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"Heiße Punkte" statt "Völkerfreundschaft"

Zu einer Typologie der Konflikte im postsowjetischen Raum

von Swetlana M. Tscherwonnaja

Aus dem breiten Feld von Konfliktsituationen, die das ganze explosionsgefährdete Geflecht der gesellschaftlichen Beziehungen und politischen Regime umfassen, die sich auf dem Territorium der früheren UdSSR gebildet haben und mit deren verschiedenen Aspekten sich die moderne Konfliktforschung befasst, sollen hier jene Konflikte hervorgehoben werden, die sich im Bereich der interethnischen Beziehungen entwickeln und die man bedingt "ethnisch" oder "national" (oder genauer: "interethnisch" oder "zwischennational") nennen kann. Dabei erschwert im gegebenen Fall der für die russische Sprache und den russischen wissenschaftlichen Sprachgebrauch bezeichnende dualistische Charakter des Begriffs "national" ("Nation" als Nationalität, Ethnos, ein Volk mit seinem Selbstbewusstsein, seiner Sprache, Ethnogenese und "Nation" als Kennzeichen der Mitbürger eines Staates, seiner ganzen Bevölkerung, "das ganze Volk") die Bestimmung des Forschungsbereichs nicht, da hier Konflikte im System der zwischennationalen Beziehungen auf beiden Ebenen interessieren - auch in den Beziehungen zwischen ethnischen Gruppen, "Völkern" eines Landes (v.a. in der Russländischen Föderation/RF) wie auch in den Beziehungen zwischen den unabhängigen Staaten, die bis Ende 1991 Unionsrepubliken der UdSSR waren. So kann man z.B. beim armenischaserbaidschanischen Konflikt über den Kontext der Wechselbeziehungen zwischen der armenischen und der aserbaidschanischen Bevölkerung, Nationalbewegungen und nationalen Eliten eines Landes (bis Ende 1991 der UdSSR und ihrer Unionsrepubliken) als auch im Kontext der neuen Wechselbeziehungen (in einer bestimmten Etappe - Kampfhandlungen) zwischen unabhängigen Staaten, nämlich eben Armenien und Aserbaidschan, sprechen. Beide Dimensionen der Frage gehören in den Bereich der "zwischenethnischen Beziehungen".

Grenzen und Anzeichen interethnischer Konflikte

Der erste Vorbehalt, der zu treffen ist, bevor man zur Feststellung der Typologie "zwischennationaler" Konflikte übergeht, betrifft die verschiedenen Inhalte der Begriffe "Widerspruch" und "Konflikt". Natürlich ergibt sich die Divergenz aus Unterschieden dieser Termini, deren genaue (und nicht übereinstimmende) Definitionen man in jedem Lexikon oder Definitionswörterbuch finden kann. Es geht allerdings darum, dass sich gerade im Bereich der zwischennationalen Konflikte in der späten Sowjetzeit und dann in der GUS diese Begriffe auf verblüffende Weise annähern und miteinander verflechten. Die Prognosen eines möglichen Konflikts, die es erlauben, heute eine Analyse der Widersprüche in diesem oder jenem Bereich der zwischennationalen Beziehungen anzustellen, können mit rasender Geschwindigkeit oder sogar völlig überraschend (jedenfalls für in diese Widersprüche uneingeweihte Beobachter) Wirklichkeit werden, so dass es oft schwierig ist, eine klare Grenze zwischen den Widersprüchen, die einer Konfliktsituation zu Grunde liegen, und ihrer Entzündung (d.h. ihrem Ausbruch) sowie zwischen dem latenten und dem aktiven Stadium eines interethnischen Konflikts zu ziehen. Nicht zufällig bestehen in den Konzeptionen der neueren Geschichte sowohl in Russland wie auch in anderen früheren Sowjetrepubliken sogar zu den großen und bekannten ethnischen Konflikten, die sich buchstäblich vor aller Augen entwickelt haben, nicht wenige chronologische Unterschiede und Divergenzen in den Auffassungen darüber, mit welchem Ereignis der Konflikt eigentlich begonnen hat bzw. wann und wie die aufgestauten Widersprüche in das Stadium der offenen Zusammenstöße übergegangen sind. Das ist auch besonders schwer zu bestimmen, weil auf dem Gebiet der interethnischen Beziehungen ein Konflikt natürlich nicht immer in einen Krieg umschlägt und sogar ein anhand vieler Anzeichen fixierter bewaffneter Konflikt eine Menge von inneren Abstufungen aufweist, die ebenso bedeutend und groß sind wie z.B. der Unterschied zwischen dem Anzünden des Hauses eines ethnischen "Feindes" und der Vernichtung einer ganzen Stadt durch Artillerie und Kampfflugzeuge. Aber wie kompliziert dieses Panorama auch immer sein mag - es ist nötig, eine Methodologie auszuarbeiten, die es erlaubt, aus dem gigantischen Makrokosmos der zwischennationalen Widersprüche, die sich in der sowjetischen und postsowjetischen Welt entwickelt haben bzw. noch entwickeln, jene Zuspitzungen herauszufiltern, die sich zuerst in Worten und Deklarationen niederschlagen und dann in das Konfliktstadium (vereinzelte und Massenmorde, Pogrome, "Säuberungen", Polizei- und Militäroperationen, Deportationen) eintreten.

Jenes Sechstel der Landfläche, das bis 1917 vom Zaren und dann bis 1991 von der Sowjetmacht beherrscht wurde, ist von zwischennationalen Widersprüchen (zwischen Staaten, die auf den Ruinen der UdSSR entstanden sind; zwischen der Mehrheit der "Titularnation" und den nationalen Minderheiten dieser Staaten; zwischen Völkern, die mehr oder weniger unter den Regimen der Zaren und der Kommunisten gelitten haben; zwischen Emigranten verschiedener historischer Wellen usw.) erfasst. Hier findet man sogar in den relativ günstigsten und (bisher) ruhigsten Regionen keine absolut ungetrübte und harmonische, tolerante und gutnachbarliche "Gemeinschaft", die auf rechtlichen Normen und humanistischen Werten aufbaut. Die Zahl der wirklich bedeutenden zwischennationalen Konflikte (in der GUS häufig als "heiße Punkte" bezeichnet) ist allerdings doch überschaubar. Es handelt sich dabei um die armenische Exklave Berg-Karabach, die Stadt Sumgait (beides in Aserbaidschan), das Ferghana-Tal (im Länderdreieck Kirgisistan - Usbekistan - Tadschikistan), Osch (Kirgisistan), Tadschikistan, Südossetien und Abchasien (beides in Georgien), das Dnjestr-Gebiet (Moldowa), Tschetschenien und den zwischen den nordkaukasischen autonomen Republiken Inguschetien und Nordossetien umstrittenen Prigorodny-Bezirk (Russland). Dann werden die Glieder dieser Kette kleiner, und es zeigen sich lediglich lokale Konflikte etwa in Tuwa, Tatarstan, Dagestan, Karatschajewo-Tscherkessien, Kabardino-Balkarien, im Gau von Krasnodar (alles Russland), in Kasachstan, in von Lesginen bewohnten Gebieten Aserbaidschans, auf der Halbinsel Krim (Ukraine) usw., die alle nicht zu einem großen Brand wurden. Jedoch zeigt selbst diese lange Reihe, in der faktisch jeder zerstörte Aul (= Dorfsiedlung im Kaukasus und in Mittelasien, Anm. d. Übers.), jeder geschändete Friedhof, jede geschlossene oder einer "fremden" Glaubensgemeinschaft übergebene Kirche, jeder unterdrückte Herd ethnischer Mobilisierung und jeder neue Flüchtlingsstrom seinen traurigen Platz einnehmen kann, die zerstörerische Dynamik der permanenten Eskalation sogar von wenig spürbaren und verdrängten Konflikten, die von Schlagworten wie "zivile Eintracht" und "Völkerfreundschaft" maskiert wurden, zu schärfsten Konfliktsituationen.

