oder lediglich den Rang einer Waffengattung haben wie Infanterie, Pioniere oder Fernmeldetruppe? (Letzteres musste die militärische Fliegerei im Bundesheer zu einer Nebenrolle verurteilen.) Sodann stellte sich als zweite, entscheidende Frage, die nach einem luftkriegsspezifischen Schwerpunkt: Luftverteidigung oder Luftangriff? Oder beides?

Die Neutralität verlangte zumutbare Anstrengungen zur Erfüllung der Pflichten (gegenüber Krieg führenden Parteien) auch im Luftraum. Dies war jedoch eine Interpretationsfrage: Eine Staffel mit 18 Flugzeugen oder 180 Flugzeuge? Das Neutralitätsrecht schrieb keine Größenordnungen vor und die Praxis gab nur grobe Anhalte. Luftstreitkräfte sind Schild und Schwert gleichzeitig. Daher stellte sich die Frage nach Rolle und Umfang österreichischer Luftstreitkräfte: Eine Neutralität "wie die Schweiz sie handhabt" war für den Luftbereich Vorgabe, aber vermutlich unerfüllbar, wenngleich die ersten Planungen 1955/56 tatsächlich die Schweiz auch quantitativ als Vorbild ansahen. Eine Luftverteidigung Österreichs war im nationalen Rahmen allein schon wegen des Raum-Zeit-Verhältnisses kaum durchführbar, dennoch war der Mindestbedarf mit 60 bis 80 und der Idealumfang mit 180 Jägern zu veranschlagen. Was die taktische Luftunterstützung betraf, konnte damals eine Division im Operationsraum pro Tag mit rund 100 Luftunterstützungseinsätzen rechnen, was rund 150 Einsatzflugzeuge erfordert hätte. Dazu kamen Luftaufklärung, Verbindung, Lufttransport, Hubschrauber und Schulflugzeuge. Ohne potente Luftstreitkräfte war jedoch der Gesamteinsatz des Bundesheeres in Frage gestellt. Man ging bereits 1955 davon aus, dass eine erfolgreiche Abwehr auf dem Boden nur durch eine sehr starke terrestrische Fliegerabwehr und offensive und defensive Handlungen im Luftraum möglich sein würde. Der Aufbau des Bundesheeres erfolgte jedoch ohne diese Elemente, man hatte de facto im Einsatzfall kein "Dach".

In Österreich war man hinsichtlich der Aufstellung von Streitkräften 1954/55 uneins: In der SPÖ gab es beim (der KPÖ nahe stehenden) linken Flügel und in einigen Gewerkschaften starken Widerstand gegen ein eigenes Heer, während sich der rechte Flügel für ein starkes Heer aussprach. In der ÖVP waren der eher pazifistisch orientierte Julius Raab und der Wirtschaftsflügel keineswegs von der Idee und den erwarteten Kosten eines "großen" Bundesheeres begeistert. Zehn Jahre nach Kriegsende war das Land noch immer vom Krieg schwer gezeichnet, in der Wiederaufbauphase und am Höhepunkt der Marshallplan-Hilfe. In der ÖVP galt: Wenn die USA ein Bundesheer wollen, sollen sie es auch bezahlen. Widerstand kam auch aus einigen Bundesländern, während sich der VdU deutlich für ein Bundesheer und die KPÖ ebenso gegen ein solches aussprachen und Letzere am deutlichsten für ein militärisch schwaches Österreich eintrat, um der Sowjetunion die "Option Österreich" zu erhalten.

Manfried Rauchensteiners oft zitierte Feststellung, dass die amerikanischen Hilfslieferungen die Aufbauphase des Heeres wesentlich erleichterten, aber auch ein Danaergeschenk waren, da Österreich der Sorge entledigt wurde, die Rüstung für sein Heer auch zu bezahlen, und diese Lieferungen falsche Budgetvorstellungen nährten, ist zwar richtig, eine "Budgetwahrheit" hätte jedoch von Anbeginn an zu einer Armee ohne schwere Waffen, ohne einen ausreichenden Fuhrpark etc. geführt, wie es eben auch ohne "echte" Luftstreitkräfte ging. Raabs ebenso oft zitierter "Ausrutscher", er wolle nur "eine 5.000 Mann-Armee" und bei einem Angriff gegen Österreich "ein paar Tote, damit man uns nicht wieder 1938 vorhalten kann", passte ins Bild. Von Luftstreitkräften sprach man besser erst gar nicht.

Blieb die ideologische Frage nach der historisch-politischen Anknüpfung: Anknüpfung an die Luftwaffe des Deutschen Reiches? Anknüpfung an die Luftstreitkräfte des Ständestaates vor 1938? Völliger Neubeginn? Man wählte eine organisatorische Mischform, die sich aus den Erfahrungen der in das Heer eintretenden Weltkriegsteilnehmer automatisch ergab. Welcher Tradition wollte man folgen? Zum Tag der Luftstreitkräfte wählte man den (ein Irrtum!) 19. Juni 1918, den Luftkämpfen um den Montello an der Südfront.

Ganz besonders wandte man sich gegen die hohen Kosten von Luftstreitkräften. Neben den Flugzeugen und Kosten für den Ausbau der Flugplätze waren vor allem zwei Bereiche besonders kostenintensiv: Die Fliegerabwehr, die auch führungsseitig besonders aufwendig ist, und die elektronische Luftraumüberwachung. Der dritte Brocken, der Zivilschutz, blieb bis auf einige Initiativen wie Aufrufe zur privaten Haushaltsbevorratung beschränkt. Von Anbeginn war auch die Wehrdienstzeit Streitthema und statt der Wehrdienstzeit von neun bzw. 15 Monaten wollte man sechs oder maximal acht bzw. zwölf Monate. Die Koalitionsparteien hatten sich letztlich auf neun bzw. 15 Monate geeinigt, denn man wollte zumindest jeweils für kurze Zeit stehende gut ausgebildete Kräfte verfügbar haben und eine kostengünstige Nutzungsphase bei den ausbildungsintensiven technischen Truppen erreichen.

Die Luftstreitkräfte hinkten daher im Aufbau den anderen Teilen des Bundesheeres weit hinten nach. Da es an politischer Rückendeckung mangelte, war die Führung der Luftstreitkräfte jahrelang damit beschäftigt, Objekte in Stand zu setzen und Flugplätze, Schulflugzeuge und Hubschraubereinsätze zu administrieren. Man befand sich umgehend in einer Konfrontation mit dem materiell und qualitativ dominierenden "Bodenteil" des Bundesheeres, der wegen der Budgetprobleme Luftstreitkräfte ablehnte, gleichzeitig aber deren fehlende Kampfkraft beklagte. Die Luftstreitkräfte waren immer stark "fremdbestimmt", d.h., die wesentlichen Entscheidungen fielen stets in anderen Ebenen. Somit blieb den maßgeblichen Offizieren dieser Teilstreitkraft (bzw. Waffengattung) vieles an politischen und heeresinternen Entscheidungen verborgen.

Die USA verfolgten beim Aufbau der österreichischen Luftstreitkräfte zunächst eine ähnliche Politik wie beim Heer: Man wollte Österreich im Rahmen des Military Assistance Program (MAP) zunächst Schulflugzeuge (T-6), Verbindungsflugzeuge (L-19), Transportflugzeuge (C-47) und Hubschrauber (H-13) zukommen lassen, dazu sechs Radars AN/TPS-1 und umfangreiches Fernmeldegerät, einschließlich zwölf Gerätesätze für Forward Air Controller auf Jeeps. Bezüglich der Einsatzflugzeuge dachte man an rund drei Staffeln (54 Maschinen) F-86F und 30 bis 40 F-84F, die auch an die deutsche Luftwaffe geliefert wurden. Aber Österreich zeigte an diesen beiden Typen kein Interesse, und das Außenministerium fürchtete außenpolitische Unstimmigkeiten mit der Sowjetunion.(FN5) Auch die Auffassung, solche Flugzeuge aus US-Beständen hätten das Bundesheer, materiell gesehen, a priori in die Position einer ("pro-westlichen") Angriffsarmee gebracht, ist geradezu lächerlich. Diese Polemiken gab es jedoch, und man wollte um nichts in der Welt die Sowjetunion provozieren. So wurde 1958 sogar die (dann nicht zu Stande gekommene) Beschaffung des leichten taktischen Kampfflugzeuges Fiat G-91 als "NATO-Flugzeug" kritisiert.

Die Problematik der österreichischen Landesverteidigung, der Gegensatz zwischen Wunsch und Realität, zwischen militärischer Forderung und politischen Zugeständnissen oder zwischen Auftrag und Machbarem, lässt sich am Beispiel der Luftstreitkräfte besonders gut verdeutlichen. An diesem gut überschaubaren Einzelfall kann man nachvollziehen, wie das Bundesheer insgesamt vernachlässigt wurde. Die quantitativen Schwächen der Panzertruppe, der Artillerie oder der Pioniertruppe - um wahllos drei herauszugreifen - verwischten sich durch Akkumulation der einzelnen Teile, bei den Luftstreitkräften betonte hingegen die Schwäche jedes Teiles die Inferiorität des Gesamten auf eindrucksvolle Weise.

Es soll nicht vergessen werden, dass die Bedeutung und die Rolle des Luftkrieges im Bereich von Strategie und Operation seit 1939 allgemein bekannt waren; warum diese Erkenntnisse nach 1955 in Österreich keinen Eindruck mehr machten, ist unerklärbar. Die Frage des Schutzes der Zivilbevölkerung vor feindlichen Luftangriffen - der Normalfall im Zweiten Weltkrieg - blieb ausgespart, die Rolle der Luftverteidigung wurde nie strategisch oder operativ gesehen, sondern höchstens als neutralitätspolitischer "Selbstzweck", also als rudimentäre Aufgabe innerhalb zu schwach realisierter Gesamtstrukturen in einer Armee. Fragen hinsichtlich der Luftangriffskapazitäten waren geradezu verpönt. Man konzentrierte sich lieber auf Bergrettungs- und Hochwassereinsätze, für die man um Hunderte Millionen Schilling gerne Dutzende Hubschrauber bis zur CH-53 beschaffte. Die "Hubschrauber-Fraktion" hatte in der Organisation jahrelang das Übergewicht und konnte auf ihre Erfolge pochen, während die "Flächenflieger" immer wieder auf Sinnsuche waren. Die österreichischen Luftstreitkräfte waren - im internationalen Vergleich und bezogen auf die Bedrohung - nie mehr als ein Torso. Das Maß, das allein eine Aussage über die Sinnhaftigkeit von Luftstreitkräften zulässt, nämlich die an den Feind gebrachte Kampfkraft, ordnete Österreichs Luftstreitkräfte im internationalen Vergleich immer nahe bei Null ein. Der Sinn einer Existenz ohne erfüllbaren Auftrag stellte sich in der Phase des Aufbaus natürlich noch nicht, wohl aber in den 60er-Jahren. Nie wurde gefragt, ob das Fehlen von Luftstreitkräften nicht den politischen Handlungsspielraum einengen würde, ob eine Mobilmachung und das Beziehen der Bereitstellungen (oder später von Schlüsselzonen) unter feindlichen Luftaktivitäten möglich und ob ein Operationsfall "nach Plan" durchführbar wäre. Die ehrlichen Antworten auf diese Fragen hätten den Sinn der militärischen Landesverteidigung - zumindest militärisch - vermutlich in Frage gestellt.

