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Der Eurofighter "Typhoon" (VII)

Radar und Selbstschutz

Das Bordradar des "Typhoon" zählt weltweit zu den modernsten und leistungsstärksten Geräten seiner Art. Es ermöglicht - gekoppelt mit verschiedenen Sensoren - u. a. die Erfassung von Luft- und Erdzielen weit außerhalb des Sichtbereiches des Piloten. Das integrierte, automatisierte, modulare Selbstschutzsystem identifiziert und lokalisiert verschiedenartigste Bedrohungen - und kann diesen einiges entgegensetzen.

Radar

Im Jahre 1990 wurde von der GEC Marconi aus Großbritannien, der DASA Deutschland, der INISEL aus Spanien und der FIAR aus Italien das EuroRadar-Konsortium speziell zur Entwicklung eines Radargerätes für den Eurofighter "Typhoon" gegründet.

Das Radar - anfänglich als ECR-90 (European Collaborative Radar 90) bezeichnet - sollte auf Basis eines bereits vorhandenen Systems entwickelt werden, des AN/APG-65, des "Fox Hunter" oder des "Blue Vixen".

Das amerikanische AN/APG-65 der F/A-18 "Hornet", welches auch in der kampfwertgesteigerten F-4F "Phantom" der Luftwaffe eingebaut war, kam aber aufgrund der Technologietransferproblematik nicht in Frage und das "Fox Hunter" des ADV (Air Defence Variant; Luftverteidigungs-) "Tornado" schied aus Leistungsgründen aus. Übrig blieb das Impuls-Doppler-Multimodus-Radar "Blue Vixen" des "Sea Harrier", das schließlich als Basis für das ECR-90 gewählt wurde. Zeitweilig plante Deutschland allerdings aus Kostengründen die Ausrüstung seiner "Typhoon" mit dem AN/APG-65. Dies wurde aber später verworfen.

Im Januar 1993 begannen die Tests mit der Entwicklungsversion ECR-90A in einem britischen Passagierflugzeug BAC-111 von BAe Systems. Allerdings traten Probleme mit dem Radom (von Radar Dome; Radarkuppel bzw. Bugverkleidung eines Flugzeuges, das über ein Bordradar verfügt) auf, die durch eine neuentwickelte Antenne gelöst werden konnten. Das ECR-90C war das erste mit dem "Typhoon" kompatible Radar und wurde in die Prototypen DA4 und DA5 eingebaut. 1998 begann die Serienproduktion. Die Entwicklung des Serienradars war 1999 abgeschlossen. Im Jahr 2000 wurde das ECR-90 in "Captor" umbenannt und am 21. Juni 2001 erhielt Großbritannien das erste "Captor"-Serienmodell.

Das "Captor"

Trotz seiner zahlreichen Funktionen und Modi ist das "Captor" relativ einfach bedienbar. Ein hoher Automatisierungsgrad und die ausschließliche Bedienung nach dem VTAS-Prinzip (VTAS - Voice, Throttle and Stick) tragen zur einfachen, effizienten Handhabung des "Captor" bei.

Technik und Leistungen:Das "Captor" ist ein digitales Impuls-Doppler-Multimodus-Radargerät. Anders als andere moderne Radarsysteme verwendet es noch eine konventionelle, mechanisch bewegte Antenne. Man hat sich für eine solche entschieden, da die Technologie feststehender Antennen mit elektronischer Strahlschwenkung noch nicht ausgereift war - und es bis heute nicht vollends ist. Das "Captor" ist demnach von der Antennentechnologie nicht das neueste Radar, zählt aber zu den modernsten und leistungsstärksten Systemen der Welt. Es gehört der dritten Generation der Pulsdoppler-Radarsysteme an und ist modular aufgebaut (67 Module).

Die mechanisch bewegte, leichte Planar-Schlitzantenne wird von einem starken Motor bewegt, der sie auch schnell schwenken kann. Die Wanderfeldröhre des Senders arbeitet mit Spannungen von 30 bis 50 kV. Das gesamte Radar wiegt 193 kg. Es arbeitet im X-Band mit 8 bis 12 GHz und wechselt automatisch zwischen niedrigen, mittleren und hohen Pulswiederholungsraten (PRF - Pulse Repetition Frequence). Diese betragen 1 000 bis 200 000 Impulse pro Sekunde. Das Aussenden kürzerer Impulse reduziert die Entdeckbarkeit.