Die zweite Einführungsthese, die man typologischen Konstruktionen voranschicken muss, besteht darin, dass in Russland und den anderen früheren Sowjetrepubliken nicht ein einziger eigentlich zwischennationaler oder interethnischer Konflikt in jener "reinen" Weise auftritt, die es erlauben würde, ihn zum Objekt einer ausschließlich ethnologischen Analyse (d.h. ohne Teilnahme anderer Wissenschaften) zu machen. In der Regel ist jeder Konflikt dieser Art durch Umstände "außerethnischen" Ursprungs und Charakters begründet und bedingt. Hier sind z.B. zu nennen: ökonomische Motive und Erwägungen; politische Ziele von Gruppierungen, die an die Macht streben und verschiedene ideologische Einstellungen und geopolitische Orientierungspunkte haben; Religion; persönliche Ambitionen von Führern und viele andere "Nebenfaktoren", so dass die eigentliche nationale Grundlage (Zusammenstoß nationaler Interessen, Ausdruck ethnischer Widersprüche und "ethnischer Unvereinbarkeit") in einem Konflikt zweifelhaft wird.

Der propagandistische Apparat der Konfliktparteien unternimmt ein Maximum an Anstrengungen zur Aufdeckung einer Linie des "ethnischen Bruches" der sich zuspitzenden Widersprüche und bemüht sich, ein "feindliches Volk", eine "schädliche Nation" als Schuldige an allem "unserem" Unglück darzustellen. Das Bewusstsein der Masse nimmt den entbrennenden Konflikt gerade entlang der Linie dieses "ethnischen Bruches" auf und teilt ihm eine entsprechende Bezeichnung zu("armenischaserbaidschanisch", "abchasischgeorgisch", "ossetischinguschetisch" usw.).

Der Charakter jedes Konflikts wird natürlich durch zahlreiche Gegebenheiten verkompliziert und weist eine polyvalente Bandbreite an Ursachen und Folgen auf. Natürlich ist jede Typologie zwischennationaler Konflikte bedingt. Ganze Völker sind nie in einen derartigen Konflikt involviert, und es ist daher auch offenkundig unzulässig, einem ganzen Volk eine kollektive Verantwortung für Verbrechen anzulasten, die im Verlauf einer dramatischen Entwicklung begangen werden. Dennoch kann man sich in einer Analyse nicht vom allgemeinen Paradigma der zwischennationalen Beziehungen und von ethnischen Charakteristika völlig distanzieren. Es ist bekannt, dass sich eine Idee, welche die Massen ergreift, materiell umsetzt. Das ändert sich auch dann nicht, wenn das eine falsche Idee, ein Phantom, ein politischer Mythos oder eine ideologische Spekulation ist, hinter der irgendwelche Karriere-, Finanz-, Partei-, "Klassen"- und andere Interessen stehen. In die Massen geworfene Losungen der ethnischen Mobilisierung, nationalen Feindschaft und Intoleranz gegenüber "Andersstämmigen" sind - auch wenn sie den historischen und kulturellen Traditionen der Region, den Aufgaben der Wiedergeburt des Heimatlandes und den wahren Interessen der "Landsleute" eindeutig widersprechen - ein Zeichen eines sich entwickelnden Konflikts, den man trotz der völligen Absurdität und der Aussichtslosigkeit des Kampfes (und umso mehr eines Krieges) zwischen Völkern als "zwischennational" ansehen kann.

Nun soll der Versuch unternommen werden, zwischennationale Konflikte zu klassifizieren.

Das Zentrum gegen rebellierende Regionen oder Russland gegen die nichtrussischen Völker Russlands

Der erste Konflikttyp ist historisch vom Charakter des früheren (zaristischen) Russländischen Imperiums als eines kolonialen Vielvölkerstaates(Fußnote 1/FN1) und von den Zielen des nationalen Befreiungskampfes der von ihm unterdrückten (nichtrussischen, "fremden", "allogenen"(FN2)) Völker vorausbestimmt. Diese Ziele wurden in der Epoche der revolutionären Umgestaltungen am Ende des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts (Befreiung aus der Umklammerung des Russländischen Staates; wieder oder erstmals gewannen - für einige Zeit oder für immer - Finnland, Polen, die Ukraine, die baltischen sowie südkaukasische und zentralasiatische Staaten die Unabhängigkeit) nur teilweise erreicht. Das bolschewistische Regime wandelte in der Hoffnung, die vom Zaren unterdrückten Völker auf seine Seite zu ziehen, das "einheitliche und unteilbare" Russland und seine Gouvernements, in denen alle eroberten und annektierten Territorien aufgegangen waren, zunächst in eine Föderation von Gauen, Gebieten und autonomen Republiken(FN3) und 1922 in einen Unionsstaat mit sehr eingeschränkten, an sich fiktiven, aber sehr aktiv demonstrierten und nach seiner verfassungsmäßigen Form beeindruckenden Vollmachten seiner Bestandteile (am Ende der sowjetischen Epoche gab es 15 Unionsrepubliken) um, die als "souveräne Staaten" mit dem Recht auf Austritt aus der Sowjetunion galten. Gerade darauf beriefen sich Ende 1991 die meisten Sowjetrepubliken, was zum Zerfall der UdSSR führte.

Auf dieser Grundlage bildete sich ein Konflikt zwischen dem "Zentrum" von Macht und Kolonialpolitik (in den Jahren der kommunistischen Diktatur das Unionszentrum, das vom Politbüro, dem Zentralkomitee [ZK] der Kommunistischen Partei der Sowjetunion [KPdSU] und der Unionsregierung verkörpert wurde; jetzt ist es das offizielle Moskau, das sich immer mehr für den Rechtsnachfolger und Erben der Nationalitätenpolitik der Sowjetunion hält) einerseits und der Bevölkerung von Territorien andererseits heraus, die mehr oder weniger auf eine völlige Abspaltung von Russland (Separatismus) oder wenigstens auf eine maximale Festigung der eigenen Souveränität sowie politische, wirtschaftliche und kulturelle Selbstständigkeit, d.h. praktisch Unabhängigkeit, orientiert sind. Dieser sich im Bereich der zwischennationalen Beziehungen entwickelnde Konflikt gewann immer mehr den Charakter eines Zusammenstoßes zwischen der Ideologie des großrussischen Chauvinismus, der an die nationalen Interessen des russischen Volkes appelliert und als Verteidiger des russischen Volkes auftritt (darunter der magischen Zahl der 25 Mio. "Landsleute", die nach dem Zerfall der UdSSR außerhalb der russischen Grenzen waren), und den Programmen der Nationalbewegungen (der früheren Volksfronten wie z.B. des litauischen "Sajudis" oder der ukrainischen "Ruch"), die am Ende der 80er Jahre die Aufgabe der Wiederherstellung (oder Neuetablierung) der eigenen nationalen Staatlichkeit und des Austritts aus jeder (und sei es "erneuerten") Sowjetunion, aus jeder Konföderation und Föderation zwecks Erreichung der Unabhängigkeit formulierten.

