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Die Chronologie

Mit dem Ankauf der gebrauchten SAAB 35 OE Draken im Jahr 1985 hätte die aktive Luftraumüberwachung bis Mitte der 90er Jahre sichergestellt werden sollen. Damit konnte das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) rechnen, wäre es nach den politischen Absichtserklärungen aus den 80er Jahren gegangen. Trotzdem waren die Planungsarbeiten für ein Nachfolgemodell erst 1998 (Militärisches Pflichtenheft) abgeschlossen. Diese stützten sich im Wesentlichen auf Flugerprobungen (F16, F18, Mirage 2000-5, Gripen) Simulationen und Planspiele, die zwischen 1993 und 1997 stattgefunden hatten. Der Eurofighter Typhoon wurde nicht erprobt, weil 1997 nur ein Prototyp verfügbar gewesen war. Neue Erkenntnisse aus Grundlagenrecherchen flossen noch bis 2000 ins Militärische Pflichtenheft ein. Im November 2000 erstellten Experten des BMLV die vorläufigen Leistungsbestimmungen (auf Basis des Militärischen Pflichtenhefts) für neue Luftraumüberwachungsflugzeuge. Das BMLV sandte den Katalog mit Leistungsbestimmungen potenziellen Anbietern zu, um so die Angebotseinholung vorzubereiten. SAAB AB (SAAB für JAS 39 Gripen) und Dassault Aviation (Dassault für Mirage 2000) erhielten diese Leistungsbestimmungen im Dezember 2000, Lockheed (F-16) und Boeing (F-18) im Jänner des Folgejahres; der EADS-Konzern (Eurofighter Jagdflugzeug GmbH) bekam die Unterlagen im Februar 2001. Das BMLV bat die Firmen, auf Basis der Leistungsbestimmungen erste Angaben über Preis und Lieferbarkeit der Flugzeuge zu machen.

Mit den verfügbaren Informationen und vorhandenen Rechercheergebnissen bzw, Studienergebnissen bereiteten Experten des BMLV die Abfangjäger-Nachbeschaffung vor. Am 9. Juli 2001 wurde der Einleitungsakt für die Beschaffung an das Bundesministerium für Finanzen (BMF) übermittelt. Der Landesverteidigungsrat empfahl der Bundesregierung einen Tag später, dieses Rüstungsprojekt fortzuführen. Die politische Entscheidung, verbindliche Angebote einholen zu dürfen, war somit getroffen. Der Fahrplan zur Typenwahl sah vor, die Draken-Nachfolge spätestens in der ersten Hälfte 2002 geregelt zu haben. Dem BMLV gelang es, bis 14. September 2001 Einvernehmen mit dem BMF herzustellen und dessen Zustimmung zur Angebotseinholung zu erreichen. Damit war die Beschaffung der neuen Abfangjäger tatsächlich eingeleitet. In der Folge, konkret am 10. Oktober 2001, holte das BMLV verbindliche Angebote für 24 Stück Einsitzer und sechs doppelsitzige Jagdflugzeuge (inklusive der erforderlichen Systemteile) ein. Die Angebotseinholung in Form der freihändigen Vergabe im Wettbewerb war so formuliert, dass potenzielle Anbieter auch einen Zwischenlösungsvorschlag vorzulegen hatten. Mit dieser Zwischenlösung sollte eine lückenlose Luftraumüberwachung in Österreich bis zur vollen Operationsfähigkeit der neuen Abfangjäger-Flotte garantiert werden. Damals war bereits klar, dass die Draken-Flotte den Betrieb endgültig Ende 2005 einstellen musste. Gleichzeitig wurden die Bieter aufgefordert, Unterlagen zu möglichen Gegengeschäften im Umfang von 200 Prozent des Kaufpreises beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) einzureichen. Somit forderte das BMLV die Firmen Dassault Aviation (Mirage 2000), EADS (Eurofighter), SAAB AB (JAS 39 Gripen) und die US-Regierung (F-16 Lockheed Martin, F-18 Boeing) auf, Offerte zu den o.a. Bedingungen vorzulegen.

