Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Europa - Sicherheitspolitik in stürmischen Zeiten

von Otto von Habsburg

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hat der deutsche politische Schriftsteller Winfried Martini ein Buch mit dem Titel "Das Ende aller Sicherheit" veröffentlicht. Er wurde damals durch viele, die an die verschiedenen internationalen Institutionen und an die Versprechen der Regierungen geglaubt haben, heftig kritisiert. Der Gedanke wurde dann auch pflichtschuldigst vergessen. Wer heute auf die hinter uns liegende Periode des vergangenen Jahrhunderts zurückblickt, wird erkennen, dass dieser Titel leider eine tiefe Wahrheit zum Ausdruck gebracht hat, die aber durch die verantwortlichen Politiker nur zu häufig verdrängt wurde. Es gab natürlich verschiedene Aspekte der Sicherheit, und die meisten Verantwortlichen haben nicht erkannt, dass falsche Beschlüsse bei Friedensverträgen zwangsläufig über kurz oder lang neue Krisen hervorrufen würden. Es wurde insbesondere damals der Begriff "Friede" so sehr missbraucht, dass die Menschen den wahren Sinn dieses Wortes nicht mehr verstehen konnten. Zu sehr hat man unter Frieden nicht etwa das Ende der Furcht und das Gefühl der Sicherheit der Völker verstanden, sondern nur mehr den Zustand des Nicht-Krieges. Man hat außerdem den Begriff "Krieg" insofern verfälscht, als man nur mehr an die militärischen Elemente des Konfliktes dachte und sich nicht an die klare Begriffsbestimmung eines Clausewitz hielt. Dieser hatte den Krieg als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln bezeichnet. Das bedeutet, dass er keineswegs nur die militärischen Instrumente vor Augen hatte, sondern ein breiteres Konzept des Krieges, nämlich die Bestrebung einer Macht im Kampf gegen einen Rivalen, diesen zu zwingen Bedingungen anzunehmen, die dieser nicht wollte. Durch diese falsche Einschätzung verstand man Frieden, insbesondere im 20. Jahrhundert, nur mehr als die Abwesenheit von militärischen Konflikten. Man verstand nicht, dass "Friede und Sicherheit" nicht zu trennen sind und daher der politische Aspekt der Sicherheit wesentlich bedeutender ist als der rein militärische. Dies hat uns der so genannte "Kalte Krieg" klar gezeigt.

Wer hingegen auf das 19. Jahrhundert zurückblickt, wird erkennen, dass es sich hier um eine Kriegsperiode handelte, in der man zwei verschiedene Konzepte des Friedens, das zivilisierte und das heidnischbarbarische, findet.

Zivilisiert war der erste Friede dieser Epoche nach dem Wiener Kongress. Dieser wird vielfach missverstanden wegen der Überbetonung der gesellschaftlichen Ereignisse, die in Wien die ernsten Verhandlungen begleiteten. Der Wiener Kongress hatte zwei Charakteristiken, die man in unserer Zeit fast vergessen hat. Die damaligen Mächte haben insbesondere, schon gleichermaßen bevor der Kongress begann, jene Grundsätze festgesetzt, die auf alle Teilnehmer Anwendung finden würden. Das galt also für Sieger wie Besiegte. Einer dieser Grundsätze war die Legitimität, nach der damaligen Auffassung meist ein dynastischer Begriff. So wurde der Vertreter der Besiegten, nämlich der französische Außenminister Talleyrand, dem Wiener Kongress beigezogen. Er konnte dort mitverhandeln, also tätig sein und seine Gedanken, nicht zuletzt in Form diplomatischer Intrigen, einbringen. Auch kann jeder, der die Geschichte des Wiener Kongresses studiert, wie dies insbesondere der große italienische Denker des 20. Jahrhunderts, Guglielmo Ferrero, in seinem Buch zu diesem Thema getan hat, feststellen, dass in Wien wahrhaftige Verhandlungen stattgefunden haben - mit einem Wort, dass man dem Besiegten von Anfang an eine Perspektive gab. Das Ergebnis war, dass hier ein echtes Friedenswerk entstand, das den Bevölkerungen der verschiedenen Länder - den Siegern wie den Besiegten - ein Gefühl innerer Sicherheit brachte. Dies zeigte die weitere Folge des 19. Jahrhunderts, in der es keinen großen so genannten "Weltkrieg" gegeben hat und wo bei den örtlichen Konflikten die Möglichkeit bestand, durch das so genannte "Konzert der Mächte", Kriege zu lokalisieren. Das hatte jenen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts zur Folge, weil sich in dieser Zeit die Menschen in Sicherheit fühlten und daher auch die wirtschaftliche Tätigkeit mit ganz anderem Schwung aufgenommen wurde, als es dann in unsicheren Perioden der Fall gewesen war.

Die Lehren des Wiener Kongresses wurden vergessen

Leider wurden die Lehren des Wiener Kongresses, vielleicht infolge der langen Friedensperiode, vergessen. Das Ergebnis war, dass schon das erste Friedensabkommen nach dem Weltkrieg 1914/18 unter ganz anderen Vorzeichen als seinerzeit in Wien stand. In Versailles, Saint Germain, Trianon, aber genauso auch in Neuilly und Sèvres, waren die Vertreter der Besiegten von den Vorgängen ausgeschlossen. Es wurde ihnen zwar noch erlaubt, am Schluss einen Protest einzulegen, aber das Dokument war fertig, es gab keine Verhandlung sondern lediglich einen massiven Druck, der dann die Unterzeichnung des Dokumentes ohne Abänderungen erzwang. Dieser Friede war also ein Diktat nach dem alten römischen Prinzip "vae victis" - mit anderen Worten, man unternahm nicht den Versuch, einen gerechten Frieden für alle zu schaffen, man wollte nur den Besiegten bestrafen.

