Pressespiegel Miliz vom 26.03.2020
Der aktuelle Pressespiegel, die Miliz und ihre Aufbietung betreffend:
Polizei und Militär bleiben getrennt
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Vorerst sind keine Kontrollen der Ausgangsbeschränkungen durch das Bundesheer geplant. Erstmals in der Geschichte wird die Miliz mobilgemacht. Das war weder in der Jugoslawienkrise 1991 noch in der Migrationskrise 2015 der Fall. Ist die Situation für das Heer fordernder als alles bisher Dagewesene? "Es ist eine Situation, die es seit dem Zweiten Weltkrieg so noch nicht gegeben hat. Der Chef unseres Generalstabs sagt, es habe schon in den angesprochenen Fällen die Notwendigkeit gegeben Grundwehrdiener zu verlängern oder die Miliz aufzubieten und es wurde nicht getan. Jetzt machen wir beides." Viele Milizsoldaten gehören nicht strukturierten Verbänden an, sind aber hoch motiviert und wollen mithelfen. Können sie das? "Alle Freiwilligen können gern beim Team Österreich mitmachen. Bei uns muss man bei der Miliz sein und hat einzurücken, sobald der Einberufungsbefehl kommt. Alle, die sonst teilnehmen wollen, können sich aber gern bei uns melden, sofern sie Milizsoldaten sind." Auslandseinsätze müssen wegen internationaler Verpflichtungen weitergeführt werden. Auch für die EU-Battlegroup muss das Bundesheer im zweiten Halbjahr rund 600 Soldaten bereitstellen. Fallen diese für den aktuellen Covid-Einsatz komplett weg? "Derzeit ist der Plan, dass wir alles so beibehalten. Das ist ja auch der Grund, warum wir diese beiden so noch nie erfolgten Maßnahmen getroffen haben mit dem Aufschub des Präsenzdienstes und mit der Aufbietung der Miliz." Quelle: Kleine Zeitung" vom 26.03.2020 Seite: 10 Ressort: Thema des Tages Von Wilfried Rombold, und Neue Vorarlberger Tageszeitung vom 26.03.2020 (Seite NEUE 4-NEUE 5)
Unsichtbare Gefahr - ein Fall für die ABC-Abwehr
Oberst Schlechter sind für die Bekämpfung des Coronavirus alle ABC-Abwehrtruppen in Österreich unterstellt. Derzeit sind das 300 Mann, aber es könnten durch die Teilmobilmachung der Miliz bald noch mehr werden: "Im Zuge der vorgesehenen Teilmobilmachung denken wir daran, AFDRU-Milizsoldaten einzuberufen – unsere Katastrophenhilfseinheit, die sonst im Ausland hilft, könnte in Österreich eingesetzt werden." Quelle: "Kurier" vom 26.03.2020 Seite: 2 Ressort: Sonder
Vom Glück, in Österreich zu leben - Kommentar
Unterfinanziert und unterschätzt in seiner Bedeutung ist auch das Bundesheer, das in der Coronavirus-Krise wieder ins Bewusstsein vieler Menschen rückt. Die helfenden Hände der Grundwehrdiener, das Engagement der Miliz, die Führungsfähigkeiten der Offiziere, die Expertise und der Einsatz der Experten quer durch alle Bereiche des Bundesheeres: Sie alle leisten ihren wichtigen Beitrag zu unser aller Sicherheit. Danke! Quelle: "Kurier" vom 26.03.2020 Seite: 2 Ressort: Sonder
"Bürger in Uniform sind jetzt wichtig"
Gibt es schon erste Pläne, welche Kompanien einberufen werden? "Generalmajor Erwin Hameseder: Der Generalstab nimmt aktuell die entsprechende Beurteilung vor. Ab dem 10. April besteht dann Planungssicherheit für alle. Das heißt, es ist dann fixiert, welche Einheiten von Jägerkompanien zum Einsatz kommen, und die Milizsoldaten wissen, ob sie zu den 10 Prozent der Miliz zählen, die einberufen werden." Sie sind Milizbeauftragter des österreichischen Bundesheeres - wie ernst ist diese Corona-Krise, dass dieser Einsatz zustande kommt? "Gerade in Krisenzeiten wird sehr deutlich, welch wichtige Funktion unser Bundesheer hat. Die Corona-Pandemie zeigt für jeden klar, wie komplex Bedrohungen für einen Staat sein können. Das Bundesheer ist hier die zentrale strategische Reserve, wenn es um Schutz und Hilfe geht. Ich halte die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung somit für richtig, nun Teile der Miliz aufzubieten. Die 3.000 Milizsoldaten werden wertvolle Arbeit für die Menschen in Österreich leisten." Wenn ein Milizsoldat, der einberufen wird, nicht abkömmlich für sein Unternehmen ist - hat er dann die Möglichkeit, diese Einberufung zu