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"Heimvorteil"

Das Pionierbataillon 1 (PiB1) startete vom 18. bis 22. November 2013 die Übungsserie "Heimvorteil" mit dem Ziel, das umfangreiche Aufgabenspektrum eines Pionierbataillons möglichst effizient und kostenschonend als jährlichen Ausbildungshöhepunkt umsetzen zu können. Unterstützt wird das PiB1 durch die 7. Jägerbrigade (7.JgBrig). Aufgrund des Erfolges der "Heimvorteil 13" nehmen an der 2014 geplanten Fortsetzung der Übungsserie nicht nur Kärntner Verbände teil.

Übungszweck

Zweck der Übungsserie und für das PiB1 sind die Schärfung des Profils und der Fähigkeiten in den militärischen Kernaufgaben der Pioniere, der Pionierkampfunterstützung und der allgemeinen Pionierunterstützung mit besonderer Berücksichtigung der Erfordernisse im infanteristischen Kampf. Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt in der Ausbildung in der Mehrrollenfähigkeit der Pioniere. Bei der Gefechtsübung "Heimvorteil 13" lag dabei der Fokus neben der vorgegebenen Kampfunterstützung im Angriff auch auf der Auftragserfüllung in der Einsatzart Schutz. Für die "Heimvorteil 14" wird das Schwergewicht auf die Pionierunterstützung in der Einsatzart Verzögerung gelegt. Die guten Geländekenntnisse der "Villacher Pioniere" in diesem Gebiet waren schließlich namensgebend für die Übungsserie.

Ganz wesentlich für das PiB1 war und ist bei dieser Übungsserie die Befähigung zum Kampf der verbundenen Waffen innerhalb der Bataillonskampfgruppe und die Zusammenarbeit mit anderen Truppen- und Waffengattungen. Heruntergebrochen auf die untersten Ebenen und den einzelnen Soldaten sollen Defizite in der Gefechtstechnik und im Gefechtsverhalten erkannt und ausgemerzt werden.

Übungsraum

Die erste Übung der Serie "Heimvorteil" erfolgte im Zeitraum 18. bis 22. November 2013 und war gleichzeitig in diesem Jahr auch das größte Übungsvorhaben im Bundesland Kärnten. Der Schauplatz war das Untere Drautal von Mauthbrücken bis Villach unter Einbindung der Begleithöhen sowie des Schießplatzes Marwiesen. So konnten größere Marschbewegungen vor, während und nach der Übung vermieden und die Übungskosten reduziert werden.

Die von 15. bis 19. September dieses Jahres vorgesehene Übung "Heimvorteil 14" umfasst im Wesentlichen denselben Einsatzraum. Eine Erweiterung in das Krastal und Gegendtal soll sicherstellen, dass das Beüben der Versorgungsteile möglichst zielgerichtet erfolgt. Das resultiert aus den Erkenntnissen aus der Übung 2013. Die geplante Fortsetzung der Übungsserie soll mittelfristig unter Weiterentwicklung des Szenarios im Raum Völkermarkt - Unterkärnten angesiedelt sein.

Übungsszenario

Die Übungsreihe "Heimvorteil" basiert auf einem fiktiven aber realitätsnahen internationalen Krisenszenario, abgeleitet von der Ausgangslage der Übung "Decisive Engagement 2011" (siehe dazu auch TD-Heft 3/2012, "Decisive Engagement 11") der 7.JgBrig im Dezember 2011. Das Szenario der Übung "Heimvorteil 13" wurde dabei an den Übungsraum angepasst und findet seine Fortsetzung in der "Heimvorteil 14" sowie der für 2015 vorgesehenen Gefechtsübung. Die taktische Ausgangslage basiert auf der Übergabe der Einsatzführung im Verantwortungsbereich "Unterkärnten" von internationalen Koalitionstruppen an eine aus dem Süden heranzuführende multinationale Division, der auch die 7.JgBrig unterstellt ist.