Das hat zur Folge gehabt, dass die damit beginnende Zeit des Nicht-Krieges historisch gesehen relativ kurz war. Sie wirkt sich aber auch heute noch aus. Man kann somit feststellen, dass wir auch noch in unseren Tagen die Rechnung von damals zu begleichen haben. Das gilt nicht nur für die Tatsache, dass mit Recht gesagt werden konnte, Versailles sei "der Vater Hitlers" gewesen.

Heute sind es die Beschlüsse von Neuilly und Sèvres, also die Friedensverträge mit der Türkei und Bulgarien, deren Auswirkungen wir zu fühlen bekommen. Wer sich mit der Nahost-Krise befasst weiß, dass es - wenn das türkische Großreich, das 1914 noch bis zum Suez-Kanal gereicht hatte, nicht untergegangen wäre - möglicherweise ein friedliches, gut integriertes Israel geben hätte können. Es hätte vielleicht eine Friedensmacht gegeben, die wohl den Juden die Möglichkeit eröffnet hätte, ihr eigenes Heim zu schaffen, die aber auch gleichzeitig den Schutz der moslemischen Bevölkerung, also der Palästinenser, garantiert hätte. Wer die Politik der Türkei im vergangenen Jahrhundert verfolgt hat, wird erkennen, dass sie mit all ihren Schwächen ein bedeutender Friedensfaktor im Nahen Osten war, bis schließlich ihre Herrschaft zerstört wurde.

Im Zweiten Weltkrieg wiederum war den Völkern versprochen worden, dass man die Fehler der Gewaltfrieden verstanden habe. Man braucht diesbezüglich nur die so genannte Atlantic Charta mit ihren wunderschönen Prinzipien zu lesen. Praktisch aber kam dann Jalta, das noch wesentlich mehr ein Diktat war als davor Versailles oder St. Germain, da zumindest bei den französischen Verträgen noch die Verbündeten der Sieger ein Wort zu sagen hatten. In Jalta aber waren auch sie ausgeschlossen. Ein guter Beweis dafür ist der würdige Protest, den General De Gaulle in Jalta im Namen Europas formuliert hat. Kein Wunder daher, dass das Diktat von 1944/45 fast nahtlos in den so genannten Kalten Krieg übergegangen ist. Dieser war nach der Clausewitzschen Definition tatsächlich ein Krieg, nur mit zeitgemäßen Mitteln. Die nukleare Bewaffnung hat eine neue Dimension gebracht, die es auch den größten Mächten, nämlich den USA und der UdSSR, ratsam erscheinen ließ, keinen militärischen Konflikt einzugehen, in dem sie selbst die Leidtragenden sein könnten.

Wettrüsten führte zu Frieden

Das Ende des Kalten Krieges, also der Zusammenbruch der Sowjetunion, war die logische Folge dieser Gegebenheiten. Der Amerikaner Ronald Reagan brachte dies klar zum Ausdruck, als er bereits vor seiner Präsidentschaft mehrfach erklärte, Russland sei infolge der kommunistischen Misswirtschaft praktisch "tot" - nur wisse dies Moskau noch nicht. Es sei daher die Aufgabe des Westens, durch eine letzte große Anstrengung Russland zu zwingen, nachzurüsten, worauf der Apparat zusammenbrechen würde. Man hat bei uns viel zu wenig erkannt, wie sehr diese geniale Erkenntnis der machtpolitischen Gegebenheiten zu dem historisch fast einmaligen Ereignis führte, nämlich dass ein Wettrüsten nicht einen Krieg, sondern den Beginn eines Friedens zur Folge hatte. Dass dieser dann nicht entsprechend genutzt wurde, ist auf die bedauerliche Tatsache zurückzuführen, dass die westlichen Politiker, die das Sagen hatten, das Ereignis des Zusammenbruchs der Sowjetunion nicht vorhersahen und daher auch keineswegs dazu bereit waren, mit Russland einen echten Frieden auszuhandeln. Heute sieht man bereits, welche gewaltigen Chancen in der ersten Phase der Entwicklung vorbei gegangen sind, da es durchaus möglich gewesen wäre, mit Russland einen echten Frieden zu schließen, der es vielleicht erlaubt hätte, hinsichtlich der auch heute noch fragwürdigen Situation der baltischen Staaten eine tragfähige Lösung zu finden.

Es ist aber nicht nur die Entwicklung auf dem Gebiet der Friedensschaffung, die zum Ende aller Sicherheit geführt hat. Es gab auch grundlegende Änderungen im Lebensstil und in der Entwicklung der Länder sowie des Lebens der einzelnen Bürger, die sich heute auswirken und daher die alten Strukturen in Frage stellen.

