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Verteidigungsattachés - Geändertes Aufgabenspektrum

Das Aufgabenspektrum eines Verteidigungsattachés im 21. Jahrhundert erfordert unter anderem Problemverständnis, Kreativität bei der Problemlösung rund um die gestellten Aufgaben, steten Informationsfluss und Kommunikation sowie flexibles Reaktionsvermögen auf dynamische Anforderungen in der Auftragserfüllung für die Republik Österreich.

Das Aufkommen von "Militärdiplomaten" nimmt im 17. Jahrhundert seinen Anfang, als der französische Kardinal und Staatslenker Herzog Richelieu zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges französische Offiziere ins Ausland entsandte, damit sie mit verbündeten Mächten vor Ort zusammenarbeiten, aber auch um Informationen über politische und militärische Entwicklungen zu sammeln. Im 18. Jahrhundert wird mit der Praxis der Zuweisung von Offizieren als militärische "Mitarbeiter" an Botschaften begonnen. Im 19. Jahrhundert wird daraus ein Trend, begünstigt durch die Entstehung der Nationalstaaten und den Aufbau der Kolonialreiche. Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts bringt dann dramatische Veränderungen in der Anzahl und den Anforderungen für den Einsatz der nunmehr Verteidigungsattachés (VA) genannten Personen mit sich. Die in die Unabhängigkeit entlassenen Staaten mit fragilem Sicherheitsumfeld, die immer komplexer werdenden Waffensysteme und die verstärkte Bedeutung der Informationsgewinnung führt zu einem Anwachsen der Zahl der VA in den meisten Ländern.

Das Ende des Kalten Krieges und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts haben die Rolle des VA erheblich schwieriger gemacht und ihm eine Schlüsselrolle in der nationalen Verteidigungsdiplomatie eingeräumt. Neben den traditionellen Aufgaben hat sich ein VA auch mit so unterschiedlichen Themen wie Verteidigungsreform und Reform des Sicherheitssektors im Zuge der Demokratisierungsprozesse zahlreicher Länder, Aspekten der Rüstungskontrolle, laufenden komplexen friedensunterstützenden Operationen, Terrorismus sowie Katastrophenbewältigungsmanagement nach Naturkatastrophen oder durch Menschen verursachten technischen Katastrophen zu befassen. Das erfordert umfassende Kenntnisse über diese Bereiche, technisches Basisverständnis, um mit den fortschreitenden technischen Entwicklungen im Einklang zu bleiben, eine hohe soziale Kompetenz mit dementsprechenden Sprach- und Landeskenntnissen zum Aufbau eines breit aufgestellten Netzwerkes und die Anwendung von politischem Verständnis und Fähigkeiten.

Die strategischen Vorgaben und Anweisungen für die sicherheitspolitischen, militärpolitischen und bilateralen Aktivitäten des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) finden sich in der Leitlinie für Internationale Aktivitäten des BMLVS/ÖBH 2014-16. Diese Leitlinie berücksichtigt die Vorgaben der österreichischen Sicherheitspolitik als übergeordnete politische Handlungsanleitung und stellt die Grundlage für die mittelfristige, zielgerichtete Gestaltung dar. Im Wesentlichen wird damit eine einheitliche Ausrichtung und möglichst gesamtstaatliche Einbettung der internationalen Maßnahmen des BMLVS/ÖBH sichergestellt. Wesentlich in der Vollziehung der Leitlinie für Internationale Aktivitäten ist, dass alle Maßnahmen schwergewichtsmäßig am Einsatzzweck des Bundesheeres und den militär- und organisationsstrategischen Zielsetzungen auszurichten sind.

Im gegenständlichen Beitrag soll den neuen "Trends" und den damit in Zusammenhang stehenden besonderen Herausforderungen - bezogen auf Funktion und Auftragserfüllung eines VA - anhand der Erfahrungen des VA in Bosnien und Herzegowina (BiH) Rechnung getragen werden.