Die Defizite waren überdeutlich: Es gab keine modernen Jäger, es fehlten weit reichende FlA-Waffensysteme, Luft-Luft-Lenkwaffen, Luft-Boden-Waffensysteme. Es fehlte den Einsatzpiloten daher auch eine zeitgemäße Ausbildung im Bereich Lufttaktik, es fehlten ECM-Einrichtungen, am Boden gab es keine Splitterschutzanlagen, es fehlten sogar die bescheidenen Mittel, um den als Notlösung propagierten "laufenden Ortswechsel" durchführen zu können, ehe dieser, aus einer Mischung von Resignation und Kurzsichtigkeit, als angeblich "unrealisierbar" aufgegeben wurde. Schließlich meinte man, wenn die NATO an der Abwehr von Flugzeugen des Warschauer Paktes über Österreich interessiert sei, solle sie dies selber tun.(FN6) Feindliche Luftherrschaft bedeutete die ungehinderte Durchführung von Luftaufklärungseinsätzen über Österreich durch fremde Mächte, den weitgehenden Verlust der Beweglichkeit mechanisierter Kräfte des Bundesheeres, hohe Verluste durch Luft-Boden-Waffen ohne Möglichkeiten einer Vergeltung, die Ausschaltung der eigenen schweren Waffen, bevor diese zur Wirkung gelangen konnten, die Nichtdurchführbarkeit von Großvorhaben der Pioniere, die Erschwerung der Versorgungsführung und Materialerhaltung im Einsatz, feindliche Luftlandungen im eigenen Hinterland bzw. die Niederhaltung von Kräften, die gegen eine solche Luftlandung angesetzt werden können, die Inkaufnahme der Vernichtung der eigenen Luftstreitkräfte durch feindliche Luftkriegsmittel, die Lähmung des Gesamtstaates durch "Luftterror", die Zerstörung lebenswichtiger Infrastrukturen und Einrichtungen durch feindliche Luftkriegshandlungen, die Möglichkeit, die politische Führung zu erpressen, indem allein der massive Einsatz von Luftkriegsmitteln gegen die Zivilbevölkerung angedroht wird, die Nichtdurchführbarkeit von Luftangriffen, aber auch von Angriffen der Erdstreitkräfte auf dem Gebiet des Gegners, gegen seine Infrastrukturen, Basen, Industrien etc.

Die weitgehende Unmöglichkeit eines beweglichen Einsatzes schwerer Waffen machte das Bundesheer auf dem Gefechtsfeld zur "Gewehr tragenden Infanterie" (so Divisionär Franz Freistetter), deren Umfang die 300.000 Mann Mob-Organisation (die nie erreicht wurde) dominiert hätte. Der Ausweg "Gesamt-Raumverteidigung" überließ dem Aggressor die Initiative und führte zur intellektuellen Erstarrung. Zu ergänzen wäre, dass jeder Verzicht auf eine Zielbekämpfung im feindlichen Hinterland, den feindlichen Aufmarsch, die feindlichen Kräfte in Österreich durch Luftkriegsmittel eine Chancen-Ungleichheit bedeutete. Ein derartiges Defensivkonzept stellte für den Aggressor ideale Bedingungen dar. Es fehlten bis in die 60er-Jahre hinein konkrete Zielunterlagen über gegnerische Führungseinrichtungen, Flugplätze, Kasernen etc., denn es gab ohnedies keine Einwirkungsmöglichkeiten. Operativ bringt eine solche Ausgangslage Probleme. Zudem wird die fremde Zivilbevölkerung völlig vom Krieg verschont. Schäden gibt es nur im eigenen Land. Politisch hat der Aggressor den Vorteil, dass er schon vor der Aggression weiß, dass seine Zivilbevölkerung keinerlei Verluste erleiden wird. Dies allein machte eine Aggression gegen Österreich (samt A-Waffen-Einsatz) militärisch weniger riskant.

Die meisten Großübungen des Bundesheeres wurden 20 Jahre lang mehr oder weniger ohne "Luftlage" durchgeführt bzw. wurde stets angenommen, die feindlichen Luftkriegsmittel wären durch eigene Kräfte "gebunden" oder durch Schlechtwetter "behindert". Selbst beim Vorhandensein von Flugzeugen wurde auf einen Einsatz eigener Luftstreitkräfte - auch als Feinddarsteller - vielfach verzichtet oder deren Rolle abgewertet. Dass dies ein völlig verfälschtes Gefechtsbild zur Folge hatte, soll nur der Vollständigkeit halber Erwähnung finden.

Einige Militärs, voran Emil Spannocchi, glaubten, die Regeln des Guerillakrieges bzw. eines Giap, Castro, Mao oder Che Guevara nach Mitteleuropa verpflanzen zu können. Dies wurde in Österreich (und nur hier) zur Doktrin: Jetzt wurde das "Unterlaufen der Technik des Schlachtfeldes" durch die "Taktik der tausend Nadelstiche" und durch die "Raumverteidigung" propagiert. Man hoffte, durch ein betont statisches Verteidigungssystem den eigenen Aufmarsch nach Raum und Zeit zu reduzieren, verbunkerte teilweise die schweren Waffen, sprach vom "hohen Eintrittspreis" und schuf für einen Luftfeind geradezu einen Idealzustand, aber Fliegeroffiziere wurden bei der Planung der ("Gesamt"-)Raumverteidigung nicht beigezogen. Somit standen am Ende dieser Epoche des Bundesheeres eine verfehlte Konzeption und ein Verzicht auf eine moderne Armee.

Die militärische Spitze ist somit nicht von Fehlern, Fehlbeurteilungen und der Akzeptanz von militärisch fatalen Vorgaben seitens der Politik freizusprechen. Nie wurde der politischen Führung klar gemacht, dass der Auftrag "Landesverteidigung", "Schutz der Grenzen", "Luftverteidigung" etc. mit den vorhandenen Mitteln nicht erfüllbar war und ein Krieg aus dem Luftraum nur eine Angelegenheit von ein, zwei Tagen sein konnte. Die Konsequenzen für die Bevölkerung wurden nie ausgesprochen.

Die handelnden Personen

Die Luftstreitkräfte hatten von Anbeginn an eine Auswahl an guten kriegsgedienten Offizieren für Führungspositionen, darunter solche mit hohen Abschusserfolgen und zahlreichen Fronteinsätzen. Wie bei den Landstreitkräften schieden allerdings wegen des "Oberst-Paragrafen" viele hervorragende Offiziere für höhere Führungsfunktionen aus.

Der Major der Luftwaffe, dann Major der Gendarmerie, Josef Bizek, war als Angehöriger der B-Gendarmerie im Personalstand des BKA bzw. im Aufstellungsstab des Amtes für Landesverteidigung gewesen.(FN7) Dies sollte sich als Glücksfall erweisen, denn in Bizek vereinigten sich Intelligenz, Organisationstalent und Menschlichkeit. Im Jahre 1955 entstand mit der Betrauung von Bizek mit den Agenden von Luftangelegenheiten im Amt für Landesverteidigung die erste Keimzelle der zukünftigen Luftabteilung und der Luftstreitkräfte der Zweiten Republik. Mit 14. September 1955 wurde Bizek die "leitende" Bearbeitung dieses Bereiches - jetzt III/L - übertragen, und am 15. Juli 1956 erfolgte offiziell die Errichtung des "Amtes für Landesverteidigung". Er erhielt am gleichen Tag von Gendarmerie-General Wilhelm Neugebauer "fliegerische Unterlagen", was darauf hinweist, dass zum Bereich "Luft" bereits einige Überlegungen angestellt worden waren. Bizek besuchte 1955 alle wichtigen Flugplätze und hoffte, diese für das Bundesheer zu erhalten.

Auf dem Führungs- und Planungssektor wurde in Langenlebarn am 4. April 1956 der "Arbeitsstab L" aufgestellt.(FN8) Der erste Leiter war Major Josef Suchtrunk. Dieser Stab hatte die Aufgabe, den weiteren Auf- und Ausbau der Luftstreitkräfte festzulegen. Auf Grund des Fehlens einer verbindlichen politischen Absichtserklärung über die zukünftigen Aufgaben und Strukturen österreichischer Luftstreitkräfte konnte dieser Planungsstab von sich aus lediglich Vorschläge ausarbeiten.

Seitens der SPÖ wurde Paul Lube als Wunschkandidat für die "Luftwaffe" ins Gespräch gebracht. Er kam am 4. April 1956 zum Heer.(FN9) Der rasch zum Oberst beförderte Lube sollte zunächst das geplante "Fliegerführungskommando" als Zelle der zukünftigen Luftstreitkräfte übernehmen, während Bizek im Bundeskanzleramt bzw. BMLV verbleiben sollte. Die Aufstellung des Fliegerführungskommandos mit 1. Juli 1956 unter Lube (nun Oberst des höheren militärischen Dienstes/dhmD) in Tulln-Langenlebarn wurde als Verbands- und Truppenführungskommando gesehen.

Es konnte keine größeren Gegensätze geben als die zwischen Lube und den anderen Persönlichkeiten. Lube war eine charismatische Persönlichkeit, schlagfertig, ein rascher Arbeiter, von stets makellosem, elegantem Äußeren, hoch gebildet, gleichzeitig oft sprunghaft, introvertiert und kleinlich, oft charmant, oft eiskalt. Lubes seltene Truppenbesuche waren stets von "Auftritten" und kleinlicher Kritik an Nebensächlichkeiten gekennzeichnet. Lubes Vorzüge waren sein Einsatz für das persönliche Fortkommen und Vorwärtskommen seiner Offiziere und Beamten, sein guter Kontakt zu den fachlich sehr guten Unteroffizieren, von denen das Kommando Luftstreitkräfte (KoLu) stets profitierte. Von der Politik und strategisch-operativen Zusammenhängen verstand er genug, um die Untauglichkeit seines Instrumentes "Luft" zu erkennen. Dies allein setzte ihn gegenüber den anderen Befehlshabern, die von Anbeginn kampftaugliche Truppen unter sich hatten, zurück. Lube fehlte im ÖVP-dominierten BMLV der politische Rückhalt.

Im Gegensatz dazu war Bizek ein väterlicher, ruhiger, aber umso gründlicherer Typ. Er war der Gegenpol zu Lube, war sehr beliebt, ihm galt auch die Loyalität des Stabes. Bizek war ein "schreibender" Stabschef. Die von ihm verfassten Geschäftsstücke waren sprachliche Meisterwerke, die auch heute noch frisch und sachlich unangreifbar wirken. Bizek wurde zwar vielfach wegen seiner zu geringen Durchschlagskraft bei Lube kritisiert, doch stand Bizek auch persönlich zu stark im Schatten von Lube. Bizeks Charakter und sein Arbeitseinsatz machten ihn unangreifbar. Dass er fallweise auch schwache Leistungen seines bunt zusammengewürfelten Stabes akzeptierte, zeigte große Toleranz gegenüber Fehlern.

Der politische Schachzug, den sich als Opfer des Dritten Reiches sehenden und damit politisch auch von der ÖVP nicht verhinderbaren Lube als Befehlshaber einzusetzen, schuf bei den Luftstreitkräften zwei "Fraktionen", nämlich die der Kriegsoffiziere und die der (von Ersteren) als "politisch positioniert" gesehenen Offiziere, wobei viele Kriegsoffiziere zu Lube persönlich auf Distanz gingen. Es konnte kein Zufall sein, dass Lube daher um sich vor allem "Nicht-Flieger" versammelte und die "Asse" zur Truppe (vor allem zum Fliegerführungskommando, der späteren Fliegerbrigade) abschob. Im KoLu dienten daher überwiegend Offiziere, die im Zweiten Weltkrieg keine hoch dekorierten Pilotenkarrieren aufwiesen.

An der Spitze des Fliegerführungskommandos stand mit dem "Ortswechsel" von Lube nach Wien Obstlt dhmD Anton Mader, der sehr früh begann, zu Lube einen Gegenpol zu bilden. Lube fühlte sich in Gegenwart der "alten Adler" unwohl und vermied das unter Jagd-, Kampf- und Transportfliegern übliche "Fachsimpeln". Die Gespräche blieben stets "formell". Lube überließ Mader den ohnedies nur rudimentär vorhandenen "militärischen Teil", das KoLu hingegen kümmerte sich um die (ebenso wenig umsetzbare) "Luftfahrtpolitik", Beschaffung, Planung und um die Aufstellung der Luftstreitkräfte.

