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Psychologie: Einsatz und psychologische Betreuung gehören zusammen

In der Vergangenheit resultierten Verwundungen österreichischer Soldaten im Auslandseinsatz zumeist aus Verkehrs- und Arbeitsunfällen oder aus dem unsachgemäßen Umgang mit Waffen. Ein anderes Bild zeigte sich jedoch im November 2011, als sich österreichische und deutsche KFOR-Soldaten Demonstranten gegenübergestellt sahen, die vor gewalttätigen Aktionen nicht zurückschreckten. Dabei erlitten 16 deutsche und zwölf österreichische Soldaten zum Teil schwere Verletzungen. Es kam zu Brand- und Schussverletzungen und zu Verletzungen durch Splitter einer geworfenen Handgranate sowie zu Beeinträchtigungen durch Reizgas. Der deutsche Kommandeur des ORF-Bataillons erlitt einen Durchschuss des Oberarmes. So übernahm in weiterer Folge sein österreichischer Stellvertreter das Kommando.

Die verletzten Österreicher wurden rasch im deutschen und amerikanischen Feldspital sowie im Krankenrevier des ORF-Bataillons behandelt. Für die psychosoziale Versorgung dieser Soldaten war der österreichische Kontingentspsychologe zuständig. Es gelang die Verletzten psychologisch und ärztlich optimal zu versorgen, da das Fachpersonal eng zusammenarbeitete. Unter anderem war es aus psychologischer Sicht essenziell, einem Österreicher nach dem Erwachen aus dem künstlichen Tiefschlaf im amerikanischen Feldspital zur Seite zu stehen. So konnte der Psychologe als vertraute Person wichtige Fragen beantworten und ihm Ängste nehmen.

Zum Stress, dem die Soldaten durch die gewalttätige Konfrontation ausgesetzt waren, kam noch die psychische Belastung durch die erlittenen Verletzungen hinzu. Wenn Betroffene von ihren Ängsten und Gefühlen berichten, ist es wichtig, ihnen vermitteln zu können, dass sie ganz normal auf eine außergewöhnliche Situation reagieren, die weit außerhalb ihres Erfahrungshorizontes liegt. Soldaten sind im Einsatz besonderen psychischen Belastungen ausgesetzt. Sie betreten fremdes Terrain, müssen auf gewohnte Annehmlichkeiten verzichten, sind für Monate von Familie und Freunden getrennt und leben manchmal in Sorge um Leib und Leben. Kommt dann noch ein potenziell traumatisches Erlebnis wie die Verwundung in Folge einer Kampfhandlung hinzu, kann das Erlebte schnell die eigenen psychischen Kapazitäten überschreiten.

Akute Belastungsreaktionen wie Angst, Ärger, Verzweiflung, Depression, Überaktivität, aber auch Rückzug klingen im Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen ab. Nur wenn die Symptome länger andauern, kann es im schlimmsten Fall zur Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) kommen. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas, sich aufdrängende Erinnerungen, das Gefühl von Hilflosigkeit sowie ein erschüttertes Selbst- und/oder Weltbild. Daher war die Abklärung der weiteren Einsatzfähigkeit der verletzten Soldaten durch den Psychologen eine entscheidende Aufgabe. Trotz des Erlebten wollten die meisten der eingesetzten Soldaten unbedingt im Einsatzraum verbleiben und wären auch bereit gewesen, einen erneuten CRC-Einsatz durchzuführen.

Menschen reagieren individuell unterschiedlich auf potenziell traumatisierende Ereignisse, und es kann nicht vorhergesehen werden, wer eine PTBS entwickeln wird. Dennoch gibt es Parameter, die dazu beitragen können, Stress zu reduzieren und somit einer PTBS entgegenzuwirken. Dazu gehören vor allem eine hohe Motivation und Leistungsbereitschaft der Truppe gepaart mit guter Moral und einem überdurchschnittlichen Zusammenhalt, einer einsatzorientierten Ausbildung mit drillmäßigem Üben der möglichen Gefechtsszenarien sowie eine leistungsfähige Führung durch engagierte und verantwortungsvolle Kommandanten. Aber auch ein hoher Qualitätsstandard der verwendeten Ausrüstung ist ein dazugehöriges Kriterium.

Auch wer körperlich unversehrt aus einer Kampfhandlung zurückkehrt, kann auf Grund der traumatischen Ereignisse seelische Verletzungen davontragen. Diese sind genauso ernst zu nehmen wie physische Verwundungen. Hierfür stehen dem Psychologen spezielle Maßnahmen wie das Critical Incident Stress Management (CISM) zur Stabilisierung und Wiederherstellung der psychologischen Einsatzbereitschaft des Soldaten zur Verfügung.

Um die Effektivität des Truppenpsychologen als Betreuer, Berater und Hilfesteller weiter zu erhöhen, wäre in der Einsatzvorbereitung eine noch intensivere psychologische Ausbildung, insbesondere der Kommandanten aller Ebenen mit praxisnahen und konkreten Beispielen anzustreben.

Oberstleutnant Mag. Erwin Walla

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