Verteidigungsattaché im "post conflict environment"

Vor 20 Jahren wurde durch den Friedensvertrag von Dayton ein mehrjähriger blutiger Krieg - mit mehr als 100 000 Opfern und ein Vielfaches darüber hinaus gehende an Flüchtlingen - in der Region beendet. Als Folge dieses Vertrages wurden eine zunächst unter NATO-Kommando stehende Friedenstruppe und ein Hoher Repräsentant der Vereinten Nationen, die beide mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet sind, ins Land geschickt, um es zu stabilisieren. Anfangs waren die Ergebnisse der Konfliktbewältigungsära erfreulich, denn zahlreiche Flüchtlinge kehrten ins Land zurück, es wurde mit der Beseitigung der Kriegsschäden begonnen und aus drei sich ehemals feindlich gegenüberstehenden Armeen wurde eine gemeinsame Armee geschaffen. Seit 2007 gibt es jedoch wenig Erfreuliches über die weitere Entwicklung des Landes zu berichten. Eine aufgrund der Verfassung in ihren Kompetenzen stark beschnittene Staatsregierung, die alles dominierende Nationalitätenfrage, die letztendlich ein Funktionieren des Staates stark beeinträchtigt, eine katastrophale wirtschaftliche Situation und die Folgen der verheerenden Hochwasser im Jahr 2014 bestimmen die Gegenwart. Der Dayton-Vertrag, der zum Ziel hatte, einen Krieg zu beenden und nicht einen Staat aufzubauen, hat dazu geführt, dass mittlerweile zwei Generationen von Kindern nach dem Krieg durch die de facto Zweiteilung des Gesamtstaates noch stärker "nationalisiert" worden sind.

Für Österreich ist ein politisch und wirtschaftlich stabiles Bosnien und Herzegowina von strategischer Bedeutung, nicht zuletzt auch für die eigene Sicherheit. Ein 300 Personen umfassendes Kontingent des Bundesheers ist daher in die internationale Friedenstruppe in BiH integriert und wirkt unter einem Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen schon jahrelang an der Friedenssicherung mit. Die Verwendung eines österreichischen VA in Bosnien und Herzegowina leitet sich folglich aus den gegenwärtigen Interessen der österreichischen Sicherheitspolitik und des BMLVS an der Region Westbalkan ab. In diesem Zusammenhang trägt der VA zur Abdeckung der sicherheitspolitischen Informationsbedürfnisse Österreichs und des BMLVS im Raum bei und wirkt dabei als ein Sensor zur frühzeitigen Erkennung möglicher Gefährdungen der sicherheitspolitischen und militärischen Interessen. Aufgrund der freundschaftlichen und partnerschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten kommt der bilateralen Kooperation dementsprechende Bedeutung zu. Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung sind wesentliche Elemente bei der Bildung von Vertrauen und Solidarität und unterstützen letztendlich die Wahrung der politischen und militärischen Handlungsfreiheit beider Partner. Ihren tatsächlichen Wert erfahren die Ergebnisse der bilateralen Kooperation bei der Bewältigung von sicherheitspolitischen Krisen und Konflikten, die sich auf beide Partner auswirken können. Dies gilt auch bei Umwelt- und Naturkatastrophen, wo rasche gegenseitige Unterstützung zur Minimierung von Gefahr für Leib und Leben und zur Eindämmung von Schäden an Infrastruktur und Eigentum unverzichtbar ist.

Netzwerk

In den vorangegangenen Beiträgen zum Thema Militärdiplomatie ist klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die österreichischen VA ein Instrument des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) sind, welche auf die Bedürfnisse der österreichischen Sicherheitspolitik und des BMLVS abgestimmt im Akkreditierungsstaat ein krisenresistentes und grundsätzlich bündnisunabhängiges Netzwerk aufbauen und betreiben. Dieses Netzwerk stellt eine wesentliche Voraussetzung für die weiteren Tätigkeiten und eine erfolgreiche Auftragserfüllung der VA dar. Es basiert auf dementsprechender sozialer Kompetenz des VA, die einen Direktzugang zu Verteidigungsministerien und Generalstäben sowie zu anderen, für sicherheitspolitische Agenden zuständige Dienststellen staatlicher Institutionen im jeweiligen Gastland unterstützt. Diese persönlichen Kontakte sind für Krisenfrüherkennung und -bewältigung und für die bilaterale Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung.

