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Militärischer Führungsprozess und zivil-militärische Zusammenarbeit bei Friedensmissionen

von Andreas Maase

Kurzfassung

◄ Die zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) als Verfahren zur Abstimmung zwischen zivilen und militärischen Trägern der Gesamtverteidigung unterscheidet sich von civil-military relations (CIMIC), die das Verhältnis von Aufnahmestaat und NATO-Streitkräften, aber auch die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen (IO) und NGOs zum Gegenstand haben. Die Teilkonzeption ZMZ der Bundeswehr fasste 2001 dennoch die beiden Begriffe unter ZMZ/I(nland) und ZMZ/A(usland) zusammen; in der Führungsorganisation wird der Aufgabenbereich durch die G 5-Abteilung abgebildet.

ZMZ/A im Kontext von Friedensmissionen ist für Informationsgewinnung, Koordination und Hilfeleistung zuständig; eine enge Zusammenarbeit mit IO und NGOs empfiehlt sich wegen deren Wissensstand, allerdings ist ihre Nichteinbindung in die militärische Kommandostruktur problematisch. Die Dienstvorschrift unterscheidet zwar lebensrettende Soforthilfe, Existenz sichernde Überlebenshilfe und normalisierende Wiederaufbauhilfe, was ZMZ bewirken kann, bleibt allerdings vage.

Gegenstand des Führungsprozesses ZMZ/A ist die Beseitigung anormaler Verhältnisse durch einen Einsatz, der eine Friedensmission unterstützt, worin der Primat der Politik zum Ausdruck kommt. Friedensmissionen sind operations other than war, die Präsenz der Streitkräfte soll den Nicht-Kampf garantieren. Friedensmissionen soll einen Modus Vivendi der Kontrahenten sichern, ohne eine Gleichschaltung zu oktroyieren. Beim nation building geht es um Herrschaft über Land und Leute, das Austrocknen der mafiosen Schattenökonomien und die Durchsetzung von Regeln.

Sicherheit und Ordnung sind zwar kein Selbstzweck, aber Voraussetzung für die Entfaltung von Demokratie und Menschenrechten; der irreführende Begriff nation building sollte durch das genauere state building ersetzt werden. Die Ziele von ZMZ/A müssen zeitlich auf die allmähliche Zurücknahme militärischer Verantwortung und inhaltlich auf Gefahrenabwehr und Daseinsvorsorge gerichtet sein. Die Mittel der ZMZ/A kommen in den fünf Gruppierungen "öffentliche Angelegenheiten", "zivile Infrastruktur", "humanitäre Hilfe", "Wirtschaft und Handel" sowie "kulturelle Angelegenheiten" mit insgesamt 21 Aufgabenfeldern zum Tragen.

Die Teilkonzeption ZMZ der Bundeswehr spricht die drei Funktionsbereiche Koordinierung der zivil-militärischen Beziehungen, Unterstützung der Streitkräfte und Unterstützung des zivilen Umfelds konkret an. ZMZ/A ist Teil der militärischen Auftragserfüllung und unterliegt damit den Phasen Lagefeststellung, Planung, Befehlsgebung und Kontrolle, wobei immer wieder subjektive Eindrücke des G 5 eine wichtige Rolle spielen werden. Der G 5 ist gut beraten, auf eine möglichst genaue Konkretisierung des politischen Mandats zu dringen.

Transparenz, Partizipation und Subsidiarität sind insbesondere bei ethnischen Konflikten essenziell. Einen transparenten Plan kann der zivile Partner leichter nachvollziehen, Partizipation bedeutet verbindliche Rechte und Pflichten für alle Beteiligten, und Subsidiarität umschreibt den allmählichen Übergang der Verantwortung auf den zivilen Partner; genau definierte Schnittstellen und fixierte Kontrollabläufe stellen sicher, dass der zivile Partner daran gebunden ist. Kontrolle trägt dazu bei, Friktionen zu vermeiden, die daraus entstehen, dass die Beteiligten am selben Ort in verschiedenen Welten leben. Nur dann kann ZMZ/A erfolgreich sein. ►


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Militärischer Führungsprozess und zivil-militärische Zusammenarbeit bei Friedensmissionen

Unter zivil-militärischer Zusammenarbeit (ZMZ) verstand die deutsche Bundeswehr ein Verfahren der Abstimmung zwischen zivilen und militärischen Trägern der Gesamtverteidigung. Als civil-military cooperation (CIMIC) wurden dagegen, gemäß der Terminologie des Bündnisses, Maßnahmen bezeichnet, die das Verhältnis von Aufnahmestaat und NATO-Streitkräften betrafen. CIMIC umfasste auch die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen (IO) und non-governmental organizations (NGOs).(Fußnote1/FN1) Mithin waren ZMZ und CIMIC innerhalb der Einheit von Landes- und Bündnisverteidigung aufeinander bezogen; ZMZ betraf nationale territoriale Aufgaben, CIMIC dagegen Auslandseinsätze im Rahmen des Bündnisses.(FN2) Mithin stellten beide Begriffe nicht auf die Sache, sondern auf den rechtlichen Status ab, unter dessen Schirm sich die Kooperation vollzog; bei der ZMZ die Notstandsverfassung des Bonner Grundgesetzes,(FN3) bei CIMIC ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit gemäß Art. 24 der deutschen Verfassung. Aber schon bei Kontakten zu IO hatte auch CIMIC nationale Vorbehalte zu beachten, und vollends passte die Zusammenarbeit mit NGOs nicht in das Schema. Gerade sie zeigte aber, welches praktische Problem hinter den verunglückten(FN4) Definitionen stand: zwischen Akteuren zu vermitteln, die nach Sachlogik und Mentalität verschieden sind. Angesichts dieser Gemeinsamkeit fasste die "Teilkonzeption zivil-militärische Zusammenarbeit der Bundeswehr" (TK ZMZ Bw) ZMZ und CIMIC 2001 zum Aufgabenbereich "zivil-militärische Zusammenarbeit der Bundeswehr" (ZMZ Bw) mit den Teilbereichen "zivil-militärische Zusammenarbeit im Inland" (ZMZ/I) und "zivil-militärische Zusammenarbeit im Ausland" (ZMZ/A) zusammen.(FN5) Dieser wird in der Führungsorganisation durch die Abteilung G5 (NATO: J9 bzw. CJ9)(FN6) abgebildet. Ihre wesentliche Leistung ist es, das Verhältnis zur zivilen Umwelt auszubalancieren, diese Bemühung jedoch in die Erfüllung des militärischen Auftrages zu integrieren. Letztere wird herkömmlich von den Führungsgrundgebieten G2 und G3 geprägt, deren Interessen mit Arbeitsweise und Randbedingungen von ZMZ nur teilweise vereinbar sind. Mithin steht die Abteilung G5 wie zwischen Baum und Borke. Dabei schafft die Verschiedenheit ihrer Adressaten Friktionen, die Kräfte, Raum, Zeit und Information betreffen. Von diesen operativen Faktoren(FN7) her können sie als Probleme beschrieben werden, die im Führungsprozess zu lösen sind. Mithin gerät als Ausgangspunkt die Frage in den Blick, was den neuen Aufgabenbereich von einem Führungsgrundgebiet unterscheidet. Eine erste Antwort geben die Heeresdienstvorschriften der Reihe 100.

Der Aufgabenbereich ZMZ in der Vorschriftenreihe HDv 100 des deutschen Heeres

Zwar liegt die Federführung ZMZ Bw mittlerweile bei der Streitkräftebasis.(FN8) Dennoch schärfen die Führungsvorschriften des Heeres auch heute noch den Blick für die Einbettung der ZMZ Bw in den Einsatz von Landstreitkräften überhaupt. Die Heeresdienstvorschriftenreihe 100 behandelt Truppenführung auch im erweiterten Aufgabenbereich, den die deutsche Bundeswehr seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 12. Juli 1994(FN9) wahrnimmt. Gegenstand der HDv 100/100 "Truppenführung" (TF) als Dachvorschrift ist deshalb Truppenführung sowohl im Kampf als auch bei Friedensmissionen.(FN10) Für letztere hat ZMZ/A eine spezifische Bedeutung, die der Einsatzunterstützung zugerechnet wird.(FN11) Sie soll hier erörtert werden. Gegenstand dieses Aufsatzes sind daher langfristige Engagements im Kontext von Nation-building-Prozessen. Fragt man, welchen Zweck ZMZ/A hier verfolgen kann und wie er in handhabbare Ziele(FN12) umzusetzen ist, müssten materielle Prinzipien sich aus der TF ergeben, während formelle Abläufe in der HDv 100/200 "Führungsunterstützung im Heer" (TF/FU)(FN13) zu finden wären. Zu Vergleichen mit der ZMZ/I wäre die HDv 100/500 "Nationale Territoriale Aufgaben" (TF/NTA)(FN14) heranzuziehen, und Einzelheiten blieben der HDv 100/700 "Nationale Aufgaben des Heeres bei Auslandseinsätzen" (TF/NAA)(FN15) vorbehalten. Diese Erwartung wird nicht ganz enttäuscht. Jedoch sind die Belange des neuen Aufgabenbereiches im hergebrachten Gefüge von Allgemeinen Aufgaben im Einsatz, Gefechtsarten und Besonderen Gefechtshandlungen(FN16) noch nicht zuhause; vielerorts angesprochen, fügen sie sich nirgendwo zu einer eigenständigen Kategorie. Dass deren Fehlen kein Mangel sein muss, sondern dem querschnittlichen Charakter von ZMZ/A angemessen sein kann, zeigt besonders die TF schon jetzt. Gleichwohl kann die Vorschriftenreihe 100 nicht beanspruchen, für den neuen Aufgabenbereich zu sein, was sie für den Kampf seit vielen Jahrzehnten ist(FN17) - zu Führungsbegriffen geronnene Erfahrung. Selbst die traditionelle ZMZ/I wird in der TF/NTA nur allgemein erläutert. Nichts anderes gilt für die Hinweise zur ZMZ/A in der TF/NAA, obwohl sie die Krisenbewältigung als eine im Verhältnis zur Krisenreaktion selbstständige Einsatzart behandelt.

