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Das Österreichische Bundesheer auf den Golan-Höhen

Das Österreichische Bundesheer beteiligte sich fast 40 Jahre lang an der "UNDOF"-Mission der Vereinten Nationen auf den Golan-Höhen. Der Bürgerkrieg in Syrien verschärfte in den letzten Jahren die Sicherheitslage. Die österreichischen Soldaten gerieten immer mehr zwischen die Fronten der syrischen Bürgerkriegsparteien. Der ursprüngliche Auftrag der Überwachung der Truppenentflechtung zwischen Syrien und Israel war nicht mehr zu erfüllen. Im Juli 2013 beendete das Österreichische Bundesheer die Beteiligung an der United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) in Syrien.

Geschichte

Im Jom-Kippur-Krieg, der vom 6. Oktober 1973 bis 24. Oktober 1973 andauerte, warf Israel nach anfänglichen Erfolgen Syriens und Ägyptens die syrische Armee über die Golan-Höhen und die ägyptische Armee über den Suez-Kanal zurück und besetzte sowohl die auf syrischem Territorium liegenden Golan-Höhen als auch weite Teile Ägyptens am Westufer des Suez-Kanals (Jom Kippur ist der höchste jüdische Feiertag, Anm.).

Österreich beteiligte sich bereits seit 26. Oktober 1973 auf Ersuchen des damaligen Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN), Dr. Kurt Waldheim, mit einem Bataillon in der Stärke von 600 Mann an der United Nations Emergency Force II (UNEF II), die als Folge des Jom-Kippur-Krieges zwischen den ägyptischen und israelischen Truppen am Suez-Kanal stationiert worden war. Dieses österreichische UNEF II-Kontingent war zum Teil aus dem österreichischen Kontingent der United Nations Force In Cyprus (UNFICYP) formiert worden.

Infolge des Truppenentflechtungsabkommens zwischen Israel und Syrien vom 30. Mai 1974 wurden unter anderem eine Truppentrennungszone und beidseitige Truppenreduzierungszonen auf den durch Israel besetzten Golan-Höhen und bereits am 3. Juni 1974 eine Friedenstruppe installiert, die die Einhaltung dieser Einrichtungen überwachen sollte, die sogenannte United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF). Zur Aufstellung dieser auf Artikel VI der Satzung der VN basierenden Friedensmission, die bereits am 16. Juni 1974 abgeschlossen war, wurde das österreichische Bataillon von UNEF II im Landmarsch auf die Golan-Höhen verlegt; es stellte von Anfang an das nördliche der beiden Infanteriebataillone der UNDOF, das hinkünftige Austrian Battalion (AUSBATT) genannt werden sollte.

Rechtsgrundlagen des Einsatzes

Der Sicherheitsrat der VN hatte mit Resolution 350 (1974) UNDOF als friedenser­haltende Mission nach Kapitel VI der Satzung der VN eingerichtet. Das Mandat von UNDOF wurde seither durch den Sicherheitsrat im halbjährlichen Rhythmus in unveränderter Form verlängert, zuletzt bis zum 31. Dezember 2013 mit Resolution 2108 (2013).

Der Ministerrat hatte zuletzt am 20. November 2012 die österreichische Beteiligung bei UNDOF in einem Infanteriebataillon von bis zu 387 Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres beschlossen. Die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates erfolgte am 12. Dezember 2012. Die Grundlage für diesen Einsatz bildete das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997.

Mandat und Einsatz des österreichischen Kontingentes

Das österreichische UNEF II-Kontingent wurde beginnend mit 4. Juni 1974 von der Pufferzone in Ägypten abgezogen und in der "Operation Concorde" gemeinsam mit dem peruanischen Kontingent (PERBATT) nach Syrien verlegt. Die Verlegung der über 500 Soldaten erfolgte im Landmarsch in vier Teilen und nahm je vier Tage in Anspruch.

Das Truppenentflechtungsabkommen legt eine Alpha (A)-Line im Westen, die von israelischen Truppen nicht überschritten werden darf, und eine Bravo (B)-Line im Osten, die von syrischen Truppen nicht überschritten werden darf, fest. Dazwischen liegt die entmilitarisierte Pufferzone (Area of Separation - AOS), die von UNDOF überwacht wird. Die A-Line verläuft im Allgemeinen etwa 20 Kilometer ostwärts des Jordan-Tales und ist so gezogen, dass die beherrschenden Höhenzüge über der Senke von Quneitra in israelischem Besitz bleiben. Durch UNDOF werden Stützpunkte innerhalb der Pufferzone und an den Zufahrtsstraßen betrieben. Zwischen den Stützpunkten erfolgt eine rege Patrouillentätigkeit. Beiderseits der Pufferzone befindet sich eine jeweils 25 Kilometer breite Zone (Area of Limitation - AOL), in der die Höchstzahl an Soldaten und Waffensystemen in abgestufter Form festgelegt ist.

