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Kommentar: Schlägt die Stunde Null?

War das eine Begeisterung im Mai 1957! Die Ringstraße war voll, ein Menschenmeer soweit das Auge blicken konnte. Schon in den frühen Morgenstunden waren die besten Plätze vergeben. Gegen elf Uhr rollten die ersten T-34 vom Parlament Richtung Oper. Als die Panzer an der Oper vorbei fuhren brauste Jubel auf. Die Zuseher waren begeistert und feierten die österreichischen Soldaten im Rahmen ihrer ersten Parade seit 1955 mit unglaublicher Anteilnahme. Bundespräsident Schärf stand sichtlich bewegt auf der Ehrentribüne vor dem Parlament und schloss sich der Begeisterung der Bevölkerung an. Nach bedrückenden Jahren der Besatzung unseres Staates war man außer sich vor Freude, wieder österreichische Uniformträger - das äußere Zeichen der wieder erlangten Freiheit und Souveränität - begrüßen zu dürfen. Hundertausende - so die Medien tags darauf - drängten sich in der Inneren Stadt, um mit "unseren Soldaten" zu feiern. Mit dabei waren damals noch sämtliche Mitglieder der Bundesregierung und die sich mit der Truppe herzlich verbunden zeigten. Es waren über zehntausend Soldaten, die damals über Wiens Prachtstraße zogen. Von den Gebirgsjägern in ihren weißen Tarnanzügen, über die Panzertruppe bis zu den ersten Flugzeugen der neuen österreichischen Luftwaffe war alles dabei. Solidarität war ein Gebot der Stunde und alle feierten unsere Soldaten. Seitenweise berichteten die Zeitungen über das erste große "Volksfest" nach 1955. Es gab keine kritischen Worte, keinen Mangel an Unterstützung im Volk und in der Politik. Man wusste: dieses Heer ist ein Teil unseres Landes, ein Teil unseres nationalen Selbstverständnisses und eine Visitenkarte unserer jungen Demokratie. Es war der Wegweiser für eine stabile innenpolitische Entwicklung. Man war auch der politischen Führung dankbar, sich für einen militärpolitischen Weg ähnlich der Schweiz entschieden zu haben. Alle Parameter zeigten nach oben. Bewährungsproben für das junge Heer sollten bald folgen. Allen voran 1956 der so genannte Ungarneinsatz. Trotz allem befand Österreich sich auf einem glücklichen Weg. Der Staat genoss immer mehr internationales Ansehen, die Wirtschaft blühte auf und der Wohlstand der Menschen nahm unaufhörlich zu. Aber die wachsende Selbstzufriedenheit brachte auch Nachteile. Die menschliche Solidarität entwickelte sich zurück, der Egoismus wuchs stärker als tolerierbar und die Verantwortung für das Gemeinwesen ging auffällig zurück. Das hatte auch bedauerliche folgen für das Bundesheer.

Trotz großer Einsatzerfolge im In- und Ausland rückte die Politik immer mehr von seinen Streitkräften ab, ein "schleichender Tod", hervorgerufen durch eine chronische Unterfinanzierung, begann sich abzuzeichnen. Jahrelang ging es bergab. Immer weniger war die Politik bereit, Geld in die eigene Armee zu investieren und die Sünden der ersten Stunde zu korrigieren z. B. eine besoldungsrechtliche, die viele Soldaten durch einen Beamtenstatus "unbeweglich und ortsgebunden" machte und die bis zum 65. Lebensjahr Dienst (und das bei der Truppe!) zu versehen haben. Jahr für Jahr wuchs damit der Budgetanteil der Personalkosten und begann Investitionen und die Forcierung des Dienstbetriebes abzubremsen. Verantwortlich dafür fühlte sich eigentlich niemand. Die Politik sah weg, die Öffentlichkeit war mehr oder weniger desinteressiert, daher gab es keine großen Anstrengungen Richtung Verbesserung der Wehrkraft und Stärkung der Leistungsfähigkeit der Armee, und die Medien beschäftigten sich lieber mit Fußballspielern und der Zukunft von Wiener Straßen.

Und heute? Das Bundesheer führt jetzt einen Überlebenskampf und zukunftsweisende Hilfe ist nicht zu sehen. Wer denkt noch an den Jubel der fünfziger Jahre, wer noch an die Hilferufe in der CSSR-Krise, wer an den erfolgreichen Einsatz an der jugoslawischen Staatsgrenze? Alles vergessen! Was sollte, was könnte man heute den Menschen an der Ringstrasse zeigen? In den Salzburger Nachrichten vom 5. April 2014 steht auf Seite 2:

"Heer ist nicht mehr finanzierbar", so unser Verteidigungsminister Klug. Wie bitte? Der oberste Landesschützer und Vertreter der bewaffneten Macht in der Bundesregierung sieht sich nicht mehr in der Lage, den verfassungsmäßigen Auftrag des Heeres zu gewährleisten? Und so soll jetzt der Generalstabschef bis September ein neues Heer "aufstellen" - im Rahmen eines "Minibudgets"! Da kann man nur sagen: Helm ab zum Gebet! Diese Truppe - das Österreichische Bundesheer, könnte den Charakter einer Armee verlieren und sich damit der Stunde Null im Eiltempo nähern. Keine Panzer, keine Artillerie, kein Treibstoff für die Luftstreitkäfte, Kilometerbeschränkungen für Fahrten mit Heereskraftfahrzeugen, reduzierte Munition, immer mehr Kaltverpflegung etc. - wohin soll das alles führen? Die Stunde der Wahrheit wird dem Österreichischen Bundesheer in diesem Herbst schlagen!


Professor Walter Seledec

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