Das Szenario spielt in Carantania (Unterkärnten), das eine ehemalige Provinz von Rotland (auch Middleland) ist. Die Bevölkerung besteht zu 80 Prozent aus Rotländern und zu 20 Pro­zent aus Orangeländern. Aufgrund von ethnischen Spannungen zwischen Rot- und Orangeländern, der Vielzahl an Enklaven in den jeweils von der anderen Ethnie dominierten Gebieten sowie von Rohstoffressourcen, kommt es immer wieder zu gegenseitigen Übergriffen. Die für das Szenario bestimmende Enklave ist der Bezirk Wolfsberg mit einem hohen Anteil an Orangeländern.

Unter dem Vorwand, die eigene Bevölkerungsgruppe schützen zu müssen, gab es seitens Orangeland immer wieder Drohungen, mit regulären Truppen in Carantania einzumarschieren. Weiters haben Rotland und Orangeland auch paramilitärische Splittergruppen in Carantania, welche die Übergriffe auf die jeweils andere Ethnie durchführen. Schlussendlich kam es unter dem Vorwand des "Schutzes der Orangeländer" zum Einmarsch von regulären Orangeland-Truppen in Carantania, die durch den Einsatz der angeführten US/GBR-Koalitionstruppen zerschlagen wurden. Nach Beendigung der Kriegshandlungen erfolgt derzeit die Übergabe der Raumverantwortung von den Koalitionstruppen an die multinationale Division.

Ausgangslage der Übung "Heimvorteil 13"

Die Entladung einer multinationalen Division (mnDiv) erfolgte in den Seehäfen Koper (SLO) und Triest (ITA) mit der 7.JgBrig als Spitzenbrigade. Die geplante Einsatzführung sah vor, dass die 7.JgBrig den Raum Villach gewinnt (Erreichen eines Geländeteiles mit oder ohne Kampf), die Raumverantwortung von den Koalitionstruppen übernimmt, die Drehscheibe Villach einerseits für den Aufmarsch der folgenden Masse der Division sichert und andererseits mit dem PiB1 den Bahnhof Villach für den Eisenbahntransport wieder nutzbar macht.

Aufgrund folgender Lageentwicklung kam es zum Vorausangriff der 7.JgBrig in das Angriffsziel (AZ) Wolfsberg und zum Einsatz des PiB1 im Schutzbereich Villach, West-Feistritz/Drau:

- Der Aufmarsch der restlichen Division verzögert sich aufgrund von Problemen bei der Seeentladung in Triest und Koper um mindestens drei Tage.

- Im Raum Wolfsberg kommt es durch Rotland-Paramilitärs zu Übergriffen auf die mehrheitliche Orangeland-Bevölkerung, wodurch ein Einsatz einer im Raum Graz verfügbaren, brigadestarken Orangeland-Reserve zum Schutz der Orange-Länder in Wolfsberg unmittelbar bevorsteht.

- Im Raum Villach vermehren sich die Anschläge auf die vitale Rotland-Infrastruktur sowie auf die Rotland-Bevölkerung, ausgeführt durch Orangeland-Paramilitärs.

Daher entscheidet sich der Divisionskommandant zu einem Vorausangriff auf das Angriffsziel (AZ) Wolfsberg durch die 7.JgBrig, die sich bereits im Raum Villach befindet, um die antretende Orangeland-Reserve aus dem Raum Graz zeitlich zu unterlaufen und zumindest eine eilig bezogene Verteidigung der 7.JgBrig sicherzustellen. Aufgrund der Lagenentwicklung im Raum Villach entscheidet sich der Kommandat der 7.JgBrig, das PiB1 im Raum Villach-Feistritz/Drau zum Schutz einzusetzen und mit der restlichen Brigade unverzüglich das AZ Wolfsberg anzugreifen.

Für die Teile des gemischten (x)PiB1 lautete der Auftrag "Sicherstellen von Flussübergängen in enger Zusammenarbeit mit Infanteriekräften". Dabei waren u. a. vorgesehen:

- Übersetzen von kompaniestarken Infanteriekräften inklusive der Bildung eines Brückenkopfes.

