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Gedanken zum Wesen der mechanisierten Kampftruppe

Zweck und Nutzen der mechanisierten Kampftruppe werden sowohl politisch als auch militärisch nicht nur in Österreich kontroversiell diskutiert. Dazu werden allgemeine sowie feststehende Begrifflichkeiten und daraus resultierende Gedanken erläutert, die letzten Endes zur Umsetzung des Kampfgruppenschießens der "Dynamic Response 2015" führten.

Ein Kommentar des Chefs des Amtes für Heeresentwicklung der Deutschen Bundeswehr, Generalmajor Wolfgang Köpke, lautet:

"Als Kern eines breiten Wirkungsmittelspektrums werden wir jedoch nach wie vor die Befähigung zur kinetischen und letalen Wirkung gegenüber symmetrischen und asymmetrischen Gegnern aufrechterhalten müssen. Denn: Die Fähigkeit und der Wille zum Kampf bleiben unverändert die Grundlagen für das Bestehen in allen Konflikten." (aus: Europäische Sicherheit & Technik, April 2015, S. 30)

Begrifflichkeiten

Das Militärlexikon (Stand 1. April 2015) definiert nachfolgende Termini wie folgt:

Mechanisiert

Sind Kräfte, deren organisatorische Ausrüstung mit Masse auf Panzern und/oder gehärteten Gefechtsfahrzeugen besteht.

Kampftruppen

Stellen den Kern und die wichtigste Komponente des ÖBH dar und unterteilen sich in:

- Mechanisierte Kampftruppen (Panzertruppe).

- Infanteristische Kampftruppen.

- Kampffliegertruppe.

- Fliegerabwehrtruppe.

Zur näheren Erläuterung:

Unter anderem umfasst die Kampftruppe die Waffengattungen Panzertruppe und Panzergrenadiertruppe. Der Kampf gegen feindliche militärische Kräfte stellt grundsätzlich die größten militärischen Anforderungen an die Kampftruppe. In friedensunterstützenden Einsätzen können die Anforderungen fallweise ähnlich anspruchsvoll sein. Überdehnte Verantwortungsbereiche, ein asymmetrisch kämpfender Gegner, widrige Umfeldbedingungen und eine mögliche schwindende Akzeptanz während eines Einsatzes bei der eigenen Bevölkerung (z. B. nach Verlusten) können hohe Anforderungen an die Führungsleistung stellen. Darüber hinaus ist die rein quantitative und qualitative Überlegenheit bei sich ändernden Rahmenbedingungen im Laufe eines Einsatzes nicht immer ausschlaggebend für einen erfolgreichen Einsatz - der Erfolg liegt vielmehr im Charakter der eigenen Einsatzführung begründet.

Wesen der mechanisierten Kampftruppe

Das Wesen der mechanisierten Kampftruppe ist es, unter hohem Schutz, durch die hohe Beweglichkeit auch in unbefestigten Geländeteilen, ihre Feuerkraft, wann und wo immer, zur Wirkung zu bringen und durch diese Stoßkraft Entscheidungen auf dem Gefechtsfeld vorzubereiten oder herbeizuführen.

Bestimmte Eigenschaften ergänzen das Leistungsspektrum der mechanisierten Kampftruppe wie:

- ständige Gefechtsbereitschaft.

- Nachtkampffähigkeit.

- Ziele, auch aus der Bewegung, auf weite Entfernungen zu identifizieren und mit hoher Treffer- und Vernichtungswahrscheinlichkeit zu bekämpfen.

- Ausstattung mit Wärmebildgeräten.

- hohe Führungsfähigkeit aufgrund entsprechender Funkausstattung.

- Fähigkeit zur infanteristischen Einsatzführung durch Panzergrenadierelemente.

Wegen dieser Parameter reicht oft die bloße physische Präsenz schwerer mechanisierter Kräfte aus, um beim Gegner eine positive Verhaltensänderung auszulösen.

Schutz, Beweglichkeit und Feuerkraft

Betrachtet man die angeführten Schlagworte in Zusammenhang mit der mechanisierten Kampftruppe, müssen diese immer im Verbund bzw. im Zusammenwirken gesehen werden.

Schutz

Die Komponente Schutz stellt eine wesentliche Fähigkeit zum Erhalt der Überlebensfähigkeit dar. Diese Eigenschaft ist per se zum Schutz des Lebens und der Unversehrtheit der eingesetzten Soldaten essenziell in allen Einsatzarten und im Besonderen bei Einsätzen mit hohem Gefährdungspotenzial.

