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Ludwig Karl Wilhelm Freiherr von Gablenz

Bei wenigen Offizieren der ehemaligen kaiserlichen Armee treffen militärischer Erfolg und persönliche Tragik in so großer Intensität aufeinander, wie bei General Ludwig von Gablenz.

Trotz des militärischen Erfolges, des Aufstieges in die höchsten Zirkel des österreichischen Militärs und der Diplomatie sowie der Heirat mit einer reichen Bankiers­tochter, folgte das persönliche Scheitern nach der Wirtschaftskrise des Jahres 1873.

Am Ende blieb Gablenz nur die Rolle als tragischer Held, als er am 28. Jänner 1874 seinem Leben in Zürich selbst ein Ende setzte. Wie so viele kaiserliche Offiziere, schien General Ludwig von Gablenz in Vergessenheit zu geraten. Das Denkmal, das an den Sieg bei Trautenau (Trutnov, Tschechische Republik) erinnert, beinhaltet seit 1905 seine sterblichen Überreste, die vom Zürcher Stadtfriedhof dorthin transferiert wurden. In der Republik selbst erinnern an ihn nur noch Straßen (Gablenzgasse, eine "Grenze" zwischen Wien-Ottakring und Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus, Standort des Militärkommandos Wien, Amtsgebäude FM Radetzky) und die Gablenzkaserne in Graz (Standort des Militärkommandos Steiermark). Die Familie Gablenz ist bis heute dem (deutschen) Militär und der Luftfahrt eng verbunden.

Ein Sachse in Österreichs Diensten

Das Geschlecht derer von Gablenz lässt sich bis ins Hochmittelalter zurückverfolgen. Zum ersten Mal finden wir einen gesicherten Vorfahren im Jahr 1221. Ihr Herrschaftsgebiet befand sich im polnisch-deutschen Grenzgebiet, heute: Landkreis Powiat ¯arski, Westpolen. Die Ortschaft Gablenz/Jab³oñc ist heute eine Gemeinde im Landkreis Görlitz in Sachsen.

Ludwig von Gablenz selbst erblickte am 19. Juli 1814 im thüringischen Jena als Sohn des sächsischen Generalleutnants Heinrich Adolf von Gablenz das Licht der Welt. Er absolvierte die Ritterakademie in Dresden - eine spezielle Schule für Adelige - und trat 1831 als Leutnant in die königlich-sächsische Armee ein (1. Garde Reiter Regiment).

Zwei Jahre später jedoch verließ Leutnant Gablenz die Armee des Königs von Sachsen und trat in die Streitkräfte des österreichischen Kaisers ein - weshalb er wechselte ist nicht bekannt. Eine Kurzbiographie des 19. Jahrhunderts eröffnet uns, es sei die Enge der sächsischen Armee gewesen, die ihn zum Übertritt bewogen habe.

Eine rasche Karriere

In den kaiserlichen Streitkräften machte Ludwig von Gablenz rasch Karriere. Vor allem die aufeinanderfolgenden Kriege nach der Revolution 1848 begünstigten den Aufstieg des jungen ehrgeizigen Offiziers aus gutem Hause, der in allen Waffengattungen - außer Marine und Artillerie - in Friedenszeiten Erfahrung sammeln konnte.

Im Revolutionsjahr avancierte Gablenz zum Adjutanten des Generals Ludwig von Wallmoden-Gimborn. Im gleichen Jahr wurde er zum Major befördert (nach der Schlacht von Custozza am 25. Juli 1848) und nach Ungarn abkommandiert, wo er als Generalstabschef des Korps Schlick diente. Dort nahm er bei der Niederschlagung des revolutionären Ungarns an über 40 Kämpfen teil. Für diese Leistungen folgte nicht nur binnen eines Jahres die Beförderung zum Oberstleutnant, sondern auch die Auszeichnung mit dem Militär-Maria-Theresien-Orden.

Nach der Niederschlagung der revolutionären Bewegungen in Ungarn - mit Hilfe des russischen Zaren - und Italien verbunden mit der Niederlage des Königreichs Sardinien-Piemont konnte der neue Herrscher des österreichischen Vielvölkerstaates Kaiser Franz Joseph I. seine Herrschaft wieder außer Streit stellen.

Die Karriere des Oberstleutnant von Gablenz ging auch in Friedenszeiten weiter steil bergauf. 1850 bereits Oberst, sandte ihn der österreichische Ministerpräsident Schwarzenberg auf seine erste diplomatische Mission nach Sachsen, 1854 mit nur vierzig Jahren ernannte man ihn zum Generalmajor.