1957 war Josef Haiböck in das Bundesheer eingetreten.(FN10) Haiböck, eine weitere charismatische Persönlichkeit und erfolgreicher Jagdflieger, war der Typus des unpolitischen, kultivierten Offiziers, der wie Bizek, Lube und Mader zuvor dem Irrtum erlegen war, die Republik Österreich wäre an einem schlagkräftigen Luftinstrument interessiert. Er war später unter Mader Chef des Stabes im KoLu und gezwungen, die Abwertung dieses Kommandos zu einem Brigadekommando hinzunehmen.

Zum Kreis der ersten Mitarbeiter kam Anfang Dezember 1955 der Polizei-Oberstleutnant Gustav Hauck. Er hatte 1951 wieder mit der Segelfliegerei, dann mit der Motorflug- und Hubschrauberschulung begonnen, war mit vorbereitenden Arbeiten für die zukünftige Aktivierung der Flugsicherung auf Zivilflugplätzen tätig und mit dem Aufbau eines Flugrettungsdienstes im Rahmen der Exekutive beauftragt worden und leitete noch im November 1955 den ersten Motorfliegerkurs für Exekutivbeamte. Hier sei erwähnt, dass er am 9. Dezember 1955 in Langenlebarn den ersten Flug mit einem Flugzeug des Österreichischen Bundesheeres der Zweiten Republik durchführte, und zwar mit einer Yak-18; die erste Yak-11 flog er am 11. Jänner 1956; den ersten Hubschrauber, eine Bell 47-G2, überflog er selbst von Paris und landete am 1. Februar 1956 in Langenlebarn.

Herausragend war des Weiteren Paul Reitter, der im Bundesheer vor allem den Radarsektor aufbaute und zur ersten Generation der "Goldhaube"-Mitarbeiter gehörte.

Erste Überlegungen: Teilstreitkraft oder Waffengattung?

Die Hoffnung auf eine selbstständige Teilstreitkraft "Luftstreitkräfte" hatte mehrere Ursachen: Im Bundesheer vor 1938 hatte Generalmajor Alexander Löhr versucht, die Luftstreitkräfte weitgehend autark zu organisieren. Nach 1918, vor oder im Zweiten Weltkrieg, war in allen Ländern der Welt die Verselbstständigung der Luftstreitkräfte erfolgt. Im Staatsvertragsentwurf von 1947 war im Artikel 17 (in der deutschen Fassung) von einer "Landarmee" und einer "Luftwaffe" die Rede, die getrennt dargestellt worden waren. Auch in Aufsätzen über die Zukunft bewaffneter Streitkräfte zwischen 1948 und 1955 wurde stets von einer eigenen österreichischen "Luftwaffe" gesprochen.

Das Bundesheer als Oberbegriff für das österreichische Militär vertrug 1955/56 sicherlich keine klare Trennung in eine Armee bzw. ein Heer (Landstreitkräfte) und in Luftstreitkräfte. Dies hätte die Schaffung eines gemeinsamen Oberkommandos und darunter von zwei völlig getrennten militärischen Spitzen, Führungsstrukturen und Organisationen erfordert, wobei es bei den Luftstreitkräften auf Jahre hinaus keine Verbände mit Kampfkraft gegeben hätte. Man wählte ein "Modell Löhr", schwächte es aber bei entscheidenden Elementen wie Rüstungsplanung, Organisationshoheit, Beschaffungsvorhaben etc. stärker in Richtung Zentralstelle ab. Da somit von Anbeginn an eine Verflechtung bestand, gab es auch keine Klarheit im "Partizipationsumfang Luft" bei der Geräteplanung, Personal- und Budgetplanung. Damit waren die wesentlichen Elemente in "fremden Händen". Kraftfahrzeuge, Kasernen und Unterkunftsgerät, FM-Gerät, Treibstoffe, San-Gerät, Uniformierung (die daher immer eine des Heeres blieb) und die allgemeine Geräteausstattung wurden vom BMfLV (BMLV) zugewiesen.

Da die Luftstreitkräfte organisatorisch ein eigenes (aber hierarchisch nur nach "unten" wirkendes) Kommando besaßen, wurde das Problem "Teilstreitkraft" zunächst nicht erkannt, außer im Bereich der obersten Führungsspitze; die anstehenden Probleme überließ man seitens des BMLV diesem Kommando, das die Probleme aber nicht lösen konnte, da es nach "oben" hin ohne ausreichende Kompetenz war. Die gewählte Führungsstruktur war die einer "erweiterten Waffengattung" (mit Luftstreitkräfte-spezifischen Technikern, Fernmeldeteilen, San-Dienst, Versorgung, Intendanz- und Wi-Dienst, Betriebsdiensten) mit gänzlicher Unterordnung unter alle Sektionen des BMLV wie jedes andere Gruppenkommando.(FN11) Der Weg zu einer Teilstreitkraft hätte daher nur über eine völlige Herauslösung der Luftabteilung führen können bzw. deren Rang als eigene Sektion unmittelbar unter dem Minister, oder aber durch zumindest über eine "Gruppe Luft" mit allen Luftstreitkräfte-relevanten Kompetenzen, Funktionen und Anordnungsbefugnissen direkt unter dem Bundesminister für Landesverteidigung und GTI festsetzen müssen. Eine derartige Führungsstruktur und Organisation war zwar ab 1970 gerechtfertigt, blieb aber unrealisiert. Darin lag und liegt einer der Gründe für den späteren unbefriedigenden Stellenwert der Luftstreitkräfte und die zahllosen Kompetenzkonflikte - auch innerhalb der Luftstreitkräfte selbst.

Weitere Aspekte waren die Neutralität und das Raketenverbot gem. Art. 13 des Staatsvertrages. Man fürchtete, dass die Politik die Neutralität als "Sicherheitsgarantie" sehen würde - trotz gegenteiliger Erfahrungen Neutraler im Ersten und Zweiten Weltkrieg - und, unter Schlagworten wie "die Neutralität schützt uns" oder "das Bundesheer verteidigt die Neutralität", auf die Aufstellung von kampfkräftigen Luftstreitkräften verzichtet würde.

Die Aufstellung der Fliegertruppe

Noch im Jahre 1955 war es in der Abteilung III/L des Bundeskanzleramtes (BKA) zu einem "Entwurf einer Organisation der österreichischen Luftstreitkräfte" gekommen. Dieser Entwurf sah vor, dass auf Ebene BKA eine "Abteilung für Heimatluftverteidigung" mit etwa 80-120 Jagdflugzeugen einzurichten war, unterhalb von III/L ein "Kommando der Luftstreitkräfte", wo in einer "Fliegerbrigade" 146 Jagdbomber, 48 Aufklärer, 18 Nahaufklärer, 71 Transportflugzeuge, 95 Schulflugzeuge und 60 andere Flugzeuge bzw. Hubschrauber vorhanden sein sollten.(FN12) Desgleichen war die Beschaffung von FlA-Lenkwaffen vorgesehen. Als Unterstützung waren geplant: eine "FlA-Waffenbrigade", eine "Fliegerversorgungsbrigade" und eine "Fliegerführungsbrigade". Die Probleme, denen sich die Luftstreitkräfte in der allerersten Aufstellungsphase gegenübersahen, lassen sich folgendermaßen darstellen: Es fehlten Personal und eine klare Budgetplanung, es gab keine Aussagen darüber, was man eigentlich wollte. Der Bedarf und Einsatz von Jagdflugzeugen stand mit dem Zwang einer elektronischen Luftraumüberwachung und einer modernen Infrastruktur in engem Zusammenhang. Beides konnte nur unter erheblichem Zeitaufwand gelöst werden, womit sich umfangreichere Flugzeugbeschaffungen auf den Beginn der 60er-Jahre verschoben. Der voraussichtliche Bedarf an Fliegerabwehrsystemen im Bereich der Luftstreitkräfte war ebenfalls umfangreich und schwankte, je nach Durchrechnung der sich stellenden Aufgaben, zwischen 36 bis 72 40mm-Kanonen, dazu kamen zahlreiche leichte FlA-Rohrwaffen und leichte FlA-Lenkwaffen sowie die erforderlichen Feuerleitsysteme und Führungseinrichtungen. Der Personalbedarf für die FlA-Kräfte lag bei etwa 2.200 Mann. Die Radar- und Fernmeldestruktur wurde, ohne über technische Grundlagen zu verfügen, eher grob geschätzt: zwei Flugmeldekompanien, vier Leit-Kompanien und eine Auswerte-Kompanie, dazu eine Flieger-Funk-AufklärungKp, eine FlTel-FunkKp, eine FlTel-FernsprechKp, eine FlTel-VersuchKp und eine FlTel-Fachschule mit insgesamt einem Dutzend taktischer Radargeräte und 1.286 Mann.

Der Bedarf an Flugzeugen ermöglichte eine Abschätzung des Pilotenbedarfs. Dieser wurde mit 400 Mann festgelegt. Dies erforderte die Ausbildung von jährlich 50-80 Piloten. Zu diesen 400 Piloten sollte bis 1965 eine Pilotenreserve von 360 Piloten aufgebaut werden. Die Bodenteile der fliegenden Verbände wurden - abhängig von der Zahl der Flugplätze und Verbände - mit 1.420 Mann ermittelt, da die Instandsetzung außerhalb der Geschwader erfolgen sollte. Somit ergaben sich im Bereich "Luft" Personalforderungen im Umfang von 6.416 Mann.(FN13) Am 1. August 1956 kam es zu einer Besprechung bei Oberst Erwin Fussenegger über die zukünftige Stärke der Luftstreitkräfte. Fussenegger erklärte, man werde zunächst ein "Flak-Regiment" mit drei Abteilungen aufstellen, später sei eine Verdopplung notwendig. Und: Die Flak bleibe "ausschließlich Sache der Luftstreitkräfte". Die heereseigene Truppenfliegerabwehr werde mit den (überschweren) 12,7mm-MGs durchgeführt. Die Entwicklung von FlA-Raketen wäre zu beobachten. Man benötige 150 Jäger/Jabos für den Jagd- und Erdkampf, drei Staffeln Aufklärer à 16 Maschinen, eine Staffel Transportflugzeuge (C-47 oder ähnliches) und etwa 30 Hubschrauber. Sechs Flugplätze wären zu belegen, vier bis fünf Feldflugplätze wären darüber hinaus vorzubereiten. Auch die Luftschutztruppe des Bundesheeres sei in den Luftstreitkräften zu organisieren. Ein Bedarf an Radargeräten bestehe. Alle Gesprächsteilnehmer hofften auf umfangreiche Lieferungen aus den USA. Man werde seitens Österreichs für den Bereich "Luft" etwa 10.000 Mann und zwei Mrd. ATS benötigen, um diesen Rahmen zu realisieren.(FN14) Mit diesem Versprechen und den Auftrag an Lube, einen Entwurf über eine "Luftwaffenorganisation" bis 8. August 1956 (also binnen einer Woche) vorzulegen, ging die Besprechung zu Ende. Die prompt - da bereits ausgearbeitet - vorgelegten Unterlagen (als Geschäftsstück der Luftabteilung) erzeugten Hoffnungen. Aber es geschah nichts. Für Lube hatte Fussenegger leere Zusagen gemacht.(FN15) Aber es war die Regierung, die vor solchen Investitionen und Zusagen zurückschreckte.