Prüfung und Bewertung

Die US-Regierung ließ bereits im November 2001 wissen, sie werde nicht mit der F-18 ins "Rennen" gehen und Dassault Aviation teilte im darauf folgenden Dezember mit, kein Angebot legen zu können. Bis 23. Jänner 2002 trafen drei Angebote (Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, Saab AB, Regierungsoffert der USA für F-16) fristgerecht beim BMLV ein. Mit 31. Jänner nahm die dreiunddreißigköpfige Bewertungskommission ihre Arbeit auf. Sie bestand aus fünf Unterkommissionen, die alle vorliegenden Angebote in den Feldern Operation, Flugbetrieb, Technik, Logistik, und Kommerzielles bewerteten. Die Leistungsbeschreibung enthielt 247 Muss- und 310 Soll-Forderungen. Die Kommission stellte am 27. Februar fest, dass keiner der drei Anbieter alle Musskriterien erfüllte. Das BMLV passte die Leistungsbestimmungen in der Folge an und forderte die Anbieter auf, bis spätestens 30. April 2002 neue Angebote vorzulegen.

Bis 30. April 2002 langten die Antworten der drei Anbieter auf die nun konkretisierten Leistungsbestimmungen beim BMLV ein. Am 2. Mai 2002 setzte die Kommission die Bewertung der Angebote fort. Die Bewertungskommission legte dem Verteidigungsminister am 25. Juni 2002 das Endergebnis vor. Die Prüfung der drei Angebote umfasste ganze 5.000 Seiten, die in rund 6.600 Arbeitsstunden erstellt wurden. Das Offert der Firma Lockheed-Martin über die F-16 enthielt für zwei der geforderten Leistungen (Radar, digital moving map) kein bewertbares Angebot. Diese Leistungen konnten daher keiner Kosten-Nutzwert-Analyse unterzogen werden; das Offert der Firma Lockheed-Martin wurde deswegen nicht gereiht.

Typenentscheidung (Offertbewertung)

In der militärisch-technischen Bewertung (Nutzwertermittlung) lag der Eurofighter Typhoon deutlich vor dem Gripen. Die reine Gegenüberstellung der Anschaffungskosten (Kostenwertermittlung) ergab Kostenvorteile für den Gripen. Jedoch näherten sich die Systempreise der Flugzeuge umso mehr an, je länger die Zahlungsziele gesteckt waren. Die Zusammenführung der beiden Einzelbewertungen in eine ablaufkonforme Kosten-Nutzen-Analyse sah den Typhoon bei einem Zahlungsziel von neun Jahren bzw. 18 Halbjahresraten als Bestangebot. Vier von fünf Unterkommissionen entschieden sich letztlich für den Eurofighter. Die Unterkommission Logistik, die u.a. betriebliche Aspekte bewertet hatte, urteilte für den Gripen. Die Bewertungskommission empfahl dem Verteidigungsminister daher mehrheitlich (4:1), den Auftrag an die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH zu vergeben. Zudem informierte der Leiter der damaligen Gruppe Feld- und Luftzeugwesen im BMLV den Verteidigungsminister in einer Einsichtsbemerkung darüber, dass er den Kauf des Gripen ("geringere Anschaffungs- und Betriebskosten") im Hinblick auf das geringe Landesverteidigungsbudget vorschlagen würde.

Hinsichtlich der Finanzierung war bereits im Regierungsprogramm 2000 vorgesehen, die Abfangjäger nicht mit den Budgetmitteln des BMLV bezahlen zu müssen; das Bundesministerium für Finanzen (BMF) war daher maßgeblich mit den Finanzierungsfragen befasst; das BMF bevorzugte die Zahlungsvariante mit 18 Halbjahresraten. Parallel zum militärischen Bewertungsverfahren prüfte das BMWA die Offset-Geschäfte. Die Anbieter waren aufgefordert, Gegengeschäfte im Wert von 200 Prozent des Kaufpreises vorzuschlagen. Der politische Entschluss, 24 Einsitzer der Type Eurofighter Typhoon für 1,791 Milliarden Euro (ohne Abgaben und ohne Ausbildung, Logistik, etc) zu beschaffen, wurde am 2. Juli 2002 öffentlich präsentiert. Der Verteidigungsminister erhielt auf Basis eines Ministerratsbeschlusses den Auftrag, mit der Firma Eurofighter Jagdflugzeug GmbH zu verhandeln. Die ersten Vertragsgespräche führte der Verteidigungsminister noch im Juli 2002. Nach dem verheerenden Hochwasser in großen Teilen Österreichs entschied die Bundesregierung noch im August 2002, zunächst nur noch 18 Flugzeuge zu kaufen. Zudem beschloss der Nationalrat am 20. September 2002 einstimmig, die XXI. Gesetzgebungsperiode vorzeitig zu beenden. Die Vertragsverhandlungen wurden unterbrochen, eine Finanzierung der Abfangjäger wurde daher vor den Neuwahlen nicht mehr beschlossen.

