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Auslandsseelsorge

Chance der Neuevangelisierung?

Die Aussendung der Jünger durch den auferstandenen Jesus Christus im Evangelium nach Matthäus, Kapitel 10, enthält die Aufforderung, die Frohbotschaft zu verkünden. Erneuert wird diese Aufforderung in Matthäus, Kapitel 28, Vers 19, diesmal jedoch erweitert um die weltweite Dimension des Auftrages. Die Auslandsseelsorge ist sicherlich solch eine Möglichkeit, wo immer wir unseren Dienst versehen, als christliche Österreicher und jene, die sich mit unseren Werten auseinandersetzen und identifizieren, durch Beispiel die Verkündigung voranzutreiben. Wie sagte Jesus: Das Wichtigste im Gesetz ist die Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue. (Matthäus, Kapitel 23, Vers 23) Was wollen wir im Einsatz mehr?

In der Erinnerungsschrift an den Salvatorianerpater Edwin Stadelmann, der über sieben Jahre Auslandsdienst versah, schrieb 1993 der damalige Militärbischof Kostelecky im Vorwort: "Die Militärseelsorge wurde immer als außerordentliche Seelsorge angesehen, weil sie zum Unterschied von der ordentlichen Seelsorge, die in den Ortskirchen geschieht, verlangt, dass man nicht nur für die Anvertrauten da ist und sie zu Gottesdiensten in die Kirche lädt, sondern dass der Seelsorger dort hingeht, wo Menschen in außergewöhnlichen Situation es brauchen, dass man ihnen nachgeht ..." Die ersten Freiwilligen des Österreichischen Bundesheeres versahen 1960 im Kongo (Westafrika) in einem Feldlazarett ihren Dienst. Ein Militärgeistlicher begleitete ab 1972 die Soldaten nach Zypern, ab 1973 in den Nahen Osten und ab 1999 auf den Balkan.

Vorbereitung

Als Militärpfarrer durfte ich, herausgerissen aus der klösterlichen und schulischen Umgebung der Abtei Mehrerau am Bodensee, von 2000 bis 2003 im Kosovo und auf dem Golan meinen Dienst versehen. So erlebte auch ich, was es heißt, Begleiter vieler zu sein, was damit begann, dass ich mich im Sommer 2000 mit einem Bataillon auf den Seetaler Alpen zur Einsatzübung einfand. Diese ersten Wochen, in denen die Soldaten verschiedenster Bundesländer, Truppenverbände und Kompanien zusammengeschweißt wurden, erlebte ich die Knochenarbeit, vom Morgen bis in die Nacht beobachtet zu sein, und den Mitstreitern zu zeigen, was es heißt füreinander da zu sein. Die Gespräche auf allen Ebenen zeigten Wirkung, Vertrauen wurde aufgebaut und aus oberflächlichen Floskeln ergaben sich bald tiefe Diskussionen. Durch solche Gespräche wurden oft aufkommende Probleme im Vorfeld erkannt und so diskutiert, dass dem einzelnen Soldaten geholfen werden konnte. Gerade dieser Beginn zeigt die Wichtigkeit des Kennenlernens und des sich Aufeinander-Einstellens. Eheseminare, die ich über viele Jahre gegeben habe, Lebensführungs-Kurse und andere pastoral-psychologische Arbeiten halfen nun, in Partnerschaftsfragen zu vermitteln, was auch dazu führte, dass die einzelnen Zimmergenossen Wege der Verständigung fanden. Wie oft kann ein Problem ein anderes provozieren oder so überdecken, dass der Kernpunkt nicht zu Tage tritt und nicht gelöst werden kann. Zerstreutheit im Dienst kann üble Folgen haben, die Ursache wäre aber ganz woanders zu suchen gewesen. Die Tage der Einsatzvorbereitung verflogen wie im Nu, und eine große Abschlussübung in Bruckneudorf mit den uns begleitenden Kontingenten der Schweizer und Slowaken bildete einen Höhepunkt der Zusammenarbeit, die sich im Einsatzgebiet bewähren sollte. Hier erlebte ich ein besonders schönes Wochenende mit denjenigen, die zu weit von zu Hause entfernt waren und so im Burgenland blieben, die Messe mit anschließendem Frühschoppen sowie die persönlichen Gespräche mit dem Kommandanten (Oberstleutnant Pachinger) und dessen angereister Gattin genossen. Die folgende, dazugehörige militärische Verabschiedung zeigte noch einmal deutlich, dass die militärische und politische Führung mit der zu entsendenden Einheit ein Team bilden wollte.