Das "Verschwimmen" der Kontinente

Viele Begriffe der Vergangenheit werden zwar heute immer wieder verwendet, sind jedoch trotzdem entweder in ihrer Substanz verändert oder überhaupt zu etwas anderem geworden. So spricht man von "Kontinenten". In der Praxis sind diese aber nicht mehr das, was wir in früheren Karten noch immer finden. Afrika reicht heute nach Norden nur bis zur Sahara, dem größten wasserlosen Binnenmeer, während die Regionen nördlich davon dem Mittelmeerraum zuzurechnen sind. Asien ist auch kein nutzbarer Begriff, wenn man sich vor Augen hält, dass sich auf demselben Kontinent heute Nordkorea und Israel befinden. Es gibt zwischen diesen Staaten keine Gemeinsamkeit. Auch besteht ein grundlegender Unterschied zwischen Nord- und Südamerika.

Auch durch die "Explosion" des Verkehrswesens hat sich die Relevanz geografischer Begriffe verändert. Brauchte man früher per Schiff von Europa nach Amerika oder umgekehrt sechs bis acht Tage, so kann man inzwischen die selbe Strecke hin und zurück theoretisch in einem Tag bewältigen. Der Atlantik hat daher heute eine ganz andere Bedeutung als noch vor wenigen Jahrzehnten.

Dazu kommt die schier unglaubliche Wandlung auf dem Gebiet der Information. Es ist noch nicht so lange her, da erreichten uns Nachrichten aus so genannten ferneren Gebieten erst, als sie bereits ein oder zwei Tage alt waren. Sie waren damit "kalt" geworden. Heutzutage mit dem weltweiten Fernsehen spielt sich ein Ereignis, das als "fernsehwürdig" betrachtet wird, gleichzeitig in den Räumen all jener ab, die ein Fernsehgerät besitzen. Die Wirkung ist daher eine vollkommen andere, als es noch vor dem Zweiten Weltkrieg der Fall war. Schließlich ist auch in der Wirtschaft vieles anders geworden. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg konnte Hitler mit einem gewissen Recht sagen, Deutschland sei autark, wie dies die Tatsache gezeigt hat, dass sich das Land allein über vier Jahre gegen die Welt halten konnte. Heute wäre das undenkbar. Es gibt keine Autarkie mehr. In kritischen Situationen kann wahrscheinlich nur derjenige bestehen, der für den Nächsten genauso lebenswichtig wird wie dieser für ihn. Dies gilt übrigens auch für den Begriff der Globalisierung als eine Folge der gleichen Entwicklung, gegen die es zwar Proteste gibt, welche sich jedoch höchstens als störend auswirken, aber keineswegs diese Entwicklung zum Stillstand bringen können.

Man könnte in diesem Zusammenhang auch von den Atomwaffen sprechen und auch von dem, was sich am 11. September des vergangenen Jahres abgespielt hat. Die präzise geplante Zerstörung des World Trade Centers durch die Anhänger von Osama Bin Laden war durch niemanden vorhergesehen worden. Wahrscheinlich einer der klügsten Männer der Vereinigten Staaten, der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger, hat kurz nach dem Ereignis in einer Erklärung an die Presse zugegeben, dass er sich diese Operation überhaupt nicht hatte vorstellen können.

Die Wirkung der "Bevölkerungsexplosion"

Ein weiteres wichtiges Element des Endes aller Sicherheit ist die Bevölkerungsexplosion. Diese beginnt bereits eine neue "Waffe" zu werden, die man seinerzeit in Afrika zum ersten Mal bei dem so genannten "Grünen Marsch" (die Überflutung der West-Sahara durch unbewaffnete Zivilisten) erproben konnte.

Heute allerdings ist die Bevölkerungsexplosion und ihre politische beziehungsweise sicherheitspolitische Auswirkung noch weit bedeutungsvoller als noch vor einigen Jahrzehnten. Bezeichnend dafür ist, langfristig gesehen, was sich derzeit an der sibirischen Grenze zwischen China und Russland abspielt. Führende Russen haben zugegeben, dass diese lange und unkontrollierbare Grenze jeden Tag etwa 5.000 Chinesen in nördlicher Richtung überschreiten und in den großen Leerräumen Sibiriens verschwinden. Etwas Ähnliches bemerkt man übrigens etwas weiter östlich entlang des Ochotskischen Meeres, wo die chinesischen und koreanischen Mafia-Organisationen langsam aber wirkungsvoll den Einfluss der russischen Regierung in diesen Gebieten untergraben. Man hat es hier mit einem neuen Phänomen zu tun, einem Krieg ohne Waffen, den seinerzeit auch die Inder bei der so genannten Satyaghra (der Besetzung von Goa durch Tansuna-Zivilisten) mit Erfolg eingesetzt haben. Die Überflutung eines Gebietes durch eine zahlenmäßig größere Bevölkerung ist eine Tatsache, die immer größere Ausmaße annehmen kann. Zeichen sind z.B. die Krisen mit verschiedenen außereuropäischen und außeraustralischen Völkern, die immer nachhaltiger versuchen, illegal Gebiete zu besetzen. Das zeigen gleichermaßen die Pateras an den Küsten Spaniens wie jene Schiffe, die australische Häfen mit Flüchtlingen aus Afghanistan oder anderen Ländern des Ostens anlaufen. Es ist dies erst der Anfang einer Entwicklung, die jedoch schon heute in gewissen Gebieten die Stabilität erschüttert.