Die erste Aufgabe der im Juni 1974 aufmarschierenden VN-Soldaten auf den Golan-Höhen war es, die Rücknahme der israelischen Truppen im Zuge der "Operation Juniper" auf die jetzigen Stellungen hinter die A-Line und das Nachrücken der syrischen Truppen auf die B-Line sicherzustellen. Diese Aktion wurde am 25. Juni 1974 beendet. Danach übernahmen die VN die Stützpunkte am Mount Hermon.

Die ersten Gefallenen, die Österreich in einer VN-Mission zu beklagen hatte, waren vier Soldaten einer Patrouille, die am 25. Juni 1974 auf eine Panzermine fuhren.

Die neben Österreich ebenfalls Truppen stellenden Nationen wechselten im Laufe der Jahre (z. B. Peru, Polen, Iran, Finnland, Slowakei). Ab 2013 standen neben österreichischen Soldaten auch Soldaten aus Indien, den Philippinen, aus Kroatien, Japan und Kanada im Einsatz.

Das Missionsgebiet

Das Missionsgebiet (mission area) von UNDOF geht über den Einsatzraum von UNDOF hinaus und umfasst das Gebiet zwischen dem Fluss Euphrat im Norden Syriens über die Golan-Höhen bis zu einer Linie zwischen Gaza und Eilat im südlichen Israel, wobei der Libanon und Jordanien für Versorgungs- und Verbindungszwecke Teil des Missionsgebietes sind. Im Missionsgebiet stehen UNDOF nur jene Privilegien und Immunitäten zu, welche der Mission nach Absprache mit dem jeweiligen Aufenthaltsstaat auf freiwilliger Basis gewährt werden. Nach dem letzten Ministerratsbeschluss vom 20. November 2012 umfasste der Einsatzraum der entsendeten Personen den Einsatzraum von UNDOF samt den Einrichtungen der Mission in Israel und Syrien.

Das AUSBATT besetzte seit 1974 den nördlichen Abschnitt des Golan. Das Bataillon war zwischen dem Mount Hermon (2 814 m) als dem weltweit höchstgelegenen VN-Stützpunkt und der Straße Damaskus - Quneitra in einem Bataillonscamp und ca. 20 festen Stützpunkten und Außenposten im Einsatz. Dieser Verantwortungsbereich des AUSBATT maß ca. 34 km in seiner Nord-Süd-Ausdehnung und war bis zu neun Kilometer breit, mit einer Fläche von 160 km². Seit 1974 waren das Kommando und die Stabskompanie zunächst in Kanaker (auf halber Strecke zwischen Quneitra und Damaskus) zusammen mit einem syrischen Panzerbataillon und später zusammen mit einer polnischen Versorgungseinheit im Camp "Faouar" stationiert.

Die 1. Kompanie überwachte mit ihren Stützpunkten das Hermon-Massiv, die 2. Kompanie kontrollierte den Bereich um die Straße Damaskus-Quneitra und die 3. Kompanie war dazwischen eingesetzt.

Das Mandat von UNDOF in Ver­bindung mit dem zwischen Israel und Syrien abgeschlossenen Truppenent­flechtungsabkommen legt im Wesentlichen die Aufrechterhaltung der Waffenruhe zwischen Israel und Syrien, die Überwachung des Truppenentflechtungsabkommens und die Überwachung der Truppentrennungszone als Aufgaben fest.

Innerhalb des Mandates hatte das AUSBATT den Auftrag, in Zusammenarbeit mit Beobachteroffizieren der United Nations Truce Supervision Organization (UNTSO), der seit 1948 bestehenden und damit ältesten VN-Mission überhaupt, durch ständige Besetzung von Stützpunkten und temporären Überwachungsposten und mittels Fußpatrouillen, motorisierten und kombinierten Patrouillen die Überwachung der AOS sicherzustellen und Verstöße beider ehemaliger Kriegsparteien gegen das Truppenentflechtungsabkommen zu melden bzw. durch Informationen zu verhindern.