Krisenhafte Entwicklungen

Der VA kann im Falle von krisenhaften Entwicklungen durch seine Anwesenheit vor Ort einen wesentlichen Beitrag zum strategischen Lagebild liefern, die Handlungsoption im Akkreditierungsstaat ausloten, Konsequenzen für Österreich beurteilen und die Interessen des eigenen Landes bereits frühzeitig einbringen bzw. auf Entwicklungen, die nicht im Sinne Österreichs laufen, hinweisen. Dies erfolgt nach Konsultation mit anderen Dienststellenleitern der Botschaft, zum Beispiel mit dem Polizei- und dem Handelsattaché und immer in enger Abstimmung mit dem österreichischen Botschafter als gesamtverantwortlichen Missionschef. Befindet sich ein österreichisches militärisches Kontingent im Raum, gibt es eine tiefgehende Kooperation zwischen Botschaft und Kontingent. Synergieeffekte werden gezielt genutzt. Die Bereitschaft für einen Austausch von Informationen ist jedenfalls Ausdruck des Vertrauens, das nur durch beständige Kontakte geschaffen und aufrechterhalten werden kann.

Jahrhunderthochwasser in der Region

Das katastrophale Jahrhunderthochwasser 2014 in BiH, Kroatien und Serbien hat die Region schwer getroffen. In BiH ist leider festzustellen, dass die Lehren aus dem letzten größeren Hochwasser im Jahre 2010 nicht gezogen wurden und das Land "wieder unvorbereitet" getroffen wurde. Analysen internationaler Experten sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die zuständigen BiH-Behörden mit der Situation überfordert waren, dass es zu Beginn keine strukturierte Führung im Krisenmanagement gegeben hatte und internationale Hilfeteams die Initiative vor Ort an sich ziehen mussten. Lediglich die BiH-Streitkräfte sind rasch und effizient zur Katastrophenbewältigung angetreten und haben zahlreiche Leben gerettet. Durch Versäumnisse der Politik auf allen Ebenen hat es aber große Mängel in der Ausbildung und beim Gerät für Katastrophenbewältigungseinsätze in BiH gegeben, was für die eingesetzten internationalen Hilfskräfte eine große Herausforderung darstellte.

Die österreichische Botschaft in Sarajewo bildete einen Krisenstab, stellte Verbindung zu den BiH-Behörden her und beurteilte laufend die Lage sowie Handlungsoptionen und wo konkreter Bedarf an bilateraler Hilfe bestand. Dies erfolgte in enger Abstimmung mit dem österreichischen Kontingent vor Ort, welches im Rahmen der EUFOR-Operation "Althea" in BiH im Einsatz ist, und mit dem österreichischen Außen- und Verteidigungsministerium. Nachdem in Wien die Entscheidung getroffen wurde, ein österreichisches militärisches Hilfskontingent (AFDRU), zusätzlich zu den bereits im Land befindlichen zivilen österreichischen Hilfskräften, zu entsenden, konnte dies, basierend auf den Vorabsprachen, den hergestellten Behördenkontakten, der Ortskenntnisse und der Kenntnis der realen Situation im Land, im Zusammenwirken mit der österreichischen Botschaft rasch und zielgerichtet eingesetzt werden Da die "Austrian Forces Desaster Relief Unit" (AFDRU siehe dazu TD-Heft 2/2015, "Call the Austrians" - 25 Jahre AFDRU) unter nationaler Führung verblieb und nicht der EUFOR unterstellt wurde, waren durch den VA auch völkerrechtliche Herausforderungen wie etwa die Rechtsstellung von AFDRU in BiH bezogen auf völkerrechtliche Immunität, Einreise und Ausreise, Import von Ausrüstung und Gerät, Verzicht auf gegenseitige Schadenersatzansprüche, Waffentrageerlaubnis (zum Eigenschutz) etc. gemäß einem "Status of Force Agreement" vor Ort zu regeln. In die Medienarbeit der Botschaft wurde AFDRU ebenfalls einbezogen.