Unter dieser Perspektive müssen wir heute Europa schon deshalb sehen, weil wir für viele Völker der Erde das Ziel sind, das ihnen nicht nur als das gelobte Land erscheint, sondern ihnen außerdem noch durch unsere Filmindustrie in einem Licht gezeigt wird, in dem das Leben der industrialisierten Staaten in einer Weise erscheint, die sich für die arme Bevölkerung - beispielsweise Indiens, aber auch in Ländern Afrikas - geradezu als ein "Schlaraffenland" darstellt. Es wird hier ein weltweiter Neidkomplex angeheizt, der ungeheure Explosivkraft hat, um so mehr, als die Kehrseite der Medaille - die harte Arbeit - selten gezeigt wird. Es sollte die Lehre der Geschichte nicht vergessen werden, nämlich dass nichts so gefährlich ist, als gleichzeitig reich und schwach zu sein. Reichtum fordert den Neid heraus und Schwäche den Aggressionstrieb. Das war übrigens auch schon, allerdings unter ganz anderen Vorbedingungen und Umständen, z.B. in der kaiserlosen Zeit im Deutschen Reich der Fall. Damals konnten die Raubritter zwar nicht andere Ritter mit ihren Waffen überfallen, wohl aber die Kaufleute, die von den Märkten heimkehrten, mit vollen Taschen, aber ohne Waffen. Heute spielen industrialisierte Staaten praktisch die Rolle dieser Kaufleute, wenn sie sich nicht genügend mit der Frage ihrer äußeren Sicherheit befassen.

Reich aber schwach

Das zeigt die Gefahr der derzeitigen Politik, die in allen Fragen die Wirtschaft an die erste Stelle setzt und darüber die Sicherheit vergisst. Es ist bezeichnend, dass man derzeit in den industrialisierten Staaten des Westens (mit Ausnahme der USA) die Mittel, die eigentlich für die äußere Sicherheit aufgewendet werden sollten, quasi als "Steinbruch" für die wirtschaftliche Entwicklung gebraucht. Fast überall werden die Mittel für die Sicherheit gedrosselt und dafür mit Blick auf die Wahlen in anderen Bereichen eingesetzt.

In dieser stürmischen Entwicklung ist es verständlich, dass überall Zusammenschlüsse versucht werden in der Erkenntnis, dass es in der Gemeinschaft leichter ist, Schwierigkeiten zu überwinden, als wenn es jeder für sich allein unternimmt. Die großen Fusionen in Wirtschaft, Finanz und Bankwesen sind dafür ein Beweis. In der Politik ist es leider noch nicht so weit. Es gibt wohl Anstrengungen in Europa wie in Südamerika, ja sogar im Fernen Osten, größere Gemeinschaften zum gegenseitigen Schutz, aber auch zum wirtschaftlichen Vorteil zu entwickeln. Nur zu oft wird aber dann die Sicherheit auf dem Altar der politischen Ambitionen geopfert.

Immerhin ist die Tatsache festzustellen, dass heute in der Politik, zumindest in Absichtserklärungen, die Zusammenschlüsse zwischen Staaten eine immer größere Rolle spielen. Der beste Beweis ist die Europäische Union, die übrigens jenseits ihrer Grenzen in der Welt vielfach als Beispiel zitiert wird. Man bemerkt dies nicht nur bei den Afrikanern, sondern auch bei den Südamerikanern und bei den Völkern Südostasiens. Das Gebot ist hier zweifelsohne eine Entwicklung in Richtung der Supermächte. Wir leben heute nicht mehr in einer Zeit, wo es noch wirkliche Großmächte (wie vor dem Ersten Weltkrieg) gibt. Es gibt die Supermächte und die "Kleinen". Das zeigt sich z.B. auch im diplomatischen Leben darin, dass man heute wohl in jedem Staat (auch im kleinsten) nicht mehr mit Gesandten, sondern mit Botschaftern vertreten ist - also eines der Prädikate der Vergangenheit inflationär entwertet - und ferner auch um Zusammenarbeit bemüht ist, wie z.B. im Rahmen von MERCOSUR oder ASEAN. Wir sind also inmitten einer Entwicklung, die allerdings hauptsächlich aus Europa kommt, da Letzteres bis jetzt der am meisten gefährdete Raum (zumindest der industrialisierten Welt) ist. Das wirft für uns die Frage der Erweiterung der Europäischen Union auf.

Die Erweiterung der EU und das "nähere Ausland"

