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Psychologie: Frauen im Auslandseinsatz - Möglichkeiten und Grenzen

Was noch vor wenigen Jahren von den meisten Soldaten für unmöglich gehalten wurde, ist heute normaler Alltag: Frauen als Soldatinnen , Frauen im Auslandseinsatz. Dieser Paradigmenwandel, diese für Österreich neue Art, über den Militärdienst im Einsatz nachzudenken, eröffnet neue Möglichkeiten, zeigt aber auch neue Grenzen auf. Männer entwickeln eher einen väterlichen Führungs- und Problemlösungsstil (stärker aufgabenorientiert) und Frauen entwickeln eher einen mütterlichen Führungs- und Problemlösungsstil (stärker beziehungsorientiert). Die Zusammenarbeit von Männern und Frauen in außergewöhnlich herausfordernden Situationen wie in einem Auslandseinsatz erleichtert die schwierige Balance zwischen konsequenter Aufgabenerfüllung und motivierender Beziehungsarbeit.

Derzeit befinden sich 35 Soldatinnen und ca. 1 500 Soldaten im Auslandseinsatz. Dieses Ungleichgewicht schafft natürlich Herausforderungen, die nicht unmittelbar mit den Geschlechterrollen zu tun haben. Der konstruktive und kooperative Umgang mit jeder Minderheit erfordert von der Mehrheit ein besonderes Maß an Einfühlungsvermögen, Akzeptanz und Toleranz.

Frauen im Auslandseinsatz sind nicht nur im Einsatzraum mit typischen Herausforderungen konfrontiert. Denn auch die Variante: "Frau geht in den Auslandseinsatz, Mann bleibt zu Hause" ist noch relativ neu. Für Frauen, die zu Hause warten, während ihre Männer im Auslandseinsatz sind, gibt es Erfahrungen, Netzwerke, Veranstaltungen. Frauen von im Ausland befindlichen Soldaten haben gelernt, sich zu arrangieren, zu organisieren, sich gegenseitig zu helfen, Hilfe von Seiten den Österreichischen Bundesheeres in Anspruch zu nehmen. Männer, die zu Hause warten, sind zuerst einmal Männer und meinen in vielen Fällen, keine Unterstützung, keinen Austausch zu brauchen; Männer fühlen sich in Frauengruppen (noch) nicht so wohl; Männer sind (noch) nicht so gut organisiert.

In einem Punkt haben die meisten Frauen im Auslandseinsatz gegenüber den meisten ihrer männlichen Kameraden einen Vorteil: sie kommunizieren, um Kontakt zu halten und nicht primär, um Neuigkeiten zu berichten. Und das heißt: oft und regelmäßig - guter Kontakt braucht häufige und regelmäßige Kommunikation. Viele Männer scheuen sich, ihre Frauen anzurufen (Ihnen zu schreiben oder andere Mitteilungsmöglichkeiten zu wählen), wenn sie nichts (aus ihrer Sicht) wirklich Neues oder Ungewöhnliches zu berichten haben. Dadurch können manchmal bis zum nächsten Kontakt Wochen vergehen.

Das Österreichische Bundesheer bietet im Unterschied zu anderen Armeen sehr tolerante Rahmenbedingungen für Mann-Frau-Partnerschaften im Auslandseinsatz. Wenn ein Paar (Ehepaar, Lebensgemeinschaft) seine Beziehung offen legt und die Genehmigung des Kommandanten erhält, dann können beide (falls die Möglichkeit besteht) auch im Auslandseinsatz gemeinsam wohnen. Das bringt Vorteile für die Partnerschaft, aber auch immer wieder Spannungen, weil Kameraden, die ohne Partnerin im Einsatz sind, neidisch werden können und dann wird Kameradschaft, Akzeptanz und Toleranz ganz besonders wichtig.

Anfang 2009 wurde eine Soldatin des Österreichischen Bundesheeres während ihres Auslandseinsatzes schwanger. Ihr Partner war ebenfalls im Auslandseinsatz, die beiden wohnten gemeinsam in einem Container. Die Soldatin erfuhr während ihres Heimaturlaubes, dass sie bereits in der sechsten Woche schwanger ist und - sie wollte wieder in den Einsatz zurück. Für diese Situation gibt es bisher im Österreichischen Bundesheer keine verbindliche Regelung. Einerseits gibt es Unterstützung und Entgegenkommen vom Kommandanten und von den Kameraden im Einsatzraum. Der Kommandant erklärte sich sogar bereit, einen gemäß Mutterschutzgesetz 1979 geeigneten Arbeitsplatz im Einsatzraum zur Verfügung zu stellen und auf die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes zu achten. Die Soldatin selbst ist motiviert und überzeugt, auch in der Schwangerschaft ihren Dienst versehen zu können. Andererseits sind sich alle Betroffenen im Klaren darüber, dass ein Auslandseinsatz in jedem Fall mit einem erhöhten Risiko verbunden ist - für die werdende Mutter und für das ungeborene Kind. Die Humanfaktoren-Gruppe aus Ärzten, Psychologen, Rechtsexperten und Gleichbehandlungsbeauftragten muss zwischen den Wünschen der werdenden Mutter auf der einen Seite und der Verantwortung für sie und ihr ungeborenes Kind auf der anderen Seite abwägen. Der Entscheidungsprozess gestaltet sich nicht einfach, endet aber eindeutig. Die Fürsorge für die werdende Mutter und ihr ungeborenes Kind wird von allen höher bewertet als der Respekt und die Loyalität gegenüber der Motivation der schwangeren Soldatin. Die Soldatin bleibt in der Heimat. Möglicherweise ist diese Entscheidung gleichzeitig auch eine Möglichkeit für noch mehr Klarheit im Zusammenarbeiten und Zusammenleben von Männern und Frauen im Auslandseinsatz.

Autor: ObstltdhmfD Dr. Guenter J. Engel

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