Österreichs unglückliche Schaukelpolitik zwischen den europäischen Großmächten isolierten das Land nach dem Tode von Ministerpräsident Schwarzenberg immer mehr. Vor allem die italienische Einigungsbewegung, gegen die sich das Kaiserhaus vehement stemmte - Seitenlinien der Familie Habsburg-Lothringen herrschten in italienischen Fürstentümern, Gebiete mit italienischer Bevölkerung wie Venetien und die Lombardei gehörten zu Österreich -, strebte danach, den habsburgischen Staatsverband zu verlassen oder ihre meist ungeliebten Herrscher loszuwerden.

So stolperte Österreich 1859 ungeschickt in den Sardischen Krieg gegen das mit Frankreich verbündete Sardinien-Piemont. Nach der Niederlage bei Solferino trat Österreich die Lombardei an Sardinien-Piemont ab. Generalmajor Ludwig von Gablenz nahm als Brigadekommandant an den Gefechten bei Magenta und Solferino teil, wobei sich die Niederlage Österreichs auf dem italienischen Kriegsschauplatz keineswegs nachteilig für seine Karriere auswirkte, schon 1862 erfolgte die Ernennung zum Feldmarschallleutnant (FML).

1853 ehelichte Freiherr von Gablenz die katholische Tochter des jüdischen Bankiers Eskeles und konnte dadurch auch Bande zur Finanzaristokratie der Donaumonarchie knüpfen. Sein Freiherrenstand wurde in Österreich 1857 anerkannt. Im Jahre 1873 gelang es ihm, durch einen Allerhöchsten Erlass des Kaisers die österreichische Namens- und Wappenvereinigung mit seiner Gemahlin zu bekommen (Ludwig Freiherr von Gablenz-Eskeles).

An Preußens Seite

Neben Frankreich und den sich in Einigung zu einem Nationalstaat begriffenen italienischen Gebieten rückte mit dem politisch und militärisch erstarkten Preußen im Deutschen Bund ein noch gefährlicherer Gegner in den Fokus der österreichischen Politik. Vor allem der neue Ministerpräsident des Königreichs, Otto von Bismarck, versuchte, sein Land als bestimmende Kraft in Deutschland zu etablieren. Als 1864 der Streit um die Fürstentümer Schleswig und Holstein eskalierte, sandten die beiden Großmächte Österreich und Preußen Streitkräfte, um den Konflikt militärisch zu lösen. Unter dem Kommando des preußischen Generals Wrangel agierte Ludwig von Gablenz als Korpskommandant. Durch sein taktisches Geschick gelang es, die Eider zu überqueren und bei Oberselk, Oeversee, Veile und der Stadt Schleswig verlustreiche Siege gegen die Dänen zu erringen.

Wie nur wenige vor ihm erhielt er dafür von König Wilhelm I. den Orden Pour le Mérite, und sein Landesherr, Kaiser Franz Joseph I., verlieh ihm das Kommandeurkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens. Die beiden eroberten Gebiete blieben von den Siegern verwaltet, wobei FML Gablenz zum Statthalter in Holstein avancierte. Der sächsische Zuwanderer stand am Höhepunkt seiner Karriere.

Gegen Preußen: Triumph und Niederlage

Nur zwei Jahre später kulminierte der schwelende Konflikt zwischen Österreich und Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Nach der Niederlage Österreichs erfolgte die Auflösung des Bundes und öffnete den Weg zur deutschen Einigung unter der Führung Preußens, aber ohne Österreich. Bitter für die Habsburgermonarchie war jedoch, dass es gegen den Verbündeten Bismarcks, das Königreich Italien, zweimal den Sieg errang (Custozza durch Erzherzog Albrecht und bei Lissa durch Tegetthoff) - und dennoch Venetien abtreten musste.

Zu Kriegsbeginn war Ludwig von Gablenz in Holstein, das er rasch räumen musste. Als Korpskommandant befehligte er im Frühsommer 1866 an der Nordfront in Böhmen das 10. Österreichische Korps.

Nach der ersten Schlacht des Krieges bei Nachod, rückte am 27. Juni 1866 das I. Preußische Korps unter Adolf von Bonin als Führungsverband über die Pässe in Böhmen ein und auf den wichtigen österreichischen Stützpunkt Trautenau zu. Bonin zwang die Österreicher, die sich im Umland verschanzt hatten, nach einem kurzen Gefecht zum Rückzug in Richtung der Ortschaft Hohenbruck. Im Glauben, den Sieg davon getragen zu haben, rückte der preußische Befehlshaber weiter gegen Westen vor - unterließ es aber, das Bergland südlich von Trautenau zu sichern.

