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Multi-Role Combat Aircraft

Kaum ein Kampfflugzeug wird heute noch ausschließlich als Abfangjäger oder Aufklärer gebaut. Um mit einem Flugzeugtyp mehrere Einsatzrollen bzw. Kampfaufgaben erfüllen zu können, wurden so genannte Mehrzweck-Kampfflugzeuge entwickelt. Dies bringt eine Reduktion der Typenvielfalt und damit auch eine entsprechende Kostenersparnis.

Kampfflugzeuge sind ein entscheidendes Element zur Durchsetzung von militärischen Zielen. Die Luftüberlegenheit ist die Vorbedingung für den erfolgreichen Einsatz von Kampftruppen am Boden.

Kampfflugzeuge und ihre Einsatzrollen Kampfflugzeuge erfüllen im breiten Spektrum militärischer Operationen folgende Aufgaben: - Wahrung der Lufthoheit (Air Policing); - Unterdrückung der gegnerischen Luftverteidigung (Suppression of Enemy Air Defence - SEAD); - Abriegelung aus der Luft (Interdiction); - (Gegen)angriff (Strike); - Luftnahunterstützung (Close Air Support - CAS); - Aufklärung (Reconnaissance); - Überwachung (Surveillance).

Als Kampfflugzeuge werden Militärflugzeuge - meist mit Strahlantrieb - bezeichnet, die für Kampfzwecke eingesetzt werden können. Heute sind Kampfflugzeuge nicht mehr eindeutig einer Rolle als Jagdflugzeug, Jagdbomber oder taktisches Aufklärungsflugzeug zuzuordnen. Aus Gründen der wirtschaftlichen, militärischen und logistischen Zweckmäßigkeit werden heute überwiegend Kampfflugzeuge erzeugt, die verschiedene Einsatzrollen übernehmen können, die so genannten Mehrzweck-Kampfflugzeuge (Multi-Role Combat Aircraft - MRCA). Gerade heute, wo aufgrund der zunehmend komplexeren Technologie und der steigenden Entwicklungskosten Rüstungsgüter immer teurer werden (bei gleichzeitig sinkenden Verteidigungsetats), ist jedes Einsparungspotenzial wichtig.

Ein Abfangjäger unterscheidet sich von einem Jagdbomber oder einem taktischen Aufklärungsflugzeug primär durch die Ausrüstung und die Bewaffnung. Bei einem Mehrzweck-Kampfflugzeug können die Ausrüstung und Bewaffnung individuell an die jeweilige Einsatzrolle angepasst werden. Allerdings sind durch die Auslegung des jeweiligen Typs bestimmte Aufgaben besser zu erfüllen, andere dagegen weniger gut. So war beispielsweise der gemeinsam von Deutschland, Großbritannien und Italien entwickelte Panavia MRCA "Tornado" (wie schon aus der Bezeichnung ersichtlich) als Mehrzweck-Kampfflugzeug konzipiert (siehe Titelfoto). Dabei war er aber für die Aufgaben Bodenangriff (Strike), Luftnahunterstützung (Close Air Support), Gefechtsfeldabriegelung (Battlefield Interdiction) und Aufklärung (Reconnaissance) optimiert. Um die Lücke zwischen der Außerdienststellung der BAC "Lightning" bzw. der McDonnell Douglas F-4 "Phantom" und der Einführung der Eurofighter "Typhoon" zu schließen, forderte die britische Royal Air Force eine als Air Defence Variant (ADV) bezeichnete Abwandlung des "Tornado" für die Luftverteidigung. In dieser Rolle ("Tornado" F.2 und "Tornado" F.3) hat sich dieses von seiner Aerodynamik für Einsätze in Bodennähe optimierte Flugzeugmuster jedoch nicht wirklich bewährt.