Die 1. Kompanie war mit Schwergewicht am Mount Hermon im Norden eingesetzt. Für die Versorgung verfügte sie neben geländegängigen Radfahrzeugen auch über Schützenpanzer "M-113A1" und Pistenbullis sowie weitere Überschneefahrzeuge. Neben motorisierten Patrouillen wurden auch Patrouillen zu Fuß und mit Schiern durchgeführt. Eine besondere Herausforderung für die Soldaten der ­ 1. Kompanie lag in der Witterung - Windgeschwindigkeiten bis zu 150 km/h, starke Schneefälle und Temperaturen von bis zu minus 15 Grad machten ein Überleben schwer! In der ersten Zeit, als es noch keine festen Unterkünfte gab, blieben daher nur die etwas tiefer liegenden Stützpunkte besetzt. Da die Stützpunkte im Winter oft bis zu drei Wochen von der Außenwelt abgeschnitten waren, wurden sie bereits im Herbst mit allen erforderlichen Versorgungsgütern ausgestattet. Bei der "Bergkompanie" war zusätzlich ständig ein Arzt eingeteilt. Die Anschlussversorgung erfolgte mit Überschneefahrzeugen und die Patrouillentätigkeit im Winter mit Schiausrüstung.

Den südlichen Abschnitt des Einsatzraumes des AUSBATT überwachte die 2. Kompanie - zuletzt im Schwergewicht der Ereignisse und in der Einsatzführung des AUSBATT. An der Richtung Israel gelegenen A-Line lag unter anderem auch der Stützpunkt 22, der den einzigen Übergang für UNDOF- und VN-Personal nach Israel überwachte.

Die 3. Kompanie überwachte den Mittelabschnitt zwischen den Straßen Mazrat Beit Jinn und Massada und dem Raum westlich Khan Arnaba.

Auch die 2. und 3. Kompanie nahmen die Überwachung stationär aus Stützpunkten, mit Patrouillen zu Fuß und mit Fahrzeugen wahr.

Am 27. Mai 1998 übernahm ein slowakischer Infanteriezug (Slovakian Contingent, SLOVCON mit 32 Soldaten) die Aufgaben von drei Stützpunkten (Position 14, 31 und 33) im Bereich der 3. Kompanie und vier Funktionen im Hauptquartier (Kompaniekommandant-Stellvertreter, Arzt, Feldzeugoffizier, Duty-Officer). Am 26. Mai 1999 wurde das slowakische Kontingent auf 93 Soldaten aufgestockt und übernahm die Aufgaben der gesamten 3. Kompanie (den Mittelabschnitt), von Teilen der Stabskompanie und weitere zwei Stabsfunktionen (Bataillonskommandanten-Stellvertreter, Duty-Officer) sowie je eine Funktion im Hauptquartier-Element (Militärpolizei).

Nach zehn Jahren erfolgreicher Kooperation mit Soldaten aus der Slowakischen Republik kooperierte Österreich seit Juni 2008 mit Kroatien bis zu dessen Rückzug im März 2013 im AUSBATT, nachdem ein kroatisches Kontingent (HRVCON) das ursprünglich slowakische Kontingent in allen Positionen abgelöst hatte. Sowohl die Zusammenarbeit mit dem SLOVCON als auch jene mit dem HRVCON wurde aus Sicht der Soldaten im Einsatzraum, als auch aus Sicht des Streitkräfteführungskommandos von Beginn an als reibungslos und auftragsorientiert beurteilt. Der gemeinsame Einsatz war stets von professioneller Auftragserfüllung und kameradschaftlichem Umgang geprägt.

Die Truppenbeistellung Österreichs an die VN erfolgte mit der zwischen den VN und Österreich abgeschlossenen Truppenbeistellungsvereinbarung vom 27. Juni 2008. Das österreichische Personal war den Einsatzweisungen des Kommandanten von UNDOF unterstellt, in nationalen Angelegenheiten wurde das Kontingent unmittelbar durch das Streitkräfteführungskommando (SKFüKdo) geführt.

Die Einsatzbefugnisse der zu UNDOF entsendeten Personen leiteten sich aus dem Mandat der VN ab und wurden durch den von den VN verfügten Operationsplan (OPLAN) und die "Rules of Engagement" (ROE) für UNDOF näher beschrieben. Innerstaatlich wurden diese Befugnisse - basierend auf dem § 6a des Auslandseinsatzgesetzes - in der Verordnung der Bundesregierung über die Befugnisse der zum Auslandseinsatz auf die Golan-Höhen entsendeten Personen, BGBl. II Nr. 188/2012, umgesetzt und umfassten beispielsweise

  • die vorläufige Festnahme und Durchsuchung von Personen,
  • die Sicherstellung von Waffen, Munition und Sprengstoffen sowie
  • die Beendigung von Angriffen gegen UNDOF oder andere im Einsatz besonders zu schützende Rechtsgüter.