Bis 1991 befand sich das Epizentrum dieses Konfliktes im Bereich der Beziehungen des Moskauer "Zentrums" zu den aufständischen und schon von Massenbewegungen für die Unabhängigkeit erfassten Unionsrepubliken, und die Hauptschläge des "Zentrums" richteten sich gegen die Nationalbewegungen. Es handelte sich dabei um Armeeinterventionen und Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung in den Hauptstädten von Unionsrepubliken (Tiflis/Georgien im April 1989, Baku/Aserbaidschan im Jänner 1990, Vilnius/Litauen und Riga/Lettland im Jänner 1991). Georgien, Litauen und Lettland gerieten in die vorderste Linie. Etwas komplizierter stand es um Aserbaidschan, wo die Militärintervention 1990 unter dem Vorwand durchgeführt wurde, die dort ansässigen armenischen Bevölkerungsteile schützen zu müssen; etwas weicher und diplomatischer gestalteten sich die Beziehungen des "Zentrums" zu Estland, das einerseits Initiator wichtiger - vom Standpunkt des "Zentrums" aus separatistischer - Prozesse war, die den Aufgaben der Volksfront entsprachen, das aber andererseits in kritischen Momenten bestrebt war, kein Feuer auf sich zu ziehen.(FN4) Das heißt jedoch nicht, dass das "Zentrum" gegenüber anderen nationalen Regionen, in die einfach der Einfluss nicht (mehr) reichte, eine tolerantere Einstellung gehabt hätte.

Dieser Konflikt entwickelte sich eindeutig entlang der Achse "Zentrum" (zentripetale Kräfte zur Stärkung des sowjetischen Einheitsstaates) - Republiken - "nationale" (nichtrussische) Regionen (zentrifugale Kräfte der Auflösung, Auflösung des einheitlichen sowjetischen Raumes, Streben nach eigener Unabhängigkeit).

Es versteht sich von selbst, dass in diesen Prozess nicht alle Republiken und nicht alle Völker der Sowjetunion im gleichen Maße einbezogen waren. Dieser schwankte zwischen erheblicher Passivität (wie etwa in den mittelasiatischen Republiken) und sehr hoher Aktivität, aber das änderte den Typ des Konflikts an und für sich nicht.

Nach dem Zerfall der UdSSR ging die Rolle des früheren Unionszentrums an jene Kräfte in Moskau über, die zumindest alle nationalen Regionen und nichtrussischen Völker im Bestand Russlands (dem "Rechtsnachfolger der UdSSR") halten (das so genannte "Minimalprogramm") oder sogar - wenn möglich - eine neue Großmacht mit den früheren sowjetischen Grenzen etablieren wollen ("Maximalprogramm").

Das ideologische Arsenal dieser Kräfte weist verschiedene politische Modelle auf. Eine Einheit der Meinungen in der Frage des Aufbaus und des Charakters der "Großmacht", die man um jeden Preis wieder herstellen ("aus der Asche erheben") müsse, besteht nicht. Die einen bevorzugen die Form eines autokratischen Imperiums, andere die Gestalt der kommunistischen Sowjetunion, wobei als Idealform verschiedene Etappen ihrer Entwicklung genannt werden (die leninistische, stalinistische usw.); dritte möchten völlig neue Modelle umsetzen und die Erfahrung europäischer, asiatischer und amerikanischer Staatssysteme nutzen (oder umgekehrt ignorieren). In einem Punkt besteht jedoch Übereinstimmung aller dieser Bestrebungen: Alle Völker, die in der Vergangenheit erobert und unterjocht wurden, und alle Territorien, die in der Vergangenheit annektiert und der russischen Zarenkrone oder dem sowjetischen Kreml unterstellt wurden, sollen im Rahmen eines großen russischen Staates gehalten werden. Dazu kommt - ungeachtet der realen Möglichkeiten - der Wunsch, alle Völker und Gebiete zurückzuholen, denen es gelungen ist, von Russland loszukommen.

Sammelpunkt dieser Kräfte - und das hat sich mit jedem Jahr der Entwicklung von der Demokratie zurück zu einem autoritären System deutlicher gezeigt - wurde das offizielle Moskau. Auch in anderen GUS-Staaten bildeten sich von Zeit zu Zeit solche Kräfte heraus, und zwar meist als Opposition zur jeweiligen Führung (z.B. die kommunistische Opposition in der Ukraine oder in Georgien) oder als Interessen von Minderheiten vorschützende "fünfte Kolonnen", welche gegen die staatliche Unabhängigkeit früherer Unionsrepubliken der UdSSR auftreten (so die Anführer des separatistischen Abchasien, des Dnjestr-Gebiets und von bestimmten russischen Parteien und Organisationen in Estland, Lettland und auf der Krim). Eine besondere Rolle als prorussischer "Katalysator" der Integrationsprozesse und revanchistischen Bestrebungen zur Wiederherstellung eines Unionsstaates spielt das Regime des Präsidenten Alexander Lukaschenko in Weißrussland (Belarus), wo die unterdrückte und teilweise in die Emigration gedrängte Opposition versucht, sich der "Union" mit Russland zu widersetzen.

Dieser Konflikttyp beinhaltet konkrete Szenarien von Angriffen des "Zentrums" (= Moskau) auf reale Rechte, Freiheiten und Perspektiven der unabhängigen Existenz von Völkern, die sich schon vom Monolithen UdSSR abgespalten haben, wie auch auf jene Völker, die sich derzeit um eine derartige Trennung von Russland bemühen. Dieser Konflikt tritt bisher in den Beziehungen Russlands zu den unabhängigen Staaten der GUS und des Baltikums v.a. in einer latenten Form zu Tage, die von äußerem diplomatischem Etikett verdeckt ist und von offiziellen Deklarationen der russischen Führung über die Anerkennung der Unabhängigkeit der neuen Staaten begleitet wird. Es kommt nur verhältnismäßig selten zu einer Zuspitzung der Situation, nämlich dann, wenn Moskau allzu grob versucht, seinen Willen zu diktieren, wenn es Druck ausübt, sich unter dem Vorwand der Durchführung von Friedensoperationen (z.B. im Dnjestr-Gebiet und in Abchasien) in die inneren Angelegenheiten der unabhängigen Staaten einmischt, mit einer "Notwendigkeit des Schutzes der Südgrenzen der GUS" Militärinterventionen rechtfertigt oder allzu nervös auf Versuche von GUS-Ländern reagiert, eigene Blöcke zu bilden oder Schutz bei der NATO oder anderen internationalen Allianzen zu suchen.