Umgekehrt war der Lockheed F-104 "Starfighter" ursprünglich als Abfangjäger entwickelt worden. Der Einsatz als Jagdbomber führte zusammen mit Problemen bei der Pilotenausbildung zu einer dramatischen Verlustserie und letztlich dazu, dass sich dieser in Bodennähe sehr anspruchsvoll zu fliegende Jet bei der deutschen Luftwaffe den zweifelhaften Ruf als "Witwenmacher" erwarb.

Auch der Eurofighter "Typhoon" wurde ursprünglich als Jagdflugzeug konzipiert - seine anfängliche Bezeichnung als "Jäger 90" zeugt davon - und verfügt deshalb über ein besonders gutes Leistungsvermögen als Jagdflugzeug. Im Laufe der Zeit wurde das zwischenzeitlich auch als European Fighter Aircraft bzw. EF 2000 bezeichnete Muster - nicht zuletzt aufgrund der nachdrücklichen Forderungen der Royal Air Force nach einer zusätzlichen Erdkampffähigkeit - zum Mehrzweck-Kampfflugzeug weiterentwickelt. Dies führte zusammen mit anderen Änderungswünschen nicht nur zu erheblichen Verzögerungen im Entwicklungsprogramm, sondern auch zu einem deutlichen Kostenanstieg. Mittlerweile befindet sich dieses Mehrzweck-Kampfflugzeug unter seiner heutigen Bezeichnung Eurofighter "Typhoon" im Zulauf bei den Einsatzverbänden.

Ausrüstung und Bewaffnung

Moderne Mehrzweck-Kampfflugzeuge sind heute imstande, auf taktischer Ebene die unterschiedlichsten offensiven und defensiven Einsätze durchzuführen. So genannte "Swing-Role Aircraft" können - innerhalb bestimmter Grenzen - sogar während eines Einsatzes im Flug von einer Einsatzrolle in eine andere überwechseln.

Kampfflugzeuge besitzen in der Regel ein Radar sowie elektro-optische Sensoren, um gegnerische Flugzeuge und Bodenziele erfassen zu können. Dazu kommen die eingebauten Bordkanonen (früher auch Maschinengewehre) sowie die an den Außenstationen mitgeführten Waffen wie beispielsweise Luft-Luft- und Luft-Boden-Lenkwaffen, ungelenkte Raketen und Bomben. Da die meisten Waffen, aber immer öfter auch austauschbare Ausrüstungsbehälter (Aufklärungsbehälter mit Kameras bzw. elektro-optischen Sensoren, Laser Target Marker, Störbehälter etc.) an den Außenstationen befestigt sind, können sie relativ rasch gewechselt werden. Wenn nun auch das gesamte Flugzeug konstruktiv dafür ausgelegt und von der bordeigenen Elektronik, insbesondere vom Bordcomputer, dafür vorbereitet ist, ist ein rascher Wechsel der Konfiguration und damit der Einsatzrolle möglich. Die modernen Vertreter der vierten Generation wie die französische Dassault "Rafale", das Vier-Nationen-Projekt Eurofighter "Typhoon" oder der schwedische Saab JAS-39 "Gripen" verfügen grundsätzlich über solche Multi-Role-Fähigkeiten; der zeitliche und technische Aufwand für den Wechsel von einer Rolle in eine andere ist allerdings unterschiedlich. So ist beispielsweise der schwedische Saab JAS-39 "Gripen" dafür ausgelegt, innerhalb eines nur wenige Minuten dauernden Turn-arounds von einer Rolle in eine andere zu wechseln, z. B. von der Reconnaissance-Rolle in die Close Air Support-Rolle. (Unter Turn-around versteht man jene Phase zwischen zwei Einsätzen, bei der ein Flugzeug nach der Landung auf dem Boden betankt und aufmunitioniert wird.)