- Bau einer 25-Tonnen-Fähre und Durchführung eines Übersetzbetriebes.

- Bau einer 90 Meter langen Schwimmbrücke.

- Bau von zwei "Pionierbrücken 2000".

- Sicherung eines Kraftwerkes als Schutzobjekt.

- Entminungseinsatz (Explosive Ordonance Device - EOD) im gesamten Spektrum.

- Einsatz von Pioniertauchern.

- Durchführung von klassischen Infanterieaufgaben wie Angriff und Verteidigung.

- Überwachen eines Verantwortungsbereiches unter Anwendung von friedensunterstützenden (Peace Support Operations - PSO) Techniken wie Patrouillen und Hausdurchsuchungen zur Herstellung eines sicheren Umfeldes für die Rotlandbevölkerung.

Übungsteilnehmer

Rund 600 Soldaten aus vier verschiedenen Verbänden formierten den Übungsverband des (±)PiB1, das im Rahmen einer (fiktiven) multinationalen Infanteriebrigade in einem PSO-Szenario eingesetzt wurde.

Das (±)PiB1 stellte mit dem Bataillonskommando die Übungsleitung, beübt wurden die Stabskompanie (StbKp), die 2. Pionierkompanie (2.PiKp), die technische Kompanie (teKp) und die Pionierbaukompanie (PiBauKp). Für die 2.PiKp war es gleichzeitig die Abschlussübung für den Einrückungstermin Juli 2013 (ET 7/13) mit dem Fokus auf die allgemeine Pionierunterstützung wie dem Brücken- und Fährenbau. Die teKp war vorwiegend zur Pionierkampfunterstützung mit Schwergewicht auf dem "Forcieren von Gewässern" (Übersetzen; Anm.) und der Kampfmittelabwehr vorgesehen. Die PiBauKp mit Grundwehrdienern des ET 10/13 wurde dem Ausbildungsstand der Rekruten entsprechend mit der Sicherung des Schutzobjektes "Draukraftwerk Kellerberg" beauftragt.

Die Infanteriekräfte des (±)PiB1 bildeten die 2.JgKp(KPE) des Jägerbataillons 26 (JgB26) aus Spittal a. d. Drau und ein Jägerzug (KPE) des Jägerbataillons 25 (JgB25) aus Klagenfurt. Diese Jägerteile wurden, dem Übungsablauf entsprechend, alternierend auch zur Darstellung der gegnerischen Orangeland-Paramilitärs herangezogen. Das Führungsunterstützungsbataillon 1 (FüUB1) stellte die Einbindung von verlegbaren Komponenten (Vermittlungssystem und Local Area Network - LAN) in das ortsfeste Fernmeldesystem des ÖBH sicher. Die Truppe war somit auch in der Lage, die friedensmäßig anfallenden Aufgaben zu erledigen.

Für das neu eingeführte Funksystem "CONRAD" wurde eine Relaisstation eingerichtet, die störungsfrei funktionierte. Zusätzlich setzte der Bataillonsstab mit der Unterstützung des Kommandos der 7.JgBrig auch das neue digitale Lagedarstellungssystem PHÖNIX/FüIS (Führungsinformationssystem) ein und gewann damit wichtige Erfahrungswerte in der Stabsarbeit.

Übungsleitung und Übungssteuerung

Die Vorbereitung eines derartigen Übungsvorhabens war für das PiB1 eine Herausforderung. Für den Bataillonsstab bedeutete dies viel Arbeit in "Workshops" und einen großen Zeitaufwand für Erkundungen und Absprachen. Alle Kommandanten, auch jene der externen Teile, waren möglichst frühzeitig in die Planungen eingebunden worden, um einen optimalen Planungsoutput zu erreichen.