Einen weiteren Vorstoß gab es, als Lube aufzeigte, dass Österreich für die Aufgabenerfüllung "Wahrung der Lufthoheit, Unterstützung des Heeres durch Ausschaltung feindlicher Einwirkung aus der Luft, Aufklärung und Bekämpfung feindlicher Erdtruppen, Durchführung von Lufttransporten sowie Verbindungsaufgaben, Abwehr feindlicher Einwirkungen aus der Luft" zwei Jagd-/Jabo-Gruppen mit 80 Flugzeugen, eine Aufklärungsgruppe mit 48 Flugzeugen, insgesamt 138 Düsenjäger, 31 Hubschrauber, 14 Transportflugzeuge, 24 Schulflugzeuge und sieben Verbindungsflugzeuge, dazu auch 400 Piloten benötige, was damals etwa dem entsprach, was die Schweiz besaß.(FN16) Da auch dieses Planungspapier (trotz Streckung der Beschaffung auf 36 Flugzeuge pro Jahr) keinerlei Chance auf eine Realisierung hatte, kam es zu laufenden Abstrichen und zur "Politik der kleinen Schritte", die letztlich aber zur Politik der "kleinsten Schritte" führte.

Da in vielen Bereichen überhaupt keine Fachkenntnis vorlag, musste man sich 1957 entschließen, ein Schreiben an die Militärattachés bei den Signatarstaaten zu richten, in dem man Informationen über Jägerleitverfahren, Radar, Störsender, Elektronik, neuzeitliche Einsatzgrundsätze von Kampfflugzeugen und Ausbildungsmethoden erbat. De facto kam es nur seitens der USA zu Informationen und somit nur mit den USA zu einer engeren Zusammenarbeit.

Am 27. März 1960 kam es im Hotel Imperial zwischen Fussenegger und Lube in Anwesenheit amerikanischer Offiziere zu einer Kontroverse, die auch einen Brief Lubes an Fussenegger zur Folge hatte (Brief vom 29. März 1960). Fussenegger hatte Lube vorgeworfen, er sei persönlich schuld am Umstand, dass es beim Aufbau der Luftstreitkräfte nicht weiterging, was Lube mit scharfen Worten zurückwies.

Eine darauf folgende Studie, die von Lube, Bizek, Mader und Schöberl verfasst wurde, war die umfangreichste über Sinn und Zweck von Luftstreitkräften, Einsatzgrundsätzen, Auftrag, Bedrohung, Budget, Organisation, Kräfte, Zeitplan und Personalbedarf seit 1956. Es war der letzte Versuch, eine "Groß-Luftwaffe" aufzubauen. Nochmals wurden - angesichts der sich verändernden Lageeinschätzung und Priorität der taktischen Unterstützung der Landstreitkräfte - 30 Abfangjäger, 60 leichte Aufklärer, 210 Jagdbomber, 50 Hubschrauber und 60 Verbindungsflugzeuge sowie 60 Schulmaschinen gefordert. Die Resonanz auf diese Studie war im BMLV geteilt.(FN17)

Infrastruktur: Nur wenige Standorte blieben übrig

Da bereits vor Abzug der Besatzungstruppen zahlreiche Konzepte über den Aufbau einer internationalen Fluglinie und von Binnengesellschaften entstanden waren, war es nur natürlich, dass jede Landeshauptstadt in Form von "Landesflugplätzen" an eines der vorgesehenen Flugnetze angeschlossen werden wollte. Hiezu wurden Flughafenbetriebsgesellschaften öffentlichen Rechtes gebildet, wobei die Kosten des Betriebs und Ausbaus dieser Flugplätze zwischen Bund, Land und der jeweiligen Landeshauptstadt aufgeteilt wurden. Somit war an eine einheitliche militärische Verwaltung ehemaliger militärischer Flugplätze im Bereich der Landeshauptstädte schon 1955 nicht mehr zu denken. Als Bundeskanzler Raab im September 1955 die zukünftigen Garnisonsorte des Bundesheeres besuchte, waren die Würfel gegen das Bundesheer bereits gefallen. Dennoch kam es seitens der Luftabteilung zum Versuch einer Übernahme der elf vorhandenen "großen" Flugplätze, dazu der 20 Notplätze und Pisten der ehemaligen Reichsluftverteidigung. Aber die Gegensteuerung der Landesregierungen reduzierte dieses Vorhaben auf wenige Plätze: Gemäß dem Beschlussprotokoll Nr. 110 der Ministerratssitzung vom 22. November 1955 wurden dem Bundesheer Linz-Hörsching, Tulln-Langenlebarn und Zeltweg, später auch Aigen/Ennstal, Graz/Thalerhof und Wr. Neustadt-West zugewiesen, während in Graz und Linz ein Teil der Areale an die später geschaffenen Flughafenbetriebsgesellschaften abgetreten werden musste.

1945 waren die kleinen Plätze - wie auch viele andere, die heute nicht mehr bestehen - von den Besatzungstruppen besetzt und zum Teil als fliegerische Basen verwendet worden. 1955 wurden sie an die Republik Österreich übergeben bzw. waren sie im Zuge (zum Teil unkontrolliert) durchgeführter Verbauungen unbenutzbar geworden und wurden oft landwirtschaftlich rekultiviert. Ein Teil dieser Plätze dient heute der Sportfliegerei. Die größeren Plätze wurden, soweit sie 1955 noch nicht in der Verwaltung der Republik Österreich waren, mangels einer militärischen Liegenschaftsverwaltung vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau im Wege der neu geschaffenen BGV (Bundesgebäudeverwaltung) II übernommen. Unklarheit in den Kompetenzen schuf sofort zahlreiche Schwierigkeiten.

Auf Grund der noch unklaren militärischen Ausbauplanung konnte damals noch nicht entschieden werden, wie die in das Eigentum der Republik übergegangenen Flugplätze einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden sollten. Militärischerseits wurde zunächst auf Grund ihrer Lage und der verhältnismäßig kompletten und intakten Einrichtungen zwingend das Augenmerk auf die großen Flugplätze gelegt, grundsätzliches Interesse jedoch auch an den anderen Plätzen bekundet. Gemäß dem Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung der Sektion II/BMLV vom 31. Juli 1956 waren Fels am Wagram, Seyring und Götzendorf von den Gemeinden "kassiert" worden.

Gemäß einem Schreiben der Finanzprokuratur Wien vom 4. Februar 1957 an das BMLV war das BMF damals bereit, dem Bundesheer die Truppenübungsplätze Döllersheim, Bruck/Leitha, Bisamberg, Völtendorf bei St.Pölten, Stockerau und Treffling, die Flugplätze Wien-Aspern, Schwechat, Zwölfaxing, Fels am Wagram, Bierbaum, Kottingbrunn, Tulln-Langenlebarn, Hörsching, den Bombenabwurfplatz Blumau a.d. Wild sowie diverse Kasernen zu übergeben, falls das BMLV an diesen (oder auch anderen Arealen) Interesse hätte. Das BMLV griff nur teilweise zu, womit die letzte Chance, sich mehrere Flugplätze für die Nutzung durch das Bundesheer zu sichern, vertan wurde.

Die Luftstreitkräfte konzentrierten sich schließlich auf die Flugplätze Hörsching, Zeltweg und Graz/Thalerhof, weil dort Startbahnen, Hallen und Unterkünfte am besten erhalten waren. Daneben wurden Instandsetzungen auf den Flugplätzen Langenlebarn und Wr. Neustadt ins Auge gefasst. Durch den Wiederaufbau des Flugplatzes Langenlebarn wurde dieser Platz im Großraum Wien als Militärflugplatz wesentlich aufgewertet; Hörsching und Zeltweg erhielten auf Grund ihrer Lage Priorität. Graz/Thalerhof bot sich auf Grund der ausreichend langen Betonpiste zunächst für den Aufbau eines ersten österreichischen Düsenverbandes an, doch musste man für die J-29F dann trotzdem vorübergehend auf Wien-Schwechat ausweichen. In Klagenfurt hingegen wurde politisch ferngesteuert gegen die Stationierung von Militärflugzeugen sofort polemisiert; es waren Aktionen, die vom Bürgermeister und Landeshauptmann mitgetragen wurden und sich eindeutig gegen die Luftstreitkräfte richteten. Kärnten war auch gegen die Stationierung von J-29F und gegen den Draken. Es waren politische Kraftproben lokaler Politiker, die, mit Billigung der Parteizentralen in Wien ausgetragen, vom Bundesheer letztlich verloren wurden. Im Laufe der Jahre mussten je nach Ausbau Ausbildungszweck, Betriebs- und Einsatzmöglichkeiten die Militärflugplätze verschiedenartig belegt werden.

Der Sonderfall: Die "Zentralstelle" im Truppenkommando

Die Planung des "Organisationsstabes Luftstreitkräfte" beim Amt für Landesverteidigung sah bereits 1955 die Aufstellung einer "Gruppe Luft" beim Amt für Landesverteidigung vor, dazu das Kommando der Luftstreitkräfte im Rang eines Korps-Kommandos. Der Organisationsstab sollte neben der Leitung eine Führungsabteilung, eine Personal- und Ergänzungsabteilung, einen Fliegerarzt und eine Versorgungsabteilung mit Referaten für Fliegerisches Gerät und Bodengerät, Waffen und Munition, FlA-Waffen, Bauwesen, Kraftfahrzeuge, Intendanzwesen und schließlich für Versorgungsangelegenheiten umfassen. Für einen derartigen Stab fehlten jedoch vorerst die Personen. In einem zweiten Papier hatte Bizek die "Gruppe Luft" und das "Kommando der Luftstreitkräfte" gekoppelt. Dies ist insofern interessant, da es bezüglich der Stellung des Kommandos der Luftstreitkräfte/BMLV und des Befehlshabers stets Kompetenzfragen gab. Damals schrieb Bizek: "... an der Spitze sollte eine Person stehen, die Gruppenleiter, zugleich Kommandant der Luftstreitkräfte, zugleich Stabschef sein soll." (FN18) Geplant war neben dem Gruppenleiter und dessen Geschäftszimmer eine Führungsabteilung mit den Referaten Fliegerwesen, Flieger-Führung, Fla-Waffen, Luftschutz, Fliegerarzt und "Allgemeines"; eine Personal- und Ergänzungsabteilung mit dem Referat Offiziere, Beamte und Fliegendes Personal sowie dem Referat Unteroffiziere, Beamte und Vertragsbedienstete (C und D), des Weiteren das Referat Ergänzungswesen; eine Versorgungsabteilung mit den Referaten Fliegendes Gerät, Waffen, Fla-Waffen, Bodenorganisation, Intendanz und Organisation der Versorgung. Als nächste Aufgabe stellten sich die Fragen der Hoheitskennzeichnung der österreichischen Militärluftfahrzeuge, die Pilotenausbildung, das Gehalts-, Einstufungs-, Dienstgrad- und Zulagenwesen, die Koordination mit dem "Luftamt" des Verkehrsministeriums und die Aufstellung des "Flieger-Arbeitsstabes" in Langenlebarn.

Mit 26. Juni 1956 wurde entschieden, im neu geschaffenen BMLV die Luftabteilung in die Sektion II zu integrieren. Offen war, ob das geplante Kommando der Luftstreitkräfte aus der Luftabteilung oder aus dem Fliegerführungskommando hervorgehen sollte bzw. eine völlige Neuaufstellung vorzusehen war. Es ist unklar, wer die Weichen stellte, doch deuten die Ereignisse auf den Wunsch der SPÖ und Liebitzkys hin, Lube sowohl zum Leiter Luft wie auch zum Befehlshaber der Luftstreitkräfte (KoLu) zu ernennen, also ein "Modell Löhr" anzustreben, was auch die Vorstellung Lubes gewesen sein dürfte. Dieser Lösung stimmte auch Verteidigungsminister Ferdinand Graf zu, womit aber die Luftstreitkräfte (ähnlich dem Gruppenkommando I) den Anstrich der "SPÖ-Nähe" erhielten,(FN19) was den weiteren Aufbau unter den ÖVP-Ministern zweifellos hemmte.