Die VN schlossen mit den beiden Aufnahmestaaten Israel und Syrien kein Abkommen zur Regelung der Rechtsstellung von UNDOF. Die Rechtsstellung des Personals von UNDOF ergab sich jedoch aus einer Vielzahl an Dokumenten. In diesen Dokumenten sind insbesondere das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der VN, BGBl Nr. 126/1957, und das "model status-of-forces agreement for peace-keeping operations" der VN relevant; sie gewähren den eingesetzten Soldaten jene Rechtsstellung, die für die Auftragserfüllung erforderlich ist.

Aus den nationalen Einschränkungen für die österreichischen Soldaten im Einsatz bei UNDOF ist nur jene anzuführen, wonach aufgrund des Bundesgesetzes über das Verbot von Anti-Personen-Minen, BGBl. I Nr. 13/1997, und des Bundesgesetzes über das Verbot von Streumunition, BGBl. I Nr. 12/2008, den zu UNDOF entsendeten Personen unter anderem die Herstellung, der Erwerb, der Verkauf bzw. die Überlassung, die Vermittlung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebrauch und der Besitz von Anti-Personen-Minen oder von Streumunition untersagt war.

Eingesetzte Soldaten

Die Gesamtstärke der gleichzeitig entsandten Soldaten des österreichischen Kontingentes bei UNDOF (AUTCON/UNDOF) betrug bis zur Beendigung des Einsatzes im Juli 2013 bis zu 387 Soldaten.

Die Soldaten des AUTCON/UNDOF setzten sich ausschließlich aus für diesen Einsatz "Formierten Einheiten" zusammen. Die Verwendung von Kaderpräsenzeinheiten (KPE) war nicht vorgesehen. Die Einsatzdauer jedes Soldaten betrug grundsätzlich sechs Monate, mit der Option der Verlängerung um weitere sechs Monate (System 6 plus 6), wovon die meisten zugunsten einer kontinuierlichen Einsatzführung auch Gebrauch machten. Der Anteil an Milizsoldaten war beim AUTCON/UNDOF traditionell hoch und betrug zuletzt bis zu 75 Prozent der entsandten Soldaten. Im Verlauf der 39 Jahre Einsatz bei UNDOF wurden insgesamt ca. 29 000 österreichische Soldaten bei UNDOF eingesetzt. Österreich hatte die Gelegenheit, während dieser Zeit sechs Force Commander zu stellen, womit insgesamt ca. zwölf Jahre hindurch ein österreichischer Offizier an der Spitze dieser VN-Mission stand. Zwischen 25. Juni 1974 und 31. Juli 2013 sind tragischerweise 23 österreichische Angehörige von UNDOF im Einsatz verstorben, davon sieben im ursächlichen Zusammenhang mit der Erfüllung des Einsatzauftrages von UNDOF.

Einsatzunterstützung

Die Versorgung des AUTCON/UNDOF erfolgte von Beginn an nach den Regeln der VN. Demnach stellten die VN ca. 90 Prozent der Infrastruktur und des Einsatzgerätes als so genanntes United Nations Owned Equipment (UNOE; Ausrüstung und Gerät gehören den VN) zur Verfügung. Jenes, in der Truppenbeistellungsvereinbarung zum sogenannten "Reimbursement" (also zur teilweisen finanziellen Rückerstattung) vorgesehene Gerät aus Österreich - also das Contingent Owned Equipment (COE) - beschränkte sich im Wesentlichen auf die Küche im Camp "Faouar" inklusive deren Ausstattung, die Feldsanitätsstation, fünf LKWs, einen Schneeschlitten für die 1. Kompanie, zwei Notarztwagen und bestimmte Pionier- und Werkstattausstattung.

Die VN waren für die Infrastruktur, die gesamte Verpflegung inklusive der Wasserversorgung und den Nachschub an Betriebsmitteln verantwortlich. Der Nachschub dieser Güter wurde von Beginn des Einsatzes an durch UNDOF über Vertragspartner aus dem Gastland Syrien sichergestellt. Als hauptsächliche Nachschubachse bestand die "Main Supply Route 7" (MSR 7; Hauptversorgungsroute), also jene Hauptverkehrsstraße, die aus dem Raum Damaskus in den Einsatzraum von UNDOF führt.