Die Darstellung des Gegners bzw. von paramilitärischen Kräften bis zu Zivilisten mit unterschiedlichsten Absichten erfolgte durch die angeführten Jägerteile und Role-Player (Feinddarsteller), gestellt aus verfügbarem Kader des PiB1 sowie des JgB26. Durch eine gezielte Einlagensteuerung wurden die Soldaten zusätzlich mit verschiedensten Bedrohungen wie Terroranschlägen, Flüchtlingsaufkommen, Auffinden von Kampfmitteln etc. konfrontiert, wobei die Einlagen detailgetreu vorbereitet waren. Die Steuerung der Einlagen erfolgte durch die Übungsleitung, die die Intensität dem Übungsverlauf und den Umfeldbedingungen anpasste.

U. a. wurden folgende Übungseinlagen durchgespielt:

- Nehmen und Halten eines Brückenkopfes unter feindlicher Wirkung auf den Brückenkopf.

- Aufklärung und angriffsweises Nehmen von schwach gesicherten Geländeteilen und Gebäuden.

- Aufklärung und anschließendes Werfen von zur Verteidigung eingerichteten Feindkräften im freien Gelände.

- Aufklärung eines feindlichen Stützpunktes mit anschließender Hausdurchsuchung ("House-Search").

- IED-Fund mit unterschiedlichster Bauform (Sprengfallen mit/ohne Zünder, mit Handy-Zündung etc.).

- Sprengsatz am zu schützenden Kraftwerk unter Wasser (d. h. Einsatz der Pioniertaucher).

- Flüchtlingstransport inklusive einer Bedeckung.

- Patrouillen-Tätigkeit im Schutzbereich mit Feindaufgriffen an taktischen Checkpoints (tCP).

Eine umfangreiche Schiedsrichterorganisation beurteilte das richtige Verhalten der Truppenteile und der Soldaten und gab den Kommandanten ein entsprechendes Feedback.

Übungsphasen

Phase 1: Infanterie überwindet die Drau

Teile des JgB26 wurden in den frühen Morgenstunden des ersten Übungstages im Raum Mauthbrücken mit Pionierbooten übergesetzt, um einen Brückenkopf am rechten Drauufer zu bilden. Ein wesentlicher Übungszweck konnte so bereits in dieser Phase intensiv geübt werden, nämlich das Zusammenwirken von Pionier- mit Infanterieteilen. Die Verbindungsaufnahme und Absprachen zwischen den Soldaten des JgB26 und den Pionieren der Technischen Kompanie für das - auch unter Einhaltung der notwendigen Sicherheitsvorschriften rasche Überwinden/Übersetzen des Gewässers zeugten von beiderseitiger Professionalität. Das Übersetzen selbst erfolgte noch in den Nachtstunden, um der Jägerkompanie das Nehmen des Brückenkopfes vor Tagesanbruch zu ermöglichen. Die pioniertechnische Aufbau- und Ablauforganisation erfolgte nach den Grundsätzen einer Gewässerzone (Zone um ein Gewässer, entlang eines Flusses; Anm.).

Der Jägerkompanie wurde am linken Ufer und im verdeckten Gelände ein Sammelraum zugewiesen, in dem die genaue Absprache der geplanten Einsatzführung für das Übersetzen bis ins Detail erfolgte, insbesondere auch die Einweisung in die Sicherheitsauflagen. Dies war bei den vorherrschenden Bedingungen - "Nacht und Nebel" - von nicht unwesentlicher Bedeutung. Danach zog die Jägerkompanie an einem Ablaufpunkt vor und die Pionierkräfte statteten die Infanteristen mit den notwendigen Schwimmwesten aus. Unmittelbar an der Übergangsstelle waren nur mehr die Boote zu besteigen. Danach erfolgten das gefechtsmäßige Übersetzen mit motorisierten Pionierbooten und die Sturmlandung am rechten Ufer. Professionell dabei war v. a. der exakte und rasche Ablauf der Verbindungsaufnahme mit den erforderlichen Absprachen zwischen der Infanterie und den Pionieren inklusive der genauen gegenseitigen Einweisung, aber auch das äußerst gefechtsmäßige Verhalten und die Sicherung des Gewässerüberganges.