AFDRU

Das "Austrian Forces Desaster Relief Unit" (AFDRU)-Kontingent für Bosnien und Herzegowina bestand aus 78 Männern und einer Frau. Den Kern der Hilfskräfte bildeten die drei Wasseraufbereitungsgruppen mit je einer chemischen (basierend auf Chlorchemie) und einer physikalischen (basierend auf Umkehrosmose) Trinkwasseraufbereitungsanlage (TWA). Dazu kamen noch ein Führungs- und Versorgungselement, ein Expertenstab, eine Sanitätsgruppe, eine Dekontaminationsgruppe sowie Pioniere und - angesichts der Minengefahr - Kampfmittelexperten.

Insgesamt konnten täglich bis zu 240 000 Liter Trinkwasser produziert und verteilt werden. Im kontingentseigenen Labor wurde die Wasserqualität laufend überprüft. Zusätzlich unterstützen die Experten die Wiederherstellung der Wasserversorgung durch Beratung der zivilen Behörden und gegebenenfalls Dekontamination oder Desinfektion von Brunnen und Wasserspeichern.

Regionale militärische Kooperation

Innerhalb der regionalen militärischen Kooperation unterstützt Österreich allgemein ausländische Streitkräfte nach einer Krise oder einem Krieg in den Bereichen Abrüstung, Aufbau von verlässlichen, demokratisch kontrollierten militärischen Strukturen und Institutionen sowie der Schaffung eigener Kapazitäten der Friedensförderung. Demzufolge werden jährlich Zusammenarbeitsprogramme erstellt, die die jeweiligen Bedürfnisse beider Partner abdecken und konkrete Kooperationen nach sich ziehen.

Überkapazitäten an Munition und Waffensystemen

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Sarajewo gibt es bei den BiH-Streitkräften 40 000 Handfeuerwaffen, dutzende Kampfpanzer, Artillerie und weitere Waffensysteme zuviel, die für die reformierten Streitkräfte von BiH nicht mehr benötigt werden und daher verkauft oder entsorgt werden müssen. Bedenklich ist die Menge von 17 000 Tonnen an überzähliger, überlagerter und teilweise gefährlicher Munition, an Kampfmitteln und Sprengstoffen, die zu entsorgen sind. Diese Mengen sind "Überbleibsel" aus dem letzten Krieg und nach erfolgreicher Fusion und Überleitung der drei sich ehemals feindlich gegenüberstehenden Armeen in die gemeinsamen Streitkräfte nunmehr überflüssig.

Basierend auf einer politischen Initiative von Österreich (AUT), Schweden (SWE) und der Schweiz (CHE) wurde eine Arbeitsgruppe, die unter dem ständigen Vorsitz des Verteidigungsministers von BiH steht, ins Leben gerufen. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich auf strategischer Ebene mit der Problematik der überzähligen und überlagerten sowie explosionsgefährdeten Munition und der Surplus-Waffen (Überschußwaffen; Anm.). Sie arbeitet gemeinsam mit der Trilaterale AUT, CHE und SWE, der EU, UNDP, OSZE, EUFOR, NATO Hauptquartier Sarajewo und den USA an einer Lösung dieser Probleme. Auf jeden Fall sind konkrete Fortschrittsberichte und eine intensive Mitwirkung der internationalen Gemeinschaft erforderlich, um sicherzustellen, dass die zur Verfügung gestellten Finanzmittel und logistisches Gerät rasch, effizient und effektiv eingesetzt werden. Der österreichische Botschafter und der VA vor Ort unterstützen daher auf strategischer Ebene den Kapazitätenaufbau der BiH-Partner zur Bewältigung des Surplus an Waffen und Munition und den Wissenstransfer unter Rückgriff auf Munitionsexperten aus dem Ressortbereich des BMLVS nach dem "Train the Trainer"-Prinzip.