Jagdflugzeuge

Jagdflugzeuge sind Kampfflugzeuge, die aufgrund ihrer technischen Ausrüstung, ihrer Flugeigenschaften und ihrer Bewaffnung (Bordkanone, Luft-Luft-Lenkwaffen) in der Lage sind, feindliche Luftfahrzeuge zu bekämpfen. Bei den Jagdflugzeugen unterscheidet man heute generell zwischen Abfangjäger und Luftüberlegenheitsjäger.

Abfangjäger

Abfangjäger sind als Jagdflugzeuge mit einer hohen Steig- und Geschwindigkeitsleistung sowie einer entsprechenden Avionik dafür optimiert, dass sie gegnerische Flugzeuge abfangen können. Im Krieg ist es die Aufgabe der Abfangjäger, die in den eigenen Luftraum eindringenden gegnerischen Kampfflugzeuge möglichst rasch abzufangen. Zu den Aufgaben in Friedenszeiten zählen unter anderem die Wahrung der Souveränität im Luftraum, der Luftpolizeidienst und die Luftraumsicherung bei Großveranstaltungen.

Luftüberlegenheitsjäger

Luftüberlegenheitsjäger sind Jagdflugzeuge, die dafür optimiert sind, ein bestimmtes Gebiet frei von feindlichen Luftfahrzeugen zu halten. Dazu müssen diese Flugzeuge einerseits wie Abfangjäger agieren, andererseits müssen sie aber auch über längere Zeit in einem Gebiet patrouillieren können. Die dafür nötige Reichweite und Verweildauer in der Luft wird in der Regel durch Luftbetankung oder auch durch mitgeführte Zusatztanks erreicht, die notfalls im Luftkampf abgeworfen werden.

Jagdbomber

Jagdbomber sind Kampfflugzeuge, die aufgrund ihrer technischen Ausrüstung, Flugeigenschaften und Bewaffnung (Bordkanone, Luft-Boden-Lenkwaffen, Raketen, Bomben sowie Luft-Luft-Lenkwaffen) in der Lage sind, Erdziele zu bekämpfen und außerdem bestimmte Aufgaben eines Jagdflugzeuges wahrzunehmen.

Erdkampfflugzeuge

Erdkampfflugzeuge sind eine spezialisierte Variante der Jagdbomber, die dafür optimiert sind, die eigenen Bodentruppen auf dem Gefechtsfeld zu unterstützen, indem sie in enger Koordination mit den eigenen Truppen die in unmittelbarer Nähe befindlichen gegnerischen Bodentruppen vernichten. Sie sind meist für niedrigere Fluggeschwindigkeiten (Unterschallbereich) ausgelegt und verfügen oft über eine entsprechende Panzerung. Mitgeführte Luft-Luft-Lenkwaffen dienen nur der Selbstverteidigung.

Angriffsflugzeuge

Angriffsflugzeuge sind eine andere, ebenfalls spezialisierte Variante der Jagdbomber, die dafür optimiert sind, (Gegen)angriffe tief im feindlichen Hinterland durchzuführen. Sie sind für hohe Geschwindigkeiten in geringen Flughöhen ausgelegt und für die Erfüllung ihres Auftrages meist mit Abstandswaffen ausgerüstet. Mitgeführte Luft-Luft-Lenkwaffen dienen nur der Selbstverteidigung.

Aufklärungsflugzeuge

Aufklärungsflugzeuge sind Kampfflugzeuge, die aufgrund ihrer Flugeigenschaften und ihrer Ausrüstung (Kameras, Sensoren) in der Lage sind, im Rahmen der taktischen Luftaufklärung Informationen zur Erstellung und/oder Ergänzung eines Lagebildes zu gewinnen. Moderne Mehrzweck-Kampfflugzeuge können diese Ausrüstung in externen Behältern mitführen.