Österreich als Truppen stellende Nation von UNDOF führte die Küche im Camp "Faouar" und besorgte im Wesentlichen den Nachschub erstens an Ersatzteilen für die dem Kontingent angehörenden Fahrzeuge österreichischer Herkunft, zweitens an österreichischer Zusatzverpflegung und an Gütern der ebenfalls durch Österreich betriebenen Truppenmarketenderei und betrieb darüber hinaus drittens ein Feldpostamt für die Angehörigen des AUTCON. Dieser Nachschub wurde über viele Jahre hindurch bis in den Mai 2011 auf dem Landmarsch mittels ziviler Vertragspartner erfolgreich durchgeführt.

Als ab dem Mai 2011 infolge der zivilen Lage in Syrien die Nachschubrouten auf dem Landweg aus der Türkei über Nordsyrien immer unsicherer geworden waren, wurde dieser Nachschub unter Verantwortung des Kommandos Einsatzunterstützung aus Österreich zunehmend mit dem Militärluftfahrzeug C-130 "Hercules" durchgeführt, wobei in Syrien der Flughafen Damaskus angeflogen wurde, der den VN auch als Flugplatz für die Durchführung der Personalrotationen seit jeher gedient hatte. Das Personal und die Güter mussten anschließend unter Verantwortung des AUTCON/UNDOF vom Flughafen Damaskus auf dem Landweg über die MSR 7 in den Einsatzraum von UNDOF transportiert werden.

Die eskalierende Lage in Syrien stellte bereits seit dem Jahr 2012 immer größere Herausforderungen an die Mission UNDOF und an den aus Österreich heranzuführenden Nachschub. So wurde bereits im November 2012 im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) entschieden, aufgrund der anhaltenden Kämpfe in der Nähe des Flughafens Damaskus und insbesondere infolge der militärischen Bedrohung für Versorgungstransporte entlang der MSR 7 aus dem Raum Damaskus zu UNDOF, den Flughafen Damaskus nicht mehr mit C-130 "Herkules" anzufliegen und die Nachschubgüter über Israel in den Einsatzraum von UNDOF zu verbringen. Dies löste zunächst das Problem der bedrohten Nachschubroute aus Damaskus, stellte das AUTCON jedoch vor die zunehmend größer werdende Herausforderung, von den syrischen Behörden die Genehmigung zu erhalten, diese Güter über den von Syrien nicht anerkannten Grenzübergang (in der Nähe des Stützpunktes 22 im Bereich der 2. Kompanie des AUSBATT) von Israel nach Syrien einzuführen.

Diese Schwierigkeiten bei der Einfuhr von Gütern nach Syrien und die zunehmend steigende Bedrohung entlang der MSR 7 führten im Winter 2012/2013 zu Versorgungsengpässen insbesondere bei Betriebsmitteln, da auch die zivilen Vertragspartner von UNDOF den gleichen Einschränkungen bei den Versorgungsfahrten unterworfen waren. Diese Einschränkungen äußerten sich darin, dass einzelne Stützpunkte der 2. und 3. Kompanie temporär nicht mehr beheizt werden konnten, die Betriebsmittel für einsatzwichtige Fahrten von VN-Fahrzeugen rationiert werden mussten und diese separat im Camp "Ziouani", das auf der A-Seite gelegen ist, aufgetankt wurden.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt war es sowohl für die VN als auch für das BMLVS erkennbar, dass eine nachhaltige Unterbindung der Versorgung der Mission UNDOF aus Syrien die Auftragserfüllung von UNDOF zwingend verhindern und damit ein Weiterverbleib im Einsatz in Frage gestellt werden würde.

Die Krise

Die Summe zahlreicher Vorfälle gab letztendlich den Anlass zur Beendigung der österreichischen Beteiligung: In dem am 30. Mai 1974 unterzeichneten Truppenentflechtungsabkommen einigten sich die Kriegsgegner Israel und Syrien auf die Schaffung einer Trennungszone (AOS) sowie einer Begrenzungszone (AOL). In den vergangenen Jahrzehnten war es nur zu einigen wenigen geringfügigen Verletzungen des Abkommens durch die Vertragspartner gekommen. Die Höchstgrenzen der erlaubten Truppenstärken und Waffen in der AOL wurden zumeist nicht erreicht - in den seltensten Fällen überschritten - und die Grenzen der AOS wurden weitgehend respektiert. Keine der beiden Konfliktparteien setzte in der Vergangenheit feindselige Aktionen gegen die Friedenstruppen der UNDOF; es kam nur selten zu sicherheitsrelevanten Vorfällen.

