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Psychologie: Stress lass nach - die Arbeitsplatz­evaluierung psychischer Belastungen

Stress am Arbeitsplatz ist keine Seltenheit. Immer mehr Menschen leiden an den Folgen von Überforderung, laufenden Unterbrechungen oder unzureichender Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen bzw. Vorgesetzten bei der Arbeit.

Hohe Kosten durch psychische Fehlbelastungen

In Österreich berichten etwa 22 Prozent der unselbstständig Beschäftigten von arbeitsbedingtem Stress, etwa 13 Prozent sind von einem arbeitsbedingten Gesundheitsproblem betroffen (WIFO, 2011).

Ist man regelmäßig mit Stress konfrontiert und wird in der Bewältigung wenig unterstützt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Körper und Geist mit Beschwerden reagieren. Die Folgen von Stress sind vielseitig: Psychische Folgeerscheinungen (Anspannung, Ermüdung, Depres­sion oder Burnout) sowie körperliche Beschwerden (erhöhter Blutdruck, Magenschmerzen, Rückenschmerzen und erhöhte Anfälligkeit für Infektionen) können auftreten.

Die durchschnittliche Krankenstandsdauer beträgt bei psychischen Erkrankungen 40 Tage und ist damit dreimal so lange wie bei körperlichen Erkrankungen (Hauptverband der Sozialversicherungsträger, 2009).

Psychische Erkrankungen bilden mit 34 Prozent mittlerweile den Hauptgrund für die Zuerkennung von krankheitsbedingten Frühpensionierungen, bereits vor den Erkrankungen des Bewegungsapparates (27 Prozent) und Herzkreislauferkrankungen (12 Prozent, Pensionsversicherungsanstalt, 2013).

Psychopharmaka (Psycholeptika und Psychoanaleptika) sind die am häufigsten verschriebene Medikamentengruppe in Österreich (Statistik Austria, 2013).

Neuerungen im Bedienstetenschutz

Nicht zuletzt aufgrund der hohen Kosten, die durch psychische Erkrankungen im Bereich der Krankenversicherung und Pensionsversicherung (Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension) entstehen, hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Novellierung des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes erkannt. Daher ist seit 1. Jänner 2014 die Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz gesetzlich verpflichtend durchzuführen.

Ein wesentlicher Beitrag der Novellierung bestand darin klarzustellen, dass unter Gesundheit im Sinne dieses Bundesgesetzes die physische und die psychische Gesundheit zu verstehen ist (§ 2 Bundes-Bedienstetenschutzgesetz). Die Verantwortung für die Evaluierung liegt gem. Bundes-Bedienstetenschutzgesetz beim Dienststellenleiter (§ 2 i. V. m § 3).

Den Bediensteten ist die Arbeitsplatz­evaluierung im sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Bereich durch Sicherheitstechniker und Arbeitsmediziner seit über 15 Jahren bekannt (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz 1999).

Aufgrund der wachsenden Bedeutung psychologischer Prävention werden in Zukunft vermehrt Arbeitspsychologen die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen in den Dienststellen des Ressorts durchführen.

Was ist die Arbeitsplatz­evaluierung psychischer Belastungen?

Wie der Name schon sagt, geht es bei der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen darum die Arbeitsbedingungen dahingehend zu prüfen, ob sie eine gesundheitsförderliche Arbeit ermöglichen oder zu Fehlbeanspruchung führen. Ziel der Arbeitsplatzevaluierung ist es, allfällige Belastung der Bediensteten sowie das Unfallrisiko am Arbeitsplatz zu minimieren. Basierend auf den Ergebnissen der Evaluierung werden Maßnahmen mit den Bediensteten erarbeitet, um die Arbeitsbedingungen stetig zu verbessern.

Was ist die Arbeitsplatz­evaluierung psychischer Belastungen NICHT?

Die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen hat nichts mit der Evaluierung der Bediensteten selbst zu tun. Es geht also nicht darum, die gesundheitliche Verfassung einer einzelnen Person zu prüfen oder gar eine Therapie am Arbeitsplatz durchzuführen.

Was wird konkret evaluiert?

Gemäß der Bestimmungen des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes (§ 4 i. V. m § 7) sind im Zuge der Evaluierung psychischer Belastungen vier Teilbereiche zu untersuchen. Einerseits steht die konkrete Arbeitsaufgabe im Fokus. Häufig müssen beispielsweise Tätigkeiten übernommen werden, für welche sich Bedienstete nicht ausreichend qualifiziert fühlen. Auch das Gegenteil kann der Fall sein: Monotonie und Unterforderung stellen ebenfalls Belastungen dar, die sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken können. Als Maßnahmen zur Verbesserung der beschriebenen Probleme haben sich Schulungen bei Überforderung oder Job-Rotation bei Unterforderung und Monotonie bewährt. Auch das Instrument des Mitarbeitergespräches kann dazu beitragen bezüglich belastender Arbeitsaufgaben von Bediensteten mehr Klarheit zu erhalten und gegebenenfalls bei Fehlbelastungen gegenzusteuern.

