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Die größten Veränderungen seit je

Die größten Veränderungen seit je

In etwa zwei Monaten werden die ersten Restrukturierungsmaßnahmen des Bundesheeres in Kraft treten. Oberflächlich wird "nur" die Zentralstelle verändert, doch sieht man genauer auf die Vorgänge, dann erkennt man, dass dies die größte Reform des Bundesheeres ist, die es je erlebt hat. Alle Änderungen der sechziger, siebziger, achtziger und neunziger Jahre sind im Vergleich dazu nur rudimentäre Erscheinungen gewesen.

Neue Führungsstrukturen

Die Führungsstrukturen auf der obersten Ebene sind völlig verändert worden. Der stets von den Offizieren geforderte und dem internationalen Standard angepasste "Chef des Generalstabes" als einzige militärische Entscheidungsstelle ist gewiss ein beachtenswerter Fortschritt. Die Stabsstellen für Planung, Führung und Rüstung sind in dieser Zusammensetzung neu. Damit haben sich ebenfalls die Versorgungs- (Logistik-), Beschaffungs- und Kontrollorganisationen total verändert. Ebenso die neu zusammengefügten zivilen Sektionen. Auch die Führung auf der oberen Ebene durch die Zusammenfassung der Truppen nach den Gesichtspunkten Landstreitkräfte, Luftstreitkräfte, Kräfte für Internationale Einsätze, Führungsunterstützung, Einsatzunterstützung und Sondereinsatzkräfte ist eine Neuschöpfung und entspricht den Gepflogenheiten in anderen Streitkräften. Geändert haben sich auch strukturell und teilweise nominell die Ämter und die Schulen des Bundesheeres. Selbst die Militärkommanden haben eine beachtenswerte innere und äußere Reorganisation erfahren. Und die Akademien des Bundesheeres wurden in ihrer inneren Struktur modifiziert. Die ehemaligen Korpstruppen wurden schließlich den Brigaden zugeteilt. Die gesamte Umstrukturierung verlangt allerdings nach Zeit bis zur Herstellung der vollen Funktionstüchtigkeit.

Verjüngungen

Aber damit nicht genug. Im gleichen Zeitraum wird auch die Armee verjüngt. Ab dem Lebensalter von 55 Jahren beginnen sich die Reihen der Soldaten zu lichten und ab dem 60. Lebensjahr sind Soldaten nur noch in Ausnahmefällen tätig. Die Auswirkungen werden sich außerordentlich stark bemerkbar machen. Der zwangsläufig auftretende "Sog" nach "oben" zu freien (meistens besser bewerteten) "Dienstposten" wird die ohnehin dünne Personaldecke "unten", noch dünner machen als sie bereits ist, wenn nicht raschest großzügige Aufnahmemöglichkeiten geschaffen werden. Aber selbst "oben" wird durch die vielen Verwendungen im internationalen Bereich und andere Maßnahmen kaum genügend Personal die anstehenden, nicht weniger werdenden Aufgaben, bewältigen können. Das Personalproblem ist schlechthin die Hauptsorge für die nächste Zukunft.

Änderungen der Ausbildung

Doch die Veränderungen sind damit noch nicht abgeschlossen: das "Einsatzkonzept 2001" wurde in seiner Endfassung verfügt und hat für die Ausbildung, die Einsatzvorbereitung und den Einsatz entscheidende Neuerungen zur Folge. Dem Bundesheer stehen neue Vorschriften und Einsatzgrundsätze bevor, die an internationale Normen zum Erlangen der "Interoperabilität" angepasst werden. Dementsprechend ist die Ausbildung auf allen Ebenen anzugleichen. In der Struktur der Ausbildungsgänge werden in kurzer Zeit zu den bisherigen noch weitere Neuerungen treten. Der Fachhochschul-Studiengang an der Militärakademie, die Lehrgänge (Studien) an der Landesverteidigungsakademie und der Bildungsweg an der Heeresunteroffiziersakademie werden den Herausforderungen der Zeit angeglichen. Für Soldaten ist ein neues Dienstrecht - hoffentlich mit einem neuen Besoldungsrecht - in Ausarbeitung.

Nach einer Periode der Überprüfung und Bewertung wird es dann höchstwahrscheinlich zu mehr oder weniger Korrekturen kommen. Die Truppe sollte jedoch dieser Periode relativ beruhigt entgegen sehen. Ihre Substanz muss erhalten und unzweifelhaft verbessert werden, wenn sie die bevorstehenden Aufträge erfüllen soll. Wir haben einfach zu wenig Personal in der Truppe - bei den Kompanien. Dass die Professionalität der Soldaten - bei unverzichtbarer Aufrechterhaltung des allgemeinen Wehrdienstes - vor allem für Auslandsdienste steigen muss, ist ebenso unbestritten.

Auch die Bedeutung der Miliz ist wieder gewachsen. Die Gefahren des Terrorismus und die Folgewirkungen verlangen mehr militärische Kräfte im Inland. Chancen der Miliz für Auslandsverwendungen ergeben sich dann, wenn geschlossene Kampfgemeinschaften freiwillig ihren Dienst anbieten. Sonst werden nur freiwillige "Einzelkämpfer" - für Stäbe, Spezialfunktionen etc. - Verwendung finden.

Gewaltiges verändert sich also in diesen Monaten. Es sind tatsächlich die größten Neuerungen, die je in diesem Bundesheer in knapper Zeitfolge eingetreten sind. "Kein Stein wird auf dem anderen bleiben" - der Ausspruch trifft bis ins letzte Detail zu.

Ein Ende

An dieser Stelle der Kolumne verabschiede ich mich von meinen Lesern. Nach exakt 20 Jahren übergebe ich das "Editorial" an meinen Nachfolger. Vom Heft 5/1982 bis heute wurden ohne Unterbrechung etwa 120 Artikel von mir erstellt, die das Geschehen im Bundesheer kommentierten. Mein Bemühen war, aus ehrlicher Überzeugung aufzuzeigen, wo "uns der Schuh drückt", auch wenn es sensible Bereiche berührte. Alles andere lag mir fern. Und es war immer meine persönliche Meinung. Ich habe stets viele Zuschriften und Telefonate dazu erhalten, die meine Ansicht bestätigten oder auch mitunter kritisierten. Ich danke allen Lesern für ihr Interesse.

Brigadier Prof. Dr. Horst Mäder

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