Phase 2: Errichten von Übergangsstellen für Fahrzeuge

Die nächste Phase - das Schwergewicht der Übung - war ausgerichtet auf das rasche Herstellen von Übergangsstellen über die Drau, um eigene Bewegungen über das Gewässer und das Einfließen weiterer Infanteriekräfte in den Einsatzraum sicherzustellen. Da als Übungsannahme alle bestehenden Drau-Übergänge nicht mehr passierbar waren, mussten ostwärts von Mauthbrücken Ersatzmöglichkeiten geschaffen werden. Zuvor mussten die beurteilten Übersetzstellen - durch die erstmals in einem derartigen Übungsrahmen eingesetzten Pionieraufklärer des PiB1 - beidseitig der Drau erkundet und aufgeklärt werden. Erst danach konnte die 2.PiKp mit dem Bau von Übersetzmitteln im Schutz des Brückenkopfes beginnen.

Die Leistungen der Pioniere waren dabei - trotz widrigster Witterungsumstände - beachtlich:

- Ein Fährbetrieb konnte bereits in den Vormittagsstunden des ersten Übungstages aufgenommen werden.

- Die Schwimmbrücke mit 90 Meter Länge und einer Bauform für die militärische Lastenklasse von zwölf Tonnen wurde vor der veranschlagten Bauzeit fertig gestellt und schon am Vormittag des zweiten Übungstages - sechs Stunden früher - in Betrieb genommen.

Mit der Fertigstellung der Schwimmbrücke wurde der Fährbetrieb eingestellt und der Betrieb der Schwimmbrücke mit allen Teilen der 2.PiKp inklusive der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen rund um die Uhr sichergestellt. Zum Einsatz kam auch ein Brückenzug mit der "Pionierbrücke 2000" (PiBr2000). Mehrere günstige Übersetzstellen waren im Übungsraum vorhanden, dementsprechend kam die PiBr2000 an mehreren Stellen zum Einsatz. Die PiBr2000 ist das einzige Brückensystem im ÖBH, das als klassische Unterstützungsbrücke eingesetzt werden kann. Die Vorteile dieses Brückensystems sind - die hohe Geländegangbarkeit in Verbindung mit dem Einsatz des Faltstraßengerätes ohne aufwändige Geländevorbereitungen für die Zu- als auch Abfahrt der Übergangsstelle.

- die geringe Errichtungszeit von ca. 120 Minuten technischer Bauzeit (ohne vorgestaffelte Erkundung und Geländevorbereitungen) für eine maximale Spannweite von 39,5 Metern (36,8 Me­ter Hindernisbreite).

- der vergleichsweise geringe Personaleinsatz von max. 15 Mann, - der flexible Einsatz hinsichtlich der Spannweite mit 13,9 - 39,5 Metern in fünf genormten Abschnitten sowie - die hohe Belastbarkeit - im Ausnahmefall trägt die Brücke zwei Kampfpanzer "Leopard".

Ohne die PiBr2000 wäre das Übersetzen von Fahrzeugen über geringe Spannweiten nur mit Systembrücken (D-Brücke, "Bailey"-Brücke) oder Behelfsbrücken und daher nur unter einem wesentlich höheren zeitlichen Aufwand möglich. Dieses System hat sich bei der Übung bewährt, vor allem unter Einbindung der Faltstraße, die bei den vorherrschenden Witterungs- und Bodenverhältnissen ein überaus wichtiges Mittel war und oftmalig zum Einsatz kam.

Phase 3: Üben der Zweitrollenfähigkeit

Ein wesentlicher Übungszweck für das PiB1 bei dieser Übung war die Ausbildung der Zweitrollenfähigkeit der Pioniere in der Einsatzart Schutz. Geübt wurde ein infanteristischer Einsatz am Kraftwerk Kellerberg. Hiezu war die PiBauKp mit dem ET 10/13 bei Grundwehrdienern in der siebten Ausbildungswoche eine gewisse Herausforderung - eingesetzt. Ausbildungsziele waren die "Sicherung" und das "Feldlager" in Verbindung mit der Übungslage. Die Grundwehrdiener schlugen sich dabei vorbildhaft, und es gab kaum personelle Ausfälle.