Die Rechenleistung des Radars liegt bei drei Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde. Die in der Programmiersprache ADA entsprechend MIL-STD 2167A (ein Qualitätsstandard von Programmiersprachen; Anm.) geschriebene Software umfasst 1,2 Millionen Programmzeilen und kann künftigen Änderungen leicht angepasst werden. Erstmals wurden dabei drei statt nur zwei Datenverarbeitungskanäle verwendet. Der erste Kanal dient der Zielortung, der zweite der Zielverfolgung und der dritte der Klassifizierung und der Unterdrückung von Störsendern.

Das "Captor" verfügt über hervorragende Elektronische Schutzmaßnahmen (ECCM - Electronic Counter Counter Measures) und ist damit weitgehend störungsresistent. Es soll damit sogar zur Klassifizierung und Lokalisierung von Störsendern fähig sein.

Trotz mechanischer Antennenschwenkung hat es sehr hohe Abtastgeschwindigkeiten und gilt als sehr zuverlässig. Angeblich kann es sogar im Luft-Luft- und im Luft-Boden-Modus gleichzeitig betrieben werden, was ansonsten fast nur Radarsysteme mit feststehender Antenne und elektronischer Strahlschwenkung können. Der Abtastbereich liegt horizontal und vertikal bei je +/- 60 Grad. Das Radar bietet auch exzellente Look up/Look down bzw. Shoot up/Shoot down Fähigkeiten, d. h. es kann deutlich höher oder tiefer fliegende Ziele aufspüren, erfassen und verfolgen.

Es erfasst selbst tief fliegende Marschflugkörper oder andere Objekte mit geringem Radarquerschnitt (RCS - Radar Cross Section). Die Erfassungsreichweite für große Ziele, z. B. Transporter oder Bomber, liegt bei mehr als 300 Kilometern. Ziele in Jägergröße sollen aus 160 Kilometern und mehr erfasst werden können.

Das "Captor" ist zudem zur Mehrfachzielverfolgung und -bekämpfung geeignet. Bis zu 20 Ziele werden simultan verfolgt, identifiziert und priorisiert, bis zu acht davon können gleichzeitig bekämpft werden. "Gleichzeitig bekämpfen" bedeutet, dass das Radar mehrere Ziele mit Priorität verfolgt und dem Waffenkontrollsystem Daten für den Waffeneinsatz liefert. Das ermöglicht das Abfeuern mehrerer Luft-Luft-Lenkwaffen (siehe Teil VI dieser Beitragsreihe) rasch hintereinander auf verschiedene Ziele.

Betriebsarten und Funktionen: Das "Captor" ist ein Multimodus-Radar mit zahlreichen Luft-Luft- und Luft-Boden-Betriebsarten. In Verbindung mit der IFF (Identification Friend and Foe; "Freund-Feind-Kennung") werden eigene und gegnerische Luftziele automatisch identifiziert.

Das "Captor" ist auf hohe Leistungen für den Kampf außerhalb der Sichtweite (Beyond Visual Range - BVR) optimiert. Die Betriebsarten dafür sind:

  • Range While Scan (RWS; Entfernungsmessung bei gleichzeitiger Zielsuche);
  • Track While Scan (TWS; Zielverfolgung bei fortgesetzter Zielsuche);
  • Velocity Search (VS; Geschwindigkeitssuche).

Range While Scan dient als primärer Suchmodus, um Ziele aus großen Distanzen aufzuspüren und zu erfassen. Dazu wird auch ein Einzelzielerfassungsmodus (STT - Single Target Track) angeboten.

Mittels des Modus Velocity Search können Ziele in sehr großen Distanzen entdeckt werden, es gibt jedoch keine Entfernungsinformationen.

Der Track While Scan, der primäre Suchmodus im "Typhoon", ermöglicht das Aufspüren und Verfolgen mehrerer Ziele. Diese können nach Priorität verfolgt werden. Mittels einer Erkennungsfunktion für nicht kooperative Ziele (NCTR - Non Cooperative Target Recognition) wird das erfasste Ziel anhand spezifischer Charakteristika (Zahl der Turbinenschaufeln im Triebwerk, Radar Cross Section, ...) genau nach Typ identifiziert.