Im Kosovo

Der Beginn im Kosovo war dann geprägt vom Neubeginn. Wenn auch viele meinen, dass jeder "das Rad neu erfinden" möchte, so ist doch eine neue Truppe mit frischen Kräften zu neuen Herausforderungen bereit. Alte, zurückgebliebene Veteranen empfangen uns mit fragenden Blicken. Was bringt die Zukunft? Hier war als Seelsorger die Aufgabe zu lösen, wie die Eingliederung in Gesprächen und bei noch nicht vorhandenem Vertrauen schnellstmöglich gelöst werden kann. Gerade die ersten Tage und Wochen waren für etliche kritisch, denn der Abschied, zu dem auch die letzten Stunden zu Hause gehörten, und die neue Situation im Einsatzgebiet, brachte für einige eine Ernüchterung - sie zogen die Freiwilligkeit plötzlich in Zweifel und baten um die Möglichkeit der Rückkehr. Familiäre Probleme traten nicht selten zu diesem Zeitpunkt gehäuft auf. Wurde auch darauf hingewiesen, dass die Probleme zu Hause gelassen werden sollten, so gelang das nicht jedem, was eben andere Probleme nach sich zog. Auch wenn kommende persönliche Schwierigkeiten in der Vorbereitungszeit aufgezeigt wurden, so stellte die Realität nun alle vor die Tatsache, dass Theorie und Praxis nicht weit auseinander liegen. Und dass jahrelange Einsätze gelehrt haben, dass die verschiedensten Problemfelder auftreten können. Es gibt auch keinen Fall, den es "nicht gibt". Die Zeit brachte es mit sich, dass nach der Eingewöhnungsphase die Leichtigkeit überhand gewinnen konnte. Vorsicht zu gebieten hilft manchmal - viele lernen aber eher aus Schaden. Gut, wenn man auf Vorkommnisse hinweisen kann. Die wöchentlichen Gespräche mit dem Brigadegeneral gaben gute Möglichkeiten, die Lage so zu besprechen, dass viele weitere Gespräche in kleinsten Kreisen das Verständnis für manche militärische Operationen brachten. Nebenbei sei erwähnt, dass einmal uns Pfarrern aufgetragen wurde - sollten wir in Gesprächen mit den Befehlsempfängern auf die Führung kommen - den Dank und das Lob, das uns ausgesprochen wurde, an die Truppe weiterzugeben.

Uns Pfarrern, damit komme ich auf ein interessantes Kapitel zu sprechen. Im Kosovo standen in der Brigade Süd fünf Priester im Einsatz. Wir trafen einander wöchentlich zu einem Erfahrungsaustausch. Mit ähnlichen Dingen konfrontiert zu sein und Lösungen zu diskutieren, kann immens hilfreich sein. Die Zusammenarbeit klappte hervorragend. Immer wieder gab es gemeinsame Tätigkeiten, aber auch Möglichkeiten der Vertretung. Gerne übernahm ich im nahen Heeresflieger-Camp hin und wieder die Aushilfe bei der Sonntagsmesse. Aus dieser Vertrautheit resultierte auch letzthin der Anruf eines ehemaligen Kommandanten, dass der Pfarrer in der Heimat ausgefallen sei, ob ich denn stellvertretend kommen könne. Und das nach drei Jahren! Ein solcher Anruf zeigt die Verbundenheit über Raum und Zeit hinaus. Hier kann ich auch gleich erwähnen, dass nicht allein Priester, evangelisch und katholisch, sondern auch Soldaten aller Ränge mit mir in der Mehrerau Kontakt halten. Die verschiedenen Anlässe kann sich jeder denken, Taufen und Hochzeiten seien erwähnt.

Die Zeit im Einsatzgebiet fliegt an einem vorüber, schon bereitet man sich auf die Heimreise vor, die letzten Dinge werden noch für die Übergabe hergerichtet und man muss sagen, dass man mit Wehmut in den Gesprächen über die schnelle Rotation spricht. Der Großteil der Soldaten, dann diejenigen die bleiben wollen, solche, die abgelehnt werden, die aber auch überfordert endlich nach Hause kommen, all diese verschiedenen Gespräche werden - ähnlich dem Neubeginn - intensiv.

Was auf dem Golan durch ein jährliches Rotieren erleichtert scheint, ist aber durch die daraus resultierenden familiären Herausforderungen fraglich. So manches Mal wird da einem als Priester (als Vermittler, Zeuge usw.) das Telefon in die Hand gedrückt, mit der Bitte, doch mal ein paar Worte mit der Frau zu sprechen. Es ist schon ein Segen, obwohl es auch manche als Fluch bezeichnen, dass die Verbindung mit der Heimat immer so gut klappte.

Was einem über diese menschlichen Anliegen hinaus als christlichen Auftrag beschäftigt ist, dass die Einzelnen das Gebet ebenso benötigen, wie die Einwohner des Einsatzlandes unserer karitativen Hilfe bedürfen. Dazu zählt die gemeinsame Messe, die den Alltag unterbricht und so ein christliches Gepräge im Alltagstrott schafft. Die Glocke im Camp ist, wie die Glocke in der Heimat, ein vertrautes Zeichen, das uns verbindet. Taufen, Firmungen und Wiederaufnahmen in die Kirche waren Höhepunkte, wie uns auch die christlichen Feiern des Kirchenjahres um den Altar sammelten. Die Stützpunkte mit den kleinen Feiern waren ebenso wichtig wie die Hauptkirche im Camp. Wie gerne erinnere ich mich an die Besuche auf den Stützpunkten am Mt. Hermon, aber auch auf Globocica im Kosovo: Soldaten begleiten, mit ihnen sein, lachen und trauern, spielen und üben - alles gemeinsam.

Die Kameradschaft mit einem Militärpfarrer im Dienst und in der Freizeit zu erleben, heißt zu erahnen, was über Jahre die Verbundenheit als Christen ausmacht: Nächstenliebe und Gottesliebe ohne Aufdringlichkeit zu leben.

Autor: Pater Mag. Dietmar Gopp

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