Tatsächlich befanden sich bereits seit Juli 2012 Truppen der syrischen Streitkräfte im Zusammenhang mit den innersyrischen Unruhen zumindest temporär in der AOS, womit bereits seit damals eine Verletzung des Truppenentflechtungsabkommens vorgelegen war. Seit März 2011 herrschte ein offener Konflikt zwischen syrischen Regierungskräften und einer bewaffneten Opposition, vor allem in den Unruheprovinzen Aleppo, Idlib, Homs, Hama, Damaskus, Deraa und Der Az Zour. Das Schwergewicht der Kämpfe lag bis zuletzt im Großraum der Städte Aleppo und Damaskus. Dabei kamen Kampfhubschrauber, Artillerie sowie Bodentruppen einschließlich mechanisierter Kräfte zum Einsatz. Bis zur Beendigung des Einsatzes der österreichischen Soldaten zeichnete sich kein nachhaltiger Erfolg für eine der beiden Konfliktparteien ab.

Der Einsatzraum von UNDOF war zunehmend von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen. Dies äußerte sich wie oben dargestellt in Einschränkungen der Versorgung der Truppe aber auch ganz wesentlich in Einschränkungen der Auftragserfüllung und der Sicherheit der Soldaten. Bis November 2012 hatten weder die syrische Regierung noch die Opposition aggressive Handlungen gegen die internationale Präsenz der UNDOF gesetzt.

Für Österreich stellte die geplante Ablöse des Kontingentes am 29. November 2012 einen Wendepunkt dar: An diesem Tag wurden erstmals infolge des Beschusses eines VN-Konvois durch unbekannte Soldaten auf dem Landmarsch zum Flughafen Damaskus österreichische Soldaten verwundet, darunter zwei Soldaten so schwer, dass sie trotz anhaltenden Beschusses aufgrund ihrer lebensbedrohenden Verwundung durch Soldaten des AUTCON und ab der A-Line auch unter Mitwirkung des israelischen Militärs in ein israelisches Krankenhaus evakuiert werden mussten.

In den darauffolgenden Monaten wurden immer wieder Soldaten von UNDOF in ihrer grundsätzlich garantierten Bewegungsfreiheit eingeschränkt, durch unbekannte Rebellen festgehalten, ihrer Fahrzeuge und Ausrüstung und ihrer Freiheit temporär beraubt, so dass auch Bewegungen innerhalb des Einsatzraumes von UNDOF zunehmend gefährlicher wurden. UNDOF musste sogar zum Schutz der dort eingesetzten Soldaten Stützpunkte im Süden des Einsatzraumes räumen und temporäre Beobachtungsstellen von UNTSO evakuieren. Das bedeutete nicht nur eine Einschränkung der Auftragserfüllung von UNDOF, sondern auch eine wiederholte und andauernde Verletzung des Truppenentflechtungsabkommens durch den Einsatz von Bodentruppen (teilweise nicht zuzuordnender Herkunft), Bewegungen von Kampffahrzeugen, die Stationierung von Artillerie und den Beschuss des gegenüberliegenden Territoriums über die Truppentrennungszone hinweg.

Seit dem Winter 2012/2013 setzten sich die Einschränkungen in der Versorgung von UNDOF fort, umso mehr, als zivile Vertragspartner ihre Lieferungen einstellten und die insgesamt 96 zivilen Angestellten von UNDOF ihren Dienst bei UNDOF nicht mehr antraten. Verschiedene Rebellengruppierungen traten vermehrt an Soldaten von UNDOF heran, um Unterstützung bei der Verwundetenversorgung und Beherbergung oder Evakuierung von Flüchtlingen zu bekommen. Das setzte die Soldaten unter der Vorgabe des Mandates von UNDOF und der Verpflichtung zur Unparteilichkeit den Streitparteien gegenüber der Kritik der anwesenden innersyrischen Streitparteien aus und gefährdete ihre Sicherheit.

Trotzdem führte UNDOF unter den gegebenen Umständen die Auftragserfüllung gemäß Mandat weiter fort. UNDOF reagierte mit zahlreichen Maßnahmen auf die Lageentwicklung:

  • Die Reserve wurde verstärkt;
  • Nachtpatrouillen temporär ausgesetzt;
  • Maßnahmen zum Schutz der Soldaten und aller Transporte wurden erhöht;
  • VN-Personal aus Damaskus im Camp "Faouar" aufgenommen;
  • Schutzbauten auf den Stützpunkten verstärkt;
  • gepanzerte Fahrzeuge von der VN-Nachbarmission United Nations Interim Forces in Lebanon (UNIFIL) aus dem Libanon zugeführt.