Im neu geschaffenen Bundesministerium für Landesverteidigung wurde, ebenfalls mit Wirkung vom 26. Juli 1956, im Erlass über die Gliederung und Stellenbesetzung des Ministeriums in der Sektion II die Luftabteilung wie folgt eingerichtet: Leiter und Kommandant Oberst dhmD Paul Lube, Stabschef Oberst dhmD Josef Bizek. In einem späteren Erlass wurde ergänzend und etwas abweichend festgehalten: "Die Luftabteilung nimmt mit Wirkung vom 10. Oktober 1956 unter der Bezeichnung Kommando der Luftstreitkräfte die Agenden der Truppenführung wie ein Gruppenkommando wahr." (FN20) Dieses war nunmehr offiziell vorgesetztes Kommando gegenüber allen Flieger-, Fliegerboden-, FlA- und FlTel-Verbänden. Mit 10. Jänner 1957 wurden die Verhältnisse aber wieder umgekehrt, da nun das Kommando der Luftstreitkräfte mit dem Sitz im Kommandogebäude Wien-Breitensee aufgestellt wurde, das als Luftabteilung (deren selbstständige Rolle mit 31. Dezember 1956 endete) des Bundesministeriums für Landesverteidigung teils Luftangelegenheiten im eigenen Bereich, teils in Zusammenarbeit mit den jeweils mitbefassten Abteilungen des Bundesministeriums durchzuführen und als Kommando der Luftstreitkräfte die Führung der gesamten Flieger-, FlA- und FlTel-Truppe wahrzunehmen hatte.(FN21) Somit war der vorgenommene Wechsel die Unterordnung der Luftabteilung unter das KoLu bzw. jene Bizeks unter Lube.

Dies zeigte einen Kompetenzkonflikt auf: Lag die Macht beim Leiter Luftabteilung als vorgesetztem ministeriellen Organ oder beim Befehlshaber des Kommandos der Luftstreitkräfte als Quasi-Teilstreitkraftkommandanten? Agierte der Befehlshaber als Organ des BMLV, musste er unter Umständen seine Entscheidungen im Aktenlauf absegnen lassen; als Truppenbefehlshaber hatte er jedoch weitgehend nach unten Entscheidungsfreiheit. Im besten Fall konnte er als BMLV eine Anordnung treffen, die er als Befehlshaber selber umsetzte. Traf er keine Entscheidung, konnte in Luftangelegenheiten niemand eine solche einfordern (negativer Kompetenzkonflikt). Diesen Vorteil hatten die anderen Gruppenbefehlshaber nicht. Dieser Kompetenzkonflikt wurde auch später nie zufriedenstellend gelöst und brach aus, als der Leiter Luftabteilung im Rang niedriger war als der Truppenbefehlshaber. Seitens des BMLV wurden jedenfalls die an und für sich breiten Kompetenzen der Luftabteilung auf jene Agenden reduziert, die nicht in den Aufgabenbereich der anderen Abteilungen fielen, was nicht viel übrig ließ.

Dennoch, die Kompetenzen insgesamt und die Organisation dieser Dienststelle kann für die damaligen Verhältnisse als optimal bezeichnet werden. Alle Agenden einschließlich Flugtechnik, Versorgung, Fliegermedizin und Meteorologie waren vereint. Das Kommando der Luftstreitkräfte war zentral für alle Angelegenheiten des Luftkriegswesens zuständig, konnte einerseits das Bundesministerium aus der Kenntnis der internationalen Lage und der Kenntnis der Lage bei der Truppe unmittelbar beraten, andererseits konnten alle militärischen (nicht Luftstreitkräfte-eigentümlichen) Angelegenheiten, die sich aus den Erlässen und Weisungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung ergaben, in Anpassung an die jeweilige Situation bei den Verbänden weiter bearbeitet werden. Dass neben der beratenden Funktion als Luftabteilung zwangsläufig auch "Forderungen und Wünsche", insbesondere auf dem Org-, Budget-, Personal-, Material- und Bausektor, vertreten werden konnten, ergab sich aus dieser Organisation zwangsläufig, offen blieb nur, ob das "restliche" BMLV auf solche Vorstellungen reagieren würde.

Am 11. Dezember 1956 übersiedelte das Kommando Luftstreitkräfte auf Drängen Lubes vom Franz Josefs-Kai in das renovierte "Kommandogebäude Breitensee". Dort gab es zwar Platz für einen großen Stab, aber damit zerriss das persönliche und administrative "Band" zwischen Land- und Luftstreitkräften; die Flieger befanden sich nicht mehr im Zentrum der Entscheidungsfindung und Abläufe, ein Zustand, der ebenfalls bleibenden Charakter bekommen sollte. Das Kommando der Luftstreitkräfte erhielt erst mit 1. Februar 1959 einen verbindlichen Organisationsplan, der die "Vorläufige Gliederung des Kommandos der Luftstreitkräfte" von 1956 ersetzte.

Die Trennung Luftabteilung - Kommando der Luftstreitkräfte erfolgte lediglich durch einen Org-Plan-Vermerk. Danach gehörten zur Luftabteilung: der Befehlshaber, der Chef des Stabes, der Leiter der Evidenzabteilung (mit einem Kzl-UO), der Mob-Referent, der Referent Fl, der Referent FlA, der Referent FlTel (beim G3), der Leiter G4 (mit einem Kzl-UO), der Leitende Ingenieur (und dessen Stellvertreter), der Referent Planung, der Referent Instandhaltungs-Dienste, der Referent Prüfwesen (und dessen Stellvertreter), ein Kanzleileiter und eine Schreibkraft. Damit ergaben sich Fragen hinsichtlich der Führung der "Restorganisation" Kommando der Luftstreitkräfte im Einsatzfall. Der Hinweis in den "Erläuterungen", dass die Luftabteilung nur Aufgaben im Rahmen des Luftfahrtgesetzes bzw. als Behörde wahrzunehmen hatte, war insofern irrig, da die Luftabteilung innerhalb des BMLV die Luftagenden uneingeschränkt zu vertreten hatte, während das gesamte Kommando der Luftstreitkräfte auch weiterhin nur den Rang eines Gruppenkommandos innehatte. Dies waren Mängel und Widersprüche, die jedoch solange nicht als solche gesehen wurden, als man meinte, im Verteidigungsfall würde das BMLV seine Arbeit ohnedies radikal einschränken. Der gemeinsame Org-Plan wies 54 Offiziere, 63 Unteroffiziere, 56 Chargen und Wehrmänner nach Bedarf aus. Eine KoLu-Luft-Trennung wurde organisatorisch weder geübt, noch war sie erwogen worden. Als sie 1966 kam, schwächte sie beide Organisationen entscheidend.

Die Notwendigkeit einer nationalen Luftverteidigung

Kein einzelner Bereich beschäftigte nach 1955 die Luftstreitkräfte, diverse Minister, den Landesverteidigungsrat und das Ressort so stark wie die Frage, welches Jagdflugzeug zu beschaffen wäre. Sehr rasch wurde diese Frage dem BMLV und den Luftstreitkräften weitgehend entzogen, und nicht Experten oder die Luftstreitkräfte entschieden über diese Beschaffung, sondern der Bundeskanzler, der Finanzminister und die jeweilige Bundesregierung. Der Beschaffungsprozess mit Angeboten, Erprobung, Vorführung, Gutachten etc. begann schon bald nach der Aufstellung der Luftstreitkräfte. Vieles, was angeboten wurde, war wenig geeignet, vieles, was geeignet erschien, war der Bundesregierung zu teuer.

Bereits Anfang 1959 drängten General Fussenegger und andere Heeresoffiziere auf eine Lösung des "offenen Bereiches" Luftverteidigung. Eine "Nichtlösung" dieser Frage sah die Auflösung der Luftstreitkräfte als durchaus ernst zu nehmende Alternative vor. Das Resultat war ein Geschäftsstück, in dem es u.a. hieß:(FN22) "Es ergibt sich die Frage, ob [der Aufbau der Luftstreitkräfte] weiter durchgeführt werden soll oder nicht. Wenn dieser Kampffliegerverband in absehbarer Zeit nicht aufgestellt werden kann, ist es notwendig, die Kampffliegerausbildung einzustellen. Die Ausbildung an den Düsen-Schulflugzeugen hat dann ihren Sinn verloren. Der springende Punkt in der Gesamtplanung der Luftstreitkräfte sind vor allem die Kampfflieger. Im Interesse des Neutralitätsschutzes erscheint es notwendig, hier wenigstens im bescheidenen Umfang unseren Willen zum Schutz unserer Neutralität zu betonen. Daher wird die, von der LuftAbt vorgeschlagene, Beschaffung von zunächst zwei Staffeln Kampffliegern befürwortet." Einerseits hatten die Ereignisse im Sommer 1958 (Libanon-Krise) klar gezeigt, in welch schwierige außenpolitische Situation Österreich kommen konnte (Drohgebärden und unerbetene "Angebote" der Sowjetunion), wenn man nicht einmal symbolisch den Luftraum schützen konnte, andererseits waren die Heeresoffiziere im Glauben, man könne die Pilotenausbildung jederzeit kurzfristig anlaufen lassen, unbeschadet dann nicht vorhandener Organisationen, Flugzeuge, Ersatzteile, Treibstoffkontingente, Fluglehrer, Ausbildungsverfahren etc.

Inzwischen war durch die Beschaffung von 20 Geschützen der 40mm-Flak von Bofors die "schwedische Achse" entstanden. Am 19. Oktober 1958 reiste - vermutlich nach Rücksprache mit Bruno Kreisky - General Lube überraschend nach Schweden; nach seiner Rückkehr wurde er von Verteidigungsminister Graf im Kommandogebäude General Körner besucht; die Möglichkeit, schwedische Flugzeuge zu beschaffen, war in Stockholm angeboten und diskutiert worden. Es handelte sich um das in Schweden in Ausscheidung begriffene Jagdflugzeug J-29F (erste Jet-Generation, mit Nachbrenner leistungsgesteigert). Nachdem sich die schwedische Luftwaffe gleichzeitig zur Ausbildung von Piloten und Technikern in Schweden bereit erklärte, kam diese Beschaffung 1960 vertraglich zustande. Diese Type (Prototyp bereits 1947 geflogen) war als Mehrzweck-Kampfflugzeug, das vom Abfang bis zur Fotoaufklärung alles leisten sollte, als Übergangslösung für einige Jahre akzeptabel, die Flugzeugführer konnten zumindest an ein modernes Kampfflugzeug herangeführt werden. Die Beschaffung der Saab J-29F kam für die meisten Fliegeroffiziere und für die Öffentlichkeit völlig unerwartet. Die Schweden, die damals versuchten, einen Exportmarkt aufzubauen, boten zunächst 15 J-29F an, wobei pro Maschine 2,5 Mio. ATS verlangt wurden. Die Taktik Österreichs, nämlich noch mit den USA über Flugzeuge zu verhandeln, obwohl man sich bereits auf die J-29F festgelegt hatte, die zwar billiger als die G-91, aber teurer als die kostenlosen MAP-Flugzeuge waren, lag bei der politischen Spitze. Die meisten Militärs wären, vor die Wahl gestellt, eher für die US-Jäger und Jagdbomber gewesen.