umgehen? Könnte er seinen Job verlieren? "Nein, es wird niemand den Job verlieren, dafür sorgt das Arbeitsplatzsicherungsgesetz. Grundsätzlich ist jeder Einberufungsbefehl zu befolgen. Es wird zudem niemand einberufen, der in einem Unternehmen arbeitet, das in der derzeitigen Krisensituation systemrelevant ist. Sollte ein Zweifelsfall entstehen, kommt es zu einer Einzelfallbeurteilung. Wir erleben gerade ein Novum, noch nie zuvor wurden in der Zweiten Republik Milizsoldaten einberufen. Der Vorgang jetzt unterstreicht die Bedeutung unserer Miliz in einer sehr herausfordernden Zeit." Wie ist der Einsatz mit der Wirtschaft vereinbar? "Neben dem Schutz und der Hilfe der zivilen Gesellschaft geht es bei diesem Einsatz auch darum, die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Wir leisten Transportleistungen, Sicherungsaufgaben bei Lagerstätten, Schutz kritischer Infrastruktur oder auch Grenzeinsätze. Das ist unerlässlich für unsere Versorgungs- und Standortsicherheit. Aus heutiger Sicht ist die Einberufung der Milizsoldaten für die Wirtschaft gut verkraftbar, zumal es sich um zehn Prozent der gesamten Miliz handelt und diese Soldaten zudem aus allen neun Bundesländern einberufen werden." Welche Unternehmen könnten von der Einberufung betroffen sein? "Ich bin davon überzeugt, dass für große Unternehmungen kaum Probleme entstehen sollten. Wenn es bei kleinen und mittleren Unternehmen Schwierigkeiten geben sollte, dann wird der Einzelfall beurteilt und letztendlich entschieden. Es steht aber über allem der notwendige Schutz unserer Bevölkerung, und die Miliz ist hier ein unverzichtbarer Teil des Bundesheeres, wenn es darum geht, die Durchhaltefähigkeit von Leistungen für die Menschen in Österreich zu gewährleisten. Der Bürger in Uniform ist genau jetzt wichtig, wenn er in dieser schwierigen Zeit aufgerufen ist, seine vielfältigen Kenntnisse und Fähigkeiten beim Bundesheer einzusetzen und mitzuhelfen, diese Krise zu bewältigen." Wird geprüft, ob auch abseits von Jägerkompanien Milizsoldaten in den Einsatz gerufen werden? Etwa bei der ABC-Abwehrtruppe? "Der Generalstab beurteilt täglich die Lage, derzeit ist vorgesehen, dass Jägerkompanien einberufen werden, aber das schließt bei einer entsprechenden Änderung der Lage nicht aus, dass auch andere Kompetenzen benötigt werden. Doch so weit ist es derzeit noch nicht." Derzeit ist ein Einsatz von drei Monaten geplant. Kann dieser verlängert werden? "Das ist derzeit nicht angedacht, es wird der jetzige Einsatz der Milizsoldaten zu gegebener Zeit evaluiert und die Lage beurteilt werden. Ich bin optimistisch, dass die von der Bundesregierung vorgegebenen Maßnahmen, also auf die Hygiene achten, möglichst zu Hause bleiben und persönliche Kontakte reduzieren, greifen und es zu einer Entschärfung der Krisensituation kommt." Wichtige Punkte zum Einsatz Um den 10. April wird bekannt sein, welche Jägerkompanien einberufen werden, die Einberufungsbefehle folgen ebenfalls noch im April. Wer für sein Unternehmen unabkömmlich ist, hat die Möglichkeit, dies zu melden. Am 4. Mai rücken die rund 3.000 Soldaten ein, es folgt eine zweiwöchige Einsatzvorbereitung. Der Einsatz wird hauptsächlich sicherheitspolizeilicher Natur sein. Etwa Bewachung von Botschaften, Grenzsicherung oder Schutz kritischer Infrastruktur. 050201-991670 ist die Nummer der Hotline, unter der Soldaten weitere relevante Informationen erfahren beziehungsweise wichtige Fragen stellen können. Das Arbeitsplatzsicherungsgesetz verhindert, dass Milizsoldaten wegen der Einberufung ihren Job verlieren. Wichtig dabei ist es, die Einberufung und alle anderen etwaigen Verlängerungen des Einsatzes unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden. Nur so können die Ansprüche geltend bleiben. Urlaub oder Zeitausgleich darf der Arbeitgeber während der Einsatzzeit nicht einfordern. Dem Arbeitnehmer entstehen durch seine Einberufung keine rechtlichen Nachteile. Ebenso gibt es einen Kündigungsschutz, der ab Erhalt des Befehls bis maximal einen Monat nach dem Einsatz aufrecht ist. Der Verdienst: Ein Angehöriger der Miliz, der zum Einsatzpräsenzdienst einberufen ist, hat nach dem Heeresgebührengesetz 2001 währenddessen Anspruch auf: erhöhtes Monatsgeld (ca. 525 Euro), Dienstgradzulage (abhängig vom Dienstgrad, z. B. Gefreiter = 61,41 Euro), Pauschalentschädigung (ca. 1.290 Euro) und einen Ausgleich des Einkommensentganges (bis maximal 9.695 Euro) sowie Fahrkostenvergütung. Urlaub und Familie: Es gelten dieselben Bestimmungen wie bei bisherigen Einsätzen - sofern nicht anders durch den Kommandanten geregelt, ist es auf jeden Fall möglich, nach Hause zu kommen. 