Wie bereits erwähnt, bietet das Radar auch Look up/Look down bzw. Shoot up/Shoot down Fähigkeiten. Im Modus Track While Scan ist auch eine Mehrfachzielbekämpfung möglich. Um dicht nebeneinander fliegende Ziele auszumachen und zu erfassen, dient die Funktion Raid Assessment. Damit wird das Gebiet um einen Radarkontakt intensiv abgesucht und auch dichte Formationen gleichsam "auseinandergenommen".

Mittels Data Adaptive Scanning wird nach der Zielerfassung die Bewegung der Radarantenne minimiert und so die Leistung optimiert. Einzigartig ist die Möglichkeit, den Luftraum auf zwei Multifunctional Head Down Displays (MHDD; Flugdaten bzw. Flugzeugdatenanzeigen) dreidimensional darzustellen. Das gibt dem Piloten ein wesentlich besseres Lagebild. Neben den verschiedenen BVR-Betriebsarten und -Funktionen verfügt das "Captor" auch über folgende Modi zur schnellen und automatischen Erfassung von Einzelzielen im Luftnahkampf (CAC - Close Air Combat):

  • Boresight Acquisition;
  • Vertical Acquisition;
  • Slaved Acquisition;
  • Head up Display Acquisition.

Im Modus Boresight Acquisition wird nur ein kleiner kreisförmiger Bereich vor dem Flugzeug abgetastet.

Im Modus Vertical Acquisition tastet das Radar primär in der Vertikalen ab, um Ziele zu erfassen, die sich über der Nase der Maschine befinden.

Im Modus Slaved Acquisition wird das Radar über das Helmvisier ausgerichtet.

Im Modus Head up Display Acquisition erfasst das Radar Ziele, die sich optisch innerhalb des Head up Displays befinden.

Ist ein Ziel erfasst, wechselt das Radar automatisch in den Einzelzielerfassungsmodus. Allgemein liefern die Luft-Luft-Modi auch Daten für den Waffeneinsatz. Das Radar berechnet dabei unter anderem auch den optimalen Auslösezeitpunkt für die ausgewählte Waffe.

Damit der Eurofighter "Typhoon" seiner Rolle als Mehrzweckjäger gerecht werden kann, bietet das "Captor" neben den Luft-Luft-Modi auch die Luft-Boden-Funktionen und -Modi

  • Doppler Beam Sharpening/Synthetic Aperture Radar (DBS/SAR),
  • Ground Moving Target Indication/Track (GMTI/T),
  • Sea,
  • Above Ground Ranging (AG-Ranging),
  • Terrain Avoidance (TA) und
  • Precision Velocity Update (PVU).

Mit der Funktion Doppler Beam Sharpening/Synthetic Aperture Radar lassen sich Radarkarten mit einer hohen Auflösung und Genauigkeit von einem Meter erstellen. Dadurch können Bodenziele entdeckt und identifiziert sowie die Navigation erleichtert werden.

Das Erfassen fixer Objekte auf dem Boden ist mit der Funktion Ground Moving Target Indication/Track möglich. Das "Captor" kann damit auch bewegliche Bodenziele (Fahrzeuge) aufspüren und verfolgen.

Im Modus Sea sucht das Radar nach Seezielen. Diese können aus Distanzen von 130 km und mehr erfasst werden.

Die Funktion Above Ground Ranging dient u. a. der Luft-Boden-Entfernungsmessung.

Mit der Funktion Terrain Avoidance kann das Radar zudem Hindernisse darstellen und den Piloten vor diesen warnen.

Der Modus Precision Velocity Update bietet eine genaue Geschwindigkeitsmessung über dem Boden und kann somit die Navigationssysteme updaten.

Die Luft-Boden-Funktionen und Luft-Boden-Modi unterstützen auch den Waffeneinsatz, weil das Radar entsprechende Zielinformationen bereitstellt.