HDv 100/100 "Truppenführung" (TF)

G2 und G3, mit denen der G5 besonders zu tun hat, vertreten Führungsgrundgebiete, er selbst repräsentiert einen Aufgabenbereich. Führungsgrundgebiete betreffen sachlich zusammengehörende Kernaufgaben militärischer Führung. Dagegen bündelt die ZMZ Bw Aufgaben, die in nationaler Verantwortung wahrzunehmen sind und die Zusammenarbeit betreffen.(FN18) Mithin geht es bei Führungsgrundgebieten um Fähigkeiten, die Streitkräfte auch bei Friedensmissionen von zivilen Hilfskorps unterscheiden, beim G5 hingegen darum, das Instrumentarium zu ergänzen. Nach dem medienwirksamen Bild von ZMZ/A (Soldaten, umringt von Kindern, beim Wiederaufbau eines Hauses) scheint diese Ergänzung auf pazifizierte Streitkräfte hinauszulaufen. Würde ZMZ/A sich darin erschöpfen, wäre sie humanitäres Beiwerk, das Militär tun, von seinem Auftrag her jedoch ebenso gut lassen kann - ZMZ/A fände gelegentlich der Friedensmission statt, aber nicht zu ihrer Unterstützung. Eine solche Verengung auf den Retter, Schützer, Helfer findet in der TF keine Stütze. Zwar unterscheidet sie Truppenführung im Kampf und bei Friedensmissionen ausdrücklich,(FN19) jedoch bezieht sie den Kampf nicht nur auf herkömmliche Kriege, sondern - durch den Oberbegriff des bewaffneten Konfliktes(FN20) - auf alle Erscheinungsformen sozialer Gewalt, die mit Waffen ausgefochten werden. Dadurch bleibt stets vorausgesetzt, dass Einsätze in Friedensmissionen Truppenführung im Kampf erfordern können. Dass diese Möglichkeit im Blick zu behalten ist, verdeutlicht die Vorschrift, indem sie Friedensmissionen nicht unter ihr Ziel, den Frieden, sondern unter die Krise als Anlass subsumiert.(FN21) So wird ausgedrückt, dass es stets um potenziell bewaffnete Konflikte geht.

Folgerichtig wird die ZMZ Bw vom Kampf her strukturiert. Versteht man diesen vom traditionellen Krieg her, liegt auf der Hand, dass es v.a. um die Lage der Zivilbevölkerung sowie um die Inanspruchnahme ziviler Leistungen geht. Letztere geschieht innerhalb der NATO nach Maßgabe des Host Nation Support, der nach wie vor als Verfahren der Bündnisverteidigung beschrieben wird.(FN22) Auf deren herkömmliches, den Weltkriegen entlehntes Kriegsbild beziehen sich die Aussagen zu Zivilbevölkerung und zivilen Behörden im Rahmen der ZMZ/I. Bei der Bevölkerung setzt die TF auf Schulterschlusseffekte, bei den Behörden auf ein auch im Verteidigungsfall rechtskonformes, geordnetes Verfahren.(FN23) Insgesamt zeigen sich vielfältige Überschneidungen mit den Führungsgrundgebieten G2 und G4 sowie mit der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfes der Streitkräfte, für den in Deutschland die zivile Wehrverwaltung allein zuständig ist.(FN24) Unverwechselbares Profil hat ZMZ/A dagegen bei Friedensmissionen, zu denen sie v.a. beiträgt, was man vorläufig als Informationsgewinnung, Koordination und Hilfeleistung umschreiben kann. Zur Informationsgewinnung betont die TF, dass der Informationsbedarf bei Friedensmissionen qualitativ andersartig sei, weil er auch Konfliktursachen und Eskalationsrisiken umfasse; selbst über Sitten und Gebräuche der Ethnien müsse der Truppenführer informiert sein.(FN25) Insbesondere IO und NGOs verfügten über Information, die im militärischen Bereich nur eingeschränkt vorhanden sei.(FN26) Die anzustrebende Zusammenarbeit sei für beide Seiten vorteilhaft, denn namentlich in der Anlaufphase einer Friedensmission komme die Robustheit militärischer Kräfte auch IO und NGOs zugute. Dabei wird freilich betont, dass militärische Hilfeleistung die Arbeit von IO und NGOs nur ergänzen könne. Sobald möglich, sei aus politischen Gründen und nach dem Selbstverständnis der meisten IO und NGOs eine zivile Alleinträgerschaft anzustreben.(FN27) Mit dem Selbstverständnis der zivilen Seite wird eine für die ZMZ/A zentrale Schwierigkeit in der TF angedeutet, jedoch an keiner Stelle ausgeführt. Vielmehr heißt es nur, IO und NGOs seien nicht in die militärische Kommandostruktur eingebunden. Deshalb bedürfe es enger Koordination, um alle Maßnahmen auf das gemeinsame Ziel zu bündeln.(FN28) Worin dieses bestehen und warum es allen Beteiligten gemeinsam sein soll, wird nicht gesagt. Mithin wird die zivile Seite wie bei der ZMZ/I als Parteigänger angesehen, der dem eigenen Lager zuzurechnen ist - eine Voraussetzung, die für IO, erst recht aber NGOs problematisch ist.(FN29) Die Zusammenarbeit mit ihnen soll namentlich bei der Hilfeleistung gesucht werden. Als solche werden der Schutz der Bevölkerung, ihre Versorgung mit Wasser, Strom, Lebensmitteln und Medikamenten sowie der Wiederaufbau der Infrastruktur genannt. Ergänzend könnten kleinere Hilfs- und Informationsprogramme dazu beitragen, die Bevölkerung zu gewinnen; das trage zum Schutz der Truppe bei. Die TF unterscheidet lebensrettende Soforthilfe, Existenz sichernde Überlebenshilfe und normalisierende Wiederaufbauhilfe. Letztere könne Jahre dauern und sei schrittweise an IO, NGOs und örtliche Instanzen abzugeben.(FN30)

HDv 100/200 "Führungsunterstützung im Heer"

Die TF/FU geht darüber nicht hinaus. Wenn sie sagt, Gefechtsstandwechsel territorialer Kräfte seien auf die Ebenen der ZMZ/I abzustimmen,(FN31) bringt sie das Kriegsbild der Landesverteidigung an einer Stelle explizit zur Sprache. Allgemein weist die Vorschrift darauf hin, dass das Referenzmodell militärischer Führung auch künftig die Führung im Gefecht sei. Im Hinblick darauf behielten die klassischen Führungsgrundsätze ihre Bedeutung für das gesamte Aufgabenspektrum.(FN32) Der G5 stehe in einer Reihe mit den anderen Abteilungsleitern. Wie sie stelle er für seinen Bereich die Lage fest, plane die nötigen Maßnahmen, wirke bei der Befehlsgebung mit und überwache im Auftrag des Truppenführers ihre Durchführung.(FN33) Im schriftlichen Operationsbefehl sei die ZMZ mitzuregeln.(FN34) Was ZMZ bewirken kann, bleibt dennoch vage - zum Informationsmanagement stellt die TF/FU selbst für den zivil-militärischen Aspekt nur auf die Zusammenarbeit von G2 und G6 ab, ohne den G5 zu erwähnen.(FN35) Gleichwohl gibt die Vorschrift viele Hinweise, die in der Stabsarbeit gerade ihn betreffen. Sie gruppieren sich um Zusammenarbeit und Verhandlung. Zusammenarbeit mit zivilen Partnern setze die Kenntnis ihres Führungssystems voraus und erfordere beiderseits verbindliche Standards.(FN36) Auch diese werden zwar in erster Linie als Problem der Führungsunterstützung angesehen, also im Zusammenhang mit dem G6 behandelt.(FN37) Jedoch wird für die Zusammenarbeit mit IO und NGOs auf die Bedeutung persönlicher Kontakte und damit der Sache nach auf den G5 verwiesen. Durch ihn gewonnene Orientierungen könnten bei Friedensmissionen entscheidend zur Lagefeststellung beitragen. Wichtig sei es, auch die zivile Seite zu orientieren, denn Zusammenarbeit beruhe auf Gegenseitigkeit.(FN38) Mit zivilen Partnern, deren Beteiligung zur Auftragserfüllung geboten sei, seien ggf. Verhandlungen zu führen. Sie setzten die Bereitschaft zum Kompromiss und damit einen Spielraum voraus, dessen Grenzen freilich vom militärischen Auftrag vorgegeben seien.(FN39)

HDv 100/500 "Nationale Territoriale Aufgaben" (TF/NTA)

Gegenstand der TF/NTA sind Nationale Territoriale Aufgaben, die vornehmlich die Landesverteidigung betreffen. Der zivil-militärische Aspekt wird deshalb im Rahmen der ZMZ/I erörtert,(FN40) sein militärischer Zweck überwiegend in der Inanspruchnahme ziviler Leistungen gesehen. Insofern weist die Vorschrift auf die einschlägige Leistungs- und Vorsorgegesetzgebung hin, ohne sich freilich auf das Verwaltungsverfahren einzulassen.(FN41) Bezugspunkt der Ausführungen ist vielmehr die Mittlerfunktion der Territorialen Kommandobehörden. Die von ihnen wahrgenommene ZMZ/I wird als Bestandteil aller Aufgabengebiete gesehen, bei denen Zusammenarbeit Teil der ordnungsgemäßen Sachbehandlung sei.(FN42) Die notwendigen Informationsbeziehungen seien entsprechend militärischen Führungsebenen und zivilem Verwaltungsaufbau hierarchisch anzuordnen.(FN43) Vereinbarungen mit zivilen Partnern seien bei der Planung zu berücksichtigen.(FN44)

HDv 100/700 "Nationale Aufgaben des Heeres bei Auslandseinsätzen" (TF/NAA)

Die TF/NAA behandelt Bündnisverteidigung und Krisenreaktion, Krisenbewältigung im erweiterten Aufgabenspektrum, Rettungs- und Evakuierungseinsätze und Hilfeleistungen. Für die Einsatzunterstützung wird darauf hingewiesen, dass ihre Aufgabe der im Inland gleiche.(FN45) Die weiteren Ausführungen zeigen, dass diese Formulierung Einsatzunterstützung namentlich als Logistik meint und überdies auf die Bündnisverteidigung zugeschnitten ist. Dagegen wird deutlich, dass ZMZ/A im erweiterten Aufgabenspektrum nur ausnahmsweise die Inanspruchnahme ziviler Leistungen bedeutet. Deshalb betrifft Zusammenarbeit hier einen anderen Sachverhalt als in der TF/NTA. Zwar setzt auch die TF/NAA voraus, dass sie überall stattfindet, dem G5 also nur ZMZ/A im engeren Sinn bleibt. Jedoch betont die Vorschrift stärker als die letztlich auf Anspruchs- und Ermächtigungsnormen fixierte TF/NTA die Notwendigkeit, Regelungen auszuhandeln.(FN46) Im Übrigen werden ZMZ/A bzw. G5 nur selten genannt, Gegenstände ihrer Arbeit jedoch häufig auf G2 oder G3 bezogen. Zum G2 wird erneut darauf hingewiesen, dass der Informationsbedarf im erweiterten Aufgabenspektrum viel umfassender sei als im Gefecht. Das beziehe sich nicht nur auf langfristig bedeutsame Grundlageninformationen, sondern gelte auch für den laufenden Führungsprozess. Deshalb trage der Kontakt zu Bevölkerung, IO, NGOs und örtlichen Instanzen zur Informationsverdichtung bei und erhalte die Zelle Militärische Sicherheit Lagebeiträge auch vom G5.(FN47) Gleichsam als Bindeglied zwischen den Belangen von G2 und G3 kann der wiederholte Hinweis gelten, neben dem Hauptauftrag geleistete Hilfen verbesserten die Akzeptanz in der Bevölkerung und könnten dadurch zur eigenen Sicherheit beitragen. Umgekehrt stünden Hilfeleistungen nicht außerhalb des Auftrages, sondern unterlägen den allgemeinen Führungsgrundsätzen. Schutz und Sicherheit der Truppe seien zu bewahren. Ein Mittel dazu seien Auflagen zur Achtung ethnischer und religiöser Besonderheiten.(FN48) Berührungspunkte von G5 und G3 kommen zur Sprache, wo die Vorschrift zur Zusammenarbeit hervorhebt, dass sie Absprachen über sachliche, zeitliche und räumliche Verantwortung erfordere. Wenn die Vorschrift darauf hinweist, dass die Federführung für humanitäre Einsätze beim Auswärtigen Amt liegen könne(FN49) und gegenüber IO und NGOs auch nationale Belange zu vertreten seien,(FN50) werden auch die politischen Implikationen von ZMZ/A deutlich. Zu alldem wird auf die aus der TF bekannte Systematik von lebensrettender Soforthilfe, Existenz sichernder Überlebenshilfe und normalisierender Wiederaufbauhilfe zurückgegriffen.(FN51)