Alle "separatistischen Versuche" (oder anders formuliert: Bemühungen um Unabhängigkeit, Programmthesen nationaler Befreiungsbewegungen) von Völkern, die - meistens kraft einer zufälligen Teilung in Ränge und fehlender Gleichberechtigung zwischen den früheren Unionsrepubliken und autonomen Republiken - nach dem Zerfall der UdSSR im Verband der RF geblieben sind, werden hart unterdrückt, und in diesem Fall erreicht die Schärfe dieses Konflikttyps einen Höhepunkt. Klassisches Beispiel dafür sind die Vorgänge in Tschetschenien - und zwar nicht erst seit 1994, als der damalige russische Präsident Boris Jelzin den ersten Einmarsch in diese nordkaukasische Republik anordnete, sondern faktisch seit Herbst 1991, als das tschetschenische Volk seinen Willen zur Unabhängigkeit und zur Abspaltung von Russland ausdrückte.(FN5) Damals galt noch die - modifizierte - sowjetische Verfassung Russlands; die neue (und bis heute gültige) Verfassung, die ein Verbot eines "Austritts" autonomer Republiken beinhaltete, wurde erst Ende 1993 angenommen. Daher kann man den Akt der Verkündigung der Unabhängigkeit Tschetscheniens nicht für verfassungswidrig halten, aber er war unannehmbar für das "Zentrum", das versuchte, die staatliche Integrität Russlands zu erhalten und in keinem Fall seinen Zerfall zuzulassen. Verschiedene Methoden von Gewalt, Druck und Ausschaltung eines gefährlichen Unruheherdes wurden von Anfang an erwogen; der damalige russische Vizepräsident Alexander Ruzkoj war schon im September 1991 bereit, das unbotmäßige Tschetschenien von der sowjetischen Luftwaffe bombardieren zu lassen. Daher waren die folgenden langwierigen und blutigen Kriege nur eine logische Fortsetzung dieser ursprünglichen Pläne.

Es ist klar, dass man das "tschetschenische Phänomen" nicht auf die Realisierung des Rechts eines Volkes auf Selbstbestimmung oder die Vollendung eines nationalen Befreiungskampfes in reiner Form reduzieren kann. Wie jeder komplizierte moderne politische und soziale Prozess wird auch dieses Phänomen von vielen anderen Faktoren beeinflusst und deformiert. Sie verdecken manchmal den Kern der Sache und erlauben es nicht, Hauptbild, Charakter und Typ des sich entwickelnden Konflikts klar zu verfolgen. Hier sind auch zu berücksichtigen: der Kampf um Erdöl; kollidierende Interessen organisierter krimineller und mafiöser Strukturen, die besonders an Krieg, Profit und persönlichen ehrgeizigen Ambitionen ihrer Anführer interessiert sind; Versuche, die Situation im Interesse verschiedener Staaten und transnationaler Korporationen auszunutzen, die mit dem Kampf der Tschetschenen nichts zu tun haben. Allerdings schimmern hinter allen diesen "Schichten" doch Quelle, Sinn, Angelpunkt und Hauptrichtung des Konflikts durch: Auf der einen Seite steht das tschetschenische Volk, das die Unabhängigkeit vom russischen Zentrum verkündet hat, und auf der andere Seite jene (russische) Macht, die Tschetschenien und seine Bevölkerung nicht aus seinem politischen Diktat und seiner wirtschaftlichen Ausbeutung entlassen will.

Der tschetschenische Konflikt ist nach seiner Schärfe, dem Umfang seiner tragischen Folgen, der Hitze der Leidenschaften, der Dauer der schon mehrmals wieder aufgenommenen Kampfhandlungen, deren Ende nicht abzusehen ist, und nach Grausamkeit und Verzweiflung auf dem Gebiet Russlands beispiellos. Aber nach seinem Typus und Wesen ist er keineswegs einzigartig, sondern mit vielen anderen Konflikten verwandt, mit denen er eine typologische Kategorie bildet.

Nicht alle Völker der früheren UdSSR und der jetzigen RF zeigten die gleiche Zielstrebigkeit und Konsequenz in ihrem nationalen Befreiungskampf, in ihrem Streben nach Unabhängigkeit und Freiheit. Ihre nationalen Bewegungen sind verschieden organisiert, ihre Möglichkeiten, ökonomischen Interessen und geistigen Prioritäten sind unterschiedlich einzuschätzen, und viele Völker - soweit man nach dem Willen ihrer Mehrheit urteilen kann, der sich direkt oder indirekt bei Wahlen, Abstimmungen, Meinungsumfragen und Programmen ihrer nationalen Bewegungen ausdrückt - wollen tatsächlich keinen Austritt aus Russland, sehen keine Perspektiven und Sinnhaftigkeit einer "unabhängigen" Existenz und stehen daher auch nicht in einem Konflikt mit dem Moskauer Zentrum. Allerdings ist zu fragen, wie tief und fest diese Art von Loyalität ist. Es ist denkbar, dass sie bereits von Korrosion geschädigt ist, die eine ruhige Situation in einen langen und ernsthaften Konflikt verwandeln kann. Zudem ist zu untersuchen, welche Wechselbeziehung zwischen den in dieser Hinsicht konfliktfreien und konfliktbelasteten Zonen der russischen Peripherie mit ihren vielen Völkern besteht. Alle diese Probleme erfordern eine umfassende und objektive Untersuchung (die leider nicht von der russischen Politik stimuliert wird, die es oft vorzieht, Wünsche für die Realität auszugeben) und sind komplizierter als das sowohl Optimisten, die vom Gedeihen des jetzigen russischen föderalen Systems überzeugt sind, als auch Pessimisten scheint, die den nahen und unabwendbaren Zerfall der RF vorhersagen.

Es ist offensichtlich, dass nicht wenige Subjekte der RF - und jedenfalls nicht alleine Tschetschenien - auf diesem Konfliktfeld (zwischen den Polen "Zentrum - Vielvölker-Peripherie", "Moskau - Republiken", "Russland - nichtrussische Völker Russlands") stehen. In jedem konkreten Fall entwickelt sich der Konflikt spezifisch; er zieht breite Massen oder enge Kreise der national gesinnten nationalen Eliten(FN6) in den Strudel der Ereignisse, durchläuft die Stadien der zeitweiligen Zuspitzung und allmählichen Stabilisierung (so sind z.B. Teile der russischen Bevölkerung fast panisch aus der mittelasiatischen autonomen Republik Tuwa geflüchtet; dann folgte aber eine lange Ruhe) und gewinnt manchmal die Züge einer erstaunlichen "virtuellen Realität". Auf dieser durchaus surrealistischen Ebene entwickelt sich konkret der Konflikt zwischen Tatarstan (konkret: der tatarischen nationalen Bewegung, der an der Macht gefestigten tatarischen politischen Elite mit dem Präsidenten der autonomen Republik Mintimer Shajmijew an der Spitze) und dem russischen Zentrum: Eine Seite (Kazan) tut so, als ob die am 30.8.1990 beschlossene Deklaration über die staatliche Souveränität Tatarstans eine politische Realität wäre und sich die Beziehungen zwischen Russland und Tatarstan auf der Grundlage von Parität entwickelten, die angeblich durch eine besondere Vereinbarung gefestigt sind, die jedoch in den Bedingungen des Föderationsvertrages nicht vorgesehen ist(FN7); aus Moskauer Sicht ist Tatarstan ein integraler Bestandteil des unteilbaren Russlands, der keine politischen Vorrechte gegenüber anderen Subjekten der RF hat. Die reale Entsprechung dieser oder jener Sicht mit der Wirklichkeit bleibt dabei im Schatten, da weder die eine noch die andere Seite heute genug Kraft und Entschiedenheit hat, um auf ihrem Standpunkt zu beharren. Es ist nicht schwer vorherzusehen, dass sich bei der geringsten Änderung dieser brüchigen Balance die Konfliktsituation zuspitzen wird: Entweder wird Tatarstan (möglicherweise in der Zukunft unter einem neuen radikal nationalistisch orientierten Präsidenten) versuchen, die eigene politische und wirtschaftliche Souveränität nicht nur mit Worten, sondern tatsächlich zu realisieren; oder das russische "Zentrum" nimmt die ungehorsame Republik an die Kandare und entzieht ihr die seltsamen Steuerprivilegien sowie den direkten Zugang zu den eigenen Ressourcen und Landreichtümern und erzwingt eine (lange fehlende) Entsprechung einer Reihe von Bestimmungen der tatarischen Verfassung mit russischen föderalen Gesetzen und Verfassungsartikeln. Ein derartiges Modell zeichnet sich auch im System der Wechselbeziehungen Moskaus mit den autonomen Republiken Sacha-Jakutien, Kalmykien und Tuwa ab.

