Sicherheitspolitik
Eine wesentliche Grundlage zur Erhaltung der europäischen Stabilität.Der Wunsch nach Sicherheit ist ein legitimes Ziel jeder Gesellschaft und jedes Individuums. Im objektiven Sinne kann Sicherheit als Abwesenheit von Bedrohungen definiert werden, im subjektiven als Abwesenheit von Furcht.
Objektive und subjektive Wahrnehmung muss nicht übereinstimmen: Im Nuklear- und Raketenzeitalter sind nicht einmal Großmächte wie die USA, Russland, China und Japan unverwundbar.
Die militärtechnologische Frage, welches Vernichtungspotential vorhanden ist, muss jedoch von der politischen Frage getrennt werden, welche Staaten mit welcher Zieldefinition gewillt sein könnten, dieses auch einzusetzen. Hier bedarf es der sicherheitspolitischen Lagebeurteilung.
Europäische Lageinformation
Für Österreich sind Lageinformationen hinsichtlich* Entwicklung von ESVP (Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik) und GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU),
* Entwicklung der NATO,
* Entwicklung betreffend Südosteuropa und Russland,
* Raketenbedrohung aus dem Nahen Osten und dem Maghreb-Bereich,
* Anforderungen bei künftigen militärischen Interventionen zur Friedenssicherung,
* Entwicklung von Friedensoperationen und
* globaler Zukunftsszenarien
relevant.
Lageinformationen stützen sich sowohl auf internationale sicherheitspolitische Forschungen als auch auf nachrichtendienstliche Informationen. Dies impliziert, dass Sicherheitspolitik auch einen nicht öffentlich zugänglichen Aspekt hat.
Militärische Bedrohungen, nichtmilitärische Risken wie ökologische Katastrophen, Terrorismus und organisierte Kriminalität sowie Versorgung mit lebenswichtigen Gütern bilden die Rahmenbedingungen für die Sicherheitspolitik jedes Staates.
Dieser Begriff umfassender Sicherheitspolitik zielt auf sämtliche Existenzbedrohungen eines Staates ab, beinhaltet sowohl die innere Sicherheit wie Bewahrung von Stabilität und Aufrechterhaltung der Rechtsordnung als auch die äußere Sicherheit wie Vermeidung, Eindämmung oder Beendung grenzübergreifender Auseinandersetzungen.
Existenzsicherung
Zweck der Sicherheitspolitik ist es somit, jene politischen Maßnahmen zu setzen, welche darauf ausgerichtet sind, für alle Lebensbezüge eines Staates Sicherheit zu gewährleisten. Dazu zählen politische Selbstbestimmung ebenso wie regionale bzw. internationale Interessenswahrnehmung und Aufrechterhaltung der Souveränität.Gemeinsame Interessen
Die volle einzelstaatliche Souveränität gibt es für EU-Staaten nicht mehr. – die Mitgliedschaft in der Europäischen Union schränkt diese bewusst zugunsten der Gemeinschaft ein.Österreichische Sicherheitspolitik muss deshalb auch auf die Aufrechterhaltung europäischer Stabilität ausgerichtet sein. Autonome Sicherheitspolitik und Landesverteidigung ist aufgrund der militärtechnologischen Entwicklungen für einen Kleinstaat nicht mehr möglich.
Auch aus diesem Grund sind strategische Zielsetzungen Österreichs nur im europäischen Rahmen zu verfolgen. Der EU-Vertrag von Amsterdam sieht im Rahmen der GASP die schrittweise Ausbildung einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik vor.
Dies bedeutet aus zwei Gründen jedoch nicht den Verzicht auf eigene Streitkräfte:
1. Solange dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, bedarf es einzelstaatlicher Streitkräfte mit entsprechender Aufwuchsfähigkeit im Krisenfall.
2. Österreich hat im Rahmen europäischer Solidarität Beiträge zu Konfliktverhinderung- und zum Konfliktmanagement zu entrichten.
Globalisierung
Im Zeitalter der Globalisierung sind die sicherheitspolitischen Herausforderungen Europas nicht von außereuropäischen Entwicklungen zu trennen: Sicherheitspolitik umfasst deshalb auch nichtmilitärische Bereiche wie Handels-, Währungs-, Energiepolitik-, Entwicklungs- und Umweltpolitik.Angesichts der neuen Rahmenbedingungen für Sicherheitspolitik fordert der Wissenschafter Adrian Hyde-Price einen neuen Weg, um sowohl die herkömmliche Einschränkung des Sicherheitsbegriffs auf „nationale Sicherheit“ zu vermeiden als auch der Gefahr zu begegnen, den Begriff von Sicherheitspolitik grenzenlos auszuweiten.
Ein wesentlicher Bestandteil von Sicherheitspolitik bleibt die militärische Komponente. Um die Komplexität der internationalen Beziehungen im 21. Jahrhundert erfassen zu können, sollten sicherheitspolitische Studien jedoch als integrative, Fachdisziplinen übergreifende Forschungen betrieben werden, welche Politikwissenschaft ebenso einschließen wie Geschichte, Ökonomie, Soziologie und Philosophie.
Zu den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen Europas: vgl.: Europe’s New Security Challenges; edited by Heinz Gärtner, Adrian Hyde-Price and Erich Reiter; Lynne Rienner Publishers, Inc., Colorado, London 2001, ISBN 1-55587-905-5; 470 Seiten; in englischer Sprache.
Dr. Brigitte Sob, MWB