Dieser Fehler sollte der preußischen Armee teuer zu stehen kommen.

Ludwig von Gablenz formierte die Einheiten seines 10. Korps, attackierte seine Gegner von Süden und umging die feindlichen Linien. Trotz der großen Verluste durch die höhere Kadenz des modernen preußischen Dreyse-Hinterladergewehres zwangen die Österreicher das 1. Preußische Korps zu einer wilden Flucht nach Norden. Gablenz hatte damit einen glanzvollen Sieg errungen und die Preußen über die Landesgrenze zurückgeworfen.

Die Führung übernahm nun statt Bonins Verband das Preußische Gardekorps, das erneut in Böhmen einrückte. Gablenz versuchte nun, den Sieg von Trautenau auszunutzen und die Garde durch das 4. Korps in der Flanke attackieren zu lassen.

Dazu zog er bei der Ortschaft Soor sein erschöpftes 10. Korps zusammen. Sein Befehlshaber, der spätere Verlierer der blutigen Schlacht bei Königgrätz, Ludwig Ritter von Benedek, stimmte zwar dem Plan zu, aber entschied sich dann anders - und informierte Gablenz nicht darüber, dass er dem 4. Korps den Befehl zum Rückzug gegeben hatte.

Gablenzens 10. Korps traf nun die ganze Wucht des preußischen Angriffs. Der Plan, die Preußen an der Ortschaft Staudenz vorbeizuleiten und von Teilen des 4. Österreichischen Korps attackieren zu lassen, ging nicht auf. Im Gegenteil: Er geriet zum Desaster. Die österreichischen Verteidiger bei Staudenz erlitten schwere Verluste, eine Brigade von Gablenz wurde abgeschnitten und völlig aufgerieben. Mit den Resten seiner Einheiten zog sich Ludwig von Gablenz nach Süden zurück.

Nach der Niederlage in der Schlacht bei Königgrätz, an der auch Gablenz teilnahm, drohte der preußische Marsch nach Wien. Ludwig von Gablenz übernahm den Befehl über die Befestigungen nördlich von Wien. Zu einem Kampf vor den Toren Wiens kam es jedoch nicht mehr.

Das tragische Ende

Auch die Niederlage im Deutschen Krieg von 1866 hatte auf seine Karriere keine schwerwiegenden Auswirkungen. 1867 ernannte ihn Kaiser Franz Joseph zum lebenslangen Mitglied im Herrenhaus des Reichsrates, wo Gablenz den liberalen Kräften nahestand. In dieser Regierung saß auch ein Offizierskamerad aus der Marine, Vizeadmiral Bernhard von Wüllers­torf-Urbair als Handelsminister (siehe TRUPPENDIENST Heft 6/2013). Aber nur ein Jahr später wechselte er wieder zur Armee, wo er zuerst als Oberbefehlshaber von Kroatien, dann von Ungarn amtierte, bevor er wegen Krankheit (vermutlich ein Nervenleiden) als General der Kavallerie 1870 seinen Abschied nahm.

Trotz seiner Heirat in eines der reichsten Bankhäuser Österreichs geriet Freiherr von Gablenz-Eskeles durch Beteiligungen an Unternehmungen der Gründerzeit in finanzielle Probleme, vor allem nachdem 1873 die Finanzmärkte stark einbrachen ("Gründerkrach"). Aus dieser Bredouille sah General Gablenz keinen anderen Ausweg mehr, als sich selbst am 28. Januar 1874 in Zürich das Leben zu nehmen.


Autor: Mag. Martin Prieschl, MA, Jahrgang 1976. 2004 Wehrdienst im Panzergrenadierbataillon 13, Angehöriger des Jägerbataillons Wien I. Studium der Rechtswissenschaft und Geschichte an der Universität Salzburg. Abschluss in Geschichte 2003 mit Auszeichnung; Auszeichnung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für die besten Studierenden 2003/2004; Ausbildung zum Archivar am Institut für Österreichische Geschichtsforschung und der Fachhochschule Potsdam, Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung; Dissertation an der Universität Linz über Kommunales Urkundenwesen der Stadt Ried im Innkreis. Nach dem Studium neben zahlreichen Publikationen u. a. Tätigkeiten im Verlagswesen und Ausstellungskoordinator. 2007 bis 2009 Archivar bei der Evangelischen Kirche AB (Oberkirchenrat, Diözese Niederösterreich, Salzburg-Tirol, Militärsuperintendentur), Funktionsdienste bei der Österreichischen Militärischen Zeitschrift ÖMZ. Seit 2009 Geschäftsführer der Fa. Archivtechnik & Systeme (Kommunal- und Firmenarchive).

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