Bis jetzt ging es bei der Beschreibung dieses Konflikttyps um die Wechselbeziehungen der nationalen Kräfte der nichtrussischen Peripherie (der nationalen Bewegungen, Parteien, an die Macht gekommenen nationalen Eliten) mit Moskau, dem "Zentrum", der "Machtvertikale" der früheren UdSSR und des neuen russischen föderalen Systems. Eine konkrete ethnische Charakterisierung des zweiten Konfliktteilnehmers wurde noch nicht vorgenommen. In der Realität ergaben sich Konflikte "Litauen - Moskau", "Georgien - Moskau" oder "Tschetschenien - Moskau", womit einerseits eine nationale Kategorie und eine klar bestimmte ethnische Gruppe, andererseits ein gewisser abstrakter Punkt, der ohne ethnische Färbung in einem geopolitischen Koordinatensystem existiert, bezeichnet werden. Ein solcher Konflikttyp, der quasi je zur Hälfte ethnisch und politisch/staatlich (und im System der zwischenstaatlichen oder innerstaatlichen Beziehungen, des Völkerrechts oder des inneren Verfassungsbodens entstanden) ist, ist im Prinzip möglich und wird in vielen Fällen anschaulich realisiert. Jedoch nimmt in der Wirklichkeit Russlands und anderer Staaten, die auf den Ruinen der Sowjetunion entstanden sind, auch dieser zweite (politische) Bestandteil einen ethnisch bestimmten (nämlich russischen) Inhalt an und verleiht jedem Konflikt dieses Typs (wenigstens teilweise) den konkreten Charakter eines interethnischen - estnischrussischen, lettischrussischen, tschetschenischrussischen, tatarischrussischen usw. - Konflikts. Dabei ist das russische Volk im Ganzen in der Regel weder als Initiator noch als Träger oder besonders interessierter Anstifter eines solchen Konflikts aufgetreten, aber recht breite Schichten der russischen Bevölkerung wurden unausweichlich in den Konflikt hineingezogen und gerieten wohl oder übel auf die Seite des Unions- bzw. des föderalen Zentrums, traten als Geiseln und Opfer sowie als Ausführer von Gewalt- und Strafaktionen in einem geistigen Umfeld auf, an das die Ideologen des Großmacht-Chauvinismus appellieren und das diese Ideologie durch Zustimmung, patriotische Stimmung und Pathos sowie eine nationale "Rhetorik der Beschwerden" nährt. Ohne diesen starken spezifisch "russischen" Inhalt hätte ein Konflikt der Zentralmacht mit jeglicher "Peripherie", mit jeder nationalen Befreiungsbewegung, mit jedem Volk nicht Maßstab, Widersprüche und lange Dauer wie fast alle oben genannten Konflikte auf dem Gebiet der früheren UdSSR und, als größter von ihnen, der tschetschenischrussländische Konflikt, der leider nach vielen Parametern ein tschetschenischrussischer ist.(FN8)

Die Kriege der "Aufgeteilten und Unterjochten" - wer hat einen Vorteil?

Der zweite Typ der interethnischen Konflikte, der für die späte Sowjetperiode und den postsowjetischen Raum besonders bezeichnend ist, besitzt auch eine russländischstaatliche Komponente, tritt jedoch äußerlich ohne russischen Bestandteil auf, nämlich ausschließlich als Konflikt zwischen verfeindeten benachbarten nichtrussischen Völkern. Der armenischaserbaidschanische, der kirgisischusbekische, der türkischusbekische (seinen ersten Bestandteil bildeten die Turk-Mescheten und Krimtataren, die bis 1989 im Ferghana-Tal lebten), der ossetischgeorgische, der abchasischgeorgische, der ossetischinguschetische Konflikt - diese lange und traurige Reihe von Beispielen, zu denen man noch eine Reihe von herangereiften (rechtzeitig geregelten) oder heranreifenden (noch nicht ausgebrochenen) Konfliktsituationen zählen kann (Beziehungen zwischen Polen und Litauern in Litauen, Moldauern und Gagausen in Moldowa, Ukrainern und Rumänen in der südwestlichen Ukraine, Ukrainern und Ungarn im ukrainischen Vorkarpatengebiet, Tataren und Baschkiren in der Wolga-Ural-Region, Kabardinern und Balkaren sowie Karatschaiern und Tscherkessen im Nordkaukasus usw.), zeigt klar, dass keine objektiven Umstände eines ähnlichen historischen Schicksals und der modernen sozialen Armut, keine Momente der ethnischen, sprachlichen und konfessionellen Nähe oder Gemeinsamkeit Garantien von gegenseitigem Verständnis sind und in den Beziehungen zwischen diesen Völkern schärfste Konfliktsituationen nicht ausschließen können. Man ist mitunter versucht, von "Zonen ethnischen Wahnsinns" zu sprechen, da es scheint, dass es weder Unterschiede im sozialpolitischen Status noch Differenzen in Lebensart und Glauben oder irgendwelche andere gewichtige Gründe und Anlässe für Feindschaft gibt. Dennoch sind die "Steine des Anstoßes" recht dicht über das Land verstreut, dessen Führer über die Jahrhunderte der Zarenherrschaft und die Jahrzehnte der Sowjetzeit hinweg eine imperiale Politik nach dem Prinzip "teile und herrsche" praktiziert haben. Auf diese Weise haben sich zahlreiche Faktoren angesammelt, die das nationale Selbstbewusstsein angeregt und ein Aufflackern von zwischennationaler Feindschaft provoziert haben.

Meistens ist das mit territorialen Streitigkeiten, nicht übereinstimmenden Vorstellungen der Völker über "eigene ethnischen Territorien", einer politischen Mythologie von "unserer Heimat", "unserem Land" usw. verbunden. Die Grenzen zwischen diesen Territorien - seien es die Grenzen der früheren sowjetischen Unionsrepubliken und autonomen Republiken, Bezirken, Gebieten, Gauen in verschiedenen Perioden des nationaladministrativen Aufbaus - wurden so gezogen (und dann in der Regel mehrmals geändert), dass fast jeder Straßenwegweiser oder Grenzpfosten auf einer Zeitbombe steht. Gegenseitige Unzufriedenheit sammelte sich über Jahre hinweg an, und sobald sich der harte und seinen Willen diktierende Druck des sowjetischen Staates abschwächte, brach diese Unzufriedenheit aus und manifestierte sich als Feindschaft gegenüber den Nachbarn.