Durch eine enge Kooperation des VA mit den Dienstellen der Direktion für Sicherheitspolitik (DionSiPol) wird derzeit schwergewichtsmäßig die Ausbildung von BiH-Militärangehörigen zu Experten für die Feststellung der Lagerungssicherheit von Munition und Sprengmittel forciert.

"Lessons learned" aus der Flutkatastrophe

Eine nachhaltige Unterstützung/Ausbildung der BiH-Streitkräfte für Einsätze zur Katastrophenbewältigung und zur Bildung einer erfolgreichen Aufbau- und Ablauforganisation für ein gesamtstaatliches Krisenmanagement (Zusammenwirken mit den sogenannten Blaulichtorganisationen) wurde als sinnvoller Beitrag Österreichs zum Kapazitätenaufbau der Streitkräfte aber auch der Zivilschutzorganisationen in BiH erkannt. Aufgrund der eigenen dezentralen Struktur im Katastrophenbewältigungsmanagement bietet sich das österreichische Modell angesichts der politischen Situation in BiH als erfolgversprechende Möglichkeit zur "Nachahmung" an. Dabei geht es in der Folge um ein dementsprechendes Zusammenwirken von österreichischem Innen-, Außen- und Verteidigungsministerium und der Bundesländer im Sinne eines gesamtheitlichen Ansatzes, um unter Berücksichtigung der jeweiligen innerstaatlichen Kompetenzen, Kenntnisse und Fertigkeiten dem Staat BiH ein maßgeschneidertes "Katastrophenbewältigungs-Produkt" zur Implementierung anbieten zu können.

Austausch von Einsatzerfahrungen

Damit die Aus- und Weiterbildung von Offizieren und Unteroffizieren im Ausland den Bedürfnissen des Bundesheeres genügt, bedarf es der kontinuierlichen Verfolgung des Ausbildungsangebotes. Aufgrund des Zuganges zu den zuständigen ausländischen Ausbildungsinstitutionen verfügt der VA nicht nur über die ohnehin im Internet abrufbaren Informationen zu Kursen, sondern darüber hinaus über den Stand der Planung und Qualität der angebotenen Ausbildung. So kann er zur besseren Nutzung künftiger Angebote beitragen.

Das Peace Support Operations Training Center (PSOTC) ist eine kleine aber hochqualifizierte regionale Ausbildungseinrichtung des BiH VM für die Ausbildung von Offizieren und Unteroffizieren für friedensunterstützende Operationen (PSO). Das bosnisch-herzegowinische Kader wird durch längerfristig entsendete Ausbildungsoffiziere aus Großbritannien, Serbien, Mazedonien, Montenegro, Slowenien und Kroatien verstärkt.

Das PSOTC hat sich für die nächsten Jahre das Thema "Schutz von Zivilpersonen" (dazu gehören auch "Preventing of Sexual Violence" und "Gender Situation Awareness") in PSO als Ausbildungsschwergewicht gesetzt. Es soll gerade in diesem Bereich in der Balkanregion ein Center of Excellence werden. In enger Zusammenarbeit mit Großbritannien sollen neue Ausbildungsunterlagen für die taktische Ebene erarbeitet werden, diesbezügliche Kurse durchgeführt und mit Mobilen Training Teams (MTT) in anderen Staaten und auch in PSO-Einsatzräumen das diesbezügliche Fachwissen praktisch vermittelt werden.

Für das BiH VM und das PSOTC war es nun wichtig, eine qualifizierte Person als Offizier im Ausbildungskader zu haben. Da Österreich zur Zeit seines UN-Sicherheitsratsvorsitzes 2009 maßgeblich an der Verabschiedung der Resolution 1894 aus 2009 zum "Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten" mitgewirkt hatte, war es folglich eine logische Entscheidung im Sinne der Umsetzung der außenpolitischen Zielrichtung, dass ein österreichischer Offizier als Experte für Schutz von Zivilpersonen, in Genderangelegenheiten und Verhinderung sexueller Gewalt in bewaffenten Konflikten an das PSOTC vorübergehend abgestellt wurde. Diese Entscheidung basierte wesentlich auf einer diesbezüglichen Empfehlung des VA, der sich über einen längeren Zeitraum persönlich einen Einblick in Kapazität und Qualität der Ausbildung des PSOTC verschaffen konnte.