Als weiterer Teilbereich der Evaluierung wird das Sozial- und Organisationsklima unter die Lupe genommen. Die Zusammenarbeit mit Kollegen sowie Vorgesetzten ist in der Regel fester Bestandteil des Arbeitsalltags und kann ebenfalls zur Belastung werden. Hier können Maßnahmen wie Teamentwicklung oder in Fällen von Mobbing Konfliktvermittlung (Mediation) hilfreich sein. Aber auch andere Maßnahmen, die im Ressort vorhanden sind, wie Betreuungsfahrten oder sonstige soziale Aktivitäten fördern das Sozialklima. Die Arbeitsumgebung (Lärmpegel, Ausstattung mit Arbeitsmitteln etc.) hat entscheidenden Einfluss auf die psychische Gesundheit. Maßnahmen können sich zum Beispiel auf die Wartung veralteter Geräte oder die Änderung von Räumlichkeiten beziehen. Dieser Bereich wird seit vielen Jahren erfolgreich von den Sicherheitsfachkräften bearbeitet und durch die psychologische Evaluierung ergänzt.

Als vierter Teilbereich wird die Arbeitsorganisation untersucht. Neben Termin- und Zeitdruck stehen hier der störungsfreie Ablauf des Arbeitsprozesses bzw. dessen Steuerbarkeit im Fokus. Hier geht es zum Beispiel um widersprüchliche Arbeitsanweisungen oder unklare Prioritäten bzw. Zuständigkeiten. Wesentlich dabei ist es die Arbeitsprozesse und die Aufgabenverteilung zu analysieren und von Seiten der Dienststellenleitung Änderungen vorzunehmen. Maßnahmen können zum Beispiel zu einer Neuverteilung von Arbeitsbereichen innerhalb eines Teams führen, oder zur besseren Klärung von Schnittstellen mit internen oder externen Bedarfsträgern.

Arbeitsplatzevaluierung ist ein Verbesserungsprozess

Die fünf Phasen der Arbeitsplatzevaluierung sind die Ermittlung der psychischen Belastungen mit standardisierten Instrumenten gemäß ÖNORM EN ISO 10075, die Beurteilung der Ergebnisse, das Festlegen von Maßnahmen zur Reduktion der Belastungen mit der Dokumentation der Maßnahmen in der Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Dokumentation (SihGesDok), die Umsetzung der Maßnahmen sowie die Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen. Für die Ermittlung allfälliger Belastungen verwenden Arbeitspsychologen Fragebogenverfahren, strukturierte Interviews und Beobachtungen. Die Arbeitsplatz­evaluierung ist aber nicht nur die Ermittlung allfälliger Belastungen, sondern die fachkundige Beurteilung, ob allfällige Belastungen zu Fehlbeanspruchungen führen können. In weiterer Folge ist es erforderlich gemeinsam Maßnahmen festzulegen um Fehlbelastungen zu reduzieren bzw. zu beseitigen. Wesentlich dabei ist die enge Zusammenarbeit mit den Bediensteten und Führungskräften. Die Arbeitsplatzevaluierung trägt zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess bei, dessen Ziel es ist Gefährdungen und Schädigungen zu verhindern und Arbeitsbedingungen präventiv zu gestalten. Neben einer grundsätzlichen Erstevaluierung der Arbeitsplätze ist eine anlassbezogene Evaluierung durchzuführen, wenn Zwischenfälle infolge erhöhter arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchung vorliegen (§ 4 Bundes-Bedienstetenschutzgesetz). Die Arbeitplatzevaluierung ist ein transparenter Prozess, da die Hauptergebnisse und Maßnahmen der Evaluierung in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten festgehalten werden (§ 5 Bundes-Bedienstetenschutzgesetz), die auf den Dienststellen aufliegen und jedem zugänglich sind.

Überprüfung durch die Arbeitsinspektion

Mit der Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Bedienstetenschutzes ist die Arbeitsinspektion des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betraut. Die Arbeitsinspektionen haben seit dem Bestehen der neuen Regelung im Bundes-Bedienstetenschutzgesetz bereits einige Dienststellen des Ressorts überprüft, ob neben der sicherheitstechnischen oder arbeitsmedizinischen Evaluierung auch die arbeitspsychologische Evaluierung stattgefunden hat. Infolge derartiger Inspektionen wurden Dienststellenleiter dazu aufgefordert, die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen zu veranlassen.

Ein Prozess, der anläuft

Der Psychologische Dienst konnte bereits bei einigen Dienststellen Erstevaluierungen durchführen (u. a. Militärkommando Steiermark, Ministerialkanzleidirektion, Pionierbataillon 2). Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, dass, entgegen ursprünglicher Befürchtungen, für den überwiegenden Anteil der vereinbarten Maßnahmen keine zusätzlichen Kosten anfallen. Eine Studie der Universität Wien, die Maßnahmen in mehreren Betrieben analysiert hat, zeigte, dass 85 Prozent der Maßnahmen ohne zusätzliche Beschaffungen bzw. Kosten umgesetzt werden konnten. Entlastungen für Bedienstete konnten zum Beispiel durch Führungsmaßnahmen oder der Nutzung von vorhandenen Ressourcen herbeigeführt werden. Die bisherigen Erfahrungen haben auch gezeigt, dass für die Effizienz und Effektivität der Evaluierung Systemkenntnisse über das ÖBH hilfreich sind und die Wirksamkeit der Maßnahmen erhöhen. Die Umsetzung der neuen gesetzlichen Bestimmung im Bundes-Bedienstetenschutzgesetz ist erst in den Anfängen. Es ist damit zu rechnen, dass, ähnlich wie bei der Einführung der sicherheitstechnischen Evaluierung, auch die arbeitspsychologische Erstevaluierung einige Jahre in Anspruch nehmen wird.

Bei den bereits evaluierten Dienststellen konnte gezeigt werden, dass die Maßnahmen dazu beitragen, psychische Belastungen zu reduzieren und daher im Sinne der Bediensteten wirken.


Dr. Christoph Kabas, Mag. Julia Fadler

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