In einem nationalterritorialen Konflikt glaubte sich jede Seite bedingungslos im Recht - sowohl jene, die das umstrittene Gebiet beherrschte, wie auch jene, die es beanspruchte, fand immer historische Gründe und archäologische Beweise für die Zugehörigkeit des umstrittenen Landes an die Vorfahren und das Vorherrschen ihrer jeweiligen ethnischen Kultur, politische Beweggründe zu Gunsten einer Erhaltung des Status quo oder der gültigen administrativstaatlichen Einteilung sowie juristische Begründungen in Gestalt von alten und neuen Gesetzen, Erlässen, Verordnungen sowie Ergebnissen von Volksabstimmungen, auch wenn sie einander mitunter widersprachen.

Wenn man wirklich gewollt hätte, wäre vermutlich auch hier eine Lösung zu finden gewesen. Man hätte zumindest versuchen können, offenkundige Fälschungen und glaubwürdige Zeugnisse voneinander zu unterscheiden, auch in den schwierigsten Fragen Konsens und Kompromiss zu erreichen und dabei die Interessen der gekränkten nationalen Minderheiten und noch vom Stalin-Regime repressierten Völker zu berücksichtigen, die gerechtfertigte Forderungen nach "territorialer Rehabilitierung" erhoben.(FN9) Doch eine gerechte Lösung der inneren territorialen Konflikte gehörte nie zu den Prioritäten des Moskauer "Zentrums", das von den verfeindeten Seiten - bis zu einem bestimmten Punkt noch durchaus gesetzestreuen Völkern, die nicht vorhatten, zu den Waffen zu greifen - weiter als "Hauptschiedsrichter" angerufen wurde. Das Unions-"Zentrum" machte sich 1988 nicht ernsthaft an eine echte Lösung des Karabach-Problems, was sowohl die armenische wie auch die aserbaidschanische Seite zu Zwistigkeiten, dann einem vernichtenden Krieg und schließlich einem gegenseitigen gnadenlosen Genozid bewog.

Das russische föderale "Zentrum" wollte sich nicht näher mit der verzweifelten Lage der Inguschen, die alle legalen Möglichkeiten zur Rückgewinnung des ihnen bis zur Deportation 1944 gehörenden (und dann der autonomen Republik Nordossetien angeschlossenen, Anm. d. Übers.) Prigorodny-Bezirks ausgeschöpft hatten, befassen und provozierte 1992 jene Situation, die zu schwersten Leiden des inguschetischen Volkes führte: Es geriet in einen vereinigten Schlag ossetischer Nationalisten und der russischen Militärclique.(FN10) An der Mauer der Gleichgültigkeit zerbröckelten alle Deklarationen, unheilvolle Signale und Aufrufe zu einer gerechten und friedlichen Lösung der territorialen Fragen, die in den 90er Jahren von der interregionalen Vereinigung "Birlik" der Nogajer ausgingen. Die Nogajische Steppe ist zwischen benachbarten Gauen und Republiken aufgeteilt. In der RF gibt es weder ein nogajisches autonomes Gebiet noch eine nogajische Republik, aber das nogajische Volk hat nicht weniger Rechte als andere Völker der RF, die über eigene autonome Republiken verfügen. Das Volk der Karatschajer besitzt keine Möglichkeit, die bis zu seiner Deportation 1943 bestehende nationale Autonomie wiederherzustellen. Auf einem nationalen Kongress beschlossen Vertreter des balkarischen Volkes 1996 bisher folgenlos die Schaffung einer "Republik Balkarien" im Bestand der RF. Ihr Territorium soll einen Teil der autonomen Republik Kabardino-Balkarien umfassen, wo die Balkaren eine rechtlose Minderheit sind.

Wie aus diesen Beispielen zu ersehen ist, verflechten sich die ungelösten territorialen Streitigkeiten nicht selten zu einem festen Knoten mit nicht oder unbefriedigend gelösten Problemen des politischen Status‘ administrativer Einheiten. Das nicht realisierte Recht auf Selbstbestimmung in jener Form, die den nationalen Interessen optimal entspricht, schuf ein Syndrom der Kränkung der autochthonen Völker und nationalen Minderheiten, welches das "Zentrum" in seinem Kampf gegen die "Titularnationen", welche die Schaffung eines Unionsstaates behindern, effektiv nutzen konnte. Die Polen in Litauen, an deren nationale Rechte die Sowjetmacht jahrzehntelang nicht gedacht hatte, sollten ab Ende der 80er Jahre nach diesem Szenario gegen "Sajudis", die litauische Unabhängigkeitsbewegung, auftreten (und so geschah es auch; die Polen stärkten die Reihen der "internationalistischen" und prokommunistischen Bewegung "Einheit"), die (im Süden Moldowas lebenden und turkstämmigen, Anm. d. Übers.) Gagausen mussten zusammen mit kriminellen Strukturen des Dnjestr-Gebiets die Grundlagen der Unabhängigkeit Moldowas ins Wanken bringen, die Abchasen das widerspenstige Georgien bestrafen; und die dramatische Geschichte des Abchasienkonfliktes erwies sich als schwere langjährige Strafe sowohl für die Völker Georgiens und Abchasiens, das heute in Armut versunken ist und in Isolation von der ganzen zivilisierten Welt unter der Willkür eines diktatorischen und nationalistischen Regimes lebt.(FN11) Dort, wo es nicht gelungen ist, auf einen solchen wunden Punkt wie einen nicht zufriedenstellenden staatlichen Status und - in den Bereichen Sprachentwicklung, Kultur, Selbstverwaltung usw. - unzureichend gesicherte Rechte der nationalen Minderheiten zu drücken, traten wirtschaftliche und demographische Reizerreger in den Vordergrund, und vor dem Hintergrund von künstlich vorbereiteter Massen-Unzufriedenheit über "Fremdlinge", die sich "auf unserem Land niedergelassen haben" und "vorteilhafte wirtschaftliche Nischen besetzen", gelang es unter Appell an die untugendhaften Instinkte der Menge, solche Feuer wie im Ferghana-Tal im Juni 1989 zu entzünden.

Heute erinnern sich nur noch wenige daran, dass das auslösende Moment für die damaligen Pogrome ein Teller Erdbeeren war, der auf einem Markt verkauft wurde. Kaum jemand versteht, warum usbekische Jugendliche ihre Nachbarn, die noch in der Stalinzeit nach Mittelasien deportierten Turk-Mescheten und Krimtataren, getötet, bei lebendigem Leib verbrannt und gefoltert haben. Aber die Wellen Tausender Flüchtlinge, die aus Usbekistan schwappten, die bittere historische Erinnerung, Angst vor einer möglichen Rückkehr dieses Wahnsinns, Fassungslosigkeit und die angestiegene Abhängigkeit aller Konfliktteilnehmer von den lokalen und zentralen Behörden - die mit einer Hand Verbrecher gedeckt und mit der anderen Hunderttausende Flüchtlinge und Brandgeschädigte angeblich gerettet, evakuiert und an neue Plätze verteilt haben, wo Arbeitskräfte gefordert waren - blieben im postsowjetischen Raum präsent, trugen zu seiner Instabilität bei und öffneten neuen Wellen von Gewalt und Willkür Tür und Tor.