Nach der Implementierung der J-29F wurden umgehend Nachfolgetypen untersucht bzw. angeboten: Die F-5A wurde damals als besonders leistungsfähig eingestuft. Tatsächlich hatte diese Maschine im Luftkampf gegenüber den ersten MiG-21-Bauserien recht gute Chancen. (Die F-5 blieb als F-5E und als F5G/F-20 lange Zeit in der Nachfolgediskussion, und die F-5E wurde 2004 als Zwischenlösung vor Einführung des Eurofighters bei den Luftstreitkräften in Dienst gestellt.) Schon 1962 wurde die Firma Saab bezüglich des J-35 Draken im BMLV vorstellig, wobei der Militärattaché in Stockholm kontaktiert worden war. 1964 wurde im BMLV zwecks Beratung des Bundesministers die "Luftraumverteidigungskommission" ins Leben gerufen. Die Mitglieder dieser Kommission wechselten, doch waren Fliegeroffiziere in dieser Kommission kaum vertreten. Zu untersuchende Aufgaben waren - man beachte die für Flieger ungewohnte Terminologie - die "Ermittlung der Luftlage", "Schutz der Erdoperationen" und der "Gebietsschutz" (als "Luftraum oberhalb des Staatsgebietes" definiert).

Am 10. Juli 1965 bot die Firma Saab - in Kenntnis der Vorgänge und der Budgetprobleme in Österreich - ein "Hire-Purchase"-Paket für 24 Draken an. Am 13. Juni kam es zu einer Besprechung über mögliche Nachfolger der J-29F, aber man schreckte nach wie vor vor der Bestellung eines modernen Jägers zurück. Die erste umfangreichere Studie über einen Abfangjäger wurde im Jänner 1966 erstellt. Zu diesem Zeitpunkt wurde festgestellt, dass es umgehend notwendig sei, einen Überschall-Abfangjäger als Nachfolger für die J-29F vorzusehen. Die Dassault Mirage III oder Mirage V, die Northrop F-5A und die Saab J-35X Draken wurden erwogen, wobei zunächst das letztgenannte Flugzeug favorisiert wurde. Im Juli 1966 erklärte Verteidigungsminister Georg Prader, Österreich würde 35 Draken (als "Interzeptionsspitze" bezeichnet) kaufen. Diese Entscheidung blieb jedoch ohne weitere Realisierungsschritte. Erst mussten die Flugplätze mit längeren Pisten ausgestattet werden, und es war notwendig, eine Luftraumüberwachung einzurichten, was zum Großprojekt Kolomannsberg führte.

Die CSSR-Krise zeigte die Grenzen der Luftverteidigung mit einem Tagjäger und ohne Jägerleitverfahren und eingespielter Radarführung auf. Die Sowjetunion machte sich schwerer Luftraumverletzungen schuldig, als ihre Flugzeuge über Nord- und Ostösterreich laufend Aufklärungsflüge in großer Höhe durchführten und man in Moskau österreichische Proteste ignorierte bzw. den Botschafter gar nicht vorließ. In den Ohren der Flieger musste es fast wie Hohn klingen, als Prader in diesen Krisentagen in einem Interview erklärte: "Wir hätten sie ... jederzeit herunterholen können ... Wenn trotz Protestes diese Einflüge kein Ende genommen hätten, dann hätte sich die Regierung über weitere Maßnahmen Gedanken machen müssen - aber die Einflüge haben aufgehört." (FN23) Eine mittelfristige Auswirkung auf die Schlagkraft des Bundesheeres hatte die CSSR-Krise nicht. Die sofort versprochene "Wehrmilliarde" wurde zu einer halben Milliarde, die vorwiegend in die LKW-Beschaffung floss.

Im Gegensatz zur an den Tag gelegten "Großzügigkeit", mit der man die Souveränitätsverletzungen der Sowjetunion hinnahm und gleichzeitig vor der Öffentlichkeit verheimlichte, beschäftigte der harmlose Überflug einer ägyptischen An-12 (auf Grund einer Gewitterfront über der CSSR und Ungarn) am 3. Oktober 1968 die Politiker und Medien voll und involvierte sogar Völkerrechtsexperten. Im Zuge der Ereignisse von 1968 tagte (außerordentlich) am 13. September der Landesverteidigungsrat und verwies erstmals auf die gebotene Dringlichkeit einer Beschaffung von Abfangjägern. 1968 waren etwa acht Typen evaluiert und die Militärs hatten ihre Präferenz deponiert, nämlich den J-35 Draken. Es sollten neben den 20 Saab 105 OE vordringlich zwölf Draken beschafft werden. Es kam jedoch erneut zu keiner Beschaffung, vielmehr wurde der Kauf von weiteren 34 Saab 105 OE (somit 54, später reduziert auf 20) vereinbart.

Die zahlreichen Erprobungen bzw. Vorführungen in den 70er-Jahren umfassten die Dassault Mirage F-1C, die Saab J-37 Viggen und den IAI Kfir C2. Im Jänner wurde im KoLu die Erprobung der J-35D und Mirage III vorgeschlagen, dann in Schweden und Frankreich durchgeführt. 1966 wurden seitens der USA auch die A-4F und A-7D angeboten. Von 6. bis 8. Juli 1973 wurde in Österreich die Northrop F-5E vorgeführt, ein Flugzeug, das auch die Schweiz beschaffte und wegen seines günstigen Preises und seiner guten Gesamtleistung von größtem Interesse war. Schriftliche Offerte betrafen praktisch jeden Flugzeugtyp, der im Westen neu oder gebraucht geflogen wurde.

Eine umfassende Arbeit über die Luftverteidigung Österreichs war die militärwissenschaftliche Arbeit von MajordG Josef Bernecker (Absolvent des 6. Generalstabskurses), die im April 1972 abgeschlossen war.(FN24) Bernecker war noch dem damals geprägten Terminus "Luftneutralität" verpflichtet, der in der Zwischenzeit aus der Neutralitätsliteratur verschwunden ist, während z.B. Richard Bayer in seiner Dissertation zuvor den gängigen Begriff "Neutralität im Luftraum" gebraucht hatte.(FN25) Bernecker, der die Luftkriegslehren des Zweiten Weltkrieges heranzog, stellte fest, dass vor jedem Beginn einer offensiven Luftoperation eine Kriegspartei trachten wird, die Luftüberlegenheit oder Luftherrschaft zu gewinnen. Dies erfolgt durch eine Luftoffensive gegen die Luftkriegsmittel am Boden und in der Luft. Konnte einem Angreifer durch den Verteidiger die Erringung der Luftüberlegenheit verwehrt werden, war die weitere Handlungsfreiheit des Angreifers stets erheblich eingeschränkt. Diese Tatsache hat entscheidende Rückwirkungen für die Kriegführungsfähigkeit der Landstreitkräfte: Deren Einsatz unter einem Schutz eigener Luftkriegsmittel ist grundsätzlich anders als unter einer feindlichen Luftherrschaft. Bernecker stellte auch fest, dass die beste Form der Bekämpfung feindlicher Luftstreitkräfte ihre Vernichtung am Boden durch Kampfflugzeuge ist: "Das Schwergewicht des Kampfes um die Luftüberlegenheit liegt naturgemäß bei den Offensivwaffen des Luftkrieges. Es ist am wirksamsten, feindliche Luftstreitkräfte auf ihren Stützpunkten zu bekämpfen. Dort sind sie am angriffsempfindlichsten und daher nachhaltig zu treffen." (FN26) Es ergaben sich daher als Luftkriegsprioritäten erstens der Jagdschutz für eigene Luftangriffskräfte, zweitens die Vernichtung und Störung feindlicher Luftangriffskräfte auch durch offensive Maßnahmen und drittens die Luftraumsicherung für eigene Heeresoperationen.

1973 wurde die erste "Arbeitsgemeinschaft Luftraumverteidigung" (AG-LRV) geschaffen; Leiter der AG-LRV war Brigadier Gustav Habermann, geschäftsführender Vorsitzender Oberst dG Othmar Tauschitz. Die Arbeit litt bereits unter der vorangestellten Forderung des Ministers, die AG-LRV habe über die Bereiche "kampfkräftige Luftraumüberwachung" (LRÜ) (statt Luftraumverteidigung) und zum "LRÜ-Flugzeug" einen Bericht vorzulegen. Als budgetäre Obergrenze waren für die Bereiche Radarüberwachung, Flugmelde-Dienst, Datenerfassung, Tiefflugerfassung und LRÜ-Flugzeug, lediglich 700 Mio. ATS vorgesehen, die jedoch de facto gar nicht zur Verfügung standen.

Major dG Bernecker referierte bei dieser erstmals am 1. April 1973 tagenden AG anhand des Raum-Zeit-Kalküls über die Probleme der Abfangjagd in Österreich, Oberstleutnant Erich Grigar über den FlA-Lenkwaffeneinsatz, Oberst Reitter über die geplante Luftraumüberwachung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt und eine allfällige militärische Beteiligung. Unter anderem wurde bei dieser Sitzung der Vorteil eines gemeinsamen militärisch-zivilen Luftraumüberwachungssystems betont.

Die Abfangjägerkomponente sollte sich im Rahmen der Luftverteidigung auf ein elektronisches Luftraumüberwachungssystem der amerikanischen Firma Hughes (ähnlich dem Schweizer LRÜ-System "Florida") abstützen, das im Jahre 1967 dem Verteidigungsministerium um 1,5 Mrd. ATS angeboten und in der technischen Konzeption auch präsentiert wurde. Jedoch war es 1973/74 bereits klar, dass ein derartiges vergleichsweise großes Beschaffungsvorhaben im Verteidigungsbudget nicht untergebracht werden konnte, und ein außerordentlicher Beschaffungskredit nicht verfügbar war. Die Alternativen im 3D-Bereich waren zahlreich, darunter das lange Zeit favorisierte mobile AN/TPS-43 von Westinghouse. Aus Gründen der Exportförderung nach Italien beschaffte man im Gegenzug das Selenia RAT-31. Das zunächst umfassende Probleme schaffende Gerät erwies sich aber als zukunftsweisende Lösung. Die Idee einer gemeinsamen militärisch-zivilen Luftraumüberwachung führte zum Projekt Goldhaube, einem der größten Infrastrukturprojekte Österreichs.

Den Flughafenausbau planten das KoLu und ab 1973 die Luftabteilung; hier wäre Regierungsrat Erich Klose zu nennen, der die Details "vor Ort" ermittelte, Gutachten verfasste und zahllose Pläne zeichnete. Erich Grigar wiederum analysierte nicht nur die Luftbedrohung, sondern berechnete Abfangverfahren und zeichnete Radardiagramme. Als Klotz am Bein - vordergründig oder berechtigt vorgebracht - erwies sich die Frage, ob die Jagdflugzeuge mit Luft-Luft- und Luft-Boden-Lenkwaffen bewaffnet werden sollten. Aus dem BMAA kam dazu im Rahmen diverser Gespräche ein klares "Nein" zu jeder Art von Raketen, wobei als Hauptgrund Jugoslawien (Slowenenfrage) angeführt wurde: Man fürchtete eine Junktimierung dieser beiden Bereiche (Artikel 13 und Artikel 7 des Staatsvertrages) durch Jugoslawien in Form eines Anrufens Moskaus wegen Vertragsbruch durch Österreich. (Dieser Faktor wirkte bis Ende der 70er-Jahre in die Raketen-Diskussion hinein.) Die erste Folge des Zurücknehmens aller Planungen im Bereich der Lenkwaffenbeschaffung war die in den Raum gestellte und für 20 Jahre stets stereotyp wiederholte Frage, welchen Zweck denn ein Abfangjäger habe, den man nicht mit Lenkwaffen ausrüsten könne oder wolle? Im Landesverteidigungsrat hatte sich der Vertreter der SPÖ gegen eine Raketenbewaffnung ausgesprochen. Somit war die seit 1955 gegebene "Kettenreaktion" von Argumenten gegen Abfangjäger erweitert worden: Sinnhaftigkeit, Zumutbarkeit, Geld, Infrastrukturmängel, das Fehlen der elektronischen Luftraumüberwachung und nun die Raketenbewaffnung.