Ausblick

Die Fähigkeit, den militärischen Herausforderungen, denen sich Europa in den nächsten zwanzig Jahren gegenübersehen wird, begegnen zu können, wird in direkter Beziehung zu den verfügbaren Luftkriegsmitteln, Kommunikationssystemen, Transportkapazitäten sowie Aufklärungs- und Sensorsystemen stehen. Alle Länder verfügen aber nur über begrenzte Mittel für neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Militärtechnologie. Daher sehen sie sich mit dem schwierigen Balanceakt zwischen der Entwicklung und Beschaffung der optimalen Mittel einerseits und deren Finanzierbarkeit anderseits konfrontiert.

Angesichts der neuen, immer futuristischer anmutenden technischen Möglichkeiten träumen visionäre Analysten bereits von der Austragung militärischer Konflikte ohne Opfer. Diese Vision dürfte aber nicht zuletzt aufgrund der vorhin erwähnten begrenzten finanziellen Mittel in der näheren Zukunft wenig Aussicht auf Realisierung haben. Dagegen nimmt die Bedeutung der unbemannten Luftfahrzeuge (Unmanned Aerial Vehicle - UAV) stetig zu. Bereits heute werden diese UAVs nicht mehr nur für Aufklärungszwecke eingesetzt, sondern sie entwickeln sich in den bewaffneten Ausführungen zusehends zu einem wichtigen Luftkriegsmittel.

Trotz allem werden die klassischen, bemannten Kampfflugzeuge in den nächsten Jahrzehnten kaum an Bedeutung verlieren. Angesichts der Tatsache, dass infolge der allgemein sinkenden Verteidigungsausgaben auch bei den Stückzahlen der Kampfflugzeuge ein steter Trend nach unten festzustellen ist, gilt der Entwicklung von Mehrzweck-Kampfflugzeugen, die auch im multinationalen Verbund eingesetzt werden können, entsprechendes Augenmerk.

___________________________________ ___________________________________ Militärische Begriffe, Ziffer 342: Jagdflugzeug

Flächenflugzeug, das aufgrund seiner technischen Ausrüstung, Flugeigenschaften und Bewaffnung in der Lage ist, insbesondere feindliche Luftfahrzeuge zu bekämpfen.

Militärische Begriffe, Ziffer 10: Abfangeinsatz

Einsatz von Fliegerkräften gegen bestimmte Flugobjekte zum Zwecke der Identifizierung und der sich daraus und aus dem jeweiligen Auftrag ergebenden durchzuführenden Folgemaßnahmen oder der unmittelbare Einsatz zur Bekämpfung von Luftzielen.

Militärische Begriffe, Ziffer 427: Luftüberlegenheit

Handlungsfreiheit von Fliegerkräften in einem eingeschränkten Raum und/oder Zeitraum.

Militärische Begriffe, Ziffer 341: Jagdbomber

Flächenflugzeug, das aufgrund seiner technischen Ausrüstung, Flugeigenschaften und Bewaffnung in der Lage ist, Erdziele zu bekämpfen und bestimmte Aufgaben eines Jagdflugzeuges wahrzunehmen.

Militärische Begriffe, Ziffer 420: Luftnahunterstützung

Einsatz von Fliegerkräften zur Unterstützung von Erdstreitkräften durch Feuer auf Ziele in unmittelbarer Nähe der Erdstreitkräfte nach gemeinsamer Planung und Koordinierung des Feuers und der Bewegung.

Militärische Begriffe, Ziffer 65: Aufklärungsflugzeug

Luftfahrzeug, mit dem mittels Sensoren und/oder Augenbeobachtung Nachrichten zur Erstellung oder Ergänzung eines Lagebildes eingeholt werden können.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberst i. R. Kurt Gärtner, Jahrgang 1943. Nach der Offiziersausbildung Verwendungen als Ausbildungsoffizier, Batteriekommandant und in Stabsfunktionen. 1984 bis 1990 Kommandant des Fliegerabwehrbataillons 13; 1990 bis 2003 in einer Stabsfunktion beim Kommando Fliegerregiment 3 in Hörsching.

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