27.000 Milizsoldaten gibt es österreichweit. Nach ihrem Grundwehrdienst haben sie sich dazu verpflichtet, zu regelmäßigen Übungen einzurücken, um für den Ernstfall bereit zu sein. Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik werden nun Milizsoldaten in einen Einsatz einberufen. Doch auch abseits davon haben sich viele Milizsoldaten bereits zu anderen Einsätzen im In- und Ausland freiwillig gemeldet. 3 Monate soll der Einsatz aus jetziger Sicht dauern - sofern es keine groben Verschlechterungen der Corona-Pandemie gibt. Sollte sich die Situation verschlimmern, stünden nach wie vor Tausende Milizsoldaten als Reserve bereit. Sich selbst zum Einsatz zu melden ist nicht möglich, da das Ministerium auf bereits eingespielte Einheiten setzt. 10 Jägerbataillone der Miliz gibt es österreichweit - eines in jedem Bundesland, nur in Wien stehen zwei bereit. Zusätzlich haben sich einige selbststrukturierte Jägerkompanien gebildet, die ebenfalls regelmäßig für den Ernstfall üben. Das Bundesheer ist per Verfassung nach einem Milizsystem auszurichten. Quelle: "Kurier" vom 26.03.2020 Seite: 4 Ressort: Sonder
"Unverzichtbar und unbezahlbar"
Verteidigungsministerin Tanner im OÖN-Interview über Soldaten in der Corona-Krise Wien. Erstmals in der Zweiten Republik werden Milizsoldaten einberufen. Über die Heeres-Aufgaben in der Coronavirus-Krise sprachen die OÖN mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (VP). OÖN: Frau Ministerin, wie fühlen Sie sich, als erster Ressortchef die Miliz zu mobilisieren und 3000 Soldaten einzuberufen? Klaudia Tanner: "Eine Situation, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie gegeben hat, erfordert besondere Maßnahmen: die Aufbietung der Miliz sowie die Verlängerung der Grundwehrdiener, die Ende März abgerüstet wären. In dieser Situation gilt es, allen Soldaten und Zivilbediensteten ein großes Dankeschön zu sagen. Das gilt auch jenen Milizsoldaten, die ihre Einsatzbereitschaft kundgetan haben, noch bevor der Einberufungsbefehl kommt. Wer ihn erhält, ist am 10. April klar, ab 4. Mai werden bis zu 3000 Milizsoldatinnen und -soldaten einberufen." Auf wie viele Milizsoldaten könnten Sie zurückgreifen und auch entsprechend ausrüsten? "Alle unsere Einsätze werden sehr strukturiert geplant und durchgeführt, und dieser Plan sieht jetzt das Aufbieten von bis zu 3000 Milizsoldatinnen und -soldaten vor. Das sind dann zirka zehn Prozent aller Milizsoldaten in Österreich. Das ist auch für die Wirtschaft verkraftbar, und die Wirtschaft bekommt auch die Zeit, sich darauf einzustellen und vorzubereiten." Wo wird die Miliz eingesetzt? "Ziel aller Einsätze ist, die Polizei zu entlasten, damit diese ausreichend Kapazitäten für ihre originären Aufgaben hat. Die Milizsoldaten werden auch die rund 2500 Grundwehrdiener, deren Dienst um zwei Monate verlängert wird, sukzessive ersetzen." Wie viele oö. Milizsoldaten werden einberufen, und wo werden sie konkret eingesetzt? "Das Ziel ist nicht, Milizsoldaten aus dem Zivilbereich herauszuziehen, die in kritischen Bereichen tätig sind wie z.B. der Gesundheitsversorgung. Welche Jägerkompanien genau eingezogen werden, wird am 10. April feststehen. Was Oberösterreich betrifft: Wir haben 100 Soldaten im Corona-Kriseneinsatz, dazu 85 Soldaten in Reserve. Eine Aufgabe, die diese durchführen, ist, das gesundheitsbehördliche Reisemanagement an der Grenze zu Deutschland zu unterstützen. Bis Freitag gibt es zudem Hilfe bei den Lebensmittelketten und neu die Sicherung