Man sollte sich hier nicht der Illusion hingeben, dass es eben gewisse Dinge gibt, über die man in der Politik nicht sprechen darf. Das gilt nicht zuletzt für die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten und Russland. Man sollte in Europa nicht vergessen, wie die Sowjetunion am Ende des Zweiten Weltkrieges ihren imperialistischen Herrschaftsraum nach Westen ausgedehnt und in zynischster Weise eine Anzahl europäischer Staaten quasi zu Kolonien gemacht hat. Man spricht zwar kaum mehr darüber, weil das heute nicht mehr in die so genannte "political correctness" passt, aber wer sich daran erinnert, wie die Länder unter russischer Besetzung schamlos ausgebeutet wurden, welcher Zustand der Willkür dort bestanden hat, welche militärischen Operationen gegen die Bevölkerung geführt wurden, wie etwa die russischen Truppen in Ungarn im Jahre 1956 und später auch in Polen wie die Barbaren hausten, sollte sehen, dass hier eine berechtigte Furcht vor diesen Menschen weiter besteht. Dies ist umso mehr der Fall, weil insbesondere seit dem Rücktritt von Präsident Boris Jelzin in der Person Wladimir Putins ein Mann an der Spitze Russlands steht, der trotz aller Eloquenz und weltmännischem Auftreten seinerzeit (mit 23 Jahren) als Denunziant in den Dienst der Geheimpolizei getreten war und sich bis heute dem KGB verbunden fühlt. Er will diesen wieder auf stalinistische Art umorganisieren und kann somit wohl nicht als lupenreiner Demokrat betrachtet werden. Außerdem hat er in mehr als einem Fall klar erklärt, dass er imperialistische Ziele verfolge, wie dies der Krieg gegen Tschetschenien zeigt. Auch ist Russland noch immer nicht bereit, die volle Souveränität schwächerer Länder an seinen Grenzen anzuerkennen. Typisch dafür ist der Begriff "näheres Ausland", der im russischen Außenministerium für alle Länder, die früher von den Russen okkupiert worden waren, verwendet wird, und von dem mehr als einmal öffentlich gesagt wurde, dass deren Handlungsfreiheit nur beschränkt anerkannt werde.

Auch territoriale Fragen, die noch im Zweiten Weltkrieg wurzeln, wie z.B. Königsberg/Kaliningrad, werden zu berücksichtigen sein.

Es wird auch gesagt, dass heute Bedrohungen, sei es von den islamischen Völkern, sei es von China, ausgingen. Was die islamischen Völker betrifft, so haben die jüngsten Ereignisse gezeigt, dass diese, um einen chinesischen Ausdruck zu verwenden, "Papiertiger" sind. Wenn sie wirklich eine Gefahr dargestellt hätten, vor der man zittern sollte, hätten sie es doch nicht zugelassen, dass die Gräuel in Tschetschenien so lange ungestraft weitergehen. Sie hätten sich zumindest für das im Glauben verwandte Volk eingesetzt und außerdem ganz anders auftreten können, als es bisher der Fall war. Dass es terroristische Gruppen bei den islamischen Völkern gibt, ist unleugbar. Man sollte aber darüber nicht vergessen, dass auch in Europa, z.B. in Nordirland, im ehemaligen Jugoslawien oder im Baskenland solche Organisationen bestehen. Man sollte demnach, wenn man an Sicherheit denkt, nicht nur den Schutz vor dem Islam vor Augen haben, auch die Bedrohung von Seiten Chinas sollte sachlicher beurteilt werden.

Die zwölf ungleichen Verträge

China hat immer wieder gezeigt, dass es kein aggressives Land ist. Der beste Beweis dafür sind die so genannten "Zwölf Ungleichen Verträge", die heute das Zentrum des Gedankens der herrschenden chinesischen Partei sind. Es handelt sich hier um zwölf Verträge, die tatsächlich in den vergangenen Jahrhunderten abgeschlossen wurden und die den Niedergang Chinas besiegelten. Sechs von diesen Verträgen wurden mit westlichen Ländern abgeschlossen, sechs mit Russland. Letztere haben das große sibirische Reich geschaffen.

Was die Verträge mit dem Westen betrifft, sind diese bereits in Ordnung gebracht worden, wobei man sich daran erinnern sollte, dass einer von ihnen durch England bezüglich seiner Herrschaftsgebiete in Indien abgeschlossen wurde. Es wurden dabei auch Ländereien eingeschlossen, die früher zu China gehört hatten. Als dann Indien seine Unabhängigkeit erhielt, brach ein Krieg zwischen der neuen Republik und China aus. Die indische Armee wurde geschlagen, so dass es zwischen der chinesischen Armee und der Südspitze des Subkontinentes nur mehr Verkehrspolizisten gab. Die Chinesen sind aber dennoch nur bis zu der Grenze vormarschiert, die sie angegeben hatten und die seinerzeit jener indischen "Curzon-Linie" entsprach, die England gegen China gezogen hatte. Die so genannte "Gelbe Gefahr", die seinerzeit in der Romantik von Kaiser Wilhelm II. eine Rolle gespielt haben mag, besteht für Europa nicht. Dass allerdings für Sibirien eine Bedrohung besteht, hat schon seinerzeit der chinesischrussische Konflikt, dem wir die friedliche Entwicklung zu verdanken haben, gezeigt.

In der Entwicklung der Supermächte darf auch die Beziehung Europa-Vereinigte Staaten nicht vergessen werden. Es gibt nur zu viele bei uns, die von einem amerikanischen Imperialismus sprechen. Das ist unberechtigt; es gibt gewiss eine kulturellwirtschaftliche Überflutung, weil es kein "Vereinigtes Europa" gibt, einen Raum also, der groß genug ist, um ein Gegengewicht zu bilden. Auf der anderen Seite aber wäre ein Gedanke Amerikas, in Europa für sich imperialistische Räume zu schaffen, abwegig. Man darf nicht vergessen, was Amerika für Europa seinerzeit am Ende des Zweiten Weltkrieges getan hat, auch wenn man sich nur zu oft und mit Recht über die Ungeschicklichkeit unserer Freunde jenseits des Atlantischen Ozeans beklagt hat. Was aber heute die dominierende Rolle Amerikas erklärt, ist v.a. die Folge einer mangelhaften europäischen Politik. Wir sind weit gehend selbst schuld, dass die Vereinigten Staaten hier mehr Einfluss haben, als vielen lieb ist.