FLIR PIRATE

Neben dem "Captor" als primärem Sensor zur Zielsuche, Zielverfolgung und Zielerfassung verfügt der Eurofighter "Typhoon" auch über den hochentwickelten Infrarotsensor FLIR PIRATE (Forward Looking Infrared Passive Infrared Airborne Tracking Equipment). Dieser bilderzeugende Infrarotsensor der zweiten Generation wurde vom EUROFIRST-Konsortium (FIAR aus Italien, Thales Optronics aus Großbritannien und Tecnobit aus Spanien) entwickelt.

FLIR PIRATE kann sowohl als IRST (Infrared Search and Track) im Luft-Luft-Betrieb als auch als FLIR (Forward Looking Infrared) im Luft-Boden-Betrieb verwendet werden. Es ist in einem kugelförmigen Gehäuse links neben dem Cockpit im Bug der Maschine untergebracht.

Das System verwendet Infrarot Charged Couple Device-Sucher (IR CCD; ladungsgekoppelte Geräte, infrarotempfindliche Fotodioden), einen Analog-Signalprozessor, einen beweglichen Spiegel sowie eine entsprechende Software und ist vollständig in das Attack Identification System (AIS) integriert sowie mit anderen Sensoren gekoppelt. Der Infrarot-Sensor arbeitet mit Wellenlängen von drei bis acht und von acht bis elf Mikrometern. Zur infrarotgestützten Zielsuche und Zielverfolgung (Infrared Search and Track - IRST) kann das FLIR PIRATE in einem großem Winkel passiv nach Luftzielen suchen und diese verfolgen, wobei der Infrarotsensor nach Wärmequellen sucht. Dabei werden verschiedene Luft-Luft-Betriebsarten geboten:

  • Multi Target Track (MTT);
  • Sector Acquisition;
  • Slaved Acquisition (SACQ);
  • Single Target Track (STT);
  • Single Target Track Identification (STT Identification).

Im Modus Multi Target Track sucht das FLIR PIRATE einen vordefinierten Bereich ab. Es ist in der Lage, bis zu 200 Ziele gleichzeitig zu verfolgen und zu priorisieren, während es nach weiteren Zielen sucht. Eine begrenzte Zahl von Zielen kann dem Piloten auch mit besonders hoher Priorität angezeigt werden.

Im Modus Sector Acquisition sucht das FLIR PIRATE einen (z. B. durch das Radar) definierten Bereich sehr genau nach Zielen ab.

Im Modus Slaved Acquisition sucht das FLIR PIRATE nach Zielen, die dem "Typhoon" von externen Quellen übermittelt werden.

Ist das Ziel entdeckt, wechselt das FLIR PIRATE sofort in den Modus Single Target Track, der der Einzelzielerfassung dient. Dabei werden die Informationen zum Ziel schnell aktualisiert und Zieldaten geliefert.

Es wird auch eine Single Target Track Identification, eine Identifizierungsfunktion, geboten, wobei das FLIR PIRATE ein Abbild des Objektes erstellt. Das ermöglicht eine visuelle Zielidentifizierung außerhalb des optischen Sichtbereiches. Des Weiteren ist es möglich, Bodenziele zu identifizieren.

Die infrarotgestützte Zielsuche und Zielverfolgung ermöglicht dem "Typhoon", Luftziele passiv (d. h. ohne eigene Abstrahlung) aufzuspüren, zu verfolgen, zu erfassen und zu identifizieren, zumindest der Einsatz infrarotgesteuerter Luft-Luft-Lenkwaffen ist damit möglich.

Die Reichweite des Systems liegt zwischen 50 und 80 Kilometern, könnte aber bis zu 150 Kilometern betragen. Die Zielidentifizierung kann aus mehr als 40 Kilometern erfolgen. Allerdings beeinflusst die Wetterlage die Leistung der infrarotgestützten Zielsuche und Zielverfolgung erheblich.