Auftrag der PiBauKp war es, das Kraftwerk Kellerberg zu bewachen und den zugewiesenen Schutzbereich Weißenstein zu überwachen. Die wesentliche Leistung war dabei das Verhindern des Wirksamwerdens von paramilitärischen Orangeland-Kräften am Schutzobjekt. Hiezu wurden an den Zu- und Abfahrten auch Kontrollpunkte betrieben. Zusätzlich hatte die PiBauKp den Sicherungsauftrag, eine Übergangsstelle der PiBr2000 über das Entlastungsgerinne der Drau, das innerhalb des Schutzbereiches lag, zu sichern.

Zusammenwirken mit Infanteriekräften

Durch ein geschickt gewähltes Übungsszenario waren die Infanteriekräfte vorwiegend in den Einsatzarten Angriff und Verteidigung sowie für Patrouillen und Hausdurchsuchungen eingesetzt. Nach dem Übersetzen und Nehmen des rechten Drauufers in den frühen Morgenstunden des ersten Übungstages war die JgKp(KPE)/JgB26 gefordert, unverzüglich einen Brückenkopf zu errichten, um so die Voraussetzungen für die Pioniere für das Errichten und Betreiben der 25-Tonnen-Fähre sowie der Schwimmbrücke zu schaffen.

Parallel dazu hatte die JgKp(KPE)/JgB26 auch den Auftrag, eine Gefechtsaufklärung auf ein vermutetes, zur Verteidigung eingerichtetes Ausbildungslager von Orangeland-Paramilitärs - dargestellt durch den JgZg(KPE)/JgB25 - durchzuführen. In der Folge erhielt die JgKp(KPE)/JgB26 den Auftrag zur "Neutralisierung" des aufgeklärten Ausbildungslagers der Orangeland-Paramilitärs, um so Übergriffe und Störaktionen auf die eigenen Übersetzstellen und die zu schützende, vitale Infrastruktur zu verhindern.

Das Ausbildungslager selbst bestand aus einem Bauernhof mit einem Wirtschaftsgebäude und den angrenzenden Wiesen- und Waldflächen. Nach vorgestaffelter Aufklärung wurden das Ausbildungslager der Orangeland-Paramilitärs angriffsweise genommen, sich ergebende Orangeland-Kämpfer festgenommen und im Anschluss die Wirtschaftsgebäude nach weiteren Kämpfern und nach Kampfmitteln durchsucht. Hier kam ein Sprengstoffspürhund der Polizei zum Einsatz. Somit wurde die Fähigkeit der Orangeland-Paramilitärs zur Durchführung von Hinterhalten und Anschlägen im Schutzbereich des PiB1 nachhaltig unterbunden.

Der weitere Verlauf der Gefechtsübung erforderte von den Infanteriekräften die Übernahme eines Verantwortungsbereiches (Area of Responsibility - AOR) und dessen Überwachung durch Patrouillen, das Errichten und Betreiben von Kontrollpunkten inklusive der Durchführung von Hausdurchsuchungen und Eskorten unter erhöhter Bedrohung.

Dabei waren die Infanteriekräfte gefordert, rasch zwischen den klassischen Einsatzarten "Angriff" und "Verteidigung" sowie den PSO-Techniken - analog den Anforderungen im Zuge eines "3-block-war" - umzuschalten und das "gefechtstechnische Verhalten" dementsprechend anzupassen. Ferner war die JgKp(KPE) während des Gefechtsablaufes gefordert, zusätzliche Infanteriekräfte aber auch "Force Multiplier" wie Kampfmittelabwehrkräfte aufzunehmen, einzugliedern und diese einzusetzen.