Das alles bedeutet, dass sich heute für Europäer und ganz besonders für Kleinstaaten wie Österreich die Frage stellt, wie sie sich in dieser kritischen Weltlage behaupten können. Hier zeigt uns die EU-Erweiterung einen klaren Weg. Es wird zwar vielfach - nicht zuletzt in Österreich - dagegen agitiert, jedoch meist mit falschen Argumenten. Man sagt, die Erweiterung würde der österreichischen Wirtschaft schaden. Wer die Situation objektiv betrachtet, weiß, dass das nicht der Fall ist. Gerade das Zusammenwachsen im Lebensraum Österreichs ist für die österreichische Wirtschaft ein großer Vorteil, nicht zuletzt für unsere Bauern.

Man spricht weiters von der österreichischen Neutralität. Diese ist Österreich auferlegt worden. Sie hat ihre Berechtigung gehabt, solange sich das Land am Schnittpunkt von zwei Weltmächten befand. Das ist heute nicht mehr der Fall. Glücklicherweise ist Österreich heute in Europa eingebettet. Die Neutralität ist daher als das zu erkennen, was sie ist: Ein Instrument der Politik, das aber nur Gültigkeit hat, solange die entsprechende Situation besteht. Man darf auch in Österreich nicht vergessen, dass der so genannte Staatsvertrag große Ungerechtigkeiten beinhaltet, die wegfallen müssen. Österreich sind noch immer unberechtigte Beschränkungen auferlegt. Es wird allerdings behauptet, Österreich sei mitschuldig am Hitler-Krieg gewesen. Es gibt keine frechere Lüge als diese, denn Österreich war bereits vor dem Hitler-Krieg von der Karte verschwunden und konnte keine eigenen Beschlüsse mehr fassen. Dass das allerdings von Menschen immer wieder herumgetragen wird, die Österreich ausbeuten wollen, ist eine Tatsache, gegen die man sich von Österreich aus wesentlich energischer zur Wehr setzen sollte, als es heute der Fall ist. Man sollte außerdem erkennen: Neutralität hat nur in gewissen Situationen einen Sinn. Seinerzeit, als Österreich seine Neutralität erklären musste, wurde gleichzeitig von Kambodscha ebenfalls eine gleichlautende Erklärung gemacht, die noch dazu im Gegensatz zur österreichischen Neutralität durch die Großmächte garantiert worden war. Als aber dann das unglückliche asiatische Land in das Schussfeld der Großmächte geraten ist, wurde diese Erklärung beiseite gewischt, und man weiß, was dem armen Volk der Khmer angetan worden ist.

Im Bereich der militärischen Sicherheit wird v.a. die Frage des Beitritts zur NATO diskutiert. Das Bündnis war ein wirkungsvolles Instrument in einer gefährlichen Zeit. Für die weitere Zukunft aber ist die NATO in ihrer heutigen Form äußerst reformbedürftig, wenn Europa seine eigene Verteidigung endlich vorbereitet. In der NATO befinden sich auch nichteuropäische Staaten, demnach sollte eine neue Partnerschaft geschaffen werden, die einen entsprechenden Platz für eine europäische Verteidigungsgemeinschaft schafft. Mit anderen Worten: Europa will die Freundschaft mit den Vereinigten Staaten aufrechterhalten. Das bedeutet aber nicht, dass man ein Protektorat der Amerikaner werden will. Man will eine enge Zusammenarbeit unter Freunden, aber nicht wie heute ein Protektorat, das außerdem den objektiven Bedingungen der gegenwärtigen Situation nicht entspricht.

EU braucht außenpolitische Autorität

Um diesen Weg einzuschlagen, ist es natürlich im Rahmen der Europäischen Union an allererster Stelle geboten, eine echte, über derzeitige Konstruktionen hinausgehende außenpolitische Autorität zu schaffen. Die Situation, wie sie heute besteht, kann auf die Dauer nicht funktionieren. Es besteht sogar von Seiten einzelner Regierungen die Tendenz, immer mehr die Außenpolitik in die eigenen Hände zu nehmen, was zur jämmerlichen Rolle Europas in den jüngsten Krisen geführt hat. Auch ist der schlechte Wille der Regierungen daran zu erkennen, dass sie wohl eine europäische außenpolitische Autorität in der Union geschaffen haben, aber gleichzeitig, um diese zu entmachten, ihr zwei gleichberechtigte Führungspersönlichkeiten gegeben haben, den Spanier Solana und den Briten Patten. Beide sind fähige Menschen und erfahrene Politiker. Beide sind durchaus qualifiziert. Ihnen aber kollektiv die Autorität zu übergeben, bedeutet, die weitere Entwicklung zu verhindern. Man schafft damit eine Konkurrenz, die den ganzen Apparat schwächt.

