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Psychologie: Funktionsbezogene Auswahl von Wehrpflichtigen - Neu

An den Stellungskommissionen des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) werden Stellungspflichtige hinsichtlich ihrer Eignung für den Grundwehrdienst (GWD) überprüft. Anhand der dabei erhobenen Ergebnisse werden die Wehrpflichtigen für mögliche Funktionen in ihrem Präsenzdienst vorgeschlagen.

Diese funktionsbezogenen Eignungsüberprüfungen wurden vor über 20 Jahren an den Stellungskommissionen eingeführt. Bereits damals stand die Idee im Vordergrund, dass Wehrpflichtige aufgrund der Ergebnisse eines Prüfverfahrens in die, für sie am besten geeignete Funktionen zugeordnet werden.

Dieses Klassifizierungssystem ist mittlerweile in die Jahre gekommen und entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Der Hintergrund: Die möglichen Funktionen, in denen ein Stellungspflichtiger (aufgrund seiner Test-Ergebnisse) eingesetzt werden könnte, werden auf einem Eignungsblatt in einem dafür vorgesehenen Karteimittel ausgewiesen. Sie sollen dem Kommandanten der zukünftigen Einheit des Rekruten als Grundlage für eine mögliche Einteilung dienen.

Dies ist derzeit jedoch nicht möglich, da eine effektive Personalzuteilung bei der gegenwärtigen Zahl von über 70 Funktionen praktisch nicht durchzuführen ist. Werden zusätzliche Parameter wie der gewünschte Dienstort berücksichtigt, lässt sich dieses System kaum mehr anwenden. Somit werden die Möglichkeiten, welche die Auswahl bietet, derzeit kaum bis gar nicht genützt.

Aus diesem Grund wurde in einem Projekt geklärt, welche psychologischen Dimensionen für die Spezifikation von Anforderungsprofilen aktuell und eventuell auch zukünftig von Bedeutung sind. Weiters wurde festgestellt, wie viele unterschiedliche Anforderungsprofile für Mannschaftsfunktionen bzw. bei Grundwehrdienern im ÖBH zu unterscheiden sind.

Dies geschah mit einer Umfrage, bei der insgesamt 1 495 Ausbilder, die 73 verschiedene GWD-Funktionen ausbilden, befragt wurden.

Die Anforderungen waren hinsichtlich einer erfolgreichen Erfüllung von Aufgaben, welche im Grundwehrdienst von Rekruten zu bewältigen sind, festgelegt. Als Adressaten der Befragung wurden nur Kadersoldaten ausgewählt, die wegen ihrer Erfahrung als Ausbilder von Grundwehrdienern über diese Anforderungen gut Bescheid wissen.

Hierzu wurden, mittels eines eigens konstruierten Fragebogens, psychologische und leistungsphysiologische Parameter sowie zusätzliche Kenntnisse (beispielsweise mechanisch-technische Fertigkeiten) erhoben. Diese wurden für jede Funktion anhand von drei Dimensionen erfasst:

- Die erste Dimension bezieht sich auf die Mindest- und Maximalanforderung eines Aufgabenbereiches.

- Die zweite Dimension auf die Häufigkeit der Anwendung wesentlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten bzw. der Kenntnisse in einer Funktion.

- Die dritte Dimension auf kritische Situationen, die bei der Erfüllung von spezifischen Aufträgen auftreten könnten, falls die Mindestanforderungen nicht erfüllt werden.

Ziel des Projektes war es, die Anforderungsprofile für alle GWD-Funktionen zu erheben und diese, auf eine für die Praxis angemessene Anzahl von Funktionengruppen, zu reduzieren. Ob die gefundenen Anforderungsprofile in dieser Form über-nommen werden, ist letzten Endes von der positiven Entscheidung der zuständigen Experten des BMLVS abhängig. Aufgrund des Verlaufes der bisherigen Besprechungen ist aber davon auszugehen, dass dies der Fall sein wird. Wenn die endgültigen Anforderungsprofile vorliegen, werden Simulationen mit den neu definierten Werten für die funktionsbezogene Auswahl auf Basis aktueller Stellungsdaten durchgeführt. Dies soll dazu dienen, den Befüllungsgrad der Kontingente zu überprüfen, etwaige Mängel aufzuzeigen und das Verfahren gegebenenfalls zu adaptieren, bevor es flächendeckend eingeführt wird.

Die Reduktion der Vielzahl von Funktionen aufgrund der Ähnlichkeit ihrer Anforderungen zu Funktionengruppen ermöglicht eine, auf Basis von Expertenratings getroffene Zuordnung von Wehrpflichtigen. Diese erscheint wegen der überschaubaren Anzahl der Cluster als praktikabel.

Die Funktionen-Systematik wird voraussichtlich schon in naher Zukunft bei den Stellungskommissionen implementiert und demzufolge jährlich etwa 20 000 wehrtaugliche Österreicher betreffen. Auf diese Weise soll eine möglichst effiziente Platzierung von Personal und somit ein optimierter Person-Job-Fit (die richtige Person, für die richtige Funktion; Anm.) erreicht werden. Das dient in weiterer Folge der Effizienzsteigerung des täglichen Dienstbetriebes im Bundesheer. Die gewonnenen Erkenntnisse geben Anlass zur Hoffnung, dass sowohl die Ausbilder, als auch die Grundwehrdiener selbst, davon profitieren werden.

Mag. Dr. Andrea Graf-Langheinz

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