Die Ausrichtung kann auch über das Radar und das Helmvisier oder mittels Informationen externer Quellen auf Ziele erfolgen und ist eine wirkungsvolle Ergänzung des "Captor". Zudem werden verschiedene Luft-Boden Funktionen geboten. Wird das FLIR PIRATE als Vorwärtssichtinfrarotgerät (Forward Looking Infrared - FLIR) verwendet, kann es hoch aufgelöste Infrarotbilder der voraus liegenden Landschaft erzeugen, welche dann auf verschiedenen Displays dargestellt werden. Der Pilot sieht somit selbst in dunkelster Nacht oder bei schlechterem Wetter, was sich vor seiner Maschine abspielt. Das erleichtert Angriffseinsätze unter solchen Umständen, Landungen sowie das Fliegen allgemein, vor allem in geringen Höhen. Durch die Verbindung mit dem Helmvisier und dem Helmdisplay, auf dem das FLIR-Bild projiziert werden kann, und weil das FLIR entsprechend den Kopfbewegungen des Piloten ausgerichtet wird, sieht der Pilot das FLIR-Bild auch dann, wenn er beim Fliegen von Kurven den Kopf zur Seite dreht.

Der MIDS-Datenlink

Der Link-16 kompatible MIDS-Datenlink (Multifunctional Information Distribution System-Datenlink) erlaubt die Kommunikation und den Daten-/Informationsaustausch mit anderen Einheiten. Der "Typhoon" kann so z. B. Informationen von AWACS-Flugzeugen oder von Radarleitstationen auf dem Boden erhalten. Diese Informationen werden auf der taktischen Anzeige dargestellt und können auch über die Multimissionsdaten (MMD) und den Flugplan gelegt werden. Das Attack Identification System nimmt zudem einen Abgleich mit den bordeigenen Sensoren vor, um so ein möglichst akkurates Lagebild zur Verfügung zu stellen.

Der Pilot des "Typhoon" besitzt damit einen exzellenten Überblick über die Lage auf dem Gefechtsfeld - und das ohne den Einsatz bordeigener Sensoren, also vollkommen passiv. Er kennt somit die Positionen sämtlicher Flugzeuge sowie von Bodenzielen in großem Umkreis und diese werden zudem identifiziert. Ein Übermitteln von Zielerfassungsinformationen ist ebenso möglich. So kann der "Typhoon" Ziele mit weitreichenden radargelenkten Luft-Luft-Lenkwaffen (siehe Teil VI dieser Beitragsreihe) angreifen, ohne auf das Bordradar zurückgreifen zu müssen.

Auch ein Informationsaustausch mit bis zu acht anderen Jägern ist möglich. Hier können Gefechts- und Zielerfassungsinformationen übertragen werden. Selbst das Übertragen von Positionsdaten ist möglich. Die Piloten einer Formation wissen somit stets, wo sich z. B. ihre Flügelmänner befinden. Das verschafft den Piloten einen besseren Überblick und ermöglicht ihnen, Taktiken besser zu koordinieren. Auch eine Aufgabenneuverteilung während des Einsatzes, das Übermitteln von Angriffsbefehlen und der Wettersituation sind möglich. Hinzu kommt die Möglichkeit der Übertragung von Sprache sowie von Mitteilungen in anderer Form (z. B. Text). Der MIDS-Datenlink ist vollständig ins Attack Identification System integriert und ein wesentlicher Bestandteil davon.

Selbstschutz

1992 wurde das EuroDASS-Konsortium (DASS steht für Defensive Aids Sub System; Teilsystem Verteidigungshilfe) von GEC Marconi und Elettronica gegründet. Spanien und Deutschland beteiligten sich zunächst nicht an der Entwicklung des EloKa-Systems für den "Typhoon". EADS/DASA entwickelte einen eigenen Radarschleppköder, ist aber seit 2001 wieder mit in das Projekt involviert. Auch Spaniens INDRA trat dem Konsortium 1995 wieder bei.

Das Defensive Aids Sub System (DASS), ein System der Elektronischen Kampfführung (EloKa), speziell zum Selbstschutz des Eurofighters "Typhoon" entwickelt, ist modular aufgebaut, voll integriert und automatisiert. Es umfasst u. a. moderne Radarwarner, Laserwarner, aktive Raketenwarner, Chaff und Flare-Dispenser, Radarschleppköder und einen Störsender für Elektronische Gegenmaßnahmen (Electronic Counter Measures - ECM).