Der Hinweis auf den organisierten und provozierten Charakter vieler interethnischer Konflikte dieses Typs, die schlussendlich den Moskauer Verfechtern einer imperialen Politik nützen sollten, darf die Situation nicht vereinfachen oder die ganze Vielschichtigkeit komplizierter Prozesse und Erscheinungen auf ein Schema reduzieren. Zweifellos konnte ein Konflikt - sogar wenn ihm bestimmte Kalkulationen, "Aufgaben" und ein Programm zu Grunde lagen - außer Kontrolle geraten und jene beharrende Kraft oder "Glühtemperatur" gewinnen, die seine Organisatoren überhaupt nicht brauchten und die sogar für sie selbst eine Gefahr darstellte. Man darf auch die spontane Entstehung und die Entwicklung eines interethnischen Konflikts, die Verkettung von Zufälligkeiten und die selbstständige Bedeutung jener Initiative nicht unterschätzen, welche jene Teilnehmer zeigen konnten, die es überhaupt ablehnten, die ihnen zugedachte Rolle zu spielen oder deren Bild bis zur Unkenntlichkeit veränderten. Gefährliche Instrumente der Schürung von ethnischer Feindschaft explodierten manchmal buchstäblich in den ungeschickten Händen jener, die versuchten, einen ethnischen Konflikt im eigenen Interesse zu steuern, und die explosionsgefährlichen "Mischungen" stürzten auf die Konstrukteure des interethnischen Konflikts selbst herab und verbrannten ihre Pläne zu Asche. Das anschaulichste Beispiel dafür war die Tätigkeit der "Konföderation der Bergvölker des Kaukasus", die später, mit dem Beitritt von Kosakenformationen, in die "Konföderation der Völker des Kaukasus" umgewandelt wurde. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sie am Beginn der 90er Jahre unter antigeorgischen Zeichen entstand, und dass ihre Finanzpolitik, Personalpolitik und programmatischen Leitsätze, die beim Gründungskongress in Suchumi (Abchasien) im April 1991 den letzten Schliff erhielten, von sowjetischen Geheimdiensten und Strukturen der zentralen Organe der KPdSU kontrolliert wurden, die eine Angriffsfront auf das (aus der Sicht des sowjetischen Zentrums) meuternde Georgien vorbereiteten. Aber schon die Ereignisse in der ersten Hälfte der 90er Jahre zeigten, dass diese Konföderation vom "Zentrum" unsteuerbar war, dass sie kein Spielzeug in fremden Händen sein wollte (oder jedenfalls ein gefährliches Spielzeug war) und dass sie ihren Dolch nicht nur auf Georgien, sondern auch auf Russland werfen konnte. Letzteres ist dann schlussendlich auch passiert, als die Führung der Konföderation den (in russischer Diktion) "tschetschenischen Separatismus" unterstützt hat.

Im Prinzip dient jeder interethnische Konflikt dieser Art, der in seiner Grundlage ein politisches Konstrukt ist, schließlich den Interessen jener, für die es in der jeweiligen Region vorteilhaft ist, "zu teilen und zu herrschen". Der Konflikt wird aber immer auch aus vielen anderen von niemandem speziell "bestellten" Mitteln, d.h. "natürlichen" Quellen, genährt. Ein tiefer Konflikt entsteht und dauert gerade dort lange an, wo zugleich mit einer bestimmten Art berechneter politischer Vorteile für den "Hauptauftraggeber" zahlreiche Umstände existieren, die einen günstigen Nährboden für einen solchen Konflikt schaffen und ihm oft einen unausweichlichen, "ewigen", "unausrottbaren", sich "natürlich" entwickelnden und spontanen Charakter verleihen. Zu diesen Umständen können auch komplizierte Wendungen der mehr oder weniger weit zurückliegenden Geschichte wie auch verschiedene Schatten und Kontraste von anthropologischen, religiösen und kulturellen Unterschieden (wobei deren Reduzierung mitunter nur die gegenseitige Intoleranz erhöht) und eine Spezialanalyse erfordernde ethnopsychologische Komponenten gehören, die beim Eintreten bestimmter Kombinationen besondere Zonen der geistigen Unvereinbarkeit, Kollisionen egoistischer Komplexe und Abbruch von Kontakten schaffen bzw. auslösen. Dabei fühlen im aktiven Stadium eines Konflikts seine Teilnehmer, die sich in einem Zweikampf gegenüberstehen, in der Regel die Präsenz einer dritten Kraft nicht und denken nicht einmal an sie; sie lenken ihre gesamte destruktive Gewalt gegen den unmittelbaren "Feind" und sehen in ihm und nur in ihm die Quelle des eigenen Unglücks und aller Leiden.

Historische Realitäten und politische Maskierungen

Die hier als Arbeitshypothese vorgeschlagene Typologie ethnischer Konflikte hat zwei Hauptsäulen, die den beiden Hauptfunktionen des imperialen Systems entsprechen. Die erste beinhaltet eine Stärkung der "Machtvertikale", Expansion aus dem Zentrum an die Peripherie, das Halten aller eroberten Territorien und unterworfenen Völker in einem einheitlichen Staat, die Unterordnung der nationalen Minderheiten unter die Mehrheit, die Unterdrückung von nationalen Befreiungsbewegungen sowie sämtliche russländisch-"fremdländische" und russisch-"fremdländische" Konflikte, von denen der derzeitige Tschetschenienkrieg der unheilvollste ist. Die zweite Säule ist das Schüren interethnischer Konflikte, die sich v.a. beim Entstehen von territorialen Streitigkeiten verschärfen, zwischen den "fremdländischen Stämmen" (wenn man mit dieser bedingten archaischen Formulierung alle nichtrussischen Völker des früheren sowjetischen und jetzigen russischen Imperiums bezeichnen will) in Übereinstimmung mit der traditionellen imperialen Politik unter der Losung "teile und herrsche".

Die hier vorgestellte Typologie ethnischer Konflikte wird allerdings kaum Unterstützung im Mainstream der gegenwärtigen russischen historischen, politologischen und ethnologischen Literatur finden, die direkt oder indirekt im Dienst des russischen Staates steht und eine servile Mission erfüllt. Diese Literatur bietet dem Leser anstatt großer typologischer Konstruktionen meistens ein bruchstückhaftes, mosaikartiges Panorama, das aus kleinen (oder sogar mikroskopischen) Modellen verschiedener Konfliktsituationen besteht, die nach rein formalen Anzeichen aufgebaut sind. Hinter der kaleidoskopartigen Menge der Details und Varianten - hier Grenzkonflikt, dort territorialer Streit innerhalb einer administrativen Einheit, hier mit der Teilnahme von zwei, dort mit der Teilnahme mehrerer Ethnien, hier innerhalb einer Konfession, dort innerhalb einer Religion, aber bei verschiedenen Konfessionen, irgendwo zwischen Völkern verschiedener Religionen und Zivilisationen, ein Konflikt auf der Grundlage sozioökonomischer Widersprüche, ein Konflikt vor dem Hintergrund von Migration, ein Konflikt, der von einer demographischen Krise ausgelöst wurde usw. ohne Ende bis hin zu regionalen und lokalen Besonderheiten verschiedener Konflikte - geht die Vorstellung von gemeinsamen Gesetzmäßigkeiten und Haupt-Bewegungskräften nationaler Konflikte verloren. Dabei ist das kategorische Hauptmotiv der engagierten russischen Wissenschaft, welche die offizielle Nationalitätenpolitik Moskaus bedient und unterstützt, a priori die Behauptung einer Sonderrolle und einer "besonderen geistigen Mission" Russlands, das angeblich nie ein Kolonialimperium gewesen sei und alle unglücklichen Völker, die "unter seinen Fittichen Schutz gesucht" hätten, erwärmt, vor äußeren Feinden behütet, gefüttert, erzogen und belehrt habe. Die Autoren, die das behaupten, bemühen sich nicht um die Untermauerung ihrer Thesen mit Argumenten oder um eine konkrete Analyse des historischen Grundstocks der Ereignisse. Ohne Einwände zuzulassen, erklären sie, dass man an Russland nicht mit allgemeinen Standards herangehen und die Lage seiner Völker nicht mit dem Paradigma "koloniale Unterjochung - nationaler Befreiungskampf" beurteilen dürfe. Die Meinungen der betroffenen Völker selbst interessieren sie dabei nicht, und die Schlussfolgerungen der jungen historischen Schulen, die sich in den nichtrussischen GUS-Staaten und in den autonomen Republiken der RF herausgebildet haben, ignorieren sie verächtlich.