1975 wurde unter Oberst dG Othmar Tauschitz die "Arbeitsgemeinschaft Luftraumverteidigung" ("zweite" AG-LRV) geschaffen. Sie konstituierte sich am 27. Mai 1975 und hatte etwa 20 Mitglieder und drei Sitzungsperioden. Diese AG-LRV war insofern wichtig, als sie für die Evaluierung von Abfangjägern einen systematischen Vorgang festlegte. Die AG-LRV verfasste einige Papiere, die allerdings nur begrenzte Bedeutung erlangten. (So lehnte man nunmehr die Beschaffung des J-35 Draken ab, da diese Maschine im Falle einer Beschaffungsrealisierung als veraltet und angesichts der erwarteten dritten Jet-Generation für die zukünftige Luftverteidigung nur mehr als "bedingt geeignet" angesehen wurde.) Als Gegner bzw. für die Abfangkriterien wurden die Bedrohung durch MiG-21, MiG-23, MiG-27, Su-17, Su-20, Su-22 und durch die neuen sowjetischen Bombertypen in Betracht gezogen. Die Lösung war daher ein Flugzeug der dritten Jet-Generation.

Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager drohte, ohne Jagdflugzeug könne man die Luftstreitkräfte auflösen und lediglich Heeresfliegerkräfte belassen. In Osteuropa war die Lage zunehmend instabil geworden und es bestand Handlungsbedarf. Die nun überraschend erfolgte Beschaffung der Saab J-35 war als Verlegenheitslösung für maximal zehn Jahre gedacht gewesen, dann sollte der Umstieg auf ein Flugzeug der vierten Jet-Generation erfolgen. Was anfangs als äußerst kostengünstig aussah, erforderte dennoch rund 120.000 ATS pro Flugstunde und rund 600 Mann Personal und umfassende Infrastrukturmaßnahmen in Zeltweg. Bemerkenswert war jedoch, wie professionell die Fliegertruppe das Flugzeug einführte und bis zum heutigen Tag betreiben konnte. Die Nachfolgefrage wurde ab 1995 dringend und seitens der Luftabteilung immer wieder gestellt und blieb bis 2002 unbeantwortet. Man wollte sechs der 30 Jäger für internationale Einsätze verfügbar machen. Es war daher für alle überraschend, als sich die Bundesregierung 2002 unter Rückbezug auf die Neutralität für den EADS/Eurofighter Typhoon entschied, aber 2003 die Beschaffung auf 18 Maschinen reduzierte.

Viele Reformen, aber viele um der Reform willen

Die Luftstreitkräfte wurden 1956 aufgestellt und erlebten an ihrer Spitze - wie oben ausgeführt - bereits im Jänner 1957 die erste "Führungsreform". Die laufende Neuaufstellung von Verbänden (als "Platzhalter") in der Hoffnung einer kommenden Auffüllung durch geplante Staffeln und Batterien führte 1965 zu einer "Flurbereinigung". Aus dem Fliegerführungskommando wurde die Fliegerbrigade, und 1966 wurde als zweiter Verband innerhalb der Luftstreitkräfte die Luftabwehrbrigade aufgestellt. Es war die erste "große Reform" des Bundesheeres und sie brachte für die Luftstreitkräfte schwer wiegende organisatorische Fehlleistungen, denn dem "KoLu" wurden die essenziellen Bereiche Logistik und Technik entzogen, womit der Grundsatz der "Einheit der Führung" verlassen wurde.

Im Zuge der Beschneidung der Kompetenzen des KoLu wurde im Amt für Wehrtechnik die Abteilung Flugwesen eingerichtet und in der Sektion IV die Abteilung Luftzeugwesen. Der Fliegerinspektor wurde 1966 geschaffen und aus dem KoLu ebenfalls ausgegliedert.

1970 wurde die Bundesheer-Reformkommission eingerichtet, in deren weiterer Folge es zur Heeresgliederung 72 (HG-72) kam, bei der die Luftstreitkräfte die Fliegerabwehrkräfte verloren und mehrere Verbände aufgelöst wurden. Die Auflösung des Kommandos der Luftstreitkräfte stand schon im Sommer 1972 fest, war im Entwurf der HG-72 enthalten und wurde mit dem zweiten Teil der Reform (beschlossen im Jänner 1973) verfügt. Für das KoLu kam das Ende mit 30. Juni 1973, zugleich mit der formellen Auflösung der drei Gruppenkommanden. GrpKdo I wurde zum Armeekommando (AK), GrpKdo II zum Korps I und GrpKdo III zum Korps II. Im AK wurde der "Stab AK-Generalstabs-Abteilung Luftfahrtwesen" eingerichtet (AK/GL), was eine Doppelgleisigkeit zur Luftabteilung und zur Fliegerbrigade darstellte. Das Luftzeuglager wurde unverständlicherweise der neuen Heeres-Feldzeuglager-Organisation unterstellt. Damit war die Fliegertruppe zu einer Waffengattung reduziert worden. Die Luftabwehrbrigade wurde ebenfalls umgehend aufgelöst und die Reste der Fliegerbrigade unterstellt. Im gleichen Zug wurden die Luftstreitkräfte zu "Heeresfliegerkräften" herabgestuft.

Damit gab es gleichzeitig fünf "fliegerische" Spitzen: den Leiter der Luftabteilung, den Leiter AK/GL (dem auch die Einsatzzentrale unterstellt wurde, die später ein Eigenleben entwickeln sollte), in der Sektion IV den Leiter der Luftzeug-Abteilung, den Kommandanten der Fliegerbrigade und im Amt für Wehrtechnik den Leiter der Abteilung Flugzeugwesen (AWT/Fl). Von allen unmöglichen und schlechten Organisationsmöglichkeiten hatte man die unmöglichste und schlechteste verfügt. Die Widersinnigkeit der Reorganisation war für jeden Offizier und Unteroffizier erkennbar und wurde in einem Ton kritisiert, der bis dahin undenkbar gewesen wäre. Die Fliegeroffiziere wurden bei der Reorganisation nicht gefragt, ihre Einwände blieben unberücksichtigt. Dennoch richtete sich innerhalb der Luftstreitkräfte die gesamte Kritik an die eigene Führung, der man fehlende argumentative Schlagkraft und Durchsetzungsfähigkeit vorwarf.

Die neuen Instanzen schufen unglaubliche Befehlsketten: Die weisungsbefugte Luftabteilung gab eine Weisung an das Armeekommando, dieses an den AK/GL, dieser einen Befehl an die Truppe mit drei weiteren Ebenen. Später ergab sich mit der Verlagerung des AK in das BMLV die Notwendigkeit der ressortinternen Trennung von Planungs- und Grundsatzangelegenheiten, die beim Generaltruppeninspektorat zu verbleiben hatten, und "konkreten" Angelegenheiten, die zur Sektion III/Armeekommando gingen. Diese "konkreten" Angelegenheiten in den Bereichen Lufthoheit, Militärluftfahrt, Mitfluggenehmigungen, Landegenehmigungen auf Militärflugplätzen, Militärluftfahrt-Personalverordnung, militärische Flugsicherung, Wetter- und Flugsicherheitsdienst, Flugsicherungswesen, Koordination Militär-/Zivilflugverkehr und militärischer Such- und Rettungsdienst gingen von der Luftabteilung auf den AK/GL über.

Es war der Initiative von Oberst dG Tauschitz zuzuschreiben, dass die "Heeresfliegerkräfte" mit 1. Juli 1975 zu Fliegerkräften und das Kommando der Fliegerbrigade zur Fliegerdivision wurde. Die bisherigen zwei Fliegerregimenter (Transport und Verbindungs-FlR, Flieger-Ausbildungs-R) und das der Fliegerbrigade unmittelbar unterstellte JaBo-Geschwader 1 mit den diversen Luft- und Bodenteilen im Bataillonsrahmen wurden formell 1976 aufgelöst und in der neuen Struktur (ohne Bataillons-Zwischenebenen) in Form von drei Regimentern (Langenlebarn, Zeltweg, Hörsching) neu aufgestellt. Aufgestellt wurde auch das Überwachungsgeschwader mit Saab 105 OE.

Im Landesverteidigungsplan (erstellt bereits im Dezember 1978, verfügt aber erst 1983) fehlte die Luftverteidigung völlig. Man beschränkte sich auf die Lufthoheit im Neutralitätsfall ohne zu erklären, wie Letzteres ohne Luftverteidigungskräfte möglich sein würde. Dafür wollte man eine "Anpassung an die Erfordernisse der Erdstreitkräfte", ohne jedoch darauf einzugehen, wie dies erreicht werden sollte. Zug um Zug stellte man innerhalb der Luftstreitkräfte wieder FlA-Bataillone auf (das letzte in Aigen im Ennstal, 1982).

1983 wurde das Flugmelderegiment zum Kommando Luftraumüberwachung. 1984 wurde endlich beschlossen, 24 Jagdflugzeuge Saab J-35 Draken zu beschaffen (der Kaufvertrag wurde am 21. Mai 1985 unterschrieben), womit es zur Neuaufstellung des Überwachungsgeschwaders in Zeltweg kam. Warum man aus politischen Gründen dieses Flugzeug "Luftraum-Überwachungsflugzeug" nannte, blieb ungeklärt. Der politische Widerstand gegen dieses Flugzeug war enorm. Um den Flugplatz Graz zu halten, wurde neben dem Flieger-Regiment 2 in Zeltweg auch in Graz der Draken-Flugbetrieb abgewickelt.

Die Luftabteilung übernahm nach Bizek (der als Generalmajor in Pension ging) Othmar Tauschitz. Auf diesen folgte 1980 Josef Bernecker. Die Luftabteilung koordinierte ab dann alle Luftangelegenheiten im BMLV, agierte als ministerieller Air Staff, administrierte auch die Luftangelegenheiten im Rahmen der NATO Partnership for Peace wie auch im Rahmen der Open Skies-/KSZE/OSZE-Verhandlungen, beides in enger Koordination mit der Militärpolitischen Abteilung des BMLV. Die Luftstreitkräfte konnten nun erstmals im internationalen Rahmen üben. Man stellte fest, dass sie qualitativ mit den besten Luftstreitkräften jederzeit mithalten konnten. Eine entsprechende Anerkennung erfolgte laufend seitens der NATO. Man ging gemäß den Partnership Goals davon aus, vier bis sechs Hubschrauber (battlefield capable), eine FlA-Batterie, ein Führungselement, Lufttransportmittel (C-130), ein Forward-Air-Control-Element, ein SAR-Element, Host Nation Support und - so die Planungen ab 2000 - auch sechs Jäger (mit voller Luft-Boden-Kapazität) für internationale Einsätze abzustellen. Damit war auch begründet, warum Österreich 30 moderne Einsatzflugzeuge benötigt: 24 Einsitzer und sechs Zweisitzer, plus Data Link 16, Precision Guided Munition (PGMs), AMRAAM und moderne AIM-9 Luft-Luft-Lenkwaffen.

Schon 1987 wollte Bundesminister Robert Lichal eine Totalreform des Ressorts und des Bundesheeres, aber vor allem eine qualitative Stärkung des Militärs. 1990 wurde die Auflösung des Armeekommandos beschlossen und 1991 auch tatsächlich aufgelöst und der AK/GL der Luftabteilung zugeschlagen, ebenso der Stab LRBS, womit sich plötzlich fast 50 Personen in dieser Abteilung befanden. Im Zuge dieser Auflösungen wurde erstmals die Wiedererrichtung eines Kommandos der Luftstreitkräfte überlegt (mit den Kernen AK/GL und Kdo Fliegerdivision, mit den zwei Sub-Kommanden Luftunterstützung und Luftraumüberwachung mit dem Überwachungsgeschwader und einem "großen" Fliegerabwehr-Regiment). Es wurde schon 1997 geplant, ein neues Kommando der Luftstreitkräfte aufzustellen und diesem die "Zweit-Funktion" eines Joint Force Air Component Command (JFACC) zu übertragen. Dazu kam die dringende Umsetzung der zahlreichen NATO Standardization Agreements (STANAG) und zahlreicher NATO-Vorschriften.