Direktkontakt auf hoher Ebene

Zur Wahrnehmung sicherheitspolitischer und militärischer Interessen im Ausland sind direkte Kontakte und der Erfahrungsaustausch zwischen politisch und militärisch verantwortlichen Funktionsträgern von zentraler Bedeutung. Dazu gehören die Kontakte des Verteidigungsministers und des Generalstabschefs, aber auch die Kontakte und Stabsgespräche zu Planung, Operationen, Rüstung etc. Damit diese Kontakte zustande kommen und ihren Zweck erfüllen, sind die Dienstleistungen der VA von erheblicher Bedeutung.

VA als sicherheitspolitischer Berater

Der VA ist als Spezialist in die jeweilige Botschaft integriert. Er fungiert als militärischer und/oder Sicherheitsberater des Botschafters und der Dienststellen der Botschaft. Er beobachtet die Sicherheitslage im Gastland, analysiert und berichtet darüber an seine vorgesetzten Dienstellen. In dieser Funktion leistet er den sicherheitspolitischen und militärischen Beitrag zur Lage- und Risikobeurteilung der Botschaft und zur Interessenwahrung vor Ort. Er fungiert dabei als wichtiges Verbindungsglied mit Sicherheitsdienststellen im Gaststaat.

Terrorismus

Verteidigungsdiplomatische Aktivitäten haben in letzter Zeit auch beim Kampf gegen den Terrorismus an Bedeutung gewonnen. Dazu gehört die aufmerksame Beobachtung des sicherheitspolitischen Umfeldes im Gaststaat bezogen auf die Bekämpfung von Radikalisierung und die Anwerbung von Terroristen. Durch frühe Erkennung von Methoden, Propaganda und Instrumente der Terroristen kann der VA einen Betrag zur Koordinierung der nationalen Politik­ansätze, zur Ermittlung besonderer Praktiken und beim Austausch von Informationen leisten.

Resümee

Aufgrund der hohen "Sichtbarkeit" des VA im Ausland unmittelbar nach Einsatzbeginn, verlangt das Stellenprofil von der eingesetzten Person entsprechende Berufs- und Lebenserfahrung sowie militärische "Breitenerfahrung". Außerdem ist die Fehlertoleranz von Beginn an gering. Neben hoher Fachkenntnis stellen Sozialkompetenz, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität und Improvisationsfähigkeit aber auch eine gute physische und psychische Gesundheit und Belastbarkeit weitere Pfeiler für eine erfolgreiche Auftragserfüllung dar.

Team- und Führungsfähigkeit sind auch dann besonders gefragt, wenn sich weitere österreichische militärische Organisationseinheiten im Akkreditierungsstaat aufhalten. Teamarbeit ist die Maxime, um das gemeinsame Ziel, nämlich die optimale Auftragserfüllung für die Republik Österreich zu erreichen. Dies erfordert Problemverständnis und Kreativität, um Probleme zu lösen und Aufgaben zu bewältigen, steten Informationsfluss und Kommunikation sowie flexible Reaktion auf dynamische Anforderungen.


Autor: Oberst dIntD Mag. Dr. iur. Michael Pesendorfer, Jahrgang 1961. 1984 ausgemustert zur Hochgebirgstruppe (Jägerbataillon 26 in Spittal a. d. Drau), dort Verwendung als Zugskommandant, Kompaniekommandant und S3. Nebenberuflich Studium der Rechtswissenschaften, nach Abschluss des Studiums Übernahme in den Intendanzdienst. In der Folge Gerichts- und Anwaltspraxis in Klagenfurt. Danach verschiedene Verwendungen als Intendanzoffizier und Rechtsberater im In- und Ausland (u. a. bei ECMM, ATHUM ALBA, SFOR, KFOR, EUFOR "Althea", EUFOR CONCORDIA sowie im Militärstab der Europäischen Union). Rechtsberater im Kommando der 7. Jägerbrigade in Klagenfurt. Derzeit Verteidigungsattaché in BiH.

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