Der Raum für freie Diskussionen in der russischen Politologie und Ethnologie engt sich mit jedem Jahr mehr ein, und an die Stelle von Quellen, die bei der Suche nach der historischen Wahrheit erforderlich sind, treten ideologische Inquisition und Zensur, welche "antipatriotische Aufrührer" verfolgen. Wie schon zu Sowjetzeiten muss man Überlegungen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Russlands anhand ausländischer Publikationen überprüfen.

Übersetzung aus dem Russischen: Martin Malek.

ANMERKUNGEN:

(Fußnote 1/FN1) Die vollständigste und objektivste Beschreibung des Wesens, der Besonderheiten und der Geschichte der Herausbildung des Russländischen Imperiums als Kolonialmacht enthält: Andreas Kappeler (= derzeit Vorstand des Instituts für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien): Russland als Vielvölkerreich. Entstehung, Geschichte, Zerfall. München 1993, aktualisierte Ausgabe 2001.

(FN2) Der Begriff "Allogene" (hier: fremde, nichtrussische Völker Russlands) ging in die Geschichte der Entstehung der "Liga der Allogenen Russlands" während des Ersten Weltkrieges ein. Diese Organisation vereinte Vertreter vieler nichtrussischer Völker in der Emigration. Auf einer Konferenz am 9.5.1916 in Stockholm unterzeichneten sie ein gemeinsames Memorandum über die politische, religiöse, kulturelle und sozioökonomische Unterdrückung der Völker Russlands und die Verletzung ihrer Rechte. Der Text dieses Memorandums, das per Telegramm an US-Präsident Woodrow Wilson ging, wurde nach dem Krieg in einer Pariser Zeitschrift veröffentlicht (Revue du Monde Musulman 1923, LVI, S.146-148). Seine Hauptthesen erfuhren in der 1917 in französischer Sprache erschienenen Broschüre "Russland und ihm fremde Völker" eines anonymen Autors (mit dem Pseudonym "Der Fremde") eine weitere Entwicklung. Darin wurde die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Lage dieser Völker gelenkt, sondern auch auf ihren Widerstand, ihre Forderungen und Hoffnungen.

(FN3) Mit besonderem Stolz auf die sowjetische Erfahrung bei der Bildung autonomer Republiken schrieb Wladimir Lenin, der Gründer des Sowjetstaates, 1921 in einem Telegramm an den türkischen Führer Kemal Atatürk: "Sowjetrussland gewährt allen Völkern auf seinem Territorium Autonomie und unterstützt die Bildung von örtlichen Republiken durch sie - entsprechend dem Recht jedes Volkes auf Selbstbestimmung" (V. I. Lenin: Gesammelte Werke [russ.] Bd. 52, S.301).

(FN4) Der Gründungskongress der Volksfront Estlands, der am 1./2.10.1988 in Tallinn stattfand, nahm die Entwicklung der Nationalbewegungen in den anderen baltischen Republiken in vielerlei Hinsicht vorweg und bestimmte sie vor: Der Oberste Sowjet der Estnischen Sowjetrepublik beschloss am 16.11.1988 eine Souveränitätsdeklaration, welche die estnischen Gesetze über die der UdSSR stellte; das war ein wichtiger Schritt bei der Demontage der Sowjetunion. Gleichzeitig agierte die Führung der estnischen Nationalbewegung vorsichtig, und als am 11.3.1990 der Oberste Sowjet Litauens einen Akt über die Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Republik beschloss, folgte Estland dem Beispiel Litauens zunächst nicht, sondern zog es vor, einen günstigeren und sichereren Moment zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit abzuwarten.

(FN5) Die vom Standpunkt Moskaus aus illegalen Wahlen des ersten Präsidenten des "unabhängigen Tschetscheniens" fanden am 27.10.1991 statt. 80% der Stimmen wurden für General Dzhochar Dudajew abgegeben. Am 1.11.1991 wurde ein Dudajew-Erlass "Über die Erklärung der Souveränität der Tschetschenischen Republik" veröffentlicht. Am 9.11.1991 wurde der Präsident mit einem feierlichen Schwur auf den Koran in sein Amt eingeführt.

(FN6) So z.B. die halblegalen Parteien "Kjogeze mlande" und "Dorjam asmymjos" der Völker von Marij El und Komi vor dem Hintergrund von verbreiteter Gültigkeit und stabiler Loyalität zur russischen Führung.

(FN7) Der Föderationsvertrag über die Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche und Vollmachten zwischen den föderalen russischen Staatsorganen und den autonomen Republiken der RF wurde am 31.3.1992 in Moskau unterzeichnet; lediglich Tschetschenien und Tatarstan lehnten den Vertrag ab.

(FN8) "Russländisch" bezieht sich auf ganz Russland, d.h. unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit der Völker, die es bewohnen; "russisch" meint ausschließlich das russische Volk im ethnischen Sinne (Anm. d. Übers.).

(FN9) Die Notwendigkeit einer solchen Rehabilitierung war im Gesetz der RF "Über die Rehabilitierung repressierter Völker" vom 26.4.1991 vorgesehen. Allerdings wurde in der Folge v.a. wegen des Drucks der Führung Nordossetiens gerade der Artikel zur "territorialen Rehabilitierung" suspendiert. Dieses Moratorium gilt de facto bis jetzt, obwohl die entsprechende Frist formal abgelaufen ist.

(FN10) Genauer dazu vgl. Swetlana Tscherwonnaja: Der ossetischinguschische Konflikt im Nordkaukasus. I. Ausbruch und Verlauf des kriegerischen Konflikts 1992. In: Osteuropa, 8/1995, S.737-754; dies.: Konflikte im Nordkaukasus: Osseten und Inguschen. II. Ohne klare politische Motive. In: Osteuropa, 9/1995, S.825-832.

(FN11) Für Details der Entwicklung des georgischabchasischen Konflikts vgl. Svetlana M. Chervonnaya: Abchazija-1992: postkommunisticeskaja gruzinskaja Vandeja. Moskva 1993; Svetlana Chervonnaya: Conflict in the Caucasus: Georgia, Abkhazia and the Russian Shadow. Glastonbury 1994.

Dr. Swetlana M. Tscherwonnaja

Geb. 1936; habilitierte Doktorin für Kunstgeschichte; wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Ethnologie der Russländischen Akademie der Wissenschaften, leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin des Wissenschaftlichen Forschungsinstituts für Theorien und Geschichte der Künste der Russländischen Akademie der Künste; Autorin von mehr als 300 Publikationen über ethnologische, politologische und kulturwissenschaftliche Aspekte der Geschichte der Völker der früheren UdSSR.



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