Parlament beschließt Eurofighter-Ankauf mit Gegengeschäftspaket

Die Verhandler nahmen die Gespräche mit der Firma Eurofighter Jagdflugzeug GmbH erst wieder nach der Angelobung der neuen Bundesregierung auf. Am 11. Juni 2003 stimmte das Parlament dem Ankauf von 18 Eurofighter-Einsitzern für die österreichischen Luftstreitkräfte mit den Stimmen der Regierungsfraktionen zu. Nach dem Regierungsprogramm sollten in der XXII. Gesetzgebungsperiode keine Kosten für den Eurofighter anfallen. Somit war klar, dass Budgetmittel für die ersten Flugzeuge erst ab 2007 fließen können und die Eurofighter damit frühestens 2007 in Österreich landen werden. Am 1. Juli 2003 schlossen Vertreter des BMLV für die Republik Österreich zwei Kaufverträge mit der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH ab. Vertragsgegenstand: 18 Eurofighter samt Nebenkosten um insgesamt 1,959 Milliarden Euro. Im ersten Vertrag enthalten: 18 Flugzeuge Type Eurofighter (Typenentscheidung, keine Tranchenfestlegung) und die luftspezifische Ausrüstung um 1.330 Milliarden Euro, im Vertrag ist allerdings vorgesehen, mangels vorerst verfügbarer Tranche 2-Eurofighter Flugzeuge aus der Tranche 1 zu liefern, diese jedoch später auf Tranche 2 umzurüsten, was quasi einem umfangreichen Rechner- und Software-Upgrade gleichkommt. Der zweite Vertrag enthielt Logistik- und Ausbildungsleistungen um insgesamt 629 Millionen Euro. Nach Berechnungen des Rechnungshofes wird das BMLV in den kommenden Jahren zusätzlich zu den Anschaffungskosten rund 460 Millionen Euro investieren, um Infrastruktur, Funk- und Radaranlagen, etc zu erneuern. Dieses Paket enthält auch die Leasingkosten für die zwölf F-5E Tiger, die als Übergangslösung aus Schweizer Beständen seit 2004 gemietet werden. Die Kosten für dieses Infrastruktur- und Betriebspaket wären allerdings bei jeder Flugzeugtype ins Gewicht gefallen. Die ersten vier österreichischen Eurofighter sollen Mitte 2007 ausgeliefert werden, weitere zwölf 2008 und die letzten zwei sollen 2009 folgen.

"Erstflug" mit Eurofighter

Am 19. Jänner 2004 flog erstmals ein Österreicher mit dem Eurofighter. Das Bundesheer und EADS brachten Parlamentarier des Landesverteidigungsausschusses und Medienvertreter mit einer Herkules Transportmaschine nach Manching bei Ingolstadt. Der stellvertretende Kommandant des Fliegerregiments 2, Jetpilot Major Franz Six, flog erstmals ein Abfangmanöver mit dem Eurofighter. Unter Anleitung von EADS-Testpilot Heinz-Dieter Spölgen steuerte Six das Flugzeug bei Temperaturen um -5 Grad Celsius und eisigem Wind.

"Mietflugzeuge aus der Schweiz"

Am 7. Juli 2004 wurden die ersten vier Schweizer Leasing-Flugzeuge der Type F-5E Tiger nach Graz-Thalerhof überstellt und übernahmen mit weiteren acht Maschinen offiziell die Luftraumüberwachung. Sieben Draken blieben für Notfälle noch bis zum Jahresende 2005 betriebsbereit.