"3-block-war" bedeutet, dass sich Streitkräfte aufgrund der zunehmenden Komplexität von Einsätzen in allen möglichen Einsatzräumen (Wüste, urbanes Umfeld etc.) und parallel in den folgenden drei Bereichen bewegen können müssen bzw. diese parallel zu bewältigen haben, um am Ende erfolgreich zu sein (das klassische Gefecht - einer gegen einen - ohne Nebenschauplätze ist zukünftig die absolute Ausnahme):

- Klassischer Kampfeinsatz gegen reguläre oder irreguläre Truppen im vollen Spektrum robuster Einsätze.

- Peacekeeping.

- Humanitäre Hilfe.

Auf einen Blick

Mit der Gefechtsübung "Heimvorteil’13" wurde durch das PiB1 eine Übung im freien Gelände, direkt vor der Haustür der teilnehmenden Verbände geschaffen. So war es möglich, die vorhandenen Ressourcen in Bezug auf Gelände, Personal und Material optimal zu nutzen. Die "Villacher Pioniere" konnten dabei erstmalig als übungsführender Verband auf Bataillonsebene ein komplexes Zusammenwirken mehrerer Waffengattungen, das üblicherweise erst auf Brigadeebene zu erwarten ist, durchführen. Das umfangreiche Einlagenspektrum der Gefechtsübung "Heimvorteil’13" und das gezielte Beüben aller Ebenen und Funktionen wurden von allen Übungsteilnehmern positiv aufgenommen.

Einige aus dieser Übung gewonnene Erkenntnisse sind im Besonderen hervorzuheben:

- Die entstandene Synergie durch die Schaffung eines komplexen Übungsszenarios, das einerseits die Bedürfnisse von Pionieren aber auch von Infanteriekräften deckt.

- Das Zusammenwirken zwischen Pionieren und Infanterieteilen hat funktioniert, muss aber weiter trainiert werden.

- Das Kennenlernen der Bedürfnisse der jeweils anderen Waffengattung und den damit verbundenen Koordinierungsbedarf in der Zusammenarbeit.

- Die Zusammenarbeit mit Führungsunterstützungskräften und die Einbindung und Erprobung des neuen Lagedarstellungssystems "PHÖNIX" in der Stabsarbeit des PiB1.

- Ein derart komplexes, realitätsnahes Szenario erfordert von den eingesetzten Kräften hohe geistige Flexibilität, um rasch auf die geänderten Anforderungen zwischen "klassischen" Einsatzarten und PSO-Techniken situationsangepasst reagieren zu können.

- Eine straffe Schiedsrichterorganisation und der Einsatz von Duellsimulationsgeräten schafften die Möglichkeit, einzelne Gefechtsausschnitte unmittelbar nach deren Durchführung zu analysieren und bei Bedarf zu wiederholen, um so die "Lessons Identified" sofort in "Lessons Learned"­ umzusetzen.

Insgesamt gesehen kann man von einer "Win-Win"-Situation für alle beteiligten Truppenteile sprechen. Die Übung bildete somit einen krönenden Abschluss des Ausbildungsjahres 2013 des PiB1.

Wesentlicher Zweck der kommenden Bataillonsübung "Heimvorteil 14" ist die Führung einer Bataillonskampfgruppe in der Einsatzart Verzögerung. Eine besondere Herausforderung ist v. a. die Vielfältigkeit der Übungsteilnehmer, da neben den Pionieren die Teilnahme von Infanterie-, Aufklärungs-, Fliegerabwehr- und Fliegerkräften geplant ist. Das pioniertechnische Schwergewicht liegt im Bereich der Pionierkampfunterstützung für infanteristische und mechanisierte Kräfte in der Verzögerung.


Autor: Oberstleutnant Hansjörg Scherleitner, Jahrgang 1959. Ausmusterung 1981 als Pionieroffizier zum Landwehrstammregiment 73 nach Villach, 1993 Versetzung zum Pionierbataillon 1. Langjährige Verwendung als Kommandant einer Pionierkompanie sowie S3. Seit 1999 Stellvertretender Kommandant Pionierbataillon 1.

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