Die VN genehmigten Österreich eine verstärkte Präsenz im Hauptquartier von UNDOF durch Zuerkennung zusätzlicher Stabsoffiziere, und insbesondere der Funktion des stellvertretenden Force Commanders, der vom 15. April 2013 bis zum Einsatzende am 31. Juli 2013 im Einsatzraum verblieb. Zur Sicherstellung der ausstehenden Ablöse des AUTCON Anfang Juni 2013 genehmigten die VN die Unterstützung und Anerkennung der Rotation über Israel. Da die Akzeptanz eines "Ersteintrittes" der ankommenden Soldaten über Israel durch die syrischen Behörden lange Zeit ausgeblieben war und letztlich trotz diplomatischer Zusage als nicht ausreichend zuverlässig beurteilt wurde, war die geplanten Rotation bis zuletzt ungewiss.

Das BMLVS seinerseits erhöhte den Truppenschutz der eingesetzten Soldaten durch die Zuführung eines Notarztwagens bis 13. Jänner 2013 als Ersatz für den am 29. November 2012 im Feuergefecht bei Damaskus zerstörten Fahrzeuges und von zusätzlicher Munition und persönlicher Schutzausrüstung und eines Sanitäts-Radschützenpanzers "Pandur", der trotz intensiver diplomatischer Bemühungen von 20. März 2013 bis zum Einsatzende auf israelischer Seite vergeblich auf die syrische Genehmigung zur Überstellung in die AOS von UNDOF wartete. Ein kurzfristig in den Einsatzraum entsandtes Sanitätsausbildungsteam führte noch im Jänner 2013 im Camp "Ziouani" auf der A-Seite eine erweiterte Erste-Hilfe-Ausbildung für alle Angehörigen des AUTCON/UNDOF durch.

Eine weitere Herausforderung für das AUTCON/UNDOF stellte die kurzfristige Entscheidung der Republik Kroatien dar, ab 15. März 2013 ihre Beteiligung bei UNDOF zu beenden. Dieser Entscheidung waren Drohungen von syrischen Rebellen dem kroatischen Kontingent gegenüber vorausgegangen, die es nicht mehr ermöglichten, den Auftrag uneingeschränkt und unparteilich auszuführen. Der unvorhergesehene Verlust des HRVCON, dessen Soldaten stets verlässliche Partner im AUSBATT gewesen waren, wurde durch eine Änderung der Truppeneinteilung innerhalb des AUSBATT und durch die Unterstellung einer Stützpunktbesatzung aus dem benachbarten philippinischen Infanteriebataillon (PHILBATT) kompensiert, stellte aber für die Auftragserfüllung des AUSBATT nur eine temporär zu bewältigende Maßnahme dar.

Es gelang, dem Kontingent einzelne Soldaten zur Verstärkung aus Österreich über Israel zuzuführen. Die VN stellten den Ersatz durch die neue Truppen stellende Nation Republik Fidschi noch im Juni oder Juli 2013 in Aussicht.

Nach BMLVS-interner Beurteilung und in Abstimmung mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) wurden sechs Mannschaftstransportpanzer (MTPz) "Pandur" zur Annahme durch die VN als Contingent Owned Equipment vorbereitet und von 29. April 2013 bis Anfang Juni 2013 im Lufttransport mit C-130 "Hercules" nach Israel bzw. Beirut transportiert. Die Zuführung des Gerätes zum AUTCON/UNDOF konnte aufgrund der weiteren Lageentwicklung nicht mehr vorgenommen werden.

In Übereinstimmung mit dem BMeiA stellten für das BMLVS

  • die Sicherstellung der Versorgung und die heranstehende Juni-Rotation über Israel,
  • die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der eingesetzten Soldaten,
  • der Verzicht auf den Einsatz von Massenvernichtungswaffen im innersyrischen Konflikt mit Auswirkung auf UNDOF und
  • der Verbleib der anderen großen Truppensteller Indien und die Philippinen

unabdingbare Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung einer österreichischen Beteiligung bei UNDOF dar.