Draken geht in Pension

Am 22. Dezember 2005 nahmen die Luftstreitkräfte den letzen Abfangjäger des Typs Saab S35 OE Draken aus dem Flugdienst. Oberstleutnant Doro Kowatsch, am Draken ein Mann der ersten Stunde, landete den rot-weiß-roten Ostarrichi-Jet letztmals am Fliegerhorst in Zeltweg. Seitdem wird der österreichische Luftraum vorerst zur Gänze von Graz aus mit den F-5 überwacht. Ein Stück Erfolgsgeschichte der Militärluftfahrt ging nach einer Betriebszeit von 18 Jahren und knapp 23.600 Flugstunden unfallfrei zu Ende. Das Bundesheer schaffte mit dem Draken den technischen und fliegerischen Übergang in die Überschallära und bewältigte mit dem schwedischen Flugzeug mehr als 500 so genannte "Abfangeinsätze" der Kategorie Alpha.

Rechnungshof prüft

Bereits 2002 prüfte der Rechnungshof die erste Stufe der Abfangjäger-Beschaffung, die Vorbereitung der Ausschreibung, und stellte dem Verteidigungsministerium für diesen Schritt ein positives Zeugnis aus. Im Gegensatz zur seinerzeit bemängelten Draken-Beschaffung habe eine seriöse Ausschreibung auf der Grundlage einer ausgereiften Konzeption erfolgen können, erklärte RH-Präsident Franz Fiedler am 11. Oktober 2002. Es gebe auch "keine Anhaltspunkte, dass die Ausschreibung gelenkt gewesen wäre". 2004 prüfte der Rechnungshof den zweiten Teil der Abfangjäger-Beschaffung, die Typen- bzw. Vergabeentscheidung sowie die Gegengeschäftsangebote. Der RH sah sich an, ob die Vergabeentscheidung richtig, nachvollziehbar und plausibel war und stellte fest, dass das Kampfflugzeug Eurofighter auf Grund der vom BMLV festgesetzten Maßstäbe zutreffend als Bestbieter ermittelt worden war. Im Jahr 2005 überprüfte der Rechnungshof die Kaufverträge, die Finanzierung und den Gegengeschäftsvertrag und gelangte zur Feststellung, dass mit der Beschaffung des Eurofighters eine aktive Luftraumüberwachung für zumindest 30 Jahre erfüllbar wäre. Im Jahre 2006 erfolgte eine neuerliche Prüfung durch den Rechnungshof, bei der die Bewertung und Dokumentation der Gegengeschäfte unter die Lupe genommen wurden. Der am 22. August 2003 in Kraft getretene Gegengeschäftsvertrag war auf Basis der vom BMWA per 31. Dezember 2004 zum Teil erst vorläufig angerechneten Gegengeschäfte mit mehr als elf Prozent des gesamten Kompensationsvolumens erfüllt. Insgesamt überprüfte der Rechnungshof 110 Geschäftsfälle im Zeitraum von 2002 bis 2004. Kritik übte der Rechnungshof an den "intransparenten und missverständlichen" Anrechnungskriterien für die Gegengeschäfte.

Parlament prüft

Nach den Nationalratswahlen am 1. Oktober 2006 stellten die Eurofighter-skeptischen Fraktionen SPÖ, Grüne und FPÖ die Mehrheit im Nationalrat und beschlossen gegen die Stimmen der ÖVP und des BZÖ, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Prüfung der Eurofighter-Beschaffung. Zentrale Punkte der Untersuchung sind die Umstände der Entscheidung für den Eurofighter, das Zustandekommen des Kaufvertrags, die Gegebenheiten der Gegengeschäfte und die Möglichkeiten zum Ausstieg aus dem Geschäft. Der Untersuchungsausschuss tagt gegenwärtig unter der Vorsitzführung von Peter Pilz (Die Grünen) und wird im Frühjahr 2007 seine Ergebnisse vorlegen.

Das Jahr 2007

Seit 15. Jänner 2007 trainieren die ersten sechs österreichischen Piloten in Laage in Deutschland, bis Ende Februar in theoretischen Ausbildungsgängen, in weiterer Folge am Simulator und mit den Eurofightern der Deutschen Luftwaffe.

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