ZMZ/A bei Friedensmissionen: Zweck, Ziele, Mittel

Schwerpunkt der ZMZ/A bei Friedensmissionen ist häufig normalisierende Wiederaufbauhilfe, also militärische Hilfe zur zivilen Selbsthilfe. Das scheint sich von selbst zu verstehen, bedarf jedoch im Rahmen einer Erörterung, die auf Führungsbegriffe zielt, einer genaueren Bestimmung. Ausgangspunkt dafür soll die Überlegung sein, dass Führung eine Praxis ist, die sich pragmatisch (angesichts des Zwanges, etwas zu tun) konstituiert. Etwas zu tun, kann aber nicht heißen, sich treiben zu lassen - pragmatisch sind nur Handlungen, die auf etwas Bestimmtes ausgehen. Der Begriff militärischer Führung besteht somit wie der einer jeden Praxis in ihrem Gerichtetsein. Dieses kann gedanklich nur vermittelt werden durch den Zusammenhang von Zweck, Zielen und Mitteln.(FN52) Basis für ihn sind vorliegend Hilfeleistung als Mittel und Normalität als Zweck. Mithin wird Richtschnur für die Ableitung einzelner Ziele die Agenda sein, anormale Verhältnisse zu bessern. Dazu nötige Maßnahmen durch ein Kalkül aus Kräften, Raum, Zeit und Information zu ordnen und ihre zivilen Auswirkungen auf den militärischen Auftrag zurückzubeziehen, ist Gegenstand des Führungsprozesses ZMZ/A.

Zweck

Die TF spricht nicht von Friedensmissionen, sondern bezeichnet den militärischen Sachverhalt als Einsatz, der eine Friedensmission unterstützt.(FN53) Damit bringt sie unauffällig, aber sehr genau den Primat der Politik zur Sprache. Dieser wird herkömmlich auf die checks and balances demokratischer Gewaltenteilung und damit letztlich die Revolution von 1789 bezogen. Ihre Folgen prägen nicht nur das Verständnis vom Inhalt des Primates, sondern halb unbewusst auch die Vorstellungen von seinem Umfang,(FN54) denn mit dem Anbruch der Volksherrschaft schlug die Stunde des Volkskrieges, der, anders als die Kabinettskriege des ancien régime,(FN55) ein tendenziell totales Aliud zum Frieden ist. Von seinem Kriegsbild(FN56) schwingt in der Formel "Primat der Politik" die überholte(FN57) Vorstellung vom Krieg als Zustand mit, dessen Beginn und Ende ihn vom Frieden eindeutig unterscheiden, weil es um Sein oder Nichtsein geht. In einer derart existenziellen Situation darf das Kriegshandwerk die Staatskunst nicht übersteuern. Dieser Zweck ist aber mit dem Friedensschluss erreicht, denn das Geschäft des Militärs ist nun beendet; sein Auftrag ist allein der Kampf.(FN58) Demgegenüber sind Friedensmissionen operations other than war, Einsätze, die unter dem Risiko des Waffengebrauches stehen, dieses aber nur in Kauf nehmen, um den Konflikt nach Möglichkeit politisch beizulegen.

Streitkräfte, die Friedensmissionen unterstützen, stehen daher insgesamt wie zwischen Baum und Borke, denn Grund ihrer Anwesenheit ist ihre Fähigkeit zum Kampf, während Folge dieser Präsenz der Nicht-Kampf sein soll. Freilich erschöpft sich die Logik dieser show of force, anders als die der Abschreckung vor 1989,(FN59) keineswegs darin, dass nicht geschossen wird. Vielmehr weist sie über sich hinaus auf einen Frieden, der positiv pursuit of happiness verheißt. Ein solcher Frieden ist aber weder das Geschäft des Militärs, noch steht er in der Macht der Politik - wenn man sie nicht, wie noch Clausewitz, einfach als "Repräsentanten der Interessen der ganzen Gesellschaft" (FN60) fingiert. Denn bei Friedensmissionen geht es ja nicht um Gleichschaltung der Kontrahenten, sondern um einen Modus Vivendi, der ihre Verschiedenheit bewahrt; darum, dass künftig auch heterogene Gruppen nebeneinander existieren können. Positiver Frieden ist somit kein finaler Prozess, sondern ein Freiraum für die vielen Geschäfte der Zivilgesellschaft.

Gerade die Vielfalt der Geschäfte führt aber dazu, dass Konflikte unausbleiblich sind. Gesellschaftlicher Frieden kann deshalb nur gedeihen, wenn Regeln zur Konfliktbewältigung vorhanden sind, die mehrheitlich akzeptiert und im Großen und Ganzen auch garantiert sind. Insofern geht es beim nation building erstens um Herrschaft über Land und Leute und damit um die drei Elemente, die den Staat konstituieren.(FN61) Dagegen geht es zunächst nicht um Gewaltfreiheit, denn auch gut gemeinter Zwang ist Gewalt im vollen Sinn des Wortes. Gegenstand der Implementierung ist vielmehr die allmähliche Zurückdrängung privater (willkürlicher) Selbsthilfe zu Gunsten eines öffentlichen (regelgeleiteten) Gewaltmonopols. Mithin wird im Zeitraffer das Paradigma nachvollzogen, dessen Entfaltung in Europa mit den Landfrieden und dem Ringen um ihre Verbindlichkeit begann.(FN62) Die dazu nötigen Regelwerke können, wie der Sachsenspiegel im mittelalterlichen Deutschland oder der Kanun im ländlichen Albanien bis heute, lediglich Sitten und Gebräuche wiedergeben. Sie können auch gesellschaftlich verhandelbare Rechtsnorm sein.(FN63) Immer fungieren sie als Deutungsschema(FN64) für Fälle, die typischerweise konfliktbeladen sind. Folge ihrer Typizität ist eine Voraussehbarkeit, anhand derer die Akteure das Ergebnis antizipieren, Aufwand und Ertrag also schätzen können. Soweit die drei Merkmale Akzeptanz, Garantie und Typizität gegeben sind, führen Regeln deshalb zu mehr Handlungssicherheit. Diese spart Transaktionskosten, ermöglicht offene Märkte und fördert so die allgemeine Wohlfahrt, wo zuvor nur Einzelne profitierten. Insofern geht es zweitens um die Austrocknung der mafiosen Schattenökonomien, die sich im Gefolge der neuen Kriege(FN65) bilden und die Herausbildung funktionierender Volkswirtschaften nachhaltig behindern.(FN66) Nach alldem ist Gegenstand von Friedensmissionen letztlich immer die Durchsetzung von Regeln. Der darin liegende Zielkonflikt von Befriedung und Befreiung ist für jede Friedensmission ebenso grundlegend wie unausweichlich. Aufzulösen ist er nur durch Konkordanz im Einzelfall. Feststehen muss freilich, dass eine Kolonialisierung der Lebenswelt nicht zweckdienlich wäre - kulturelle Gewalt schafft keine Normalität, sondern Hass. Zwar kann es nicht darum gehen, den Status quo ante zu rekonstruieren, der Brutstätte des Konfliktes war. Ebenso wenig dürfen Friedensmissionen jedoch darauf ausgehen, eine bessere Wirklichkeit am grünen Tisch zu konstruieren. Vielmehr geht es um regelgeleitete Strukturen, die keine Fremdkörper sind, sondern ohne äußeren Druck langfristig bestehen können.(FN67) Normalität besteht somit in Alltäglichkeit, ihre Wiederherstellung darin, vorgefundene Verhältnisse evolutionär zu entwickeln.(FN68) Der Ausnahmezustand ist überwunden, wenn der neue Überbau von einer bloßen rule of law zu einer überwiegend anerkannten rule of life geworden ist. Auch damit wäre freilich kein Endzustand erreicht (denn einen solchen gibt es in gesellschaftlichen Dingen nicht), wohl aber der politische Zweck erfüllt.

Ziele

Daraus abzuleitende Ziele haben weniger mit Demokratie und Menschenrechten als mit Sicherheit und Ordnung zu tun. Beide könnten als sekundär betrachtet werden. Jedoch sind sie es nicht, denn menschliche Freiheit ist relativ - der Freiraum des einen hängt davon ab, dass andere nicht willkürlich in ihn dringen. Sicherheit und Ordnung sind kein Selbstzweck, wohl aber Voraussetzung dafür, dass Demokratie und Menschenrechte sich entfalten können.(FN69) Insofern ist die Rede vom nation building irreführend, denn es geht lediglich darum, äußere Voraussetzungen einer funktionierenden Gesellschaft zu garantieren. Deshalb ist es sachgerechter, komplementär zum völkerrechtlichen Begriff der failed states (FN70) bloß von einem state building zu sprechen.(FN71) Der Einsatz von Streitkräften zur Unterstützung einer Friedensmission zielt auf Sicherheit und Ordnung. Insofern ist er kein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.(FN72) Dennoch bleibt die Potenz kriegerischer Gewalt angedroht und stehen Akte polizeilicher Gewalt beständig vor den Augen jener, deren Streit geschlichtet werden soll.(FN73) Friedensmissionen sind somit solidarische Zwangsakte, Ausdruck von Hilfsbereitschaft und Anwendung von Gewalt zugleich. Sollen sie ihren Zweck erreichen, wäre es dennoch falsch, wohlwollende Polizeiregime zu errichten. Anfangs darf es sehr wohl darum gehen, Sicherheit und Ordnung dadurch zu bewirken, dass Ruhe herrscht. Letztlich müssen Friedensmissionen jedoch darauf aus sein, Ruhe umgekehrt durch Sicherheit, Ordnung also durch Mündigkeit zu stabilisieren.(FN74) An seinem Beitrag zur Verwirklichung dieses Zweckes muss jedes Ziel sich messen lassen. ZMZ/A tut deshalb gut daran, selbst ihr Bild (Soldaten, umringt von Kindern, beim Wiederaufbau eines Hauses) im Zusammenhang mit dem politischen Zweck zu sehen. Beispiel hierfür sind die dreiseitigen Verträge, die die Bundesrepublik Deutschland in Bosnien-Herzegowina schloss, um die Rückkehr bosniakischer Flüchtlinge in serbische Gemeinden zu ermöglichen. Der integrative Ansatz des so genannten Bauhofmodelles, in das Flüchtling und Kommune eingebunden sind, besteht darin, dass "Häuser" im Hinblick auf den politischen Zweck von Friedensmissionen hoch zu achten sind.(FN75) Freilich kommen Anstoß und Finanzierung bei dreiseitigen Gestaltungen noch von außen. Auch insofern ist das behütend-interventionistische Paradigma (erstens) schrittweise durch ein Leitbild der Autonomie zu ersetzen. Dieses muss (zweitens) beide Aspekte jener allgemeinen Wohlfahrt bedenken, die herkömmlich "gute Polizei" geheißen wird.(FN76) Mithin lassen sich alle denkbaren Ziele von ZMZ/A erstens (zeitlich) auf die allmähliche Zurücknahme militärischer Verantwortung und zweitens (inhaltlich) auf Gefahrenabwehr oder Daseinsvorsorge zurückbeziehen. An diesen Kategorien ist der Gebrauch der Mittel auszurichten.

Mittel

Die TF ordnet die Mittel der ZMZ/A als lebensrettende Soforthilfe, Existenz sichernde Überlebenshilfe und normalisierende Wiederaufbauhilfe nach ihrer zeitlichen Folge an. Inhaltlich bleibt die Vorschrift indes bei einer Kasuistik stehen, die Einzelfälle wie Schutz der Bevölkerung, Versorgung mit Wasser, Strom, Lebensmitteln und Medikamenten sowie Maßnahmen zum Wiederaufbau der Infrastruktur aneinander reiht. Eine befriedigende Systematik gelingt erst der TK ZMZ Bw. Sie bestimmt innerhalb des Aufgabenbereiches ZMZ/A fünf Gruppierungen: öffentliche Angelegenheiten, zivile Infrastruktur, humanitäre Hilfe, Wirtschaft und Handel sowie kulturelle Angelegenheiten. Diesen sind 21 Aufgabenfelder zugeordnet, aus denen ggf. Einzelaufgaben abgeleitet werden, z.B. in der Gruppierung "öffentliche Angelegenheiten" dem Aufgabenfeld "Sicherheit" u.a. die Einzelaufgaben "humanitäres Minenräumen" und "Polizei einschließlich Ausbildung", in der Gruppierung "kulturelle Angelegenheiten" Aufgabenfelder wie "historische Bauten und Denkmäler", "Kunst und Archive" sowie "Religionsfragen" ohne Einzelaufgaben.(FN77) Wollte man weiter abstrahieren, blieben als Leitbegriffe Werkleistung, Dienstleistung, Geschäftsführung und Beratung übrig. Mit diesen Kategorien wäre auf den Punkt gebracht, was die Durchführungsebene ZMZ/A bewirken kann. Freilich muss der Truppenführer dieser Ebene zunächst Ziele setzen. Diese könnten etwa die Lebensverhältnisse an einem hot spot zum Inhalt haben, dessen Befriedung auf die Region ausstrahlen würde. Schon dieses Beispiel zeigt, dass Ziele, die der Truppenführer setzt, aus seiner Sicht (mit Blick auf den Zweck der Mission) lediglich Mittel sind. Wie sie zu erreichen sind, muss Gegenstand einer Gesamtschau sein, die beim hot spot v.a. das rechte Verhältnis "ziviler" Aktivitäten des G5 zur "militärischen" Auftragserfüllung durch G2 und G3 zu bestimmen hätte. Clausewitz‘ auf den Krieg gemünzter Satz, dass der Zweck das Mittel regiere, dessen Eigenart aber auf ihn zurückwirke,(FN78) gilt somit auch für die ZMZ/A. Erst dieser dialektische Einschlag der Zweck-Mittel-Relation begründet aber die Notwendigkeit, zwischen Militärstrategie und Taktik eine Ebene operativer Führung einzuschieben. Ihr Begriff ist an keine Führungsebene gebunden,(FN79) sondern wird durch eine Mittlerfunktion bestimmt, die häufig mit dem Bild des Scharniers umschrieben wird. Aufgabe operativer Führung ist auch bei Friedensmissionen die Synchronisation; der Einsatz verbundener Kräfte muss eine konzertierte Aktion sein, um konkrete Zwecke der Politik mit ebenso konkreten Mitteln zu erreichen. Operative Führung schwebt somit nicht im Ungefähr, sondern wendet lediglich das Zweck-Mittel-Theorem in der Praxis an.

Gilt dieser Grundsatz auch für die ZMZ/A, wäre von einer Führungslehre für sie zuerst zu fordern, Häuserbauen als Stimme im Konzert sichtbar zu machen - Soldaten also, umringt von Kindern, bei militärischen Aktionen, die nicht nur "lachen helfen",(FN80) sondern den Zweck der Mission befördern. Mittel der dazu notwendigen Entscheidungsfindung ist der Führungsprozess, der in Deutschland traditionell auf den Krieg, taktisch also das Gefecht und operativ die Schlacht,(FN81) gerichtet war. Dort sind die Möglichkeiten gegnerischen Handelns abzuschätzen, um aus einer Zusammenschau von nachteiligster und wahrscheinlichster Option - Auftrag und Absicht der übergeordneten Führung im Blick behaltend - den Entschluss abzuleiten.(FN82) Seele dieser Art von Kriegführung war, den Feind durch Angriff zu vernichten.(FN83) Dass ein so verstandener Führungsprozess auf das "Du oder Ich" im Kriege zugeschnitten ist, liegt auf der Hand. Soll er dem Ziel normalisierender Wiederaufbauhilfe angepasst werden, gilt es, das antagonistische Modell um Elemente der Zusammenarbeit zu ergänzen, ohne zu vergessen, dass Streitkräfte auch bei Friedensmissionen ggf. Gefechte führen müssen. Grundlage der notwendigen Anpassung ist die TK ZMZ Bw.

Die Teilkonzeption zivil-militärische Zusammenarbeit der deutschen Bundeswehr

In ihrer Vorbemerkung greift die TK ZMZ Bw den früheren Gegensatz von ZMZ und CIMIC auf und betont, dass sich besonders zu CIMIC ein Verständnis entwickelt habe, das über reine Verfahrensweisen hinausgehe.(FN84) Insgesamt habe sich die ZMZ Bw zu den drei Funktionsbereichen Koordinierung der zivil-militärischen Beziehungen, Unterstützung der Streitkräfte und Unterstützung des zivilen Umfeldes verfestigt.(FN85) Beim ersten Funktionsbereich, der Koordinierung der zivil-militärischen Beziehungen, gehe es um den Aufbau eines Beziehungsgeflechtes. Dadurch solle - nach dem Prinzip der kurzen Wege - die eigene Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit verbessert, aber auch die Unterstützung der zivilen Partner erleichtert werden.(FN86) Diese werden zunächst als Ansprechpartner für die Unterstützung der Streitkräfte angesehen. Freilich liegt diesem zweiten Funktionsbereich ein umfassendes Verständnis zu Grunde, bei dem es nicht mehr in erster Linie um die Deckung des Sachbedarfes geht. Vielmehr umfasst Unterstützung der Streitkräfte alle zivilen Beiträge zur militärischen Lagefeststellung, Lagebeurteilung, Beratung und Koordinierung, ggf. auch Planung von Maßnahmen, die zivil-militärische Gesichtspunkte betreffen. Von diesem Funktionsbereich wird einprägsam gesagt, dass er vorrangig anbahnend, zugangserleichternd und beratend wirke.(FN87) Zum dritten Funktionsbereich wird hervorgehoben, dass eine Unterstützung des zivilen Umfeldes nur in Frage komme, wo zivile Instanzen nicht imstande seien, ihre Aufgaben zu erfüllen. Mithin wird Unterstützung als subsidiär verstanden.(FN88) Dieser Ausgangspunkt wird untermauert durch die Aussage, dass Unterstützung in erster Linie durch Planung und Koordinierung geleistet werde und die Durchführung nur ausnahmsweise umfasse. Wenn gesagt wird, Unterstützung trage auch zur force protection bei (auf Häuserbauer schießt man nicht), wirkt diese Feststellung angestückt, denn sie trägt den Funktionsbereich nicht. Vielmehr hebt die TK ZMZ Bw hervor, dass Unterstützung politisch gefordert sei und auf nachhaltige Konfliktverhütung und Krisenbewältigung ziele.(FN89) Der aus der TF bekannte Dreiklang von lebensrettender Sofort-, Existenz sichernder Überlebens- und normalisierender Wiederaufbauhilfe wird nicht aufgegriffen. Vielmehr unterscheidet die TK ZMZ Bw ausdrücklich zwischen der Unterstützung des zivilen Umfeldes und bloßen Hilfeleistungen bei Naturkatastrophen usw.(FN90) Diese Differenzierung weist darauf hin, dass Unterstützung umfassend verstanden wird und sich nicht in Soldaten, umringt von Kindern, beim Wiederaufbau eines Hauses, erschöpft.

ZMZ/A bei Friedensmissionen: Führungsprozess

Zu allen Funktionsbereichen beschreibt die TK ZMZ Bw Einfluss- und Bestimmungsgrößen(FN91) und leitet daraus Fähigkeiten ab, die zur Auftragserfüllung nötig sind. Dabei gliedert sie entsprechend dem Aufbau des Führungsprozesses nach Fähigkeiten zur Lagefeststellung und Lagebeurteilung, Planung und Abstimmung, Führung und Durchführung sowie Kontrolle und Überwachung.(FN92) Diese Gliederung bekräftigt, dass ZMZ/A Teil der militärischen Auftragserfüllung und in sie eingebunden ist. Denn der Führungsprozess strukturiert die Denk- und Handlungsabläufe aller Beteiligten und regelt dadurch mittelbar auch ihr Zusammenwirken. Das geschieht in den vier Phasen Lagefeststellung, Planung, Befehlsgebung und Kontrolle.(FN93) 1. Lagefeststellung

Ausgangspunkt sei, dass Lagefeststellung und Lagedarstellung begrifflich unterscheidbar sind (erst mache ich mir ein Bild, danach halte ich es fest), angesichts fremder Zivilgesellschaften jedoch einen Zirkel bilden, der hermeneutisch ist. Dass dieses Wort nicht zu hoch gegriffen ist, zeigt sich an der Lagefeststellung. Zwar lässt sich zu ihr wenig mehr sagen, als dass technische Aufklärungsmittel nahezu irrelevant sind, Gesprächsaufklärung dagegen eine große Rolle spielt.(FN94) Will man ihre Ergebnisse darstellen, zeigt sich jedoch, dass es nicht nur um Überblick, sondern auch um Bedeutung geht - körperliche Bedürfnisse sind einfach zu beschreiben, soziale Verhältnisse bedürfen einer Interpretation. Das damit angesprochene Stufenverhältnis von Erklären und Verstehen unterscheidet die Lagefeststellung ZMZ/A von den Lagefeststellungen G2 und G3. Auf ihren Lagekarten wird ein Lagebild dargestellt, das den eigenen Kenntnisstand repräsentiert. Mag dieser auch falsch oder unvollständig sein, sind Lagekarten für reguläre Operationen(FN95) in ihrer Grundstruktur doch einfach: blau und rot. Problematischer mag es sich beim Kampf gegen irreguläre Kräfte(FN96) verhalten, denen Clausewitz nicht umsonst ein "nebel- und wolkenartiges Wesen" attestiert.(FN97) Dennoch bezweckt die Lagekarte auch hier nichts anderes, als ein Lagebild zu vermitteln, anhand dessen ein Schlagabtausch geführt werden kann.(FN98) Der damit erhobenen Forderung nach Überblick müssen Lagekarten ZMZ/A natürlich auch genügen. Bei ihr kommt jedoch hinzu, dass Thema der Lagedarstellung das Leben der Menschen ist. Will man dieses zur Anschauung(FN99) bringen, geht es nicht nur um handhafte Gegenstände, für die die Praxis taktische Zeichen geschaffen hat. Vielmehr geht es auch und manchmal v.a. um Randbedingungen, die keine unmittelbar beobachtbare Entsprechung haben.(FN100) Solange ihre Vielfalt und Verflochtenheit nicht als Einheit kenntlich wird, bleibt es bei Partikeln von Wirklichkeit, die keinen gemeinsamen Nenner haben. Insofern ist die Lagedarstellung bei der ZMZ/A zugleich letzter Akt der Lagefeststellung. Die TF/FU bringt das nicht zur Sprache, sondern verweist auf die Lagedarstellung im Gefecht.(FN101) Ihre Standards sind freilich immer einzuhalten. Gleichwohl darf ZMZ/A nicht beim Fähnchenstecken stehenbleiben. Friedensmissionen betreffen typischerweise Konflikte, die ethnische und kulturelle Wurzeln haben. In ihrem Umfeld bedeuten selbst ähnliche Institutionen nicht, was sie für uns bedeuten - sie verwirklichen die Art ohne die Weise; in der Soldatensprache "ticken" sie anders.(FN102) Auch ist der G5 mehr als G2 und G3 den Attitüden(FN103) ausgesetzt, mit denen die fremde Mentalität nach außen auftritt. Deshalb muss er bei der Lagefeststellung sein Vorverständnis hinterfragen;(FN104) aus der Heimat mitgebrachte Maßstäbe dürfen keine Platzanweiser sein.(FN105) Das vorausgesetzt, empfehlen sich vier Schritte: Schritt 1: Deskription: Bei den deskriptiven Merkmalen des Lagebildes (alles, was man fotografieren, messen, zählen kann) hat sich ein Aufbau entsprechend den fünf Gruppierungen und 21 Aufgabenfeldern der TK ZMZ Bw bewährt. Die zumindest gedankliche Einstellung jedes Feldes nach dem Schema "sammeln - prüfen - ergänzen" gewährleistet, dass kein wichtiger Gesichtspunkt übersehen wird.

Schritt 2: Qualifikation: Bei den normativen Merkmalen des Lagebildes (alles, was man nur umschreiben kann) geht es um soziale Phänomene. Diese sind zunächst darzustellen und danach zu qualifizieren. Bei der Darstellung geht es um Strukturen. Strukturen bestehen aus Elementen und ihren Relationen. Elemente sozialer Phänomene können Personen und Sachen, ihre Relationen durch Sitte, Brauch und Rechtsnorm determiniert, ebenso jedoch auf persönliche Motive wie Besitzstreben, Liebe oder Hass gegründet sein. So ermittelte patterns of Culture (FN106) müssen aus ihrer Lebenswelt übersetzt, d.h. auf hinter ihnen stehende Interessen und Wertvorstellungen zurückgeführt werden. Bei dieser Qualifikation(FN107) muss dem G5 bewusst sein, dass bereits die Lagefeststellung einen subjektiven Einschlag hat. Dieser ist nur sprachlich vermittelbar, so dass grafische Darstellungen stets zu kommentieren sind. Powerpoint ist nicht alles, und nur mit Powerpoint ist alles nichts.

Schritt 3: Fokussierung: Zu fragen ist freilich immer, inwiefern das zivile Lagebild zur Lage im militärischen Sinn gehört. Deshalb empfiehlt sich ein Abgleich mit den Lagen von G2 und G3. Dort identifizierte Risiken oder Risikopotenziale sind durch Nachfragen bei IO, NGOs sowie Gespräche mit formellen Instanzen und informellen Autoritäten der Ethnien weiter zu verdichten.

Schritt 4: Präsentation: Namentlich beim Lagevortrag zur Vorbereitung einer Entscheidung(FN108) ist es von großer Bedeutung, dass der G5 dem Truppenführer verdeutlicht, an welchen Punkten der Lagedarstellung er ausgewählt oder bewertet hat, und nach welchen Maßstäben er dabei vorgegangen ist. Diese Forderung mag theoretisch scheinen, ist aber unabdingbar für eine sachgerechte Planung.

2. Planung

Planung geht vom Auftrag aus. Zur Entscheidungsvorbereitung werden die Merkmale der Lage beurteilt, die sich auf die Erfüllung des Auftrages auswirken. Danach werden Handlungsalternativen entwickelt und bewertet. Auf dieser Grundlage fasst der Truppenführer seinen Entschluss, der anschließend in einen Plan umgesetzt wird. Hauptsächliches Verfahren zur Planung im Gefecht ist die Beurteilung der Lage mit den sechs Schritten Auswertung des Auftrages, Beurteilung der Umwelteinflüsse, Beurteilung der Feindlage, Beurteilung der eigenen Lage, Kräftevergleich sowie Feststellen und Abwägen der Möglichkeiten eigenen Handelns.(FN109) Diesen Aufbau gilt es den Belangen der ZMZ/A anzupassen, ohne seine Folgerichtigkeit zu schmälern.

a) Auswertung des Auftrages:

Der Begriff des Auftrages besteht darin, ein Ziel zu setzen, den Weg jedoch nur soweit vorzuschreiben, wie der Zusammenhalt des Ganzen es erfordert.(FN110) Mithin geht es um einen Handlungsspielraum, den die Durchführungsebene nach pflichtgemäßem Ermessen auszufüllen hat. Jedes wirkliche Führen mit Auftrag führt deshalb zu einer Dezentralisierung, die ungleichmäßige Handhabung in gewissem Umfang fördert. Dieser Effekt kann durch einheitliche Erziehung aller Führer aufgefangen werden,(FN111) wird im Gefecht jedoch v.a. dadurch begrenzt, dass Aufträge sich regelmäßig auf ein Gelände beziehen, das genommen, gehalten oder planmäßig preisgegeben werden soll.(FN112) Mithin sind Ziele meist punktuell und Handlungsspielräume lediglich nach Art eines Korridors eröffnet. Vor diesem Hintergrund fragt die Auswertung des Auftrages nach Absicht der übergeordneten Führung, eigener wesentlicher Leistung und Auflagen für das eigene Handeln, ferner danach, ob eine grundlegende Lageänderung eingetreten ist und welche Folgerungen aus ihr zu ziehen sind.(FN113) Der darin vorausgesetzte Ansturm des Geschehens ist bei der ZMZ/A namentlich im Stadium normalisierender Wiederaufbauhilfe eher selten. Damit fehlt oftmals der heilsame Zwang, sich auf einen Punkt zu konzentrieren. Soll ZMZ/A sich nicht verzetteln, tut der G5 deshalb gut daran, die Struktur bewusst zu vollziehen: Schritt 1: Absicht der übergeordneten Führung: Der Auftrag ZMZ/A erschöpft sich häufig in Richtlinien oder Weisungen,(FN114) die den Wortlaut des parlamentarischen Mandates wiedergeben, also äußerst allgemein sind. Deshalb sollte der G5 auf eine Konkretisierung dringen. Ort hierfür ist das operative Konzept des Kontingentes.(FN115) Schon mit ihm wird entschieden, ob ZMZ/A "in support of the mission" oder doch nur "nice to have" geschieht. Im operativen Konzept ist der Auftrag inhaltlich sowie nach Raum, Zeit, Kräften und Information zu konkretisieren. Inhaltlich müssen die drei Funktionsbereiche TK ZMZ Bw abgebildet und mit den Bedürfnissen G2 und G3 abgestimmt werden. Zeitlich empfiehlt sich ein Horizont vom Vorgängerkontingent über die Dauer des eigenen Kontingentes bis zu Vorhaben, die vom Folgekontingent fortzuführen sind. Kräfteansatz und Raumordnung(FN116) ZMZ/A werden regelmäßig den areas of responsibility der Einsatzkräfte folgen. Davon abweichende faktische Siedlungsgrenzen der Ethnien, rechtlich relevante Grenzen ziviler Verwaltungsbezirke sowie Einsatzräume IO/NGOs sind im operativen Konzept zu berücksichtigen, Einzelaufträge möglichst aus ihm abzuleiten. Abschließend ist der Grund legende Informationsbedarf zu bestimmen. Der G5 muss darauf dringen, dass die Ergebnisse der Konkretisierung als Absicht der übergeordneten Führung verbindlich festgeschrieben und ohne Not nicht mehr verändert werden.

Schritt 2: Eigene wesentliche Leistung: Im Gefecht ist wesentlich die Leistung, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass die Auftragserfüllung gefährdet wäre. Bei den viel vageren Verhältnissen der ZMZ/A greift diese Formel meist ins Leere. Bieten sich unzählige Leistungen als "wesentlich" an (jede Patrouille meldet täglich ein Elend, eine Not, ein Unrecht), empfiehlt sich vielmehr, tastend voranzufragen, welche der vielen möglichen Leistungen am ehesten geeignet sein könnte, die im operativen Konzept abgebildete Idee zu verwirklichen. Dabei geht es noch nicht um ein Feststellen und Abwägen der Möglichkeiten, sondern zunächst nur um eine Leitlinie, die als Zielrichtung festgehalten werden kann. Um sie zu bestimmen, muss gefragt werden, was ZMZ/A "in support of the military mission" zum politischen Zweck der Mission beitragen kann. Dazu gilt es, die Natur des Konfliktes zu bestimmen. Er wird bei Friedensmissionen typischerweise Transitions- oder Bruchlinienkonflikt sein. Transitionskonflikte werden entwicklungspolitisch bearbeitet. Ist ein Konflikt nur oder (wie in Bosnien-Herzegowina) auch Bruchlinienkonflikt,(FN117) besteht eine weitere wesentliche Leistung in der Definition von Vorhaben, die das Mit- oder doch Nebeneinander der Ethnien befördern.

Schritt 3: Auflagen für das eigene Handeln: Auflagen sind Bindungen, die die eigene Handlungsfreiheit beschränken.(FN118) ZMZ/A-spezifische Auflagen können insbesondere die Achtung der ethnischen Identität betreffen. Ständige oder regelmäßig wiederkehrende Auflagen können in einem Katalog zusammengefasst werden, der die res publicae der Ethnien oder ihr religiöses Jahr abdeckt. Weitere ZMZ/A-spezifische Auflagen können sich aus dem Mandat, der Philosophie einzelner IO/NGOs, persönlichen Eigenarten örtlicher Ansprechpartner sowie bei fremdfinanzierten Vorhaben aus Vergabevorschriften für Drittmittel ergeben. Auch hier gilt, dass der G5 initiativ werden und mögliche Auflagen selbst ermitteln muss.

b) Beurteilung der Umwelteinflüsse

Umwelteinflüsse betreffen auch bei der ZMZ/A in erster Linie Gelände, Klima und Wetter, Infrastruktur und Bevölkerung. Sie können namentlich für den Funktionsbereich "Unterstützung des zivilen Umfeldes" relevant werden. Zu den Umwelteinflüssen im weiteren Sinn zählt die Berichterstattung der Medien, aus denen sich die Bevölkerung im Einsatzland unterrichtet. Gegebenenfalls muss der G5 den Kontakt mit diesen Medien suchen. Möglichkeiten der operativen Information sind zu nutzen, geeignete ZMZ/A-Vorhaben immer in das Medienkonzept zu integrieren, das der Selbstdarstellung des Kontingentes im Einsatzland zu Grunde liegt.(FN119) c) Beurteilung der Konfliktparteien

Sie ersetzt die Beurteilung der Feindlage, solange die Situation keine Truppenführung im Kampf erfordert. Im Gefecht dient die Beurteilung der Feindlage dazu, die Möglichkeiten des Feindes in ihren Auswirkungen auf die Erfüllung des Auftrages zu erkennen und daraus Folgerungen für das eigene Handeln zu ziehen.(FN120) Bei Friedensmissionen ist die Situation meist ruhig, aber nicht stabil. Der Konflikt schwelt vor sich hin; die Konfliktparteien führen keinen Krieg, sondern ihr Leben. Deshalb geht es (anders als häufig für G2 und G3) nicht darum, ihnen scharf umrissene Absichten zu unterstellen. Vielmehr sollte der G5 das Bild des schwelenden Konfliktes aufgreifen und sich von ihm her den Mustern nähern, die das Verhalten der Konfliktparteien aktuell bestimmen. Mithin geht es darum, aus dem in der Lagefeststellung gewonnenen Lagebild zu folgern, welche Struktur dem Verhalten der Konfliktparteien zu Grunde liegt. Dabei entspricht es dem politischen Zweck, die Fragestellung sowohl negativ als auch positiv zu formulieren. Ergebnis einer Beurteilung der Konfliktparteien sind somit "patterns of conflict", von denen aus Risiken, nach Möglichkeit aber auch Chancen für die Auftragserfüllung zu bestimmen sind. Beide sind nach Kräften, Raum und Zeit möglichst konkret zu beschreiben. Von der Beschreibung aus ist wiederum zu fragen, wo Informationsbedarf besteht.

d) Beurteilung der eigenen Lage, Kräfteabgleich

Im Gefecht dient die Beurteilung der eigenen Lage dazu, Kampfkraft, Leistungsvermögen und Einsatzwert der eigenen Kräfte zu ermitteln, um sie im Kräftevergleich denen des Feindes gegenüberzustellen.(FN121) Bei der ZMZ/A geht es darum, alle Beteiligten in ein Boot zu holen. Deshalb empfiehlt es sich, den Kräftevergleich als Abgleich aufzufassen, wer welchen Beitrag leisten kann, und ihn mit der Beurteilung der eigenen Lage zu einem Schritt zu verbinden. In ihm geht es darum, dem bei der Beurteilung der Konfliktparteien ermittelten Muster von Chancen und Risiken eine Fähigkeitsanalyse gegenüberzustellen. Diese muss eigene Kräfte, v.a. aber örtliche Potenziale im Einsatzland sowie von IO und NGOs bedenken. Im Funktionsbereich "Unterstützung des zivilen Umfeldes" gehört hierher auch die Frage, wo Drittmittel akquiriert werden können. Ergebnis muss eine möglichst konkrete Liste der Fähigkeiten sein, die im Verantwortungsbereich militärisch oder zivil zur Verfügung stehen, um auf die festgestellten Konfliktmuster zu reagieren.

e) Feststellen und Abwägen der Möglichkeiten eigenen Handelns

Im Gefecht schließt die Beurteilung der Lage mit dem Feststellen und Abwägen der Möglichkeiten eigenen Handelns ab. Dabei sind zunächst die Umstände herauszuarbeiten, die allen Möglichkeiten gemeinsam sind. Danach werden die Vor- und Nachteile der einzelnen Möglichkeiten gegeneinander abgewogen. Die maßgebenden Kriterien - Wahrscheinlichkeit der Auftragserfüllung, Aufwand an Kräften und Mitteln, zu erwartende Verluste sowie unerwünschte Nebenfolgen - verweisen erneut auf das Gefecht, in dem ein punktuelles Ziel ohne Wenn und Aber zu erreichen ist.(FN122) Demgegenüber kommt es bei der ZMZ/A darauf an, sich einer vagen Situation schrittweise zu nähern. Dafür bietet sich eine Anlehnung an die im Planungsrecht entwickelte Abwägung der Belange an. Leitvorstellung des ihr zu Grunde liegenden Abwägungsgebotes(FN123) ist eine nachhaltige Entwicklung, die das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet.(FN124) Um nichts anderes geht es bei Friedensmissionen. Mithin verhindert eine Abwägung der Belange auch hier ziellose Projektemacherei, indem der Führungsprozess jederzeit auf den politischen Zweck zurückbezogen wird. Verwirklicht wird der Rückbezug durch die Anwendung konkreter Grundsätze auf einzelne Ziele. Dabei folgen die Ziele aus dem operativen Konzept, während die Grundsätze anhand des planerischen Gegenstromprinzips erst abzuleiten sind. Gegenstromprinzip heißt, Wechselwirkungen zwischen den Teilräumen des Verantwortungsbereiches im Hinblick auf die Leitvorstellung des Mandates zu bedenken.(FN125) Auf diese Weise werden die Möglichkeiten eigenen Handelns zunächst räumlich bestimmt, dadurch aber auch zeitlich und kräftemäßig bestimmbar.(FN126) Immer muss die Abwägung auf einen Ausgleich zielen, bei dem sich niemand überfahren fühlt. Deshalb sind Überlegungen zum Informationsmanagement,(FN127) namentlich bei ethnischen Konflikten, schon in das Feststellen und Abwägen der Möglichkeiten einzubeziehen.

3. Entschluss, Plan, Befehlsgebung, Kontrolle

Beim Entschluss empfiehlt sich die Reihenfolge: "Welche militärischen Kräfte tun was, wann, wo, mit welchem zivilen Partner, wie lange und mit welchem Geld, um welches Ziel des operativen Konzeptes zu erreichen?" Weitere Besonderheiten gibt es nicht. Für die Planung kommt es namentlich bei ethnischen Konflikten darauf an, Transparenz, Partizipation und Subsidiarität zu wahren. Transparenz heißt, den Plan so aufzustellen, dass der zivile Partner ihn einschließlich der ihm zu Grunde liegenden Abwägung der Belange nachvollziehen kann. Partizipation heißt, allen Beteiligten Rechte und Pflichten aufzuerlegen, die nach Verfahren, Frist und Form verbindlich sind. Subsidiarität zielt regelmäßig auf eine allmähliche Übergabe an den zivilen Partner. Ihr Ablauf ist auf einer Zeitachse darstellbar und sollte wiederum nach Verfahren, Frist und Form geregelt werden. Bei langfristigen Vorhaben kann es sinnvoll sein, die Übergabe von Kontingent zu Kontingent schon in die Planung einzubeziehen. Bei der Befehlsgebung ist zu bedenken, dass sie nur das militärische Innenverhältnis betreffen kann. Regelungen im Außenverhältnis zum zivilen Partner sind dagegen auszuhandeln und vertraglich festzuschreiben. Die Vereinbarungen sind dem Befehl beizufügen und in ihm umzusetzen. Dabei sind Schnittstellen zum zivilen Partner genau zu definieren. Kontrollabläufe sind so zu fixieren, dass der zivile Partner zweifelsfrei an sie gebunden ist. Dabei sollte im Hinblick auf die gebotene Transparenz von vornherein ersichtlich sein, welche Folgen der zivile Partner zu erwarten hat, wenn er mit Obliegenheiten säumig ist. Kontrolle soll dazu beitragen, Friktionen zu vermeiden. Sie folgen bei der ZMZ/A v.a. daraus, dass die Beteiligten am gleichen Ort in verschiedenen Welten leben. Die daraus folgenden Reibungsflächen sind das Kardinalproblem der ZMZ/A. Die militärische Seite kann dazu beitragen, es zu entschärfen, wenn sie von jenem projectism abgeht, den Soldaten (umringt von Kindern, beim Wiederaufbau eines Hauses) nolens volens schaffen, wenn sie handeln, wie es Michael Pugh beschrieben hat: "The ad hoc nature of the process is not completely chaotic but represents a form of institutional adaptation to the absence of coherent strategies." (FN128) Daran gilt es zu arbeiten.

ANMERKUNGEN:

(Fußnote 1/1) HDv 100/900 VS-NfD "Führungsbegriffe" (TF/B) vom 15.10.1998.

(FN2) Oehler, Truppenpraxis/Wehrausbildung 2000, S.689.

(FN3) Vgl. insbesondere die Art. 12 a, 35, 80 a, 87 a sowie 115 a - l des deutschen Grundgesetzes.

(FN4) Braunstein, Europäische Sicherheit 2000, S.47. Ergänzend weisen Braunstein/Meyer/Vogt, Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage B 20/2001 zur Zeitschrift "Das Parlament", S.37 darauf hin, dass ZMZ und CIMIC im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung ineinander griffen; sie waren Teile eines Systems, dessen Voraussetzungen 1989 entfallen sind.

(FN5) BMVg GenInspBw Fü SKB I 5 Az. 08-08-12/00 VS-NfD: Teilkonzeption zivil-militärische Zusammenarbeit der Bundeswehr (TK ZMZ Bw) vom 30.10.2001, Nr.201.

(FN6) J steht für "joint", CJ für "combined and joint", vgl. HDv 100/100 VS-NfD "Truppenführung" (TF) vom 15.12.2000, Nr.501, 601.

(FN7) Millotat, Truppenpraxis/Wehrausbildung 2000, S.634 (638).

(FN8) Soweit nicht Belange von Sanitätsdienst oder Wehrverwaltung betroffen sind; TK ZMZ Bw, a.a.O., Nr.604, 901, 902.

(FN9) Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, Band 90, S.286. Eine Aufzählung aller Entschließungen, mit denen der deutsche Bundestag bewaffneten Einsätzen deutscher Streitkräfte im Ausland bis 1999 zugestimmt hatte, findet sich bei Klaus Dau: Auslandseinsätze zwischen Politik und Verfassungsrecht, in Peter Goebel (Hrsg.): Von Kambodscha bis Kosovo. Auslandseinsätze der Bundeswehr, Frankfurt a. M. 2000, S.21 (29).

(FN10) TF, a.a.O., Vorbemerkung Nr.1.

(FN11) Ebenda, Nr.226, 231.

(FN12) Zur Abgrenzung von "Zweck" und "Ziel" vgl. Raymond Aron: Clausewitz. Den Krieg denken, Frankfurt a. M. 1980, S.621f.

(FN13) HDv 100/200 VS-NfD "Führungsunterstützung im Heer" (TF/FU) vom 15.10.1998.

(FN14) HDv 100/500 VS-NfD "Nationale Territoriale Aufgaben" (TF/NTA) vom 15.10.1998.

(FN15) HDv 100/700 VS-NfD "Nationale Aufgaben des Heeres bei Auslandseinsätzen" (TF/NAA) vom 15.10.1998.

(FN16) Zu ihr vgl. Maase, ÖMZ 5/2000, S.575 (582).

(FN17) Von Sandrart, Truppenpraxis (Beiheft) 2/1985, S.14 (17).

(FN18) TF/B, a.a.O.

(FN19) TF, a.a.O., Teil C (Kap.23-27) und D (Kap.38-39); vgl. besonders Nr.3807, 3811.

(FN20) TF, a.a.O., Nr.106.

(FN21) Ebenda, Nr.105.

(FN22) Ebenda, Nr.231, 417, 827, 828.

(FN23) Ebenda, Nr.1036, 1602, 1605, 2303, 2521.

(FN24) Art. 87 b Abs. 1 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes. Wie weit der Aufgabenbereich G5 bei anderen Nationen (auch) Aufgaben wahrnimmt, die in Deutschland (nur) der Verwaltung zugewiesen sind, bedürfte einer vergleichenden Betrachtung, die hier nicht geleistet werden kann. Für Deutschland vgl. Dieter Walz: Bundeswehrverwaltung und Host Nation Support, in: Neue Zeitschrift für Wehrrecht 2001, S.228ff.

(FN25) TF, a.a.O., Nr.1019.

(FN26) Ebenda, Nr.1311.

(FN27) Ebenda, Nr.4008, 4010, 4012.

(FN28) Ebenda, Nr.3829.

(FN29) Rolf Clement: Keine Verständigung. Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und Hilfsorganisationen, in: loyal 5/2001, S.17f.

(FN30) TF, a.a.O., Nr.3094, 3912, 4014.

(FN31) TF/FU, a.a.O., Nr.922.

(FN32) Ebenda, Nr.102.

(FN33) Ebenda, Nr.423, 428.

(FN34) Ebenda, Nr.555, 618, 668.

(FN35) Ebenda, Nr.802.

(FN36) Ebenda, Nr.409.

(FN37) Ebenda, Nr.106, 208, 302, 305, 404, 804, 1133.

(FN38) Ebenda, Nr.459, 462, 605, 607.

(FN39) Ebenda, Nr.1104, 1106, 1112.

(FN40) Zu ihren Strukturen vor 1989 vgl. das Beiheft 1/1988 "Zivil-militärische Zusammenarbeit" der Zeitschrift "Truppenpraxis".

(FN41) TF/NTA, a.a.O., Nr.408, 1005-1007; vgl. HDv 100/600 "Rechtsgrundlagen für die Truppenführung" (TF/R) vom 22.6.1975, Kap. 2 sowie Bundesleistungsgesetz vom 27.9.1961 (Bundesgesetzblatt I S.1770) mit Anforderungsbehörden- und Bedarfsträgerverordnung vom 12.05.1989 (Bundesgesetzblatt I S.1088); Wassersicherstellungsgesetz vom 24.8.1965 (Bundesgesetzblatt I S.1225); Arbeitssicherstellungsgesetz vom 09.07.1968 (Bundesgesetzblatt I S.787); Wirtschaftssicherstellungsgesetz vom 3.10.1968 (Bundesgesetzblatt I S.1069) mit Elektrizitätslastverteilungsverordnung vom 21.07.1976 (Bundesgesetzblatt I S.1833); Gaslastverteilungsverordnung vom 21.7.1976 (Bundesgesetzblatt I S.1849); Versorgungskartenverordnung vom 06.08.1976 (Bundesgesetzblatt I S.2094); Vordringlicher Werkleistungs-Verordnung vom 06.08.1976 (Bundesgesetzblatt I S.2098) sowie Vordringlicher Warenbewirtschaftungs-Verordnung vom 06.08.1976 (Bundesgesetzblatt I S.2099) und Mineralölbewirtschaftungsverordnung vom 19.4.1988 (Bundesgesetzblatt I S.530); Verkehrssicherstellungsgesetz vom 8.10.1968 (Bundesgesetzblatt I S.1082); Energiesicherungsgesetz vom 20.12.1974 (Bundesgesetzblatt I S.3681); Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 14.2.1990 (Bundesgesetzblatt I S.229); Ernährungssicherstellungsgesetz vom 27.08.1990 (Bundesgesetzblatt I S.1802); Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz vom 14.9.1994 (Bundesgesetzblatt I S.2325) mit Postauskunftsverordnung vom 23.10.1996 (Bundesgesetzblatt I S.1537) und Post- und Telekommunikations-Zivilschutzverordnung vom 23.10.1996 (Bundesgesetzblatt I S.1539); Zivilschutzgesetz vom 25.03.1997 (Bundesgesetzblatt I S.276).

(FN42) TF/NTA, a.a.O., Nr.303, 506, 509, 513, 514.

(FN43) Ebenda, Nr.702.

(FN44) Ebenda, Nr.516, 1027, 1031, 1032.

(FN45) TF/NAA, a.a.O., Nr.101, 237.

(FN46) Ebenda, Nr.207.

(FN47) Ebenda, Nr.115, 218, 221, 222, 306, 610.

(FN48) Ebenda, Nr.625, 637, 804, 811.

(FN49) Zu außenpolitischen Aspekten von ZMZ/A vgl. Peter Vorhofer (phil. Diss. Wien): Die Entwicklung zivil-militärischer Zusammenarbeit bei internationalen Einsätzen zur Krisenbewältigung, Wien 2001 (Unversitätsbibliothek Wien D 31.753).

(FN50) TF/NAA, a.a.O., Nr.205, 208, 803, 805.

(FN51) Ebenda, Nr.641, 806, 809, 913.

(FN52) Carl von Clausewitz: Vom Kriege, Bonn: 19. Auflage 1980, II, 3 = S.301 - 304; vgl. hierzu Raymond Aron: Clausewitz - den Krieg denken, Berlin o. J., S.678ff sowie bei Reinhard Stumpf (Hrsg.): Kriegstheorie und Kriegsgeschichte, Frankfurt a. M. 1993, S.816 den Stellenkommentar zu 133,10.

(FN53) TF, a.a.O., vgl. die Überschrift zu Kap.38.

(FN54) Kritisch zum gängigen Verständnis von "Primat der Politik" Panajotis Kondylis: Theorie des Krieges. Clausewitz-Marx-Engels-Lenin, Stuttgart 1988, S.103ff.

(FN55) Beispiele für diese Andersartigkeit finden sich bei Hans Rothfels (phil. Diss. Heidelberg 1918): Carl von Clausewitz. Politik und Krieg, Berlin 1920 (Nachdruck Bonn 1980), S.31ff., 43f.

(FN56) Otto Ferdinand Miksche: Vom Kriegsbild, Stuttgart 1976, S.25ff.

(FN57) Christopher Grenwood: Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts, in: Dieter Fleck (Hrsg.): Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, München 1994, Rz. 203, 249 betont, dass formelle Kriegserklärungen und Friedensverträge immer seltener vorkommen.

(FN58) Clausewitz, a.a.O., I, 2 = S.214 (215).

(FN59) Carl-Friedrich von Weizsäcker: Das Friedensproblem, in: Der Garten des Menschlichen, Beiträge zur geschichtlichen Anthropologie, München - Wien 1977, S.35 (36f.).

(FN60) Clausewitz, a.a.O., VIII, 6 B = S.990 (993), kritisch Günther Dill, in: Ders. (Hrsg.): Clausewitz in Perspektive, Frankfurt a. M. 1980, Einleitung S. XIV sowie Reinhard Stumpf a.a.O., S.858f. im Stellenkommentar zu 359,21.

(FN61) Karl Doehring: Völkerrecht, Heidelberg 1999, Rz.49.

(FN62) Hans Hattenhauer: Europäische Rechtsgeschichte, Heidelberg 1999, Rz.668.

(FN63) Uwe Wesel: Frühformen des Rechts in vorstaatlichen Gesellschaften, Frankfurt a. M. 1985, S.52-67 und S.331-355; vgl. besonders die Tabelle S.348f. mit einer Gegenüberstellung der Merkmale von staatlichem und vorstaatlichem Recht.

(FN64) Hans Kelsen: Reine Rechtslehre, 1. Auflage 1934 (Nachdruck Aalen 1994), S.4f.

(FN65) Herfried Münkler: Die neuen Kriege, Reinbek bei Hamburg 2000.

(FN66) Bruno Schönfelder: Wirtschaftsstrukturen, in: Magarditsch Hatschikjan und Stefan Troebst (Hrsg.): Südosteuropa, München 1999, S.325 (341ff.).

(FN67) Als Beispiel mag das kolonial-indonesische Adatrecht gelten, zu ihm Wolfgang Fikentscher: Methoden des Rechts, Band I, Tübingen 1975, S.325-328.

(FN68) Vgl. hierzu Frank Bliss: Kultur und Entwicklung, in: Reinhold E. Thiel (Hrsg.): Neue Ansätze zur Entwicklungstheorie, Bonn, 2. Auflage 2001, S.70-81, sowie Dieter Weiss: Kultur und Entwicklung, ebenda, S.366-378.

(FN69) Vgl. die Äußerung von Paddy Ashdown als High Representative in Bosnien-Herzegowina: "Wir hielten die Demokratie, gemessen an der Anzahl von Wahlen, für die oberste Priorität. Rückblickend hätten wir zuerst Recht und Ordnung ... etablieren sollen, denn alles andere hängt davon ab", in: Joachim Fritz-Vannahme: Die Lehren aus Bosnien, in: Die Zeit Nr.17 vom 16.04.2003, S.21. Ebenso die Formel des amerikanischen Politologen Fareed Zakharia: "Order, then freedom" , zitiert bei Michael Thumann: Dschihad für die Demokratie, in: Die Zeit Nr.21 vom 15.5.2003, S.5 und Klaus Naumann: Nichts gelernt. Amerika hat die Lehren aus dem Balkan-Einsatz vergessen, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr.37 vom 14.9.2003, S.2. In grundsätzlicher Hinsicht vgl. Josef Pieper: Grundformen sozialer Spielregeln, in: Werke in acht Bänden, Band 5, Hamburg 1997, S.37-42. Am schönsten hat freilich Hegel es gesagt - Grundlinien der Philosophie des Rechts, Frankfurt a. M. 1986, S.414: "Ungebildete Menschen gefallen sich im Räsonieren und Tadeln, denn Tadel finden ist leicht, schwer aber, das Gute und die innere Notwendigkeit desselben zu kennen ... durch die Gewalt, meint die Vorstellung oft, hänge der Staat zusammen; aber das Haltende ist allein das Grundgefühl der Ordnung, das alle haben" (FN70) Knut Ipsen (Hrsg.): Völkerrecht, 4. Auflage, München 1999, Rz. 9 zu § 5 = S.58.

(FN71) Stephan Klingebiel und Katja Roehder: Entwicklungspolitisch-militärische Schnittstellen. Neue Herausforderungen in Krisen und Post-Konflikt-Situationen, in: Deutsches Institut für Entwicklungshilfe (Hrsg.): Berichte und Gutachten 3/2004, Bonn 2004, S.2.

(FN72) Clausewitz, a.a.O., I, 1, 2 = S.191f.

(FN73) Zu daraus folgenden Zielkonflikten vgl. Karl W. Haltiner: Polizisten oder Soldaten? Organisatorische Dilemmata bei der Konstabulierung des Militärs, in: ÖMZ 3/2001, S.291 (294ff.).

(FN74) Formulierung nach Rudolf Wiethölter, Kritische Justiz 1970, S.121 (136).

(FN75) Hoyer, Die Bundeswehrverwaltung 1998, S.125 (130).

(FN76) Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Band 1, München 1988, S.386 (392).

(FN77) TK ZMZ Bw, a.a.O., Anlage C.

(FN78) Clausewitz, a.a.O., VIII, 3 B, S.960 (961).

(FN79) TF, a.a.O., Nr.407. Aus der Diskussion vor Erlass der Vorschrift vgl. Zehrer, Europäische Sicherheit 1993, S.412 (414).

(FN80) "Lachen helfen" ist ein von deutschen Soldaten gegründeter Verein, der humanitäre Hilfe leistet.

(FN81) Ebenda, Nr.2312.

(FN82) Peischel, ÖMZ 2002, S.542 (555).

(FN83) Exemplarisch Max von Schenkendorff: Frontdienst. Ein Handbuch für den Offizier. Erfahrungen und Ratschläge eines Regimentskommandeurs, Berlin 1928, S.154ff.

(FN84) TK ZMZ Bw, a.a.O., in der Vorbemerkung sowie in Nr.201.

(FN85) Ebenda, Nr.203, 207.

(FN86) Ebenda, Nr.204.

(FN87) Ebenda, Nr.205.

(FN88) Ebenda, Nr.305.

(FN89) Ebenda, Nr.206, 301, 401, 701.

(FN90) Ebenda, Nr.801.

(FN91) Ebenda, Nr.301-306.

(FN92) Ebenda, Nr.501.

(FN93) TF/FU, a.a.O., Nr.601, 602.

(FN94) Strachwitz, Truppenpraxis/Wehrausbildung 1996, S.580 (586), vgl. auch TF, a.a.O., Nr.3820. Validierung und Systematisierung der so gewonnenen Erkenntnisse behandelt Alexander Thomas: Informationsleitsystem zur Gewinnung und Verwendung kulturspezifischer Informationen, in: Klaus J. Puzicha, Dieter Hansen, Wolfgang W. Weber (Hrsg.): Psychologie für Einsatz und Notfall, Bonn 2001, S.391-403.

(FN95) TF, a.a.O., Nr.2304, TF/FU, a.a.O., Nr.619.

(FN96) TF, a.a.O., Nr.2306 und Kap.25.

(FN97) Vom Kriege, a.a.O., VI, 29 = S.799 (803).

(FN98) TF/FU, a.a.O., Nr.618.

(FN99) Zu Konnotationen von "Anschauung" (als Inbegriff eines Sachverhaltes) vgl. Dieter Nörr: Savignys philosophische Lehrjahre, Frankfurt a. M. 1994, S.254ff.

(FN100) Ulrich Schroth: Philosophische und juristische Hermeneutik, in: Arthur Kaufmann und Winfried Hassemer (Hrsg.): Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 6. Auflage 1994, S.344 (367).

(FN101) Ebenda, Nr.620.

(FN102) Vgl. etwa die Eindrücke Sven Hedins von der Einführung des belgischen Zollwesens in Persien, in: Zu Land nach Indien, Leipzig 1910, Band 1, S.120f. Tiefer gehende Beispiele bringt Michel Foucault: Die Wahrheit und die juristischen Formen, Frankfurt a. M. 2003, S.31ff., 55ff., 64ff.

(FN103) Zur soziologischen Attitüdenforschung vgl. Jochen Schneider und Ulrich Schroth: Attitüden als Entscheidungsdeterminanten, in: Kaufmann/Hassemer, a.a.O., S.470 (471f.). Bei der ZMZ/A kommt hinzu, dass Attitüden oft verletzten Stolz bezeugen. Arnold Gehlen: Der Mensch, Wiesbaden: 12. Auflage 1978, S.79 weist zu Recht darauf hin, dass es einer der menschlich empörendsten Eindrücke ist, wenn Tugenden nach dem Zerfall der Institutionen, deren Kontext sie entwachsen sind, auf den Einzelnen zurückfallen und sich in Verwirrung und Ratlosigkeit reflektieren. Hierher gehört der Monolog des Cologna in der "Travnicka Hronika" von Ivo Andric, deutsch: Wesire und Konsuln, Frankfurt a. M. 2001, S.347-350, der mit den Worten endet: "Ja, mein Herr, Sie können unser Leben zwar verstehen, aber für Sie bleibt es nur ein bedrückender Traum. Sie leben hier, doch Sie wissen, dass die Zeit vorübergeht und dass Sie früher oder später in Ihr Land, in bessere Verhältnisse und ein menschenwürdigeres Dasein zurückkehren. Sie werden aus dem Alptraum aufwachen und sich von ihm frei machen, wir aber werden das nie, denn für uns ist er das einzige Leben." (FN104) Vgl. das Fallbeispiel "Brunnenprojekt in Somalia" bei Alexander Thomas: Interkulturelle Kompetenz - eine Schlüsselqualifikation für Fach- und Führungskräfte der Bundeswehr, in: Puzicha/Hansen/Weber, a.a.O., S.146 (153-156) mit dem Leitbegriff der "kulturbedingt kritischen Begegnungssituation".

(FN105) Formulierung von Josef Pieper: Wirklichkeit und Wahrheit. Interpretationen zu Thomas von Aquin: Quaestiones disputatae de veritate, in: Werke in acht Bänden, Band 2, Hamburg 2001, S.58 (62), vgl. auch das Nachwort des Herausgebers ebenda S.465 (471).

(FN106) Ruth Benedict: Patterns of Culture, 1934, vgl. Arnold Gehlen: Anthropologische Forschung. Zur Selbstbegegnung und Selbstentdeckung des Menschen, Hamburg 1961, S.11, 78f.

(FN107) Methodisch bietet sich ein Rückgriff auf die Denkfigur der Qualifikation bzw. (anglo-amerikanisch) characterization im Internationalen Privatrecht an. Sie betrifft ja ebenfalls Vorfragen, die sich bei einer Kollision von Normen stellen, vgl. Jan Kropholler: Internationales Privatrecht, 2. Auflage 1994, §§ 14, 15 = S.97-105. Letztlich geht es um eine Begrifflichkeit sozialer Relationen, vgl. Josef Pieper: Die Grundbegriffe L. v. Wieses, in: Werke in acht Bänden, Ergänzungsband 1, Hamburg 2004, S.10-29. Freilich gilt es stets, sich auf die Dinge einzulassen. Beispielsweise schreibt Wolfgang Fikentscher, a.a.O., S.309-320 dem Islam eine fragmentierende Wirkung zu, die schuldrechtliche Synallagmen nur in Form augenblicklicher, von Misstrauen geprägter Austauschverhältnisse zulasse; weitergehende Gestaltungen seien islamischen Rechtskulturen a priori fremd. Dass das zumindest für Bosnien-Herzegowina falsch ist, zeigen die vakufname (Stiftungsurkunden), die rein islamisch sind, vgl. Ivan Lovrenovic: Bosnien und Herzegowina. Eine Kulturgeschichte, Wien - Bozen 1998, S.82f.

(FN108) TF/FU, Nr.1110, 1126.

(FN109) Ebenda, 621, 629, 630.

(FN110) Dirk W. Oetting: Auftragstaktik, Frankfurt a. M. und Bonn 1993, S.14ff.

(FN111) TF, a.a.O., Nr.303.

(FN112) Maase, Truppenpraxis 1994, S.520 (525).

(FN113) TF/FU, a.a.O., Nr.631.

(FN114) TF, a.a.O., Nr.655, 657.

(FN115) Vgl. Per Wolfhagen: Einsatzerfahrungen der Gebirgsjägerbrigade 23, in: Europäische Sicherheit 2/2005, S.39 (40) mit der Grundidee "Versöhnung - Entwicklung - Operationsführung" und der daraus abgeleiteten Liste der "Top ten"-Projekte.

(FN116) TF, a.a.O., Nr.426.

(FN117) Samuel Huntington: Kampf der Kulturen, München - Wien 1996, S.400-491.

(FN118) TF/FU, a.a.O., Nr.633.

(FN119) TF, a.a.O., Nr.702, 709, 710, 3830; TF/FU, a.a.O., Nr.636.

(FN120) TF/FU, a.a.O., Nr.637.

(FN121) Ebenda, Nr.638, 639.

(FN122) Ebenda, Nr.640.

(FN123) § 1 Abs. 6 des deutschen Baugesetzbuches vom 27.08.1997 (Bundesgesetzblatt I S.2141).

(FN124) § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 des deutschen Raumordnungsgesetzes vom 18.8.1997 (Bundesgesetzblatt I S.2081).

(FN125) Ebenda, § 7 Abs. 1.

(FN126) Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum (deutschen) Verwaltungsverfahrensgesetz, München: 3. Auflage 1998, Rz. 48 zu § 72.

(FN127) TF/FU, a.a.O., Nr.801.

(FN128) Michael Pugh (University of Plymouth): Post-Conflict Rehabilitation: The Humanitarian Dimension, in: Centre for Applied Studies in International Negotiations (CASIN), Geneva: 3rd International Security Forum and 1st conference of the PfP Consortium of Defense Academies and Security Studies Institutes: Networking the Security Community in the Information Age, Workshop 5A: The Rehabilitation of War-Torn Societies, online publications www.ins.ethz.ch/securityforum/Online_Publications/WS5/5_A/Pugh.htm, 1998, S.14.

Andreas Maase

Geb. 1960; Rechtsanwalt in Ellwangen (Jagst); Oberstleutnant d. R. der deutschen Bundeswehr. Beordert beim Verteidigungsbezirkskommando 51 der deutschen Bundeswehr in Stuttgart, derzeit Kommandeur Ersatzbataillon 870. 1979-1987 Soldat, danach Jurastudium in Freiburg i. Br.; Wehrübungen u.a. 1995 als Lektor für die Neufassung HDv 100/100 "Truppenführung" (TF), 2000 in der Abteilung S 5 im deutschen SFOR-Stab Rajlovac bei Sarajevo, 2002 als Rechtsberater im deutschen KFOR-Stab Prizren.



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