Das System identifiziert, lokalisiert und priorisiert Bedrohungen und kann aktive Gegenmaßnahmen einleiten. Im Normalfall arbeitet es vollautomatisch, was den Piloten im Gefecht erheblich entlastet. Es gibt aber auch manuelle Übersteuerungsmöglichkeiten. Das System ist in zwei Behältern an den Tragflächenspitzen, in den Tragflächen selbst, im Heck und am Rumpf installiert und benötigt somit keine externen Zusatzbehälter, die Aufhängungen/Außenlastträger der Maschine belegen würden. Aufgrund des modularen Aufbaus können neue bzw. zusätzliche Systeme einfach eingerüstet werden. Mit Hilfe des DASS ist auch die Passivsuche von Zielen möglich, was die Tarneigenschaften des "Typhoon" verbessert.

Das ESM-System

Das Herzstück des DASS ist das ESM-System (Electronic Support Measures - Elektronische Unterstützungsmaßnahmen). Es nimmt die Auswertung der verschiedenen Daten vor.

Die Radarwarner

Moderne Radarwarner (RWR - Radar Warning Receiver) decken einen Bereich von 360 Grad rund um das Flugzeug ab. Sobald ein Radar den "Typhoon" anstrahlt, registrieren dies die Radarwarner. Diese können

  • Radarquellen nach Freund und Feind unterscheiden,
  • deren Position genau lokalisieren und
  • den Radartyp - und somit die Art der Bedrohung - ermitteln.

Letzteres ermöglicht eine spezielle Datenbank, in der die Eigenschaften und Identifikationsmerkmale unterschiedlicher Radarsysteme eingespeichert sind. Durch das Vergleichen der Speicherdaten mit den Informationen der passiv arbeitenden Radarwarner ist es möglich, den Typ herauszufinden. Das DASS ermittelt auch, ob das Radar den "Typhoon" nur anstrahlt oder erfasst. Es ist zudem in der Lage, die Bedrohungen zu priorisieren und dem Piloten so die jeweils gefährlichste(n) anzuzeigen.

Die Laserwarner

Einige Kampfflugzeuge verwenden z. B. Laserentfernungsmesser, meist in Kombination mit Infrared Search and Track-Sensoren, zur passiven Zielsuche und Verfolgung. Die britischen "Typhoon" sollen deshalb auch einen Laserwarner (Laser Warning Receiver - LWR) erhalten. Dieser entdeckt Laserstrahlen, wenn sie die Maschine treffen. Der Pilot wird somit vor der Erfassung durch derartige Laserzielsysteme gewarnt.

Die Raketenwarner

Die kurz als Raketenwarner (Missile Approach Warner - MAW; Raketenanflugwarner) bezeichneten Systeme sollen den Piloten vor anfliegenden Lenkflugkörpern warnen. Die Raketenwarner des "Typhoon" decken den Bereich um das gesamte Flugzeug ab und ermöglichen damit eine effektive Warnung vor gegnerischen Luft-Luft- und Boden-Luft-Lenkwaffen.

Die Warner arbeiten nach dem Prinzip des Pulsdoppler-Radars. Insgesamt sind drei Warner vorhanden, je einer in den beiden Tragflächenwurzeln und einer im Heck. Über sie wird jede auf das Flugzeug abgefeuerte Rakete registriert und dem Piloten auf der DASS-Anzeige angezeigt, ebenso deren Position. Auch eine Unterscheidung nach Infrarot- oder Radarsteuerung erfolgt.

Chaff und Flares

Chaff und Flares zählen zu den aktiven Verteidigungsmaßnahmen und dienen primär dazu, auf das Flugzeug abgefeuerte Boden-Luft- und Luft-Luft-Lenkflugkörper abzuwehren. Unter den Tragflächen des Eurofighter "Typhoon" befinden sich vier Düppel-/Leuchtfackelwerfer (Chaff and Flare Dispenser) vom Typ BOL mit insgesamt 320 Chaffs und 32 Flares.

Chaff besteht aus zahlreichen Metallstreifen (meist Aluminium) in Patronen. Nach dem Auswurf einer Chaff-Patrone setzt diese die Metallstreifen frei, welche eine kleine "Wolke" bilden, die effizient Radarstrahlen reflektieren und streuen kann. Dadurch ist es möglich, die Aufschaltung gegnerischer Radargeräte zu stören und auch radargesteuerte Lenkwaffen so abzulenken, dass sie die Aufschaltung auf das Flugzeug verlieren und es somit verfehlen.