Beweglichkeit Heinz Guderian beschreibt in seinem Buch "Erinnerungen eines Soldaten":

"Nur aus der Bewegung entspringt der Sieg. (…) Träger der Entscheidung ist bei Angriffen, die auf den Erfolg der Panzerwaffe gegründet werden, nicht die Infanterie, sondern die Panzerwaffe, denn ein Misslingen ihres Angriffs schließt den Misserfolg des Gesamtangriffs ein, der Erfolg des Panzerangriffs aber bringt den Sieg." Dies hat sich bis zum heutigen Tag nicht verändert. Alle Einsatzarten brauchen die Bewegung, um einerseits eigene Handlungen umzusetzen und Wirkmittel rasch und effizient einzusetzen und andererseits, um aktiv auf Handlungen des Gegners reagieren zu können. Dies sind zwei wesentliche Elemente zur Erhaltung der Handlungsfreiheit.

Feuerkraft

"Durchsetzungsfähigkeit; Kämpfen zu können, um nicht Kämpfen zu müssen!" Schlagworte, die den Begriff der Feuerkraft im Wesen wiedergeben. Dies beinhaltet auch eine starke Basis für Verhandlungen, um Optionen und Varianten zur Deeskalation zu erörtern. Kommt es dennoch zu einer Ausweitung des Konfliktes, wo letale Einsatzmittel gefordert werden bzw. notwendig sind, ist der gezielte Einsatz von Feuerkraft essenziell, um eine Entscheidung herbeizuführen.

"Dynamic Response 15"

Die Kennzeichen der 3. Panzergrenadierbrigade sind ihre hohe Beweglichkeit, die Durchsetzungsfähigkeit und der Truppenschutz. Aufgrund dieser Charakteristik kann die Kampftruppe in allen Szenarien zum Einsatz gebracht werden. Die "Dritte" (3.PzGrenBrig) ist in ihrer bestehenden Konfiguration nach Verstärkung mit Mitteln der Luftnahunterstützung fähig, eine Entscheidung im oberen Eskalationsspektrum herbeizuführen.

Die Planung, Vorbereitung und Durchführung des Kampfgruppenschießens der 3.PzGrenBrig "Dynamic Response 15" waren nicht nur intensiv und umfangreich, sondern stellten aufgrund der Teilnahme von Elementen der Streitkräfte der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Herausforderung dar. Das Szenario wurde in ein multinationales Umfeld in eine Mission der Europäischen Union eingebettet und deckte das obere Spektrum der Eskalationsstufen ab. Nach Ausschöpfung aller diplomatischen und deeskalierenden Mittel, sowohl auf politischer als auch auf militärischer Ebene, erzwingen das fortgesetzte unkooperative Verhalten des Gegners und die augenscheinliche Gefährdung von Zivilisten, den Einsatz von letalen Wirkmitteln in Form der multinationalen gemischt-verstärkten Bataillonskampfgruppe (MNBG). Bei allen Schritten des Kampfgruppenschießens musste ein Konsens zwischen taktischer bzw. gefechtstechnischer Einsatzführung und Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen der deutschen, tschechischen und österreichischen Streitkräfte gefunden werden. Aufgrund der Zusammensetzung der MNBG, der Durchführung des Kampfgruppenschießens in den Einsatzarten Verzögerung und Angriff und der Ausrüstung sowie Anzahl des angenommen Gegners, kamen die Eigenschaften einer mechanisierten Kampftruppe (Schutz, Beweglichkeit, Feuerkraft) und der daraus resultierenden Ausprägung der Fähigkeitsbereiche: Überlebensfähigkeit, Mobilität und Wirkung - entfaltet in der Stoßkraft - in hohem Maße zur Geltung.

"Was den Gegner dazu bewegt sich zu nähern, ist die Aussicht auf Vorteil. Was den Gegner vom Kommen abhält, ist die Aussicht auf Schaden." (aus: Die Kunst des Krieges, Sun Tsu)


Autor: Major Mag.(FH) Rüdiger de Zordo, Jahrgang 1975. 1994 eingerückt beim Panzerbataillon 10, 1995 bis 1996 Ausbildung zum Unteroffizier, 1998 bis 2001 Absolvierung des Bundesrealgymnasiums für Berufssoldaten, im Anschluss Theresianische Militärakademie, 2008 Ausmusterung Jahrgang "Colloredo-Mansfeld", Verwendung als stellvertretender Kommandant und Kommandant der ABC-Abwehrkompanie im Panzerstabsbataillon 3, seit 2013 S3 Kampfunterstützungs- & ABC-Abwehroffizier der 3. Panzergrenadierbrigade.

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