Die Geschichte zeigt, dass es eine echte Außenpolitik ohne eine Sicherheitspolitik nicht geben kann. Daher ist ein solches gemeinschaftliches Organ, ein gemeinsamer Sicherheitsapparat geboten - denn sonst ist die Gemeinsame Außenpolitik nicht glaubwürdig. Die praktischen Fortschritte der gemischtnationalen Einheiten zeigen schlüssig, dass dieser Weg gangbar ist. Das beweisen auch die Pläne für die schnellen Einsatzkräfte der Europäischen Union. Dass ein solcher Fortschritt ohne die Schaffung eines gemeinsamen Kommandos und Stabes nicht durchführbar ist, dürfte für jeden Denkenden eine Binsenwahrheit sein.

Wir müssen allerdings einen gemeinsamen Sicherheitsapparat haben, der v.a. zuerst in der Polizei, aber auch im militärischstrategischen Konzept seinen Ausdruck findet. In der Polizei müssen die Europäer darum einheitlicher auftreten, weil die kleinen nationalistischen Hürden, die man aufbaut, wirkungsvolle Operationen gerade in einer Zeit erschweren, in der es notwendig wäre, rasch und energisch aufzutreten, nicht zuletzt im Kampf gegen Terrorismus oder gegen Rauschgifthandel. Auch haben die verschiedenen gemischten Einheiten in Europa, von denen man viel zu wenig spricht, gezeigt, dass es durchaus möglich ist, solche zu schaffen. Man kann hier eine schrittweise Integration durchführen, und es wäre bestimmt auch für ein Land wie Österreich keineswegs von Nachteil, an dieser Gemeinschaft teilzunehmen. Dass dies gerade für Österreich wünschenswert wäre, zeigt sich auch darin, dass seine Soldaten anerkanntermaßen unter den Allerbesten bei den Friedensaktionen der UNO sind.

Die Europäische Union, die im Werden ist und die trotz aller Schwierigkeiten von Seiten politischer Interessenten und kleinkarierter Nationalisten weiter Fortschritte macht, hat etwas, das man allzu wenig betont. Wir haben in Europa einen Staat, die Schweiz, der wohl immer wieder seinen eigenen Weg geht, dem es aber gelungen ist, in schwierigen Zeiten, speziell auch in Kriegen, seine Sicherheit zu bewahren. Das Geheimnis der Schweiz war, dass dieses Land aus drei Nationen besteht - aus Deutschen, aus Italienern und Franzosen. Die drei Länder, die an die Schweiz grenzen, sind Länder von gleichen Nationalitäten. Das Ergebnis ist, dass die Schweiz einen offensiven Krieg nicht führen kann, daher auch die Nachbarn nicht bedroht. Würde nämlich die Schweiz gegen einen von ihnen antreten, wäre dies eine schwere psychische Belastung für die Sprachverwandten. So ist ein Land, das aus verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt ist, insbesondere solchen, die Nachbarn sind, geradezu ein Garant des Friedens. Andererseits aber hat die Schweiz auch den tiefen Sinn für die nationale Verteidigung, die es dieser kleinen, aber schwer zu knackenden Nuss erlaubt hat, auch in den größten Kriegen zu bestehen. Gerade die Kriege der vergangenen 200 Jahre haben uns immer wieder gezeigt, dass jene Länder, die sich auf den Krieg vorbereitet haben, die Möglichkeit hatten, im Frieden zu bleiben; diejenigen, die dies nicht taten, wie z.B. Belgien im Jahr 1914, wurden überrannt, weil der Angreifer verstanden hatte, dass er hier ein leichtes Spiel hatte. Auch Hitler wäre wohl über die Schweiz hergefallen, wenn er nicht gewusst hätte, dass er, während er mit anderen Mächten zu kämpfen hat, sich nicht auch noch die Schweiz als weitere Schwierigkeit leisten kann.

Europa - Supermacht des Friedens

Das alles zeigt, wie groß die sicherheitspolitischen Potenziale der Europäischen Union sind. Sie ist durch die drei großen "Stämme" zusammengesetzt, den Germanen, den Romanen und den Slawen. Europa kann daher keine aggressive Macht sein, wenn es eine Supermacht wird. Es wäre sogar, im Gegenteil, fähig, eine Supermacht des Friedens zu sein.

Diese Entwicklung eröffnet Österreich große Möglichkeiten. Es ist das einzige Land des Donauraumes, das von Anfang an zumindest einen Teil seines Gebietes im Westen hatte. Es hat einen großen Ruf dadurch, dass es in den kritischen Tagen der Donauvölker, ob es sich um den ungarischen Freiheitskampf, den Prager Frühling oder auch die Entwicklung in Polen handelte, gezeigt hat, wie sehr sein Volk, auch wenn seine Regierung es manchmal nicht so getan hat, diesen Völkern gegenüber beispielgebende Solidarität gezeigt hat. Man hat das in diesen Ländern nicht vergessen. Jeder, der auf den Balkan fährt, wird immer wieder sehen, welchen Ruf Österreich seinerzeit, insbesondere im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, errungen hatte. Man hat hier ein gewaltiges historisches und politisches Kapital geschaffen. Nur muss Österreich heute dieser Vergangenheit würdig sein, d.h. eine Politik verfolgen, die es zur Brücke für jene Völker des Donauraumes macht, die noch nicht in der Europäischen Union sind. Man versteht oft in Österreich nicht, wie wichtig dies ist. Wenn z.B. österreichische Politiker herumreisen und sagen, man könne ohne weiteres länger auf den Beitritt der benachbarten Länder warten oder wenn andere fordern, man müsse eine Volksbefragung in Österreich abhalten, bevor man unsere Partner aus dem Donauraum in die Europäische Union aufnimmt, zerstören sie den Ruf ihrer Heimat. Österreich kann eine gewaltige Rolle spielen, allerdings unter der Bedingung, dass es ein wahrer Verbündeter seiner Nachbarn ist.