Flares hingegen sind (meist) Magnesiumkugeln, die beim Ausstoß entzündet werden. Sie erzeugen eine so große Hitze, dass sie Infrarotsuchköpfe von Lenkwaffen irritieren können. So können infrarotgesteuerte Lenkwaffen abgelenkt werden, weil sie die Flares für das Flugzeug halten.

Die Täuschkörper des "Typhoon" werden standardmäßig automatisch aktiviert und ausgestoßen. Um eine möglichst effiziente Ablenkung zu erreichen, verwendet das DASS verschiedene Ausstoßsequenzen.

Moderne Lenkwaffen sind allerdings ziemlich resistent gegenüber solchen Abwehrmaßnahmen und somit schwerer zu täuschen als ihre Vorgängermodelle.

Das ECM-System

Zum DASS des Eurofighter "Typhoon" zählt auch ein integriertes ECM-System (Electronic Counter Measures - elektronische Gegenmaßnahmen): ein Störsender, der gegnerische Radargeräte stören und somit deren Zielaufschaltung verhindern oder zumindest erschweren soll. Dazu werden Radarwellen ausgesendet, welche die gegnerischen Radarstrahlen überlagern sollen. Das erschwert eine Aufschaltung erheblich, weil das Radar mit schwer auswertbaren, falschen Informationen gefüttert wird bzw. Frequenzen so überlagert werden, dass auf der Radaranzeige Störflecken erscheinen, die die Zielerfassung erschweren.

Der "Typhoon" verfügt über einen hochentwickelten Selektiv-Störsender, der einen Bereich von 360 Grad abdeckt, seine Signale aber nur in Richtung der zu störenden Radarquelle sendet. Das reduziert die eigene Entdeckbarkeit. Der Nachteil der ECM-Systeme besteht nämlich darin, dass auch Störsignale peilbar sind. Viele ältere Störsender sendeten Störsignale in alle Richtungen aus und konnten somit eine große Anzahl von Radargeräten stören.

Mit der selektiven Störung kann zwar meist nur eine begrenzte Zahl von Radargeräten gestört werden, dafür reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, selbst entdeckt zu werden. Außerdem ist die Selektivstörung gegen einzelne Radarsysteme meist effizienter (höhere Feldstärke des Störsignals aufgrund der Richtwirkung). Das ECM des "Typhoon" aktiviert sich automatisch und stört die Radarsysteme, die die jeweils größte Bedrohung für das Flugzeug darstellen.

Der Radarschleppköder

Ein so genannter Radarschleppköder (Towed Radar Decoy - TRD) ist ein Störsender an einer ausfahrbaren Leine. Der Vorteil besteht darin, dass die Störsignale nicht direkt vom Flugzeug aus, sondern in einigem Abstand, von dem an der Leine befestigten Sender, ausgestrahlt werden. Das gegnerische Radar wird somit - trotz der sehr effizienten Störung - nur auf den Störsender selbst, nicht aber direkt auf das Flugzeug aufmerksam.

Mit diesen Radarschleppködern werden nur die britischen und deutschen Maschinen ausgestattet. Die britischen Maschinen erhalten den von BAe Systems entwickelten Schleppköder "Ariel", welcher an einer 100 Meter langen Leine aus Kevlar angebracht ist. Für die deutschen Maschinen ist der Schleppköder "Sky Buzzer" von EADS/DASA vorgesehen.

(wird fortgesetzt)


Autor: Oberstleutnant dG Mag. Reinhard Zmug, Jahrgang 1968. Eingerückt 1986 zum Fliegerabwehrbataillon 2 in Zeltweg. 1987 bis 1990 Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, ausgemustert als Flugsicherungsoffizier ins Military Control Center nach Wien. Von 1997 bis 2000 Generalstabslehrgang an der Landesverteidigungsakademie in Wien, danach Verwendung als G4 im Kommando Fliegerdivision bzw. Kommando Luftstreitkräfte. Anfang 2004 Verwendung im BMLV, Abteilung Ausbildung A; seit Mai 2004 Verwendung im Rüstungsstab/Luftzeugabteilung als Leiter der Stabsstelle in der Projektgruppe Luftraumüberwachungsflugzeug. Seit 1. April 2008 Truppenverwendung als Leiter der Fliegerwerft 2 in Zeltweg.

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