Die "ReOrg 2000/01" brachte die Schaffung eines Kommandos Landstreitkräfte und des Kommandos Luftstreitkräfte, letzteres unter Generalmajor Erich Wolf. Das Kommando Luftstreitkräfte erhielt beinahe alle Agenden des ursprünglichen KoLu mit Ausnahme der Inspektionsbefugnis. Damit konnten die Fehler früherer Reformschritte behoben werden.

ANMERKUNGEN:

(Fußnote 1/FN1) Dieser Erfolg ist nicht zuletzt DDr. Heinz Vetschera, LVAk, zuzuschreiben, der die Unhaltbarkeit der von der Politik verfügten Interpretationen des Staatsvertrages aufzeigte. Hinzuzufügen wäre auch, dass die Nichtbeschaffung von Lenkwaffen zuerst von Verteidigungsminister Prader unterlaufen wurde. Prader wurde dann die Weiterführung der Beschaffung der PAL Mosquito untersagt. Damit konnten auch budgetpolitische Überlegungen für die Beschaffung der FlA-Lenkwaffen Raytheon Hawk und der Redeye unterbleiben.

(FN2) Es gibt über die Luftstreitkräfte zahlreiche Publikationen und auch ein hervorragendes Buch von Wolfgang Hainzl, 1999/2000 in zweiter Auflage erschienen.( Wolfgang Hainzl: Die Luftstreitkräfte Österreichs 1955 bis heute. Weishaupt Verlag, Graz, 1999/2000.) Der Verfasser dieses Beitrages hat eine umfangreiche Arbeit über die Aufgaben und Organisationsvorstellungen verfasst und bei den meisten Publikationen zum vorliegenden Thema und zur Neutralität mitgearbeitet. Friedrich W. Korkisch: Die Luftstreitkräfte der Republik Österreich bis 1978. In: Manfried Rauchensteiner, Josef Rausch, Wolfgang Etschmann (Hrsg.): Tausend Nadelstiche. Das österreichische Bundesheer in der Reform 1970-1978, Band 3 der Serie Forschung zur Militärgeschichte, Styria Verlag, Graz, 1994, S.211-278.

(FN3) Zum Fehlen von Planungen betreffend österreichischer Luftstreitkräfte im Heeresamt siehe: Friedrich Korkisch: 20 Jahre österreichische Luftstreitkräfte,in: ÖMZ 2/76, S. 100-114, Hinweis S.101. Manfried Rauchensteiner: Nachkriegsösterreich 1945, in: ÖMZ 6/72, S.407-421; Johann Christoph Allmeyer-Beck: Landesverteidigung und Bundesheer (I), in: ÖMZ 4/72, S. 266-275; Wolfgang Hainzl, Erwin Hauke: Die Fliegerkräfte Österreichs 1955 bis heute, H. Weishaupt Verlag, Graz, 1987, S.10ff.

(FN4) Wilfried Ammann: Die Kosten für eine österreichische Luftwaffe, Berichte und Informationen, Heft 150, 11. März 1949; zitiert in: Beck, Landesverteidigung und Bundesheer, (I), ÖMZ 4/72, S.274. Heute müsste dieser Betrag etwa mit zwanzig multipliziert werden. 1945/46 kostete ein Jäger etwa 50.000 U.S. Dollar, also rund 1 Mio. ATS oder rund 80.000 Euro.

(FN5) Wolfgang Hainzl, Luftstreitkräfte Österreichs, a.a.O., S.21 und 26.

(FN6) Schon vor 1990 war es klar, dass die NATO dafür kaum ausreichend Kräfte besaß. Im Zuge eines Besuches bei SHAPE sagte der Deputy Chief of Staff LGen Moek (GE) dem Verfasser, die NATO sei wegen der unzureichenden Luftpotenziale Österreichs besorgt und man müsse daher die Südflanke mit anderen Mitteln (A-Waffen) absichern. Es gebe bei der NATO weder Land- noch Luftteile, die man für Österreich einsetzen könne. Der Verfasser teilte den Inhalt dieser Unterredung dem GTI Gen. Tauschitz und in Alpbach Verteidigungsminister Lichal mit, die über diese Problematik sehr wohl im Bilde waren, aber mittelfristig keine Lösung sahen. Nach 1991 gab es hiezu weitere Aussagen, so von Gen. Kießling anlässlich seines Besuches in Wien, der dieses operative Problem der NATO sehr deutlich ansprach.

(FN7) Josef Bizek (Jg. 1909), zuerst Pionieroffizier, 1935 Luftstreitkräfte, 1938 Deutsche Luftwaffe, B-Gendarmerie, 1955 Major, Amt für Landesverteidigung, Leiter Luftabteilung; Übernahme in den hmD; 1956 Oberst hmD und Chef des Stabes Kommando der Luftstreitkräfte, 1966 Leiter der Luftabteilung im BMLV; zuletzt Generalmajor.

(FN8) Wolfgang Hainzl, Erwin Hauke: Die Fliegerkräfte Österreichs 1955 bis heute, S.27-28.

(FN9) Paul Lube (Jg. 1910) 1932 Leutnant, Pioniertruppe, 1936 Generalstabsoffizier, Ltr. Werftkompanie Graz/Thalerhof; 1938 Luftwaffe, Beobachter; 1943 Gruppenkommandeur; 1956 als Oberst eingestellt, Befehlshaber der Luftstreitkräfte/Leiter Luftabteilung; zuletzt General der Flieger.

(FN10) Josef Haiböck (Jg. 1917), 1937 zu den österreichischen Luftstreitkräften, 1939 zur 9./JG26; 1941 Staffelkapitän 1./JG26, Februar 1944 Kommandeur I./JG3, Reichsluftverteidigung; 1957 Eintritt in das Bundesheer, von 1960 bis 1966 Chef des Stabes des Fliegerführungskommandos, von 1966 bis 1972 Chef des Stabes des Kommandos der Luftstreitkräfte, 1973 Kommandant der Fliegerbrigade und von 1975 bis 1977 Kommandant der Fliegerdivision, zuletzt Generalmajor.

(FN11) Diese Unschärfe zeigte sich in der Führungsvorschrift für das Bundesheer, Taktische Begriffe (TAB), vom Februar 1973, wo (Pkt. 33) bei der Waffengattung Fliegertruppe als "Truppen" aufgezählt wurden: "Jagdbomber, Abfangjäger, Kampf-, Transport- und Verbindungshubschrauber, Luftaufklärer, Transportflieger, Verbindungsflieger und die Truppen der Fliegerbodenorganisation", während die Fliegerabwehrtruppe und Fliegertruppe zu den Waffengattungen gezählt wurden.

(FN12) BKA-LV III/L geh/55, ohne Datum.

(FN13) BKA-LV, Zl. 34 geh/III/L (verm. Dezember 1955); detto in der Studie "Luftstreitkräfte-Planung 1956", Akt ohne Zl. vom 3. August 1956. Abgedruckt in: Wolfgang Hainzl, Erwin Hauke: Die Fliegerkräfte Österreichs 1955 bis heute, S.19 und 24-25. Materiell forderte Lube 174 Jabos, 48 Aufklärer (auf Jabo-Basis), neun Nahaufklärer, zwölf Transportflugzeuge, 20 Propeller und fünf Jet-Schulflugzeuge, somit 335 Flugzeuge. (Erkennbar war eine zu geringe Zahl von Schulflugzeugen eingeplant.) Personell sah man vor: KoLu 55 Mann, Fliegertruppe 4.676 Mann, FlA 2.669 Mann, FlTel 2.450 Mann und Versorgung 150 Mann (letztere Zahl betrifft die Zufuhr von Munition und Treibstoff, sowie den Luftpark.) Als Budgetgrößen hatte man 4,3 Mrd. ATS ermittelt, allerdings Schenkungen unberücksichtigt gelassen. Alle 194 Jabos kosteten etwa 1,94 Mrd. ATS, die Ersatzteil-Ausstattung für 335 Flugzeuge etwa 1,8 Mrd. ATS. Es gab wechselnde Vorstellungen über Aufgaben und Stückzahlen.

(FN14) Wolfgang Hainzl: Die Luftstreitkräfte Österreichs 1955 bis heute. S. 20. Diese Vorstellungen und auch reduzierte Planungen wurden von der Regierung Raab abgelehnt. Der Vorwurf an Fussenegger war daher voreilig.

(FN15) In der Endfassung: Luftabteilung Zl. 42/geh 1956, vom 20. Oktober 1956, Betreff: Ausbau der Luftstreitkräfte, als Teil von GTI Zl. 119-geh/III/1956. In den weiteren Monaten wurden diese Zahlen immer wieder reduziert, da im Budget von rund 1,1 Mrd. ATS nur 3% für die Luft übrig blieb. 1957 hatten sich die materiellen Zielvorstellungen bei den Einsatzflugzeugen auf ein Drittel reduziert. Daher hoffte man dringend auf amerikanische Lieferungen, die jedoch von der Regierung abgelehnt wurden.

(FN16) Wolfgang Hainzl: Die Luftstreitkräfte Österreichs 1955 bis heute. S.20-21.

(FN17) Zl. 2.499-geh/Luft/62, "Studie über Ausbauplanung der Luftstreitkräfte auf lange Sicht" (Datum fehlt auf der Kopie).

(FN18) BKA-LV III/L geh., 55 (ohne Datum). Bizek meinte, die Stellung des Stabschefs sollte jener des Chief of Staff der U.S. Air Force angepasst sein.

(FN19) Damit war der politische Proporz nicht nur im BMLV, sondern auch auf der Ebene der damaligen Gruppenkommanden hergestellt; Befehlshaber Grp I (SPÖ), Grp II (ÖVP), Grp III (ÖVP), KoLu (SPÖ).

(FN20) BMLV Zl.353.069-III/Org/56, vom 4. Oktober 1956.

(FN21) BMfLV Zl. 354.097-III/Org/56, Kdo d LStrKr Aufstellung.

(FN22) BMLV Zl. 2.075-geh-SII/59, vom 16. März 1959.

(FN23) Hainzl, Hauke: Fliegerkräfte, a.a.O., S.58.

(FN24) Josef Bernecker: Der Einsatz von Abfangjägern im Rahmen der österreichischen Landesverteidigung. Ein Waffen- und Führungssystem auf der gegebenen wehrpolitischen und materiellen Grundlage, Militärwissenschaftliche Arbeit, Landesverteidigungsakademie, Wien 1972.

(FN25) Richard Bayer: Die Neutralität im Luftraum. Dissertation, Univ. Wien, 1965.

(FN26) Bernecker, a.a.O., S.16-17.

Mag. Friedrich W. Korkisch

Geb. 1940; Ministerialrat, OberstdhmfD; 1958 Eintritt in das österr. Bundesheer, Luftstreitkräfte; Dienst u.a. im JaBo-Geschwader Hörsching, Kommando Luftstreitkräfte; 1970 Privatwirtschaft in den USA (pharmaz. Industrie), Studium am Santa Barbara College, Calif., Univ. of Michigan; 1977 Universität Wien (Englisch, Geschichte, Volkswirtschaft, Soziologie, Völkerrecht); 1984 Abschluss des Studiums der Studienrichtung Politikwissenschaft, zur Zeit Dissertant; ab 1972 BMLV und seit 1978 Luftabteilung Generalstabsgruppe B, Referatsleiter Analysen und Dokumentationen Luftkriegswesen.



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