Man darf in Österreich nicht vergessen, dass immer wieder, wenn es für das Land schwierig wurde, es gerade diese Nachbarn waren, die sich für Österreich eingesetzt haben. Als seinerzeit die skandalöse Operation gewisser Regierungen in der Europäischen Union gegen Österreich losgetreten wurde und Wien isoliert werden sollte, weil man die Ergebnisse österreichischer Wahlen nicht anerkennen wollte, war es Ungarn, welches als erstes Land den Bundeskanzler Österreichs eingeladen hat, obwohl man in Budapest genau wusste, dass man damit ein Risiko eingeht. Die Sympathie von Ländern wie Slowenien, der Slowakei oder Kroatien war Österreich immer sicher, ganz abgesehen von Ländern, die weiter östlich liegen.

Der Donauraum wächst innerhalb der Europäischen Union zusammen. Ein Blick auf die Karte zeigt das Österreich hat daher ein lebendiges Interesse, eine europäische Politik zu verfolgen, die Partnerschaften schafft und die gleichzeitig Österreich zu einem geradezu tragenden Element dieser europäischen Einigung macht. Hier darf man aber das Element Sicherheit nicht vergessen, es ist aktueller als viele glauben. Hier muss auch das Bundesheer, das sich in der Vergangenheit schon sehr bewährt hat, eine größere Rolle spielen. Österreich kann, wenn es will, eines der entscheidenden Elemente der Großmacht Europa sein, die nicht eine Aggression oder imperialistische Beherrschung zum Ziel hat, sondern der Kultur und seiner Geschichte entspricht.

Dr. Otto von Habsburg

Geb. 1912; Studium der politischen und sozialen Wissenschaften an der Universität von Louvain/in Löwen/Belgien; Politische Tätigkeit seit den 30er Jahren (Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Kampf gegen den Anschluss Österreichs - vom Nazi-Regime deshalb steckbrieflich verfolgt -, Kampf im Exil in den USA für die Wiedererrichtung Österreichs); seit 1936 Mitglied der Paneuropa-Union, 1957 internationaler Vizepräsident; seit 1973 Präsident der Internationalen Paneuropa-Union; 1979-1999 Mitglied im Europäischen Parlament (dort bis Juli 1999 als Obmann der christdemokratischen EVP-Fraktion im Außenpolitischen Ausschuss, als Präsident und Vizepräsident der Ungarn-Delegation sowie als Altpräsident des Parlamentes tätig; die Einrichtung eines leeren Stuhls für die unterdrückten Völker Europas, die "Wiederentdeckung" des Mitteleuropa-Begriffs, die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und die Öffnung für den Beitritt der Staaten Mittel- und Osteuropas zur Europäischen Union tragen seine Handschrift; er war Berichterstatter für den Beitritt Spaniens zur damaligen EG und für das Handels- und Kooperationsabkommen mit Marokko, bis 1999 Berichterstatter für den EU-Beitritt Ungarns; zahlreiche Bücher in mehreren Sprachen zu Themen der Geschichte, der Gesellschafts- und Sozialpolitik sowie insbesondere der Europapolitik; zahllose Buch-, Zeitschriften- und Zeitungsbeiträge; die Wiedereinreise nach Österreich wurde nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes 1966 möglich.

Mitgliedschaften und akademische Ehrungen: Academie des Sciences Morales et Politiques, Institut de France in Paris; Real Academia de Ciencias Morales y Politicas in Madrid; Academia da Cultura Portuguesa in Lissabon; Academia Mejicana de Derecho Internacional in Mexiko; Academie du Royaume du Maroc; Professor h.c. der Universität von Bogota (Kolumbien); Ehrenmitglied des Instituto de Estudios da Marinha (Portugal); Honorary Fellowship der Universität Jerusalem; Dr. h.c. der Universitäten von Nancy, Tampa, Cincinnati, Ferrara, Pecs/Fünfkirchen, Budapest, Turku, Osijek und Skopie.

Orden und Auszeichnungen: Großkreuz des Päpstlichen Gregoriusordens mit Band und Stern, Bayerischer Verdienstorden, Großkreuz Lion d‘Or von Luxemburg, Großkreuz des Ordens Carlos III. von Spanien; Orden de Africa, Großes Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, König-Zvonimir-Orden von Kroatien, Maarjaa Maa Orden (Marienland-Orden) der Republik Estland, Verdienstorden Großkreuz der Republik Ungarn, Europäischer Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Medaille du Merite Europeen von Luxemburg, Robert-Schuman-Goldmedaille, Europapreis Coudenhove-Kalergi usw.



Ihre Meinung/your opinion/votre opinion: Ihre Meinung/your opinion/votre opinion
Die Aufteilung Zentraleuropas vor und nach dem Ersten Weltkrieg.
(Zum Vergrößern anklicken !)

Die Aufteilung Zentraleuropas vor und nach dem Ersten Weltkrieg.

EU-Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten.
(Zum Vergrößern anklicken !)

EU-Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle