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Militärmuseum in Tallinn (Estland)

Ein erstes Kriegsmuseum wurde 1919, also noch während des Unabhängigkeitskrieges Estlands (1918 bis 1920), gegründet. 1940, unmittelbar nach der Okkupation der Republik durch die UdSSR, lösten es die sowjetischen Behörden auf. Die Exponate wurden der Roten Armee übergeben, nach Russland transportiert oder vernichtet. 1991 konnte Estland seine Unabhängigkeit wieder herstellen. Das Haus des estnischen Oberkommandierenden im Unabhängigkeitskrieg, General Johan Laidoner (1884-1953), in Viimsi (einem Vorort der Hauptstadt Tallinn) wurde zu diesem Zeitpunkt noch von den Sowjetstreitkräften genutzt. Nach deren Abzug entstand in diesem Haus ab 2001 ein neues Museum, dessen "Kern" Exponate und Informationen zu Laidoner bilden; der offizielle Name lautet denn auch "Estnisches Kriegsmuseum - General Laidoner-Museum" (Eesti Sõjamuuseum - Kindral Laidoneri-Muuseum; Adresse: Moisa tee 1, Viimsi, 74001 Harjumaa).

Für die Neueinrichtung des Museums unabdingbar waren zahlreiche, für die Militärgeschichte relevante Gegenstände, die die Einwohner Estlands über die Jahrzehnte der Sowjetherrschaft hinweg heimlich aufbewahrt hatten. So kann der Besucher Kleinwaffen, Dokumente, Karten, Fotografien, Auszeichnungen usw. betrachten. Die Tragödie Estlands während des Zweiten Weltkrieges wird u. a. durch drei an einem Tisch sitzende lebensgroße Puppen symbolisiert, die zwar estnische Soldaten sind, doch die Uniform der Sowjetstreitkräfte, die Uniform der von den Deutschen aufgestellten estnischen SS-Division und die Uniform der finnischen Armee tragen. Das Kriegsmuseum berücksichtigt zudem die Entwicklung der 1991 neu entstandenen estnischen Streitkräfte.

Das Museum dient auch und gerade der Sammlung, Aufbewahrung, Erforschung und Darstellung der Militärgeschichte und des einschlägigen kulturellen Erbes Estlands, mit dem Ziel, Wissen über diese Geschichte unter Militärangehörigen und Studierenden des Nationalen Verteidigungscolleges in der Stadt Tartu, aber auch unter der Jugend und in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Dazu kommen u. a. Kooperationen mit anderen estnischen und ausländischen militärhistorischen Museen und Instituten sowie die Herausgabe von Fachliteratur. Es ist allerdings bedauerlich, dass die meisten Veröffentlichungen wie z. B. das Estnische Jahrbuch für Militärgeschichte, lediglich in estnischer Sprache vorliegen. Manchmal finden sich erfreulicherweise englische Zusammenfassungen. Für die Ausstellung auch von größeren Exponaten wie Militärfahrzeugen, Flugzeugen, Artilleriegeschützen usw. reicht der derzeit zur Verfügung stehende Platz nicht aus. Deshalb wird eine Übersiedlung des Museums an einen anderen Ort (z. B. in die Seefestung Patarei in Tallinn) erwogen. Das Schifffahrtsmuseum in Tallinn (Lennusadam Seaplane Harbour) ist in einem während des Ersten Weltkrieges für die Marineluftwaffe des zaristischen Russlands errichteten Hangar untergebracht. Diese von einem dänischen Architekturbüro entworfene Anlage war bautechnisch revolutionär, wurde sie doch (bei einem Grundriss von 50 x 105 Metern) mit den weltweit ersten Stahlbetonkuppeln dieser Größenordnung ohne stützende Innensäulen ausgestattet. 1918 bis 1940 nutzte die estnische Luftwaffe den Hangar. Wie die Fachzeitschrift "Denkmal aktiv" in ihrer Nummer 2/2013 berichtete, wurde die Restaurierung des ursprünglich in schlechtem Zustand befindlichen Hangars für das Schifffahrtsmuseum mit dem von der EU vergebenen Europa Nostra-Preis, dem wichtigsten Denkmalpflegepreis Europas, ausgezeichnet. Die Verleihung findet 2014 in Wien statt.

Das größte Exponat im Hangar ist das fast 60 Meter lange U-Boot "Lembit", das 1936 auf Bestellung Estlands in Großbritannien vom Stapel gelaufen war: Es ist eines der wenigen vollständig erhaltenen U-Boote aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Ein weiteres Prunkstück des Museums ist das so genannte "Schiff von Maasilinn", das Wrack des ältesten (nämlich um 1550) in Estland gebauten Schiffes, das bisher (und zwar 1985) aufgefunden wurde. Dazu kommt der einzige Nachbau des englischen Wasserflugzeuges Short 184, das 1915 den überhaupt ersten erfolgreichen Torpedoangriff aus der Luft durchführte, in Originalgröße; in Estland flog dieser Typ (acht Stück) zwischen 1919 und 1933. Außerdem kann man zahlreiche Modelle von Wasserfahrzeugen, Torpedos, Minen und weitere Ausrüstungsgegenstände in Augenschein nehmen, Simulatoren benützen und sich in einem Kino weiter informieren. Die Freiluftausstellung unweit des Hangars zeigt u. a. den größten im Original erhaltenen dampfbetriebenen Eisbrecher der Welt, die 1914 in Deutschland gebaute "Suur Tõll".

Weitere Einblicke in die Geschichte der estnischen Seefahrt gewinnt man im Seefahrtsmuseum im ehemaligen Kanonenturm "Dicke Margarethe" aus dem 16. Jahrhundert am nördlichen Rand der Altstadt von Tallinn.


Dr. Martin Malek

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