Die großen Bemühungen der VN um neue Truppen stellende Nationen - nachdem Kanada Ende 2012, Japan im Jänner 2013 und Kroatien im März 2013 ihre Teilnahme aufgekündigt hatten - und die diplomatische Anerkennung des Ersteintrittes österreichischer Soldaten nach Syrien über Israel, nicht zuletzt aber auch die Gewissheit, die Ablöse im Juni durch neue österreichische Soldaten trotz ungewisser Lage im Einsatzraum zu 100 Prozent sicherstellen zu können, stellten einen Hoffnungsschimmer für einen ordnungsgemäßen Weiterbestand der Mission mit österreichischer Beteiligung dar. So konnten im Verlauf des Frühjahres 2013 die Republik Fidschi, Nepal und Irland als neue Truppensteller gewonnen werden, deren Eintreffen zum damaligen Zeitpunkt zum Teil noch ungewiss war.

Am 6. Juni 2013 griffen syrische Rebellen das B-Gate - also den einzigen Übergang von der AOS nach Israel - erfolgreich an, zerstörten diesen und nahmen diesen den syrischen Regierungstruppen temporär ab. Bereits in den Wochen davor war die Lage in ganz Syrien äußerst angespannt. Im Wirkungsbereich von AUTCON/UNDOF kam es zu zahlreichen sicherheitsrelevanten Vorfällen. Der durch die VN-Flagge und das VN-Mandat grundsätzlich gebotene Schutz des eingesetzten VN-Personals sowie der vorhandenen VN-Einrichtungen war de facto nicht mehr wirksam. Die syrischen Regierungstruppen gewährleisteten nicht mehr den Schutz der vor Ort eingesetzten VN-Truppen. Dadurch hatte die Sicherheitslage ein Niveau erreicht, das eine geordnete Erfüllung des VN-Mandats nicht mehr ermöglichte.

Daraufhin hat die Bundesregierung noch am 6. Juni 2013 die unverzügliche Beendigung der österreichischen Beteiligung an UNDOF und den Abzug des AUTCON/UNDOF aus dem Einsatzraum beschlossen. Die Absicht der Republik Österreich wurde den VN am 7. Juni 2013 über die österreichische Botschaft bei den VN ordnungsgemäß eingemeldet.

Das Einsatzende

Die Rückorganisation des AUTCON erfolgte unter Entsendung eines Redeployment-Teams. Bis zum 4. Juli 2013 wurden die taktischen Aufgaben des AUSBATT an die ablösenden Soldaten des PHILBATT und aus der Republik Fidschi übergeben. Mit der Rückführung des Personals in insgesamt fünf Flügen ab dem 12. Juni 2013 wurde der Einsatz am 31. Juli 2013 durch Rücknahme der letzten 50 Mann beendet.

Das Redeployment-Team konnte mit Unterstützung des AUTCON/UNDOF und der österreichischen Botschaft in Tel Aviv über die logistische Basis im Hafen von Haifa alle vorgesehenen Versorgungsgüter des AUTCON/UNDOF termingerecht rückführen. Waffen, Munition und andere sicherheitssensible Güter wurden mit den eigenen Lufttransportmitteln heimgebracht. Die letzten Teile des Redeployment-Teams landeten am 1. August 2013 in Österreich, die materielle Rückführung wurde mit dem Eintreffen des letzten Gerätes in Österreich am 19. August 2013 abgeschlossen, wobei die sechs MTPz "Pandur" bereits am 14. August 2013 in Österreich eingetroffen waren. Einen Teil der Ausrüstung des AUTCON überließ man mit einem Leihvertrag den VN.

Auf einen Blick

Fast 40 Jahre lang haben österreichische Soldaten und Soldatinnen auf den Golan-Höhen ihren Dienst geleistet und pflichtgemäß alle militärischen Aufträge erfüllt. Die Mission der United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) ist einer der am längsten dauernden Einsätze der Vereinten Nationen zur Friedenssicherung. Die krisenhafte Entwicklung der Sicherheitslage machte es dem österreichischen Kontingent nicht mehr möglich, die im VN-Mandat festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Mit Ende 2013 ging eine Auslandseinsatz-Ära des Österreichischen Bundesheeres zu Ende.


Autor: Oberst Harald Hasenmayer, Jahrgang 1963, 1986 bis 1988 Theresianische Militärakademie Waffengattung Panzergrenadier. Von 1988 bis 2003 Zugs- und Kompaniekommandant beim Panzergrenadierbataillon 35, S3 beim Panzergrenadierbataillon 33 und Hauptlehroffizier an der Panzertruppenschule. Seit 2003 Fachoffizier in der Abteilung Einsatzführung im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport.

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