kritischer Infrastruktur. Konkret werden ab sofort 39 zusätzliche Soldaten am Flughafen Hörsching eingesetzt. Sie unterstützen dort die Polizei, etwa durch Postenstreifen etc." Wie lange wird der Assistenzeinsatz des Heeres dauern? "Wir bereiten uns so vor, wie es seitens des Bundeskanzlers gesagt worden ist: Man kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon ausgehen, dass das Leben nach Ostern sofort komplett hochgefahren wird. Die Aufgabe als Bundesheer ist es, vorbereitet zu sein, und daher die in der Zweiten Republik erstmaligen Maßnahmen der Verlängerung des Grundwehrdienstes und der Milizaufbietung." Die Krise zeigt, dass ein Schwerpunkt des Staates in Zukunft wohl die Sicherheit sein muss. Welche Auswirkungen soll das auf das Budget haben? "Schon das Regelbudget, das mittlerweile Makulatur ist, wäre im Zeichen von Schutz und Hilfe gestanden. Jeder sieht jetzt auf jeden Fall, wie notwendig das Heer ist - auch so wie es aufgestellt ist, von der Wehrpflicht bis zu unserem besonderen Milizsystem." "Aufgabe des Heeres ist es, vorbereitet zu sein, und daher die in der Zweiten Republik erstmaligen Maßnahmen der Verlängerung des Grundwehrdienstes und der Milizaufbietung." Quelle: "Oberösterreichische Nachrichten" vom 26.03.2020 Seite: 2 Ressort: Thema Von: Eike-Clemens Kullmann
Wollen nicht im "Neo-Biedermeier" erwachen
Den Zustand unserer staatlichen Verfasstheit können wir an der Reaktion auf Krisen und Notlagen messen. Doch sie entblößt sich an vielen Nahtstellen als fragil. Ein verfassungspolitischer Blick auf die Coronakrise. Von einem aufgedunsenen Verwaltungsapparat, der vielfach - wie im Fall des Bundesheers - zwar desolat budgetiert ist, aber genügend Personalkraft für Denkleistung zur Verfügung hat, wären vorerarbeitete Notfallpläne mit klaren Strukturen und Befehlsketten zu erwarten – neben Ausgangssperren und Flugverboten, aber auch für den Umgang mit der Wirtschaft. So neu dieses Virus sein mag, so alt ist die existenzielle Bedrohung durch eine Pandemie. Während die geplante Einberufung der Miliz das Problembewusstsein der Regierung bekräftigt und - trotz unklarer Aufgabenstellung und unbeantworteter Kompetenzfragen - von der Bevölkerung großteils positiv aufgenommen wurde, wären unmittelbar dringlichere Maßnahmen im Gesundheitssystem erforderlich gewesen, indem man die fertigende Industrie frühzeitig zur Produktion mangelnder medizinischer Schutzausrüstung oder Respiratoren herangezogen hätte. Quelle: "Die Presse" vom 26.03.2020 Seite: 26 Ressort: Meinung Österreich, Von Markus Beham
Von Napoleon bis Corona
Das Bundesheer tritt in Krisenzeiten ins Rampenlicht. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Miliz. Durch das Coronavirus ist das österreichische Bundesheer schlagartig in den öffentlichen Fokus gerückt. Ging es in bisherigen Diskussionen zumeist um die marode Finanzlage der Armee und den Streit um die Luftraumüberwachung, so steht nun die Rolle des Heeres als Helfer in Krisenzeiten im Fokus. Sei es beim Grenzschutz, in Warenlagern, bei Gesundheitskontrollen und bei der Rückholung von Österreichern aus dem Ausland: In einigen Bereichen sind die Soldaten nun tätig. Derzeit werden die Aufgaben von Grundwehrdienern, deren Dienst verlängert wurde, und Berufssoldaten ausgeführt. Im Mai werden sie von Milizsoldaten abgelöst. Denn erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik kommt es zu einer Teilmobilisierung der Miliz. Warum gibt es die Miliz? Milizsoldaten haben ihren Grundwehr- oder Ausbildungsdienst, etwa als Soldat, der sich für ein Jahr freiwillig gemeldet hat, absolviert. Sie gehen ihrem Zivilberuf nach, sind aber weiter ins Bundesheer eingegliedert. Sie nehmen an Übungen sowie Einsätzen teil und können im Notfall mobilgemacht werden. "Eingeführt wurde das Milizsystem während der napoleonischen Kriege", sagt Oberst Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums. Damals sei die Parole ausgegeben worden: "Das Volk verteidigt sich gegen Napoleon und jeder ist dabei." Neben diesen idealistischen Gründen sprachen vor allem finanzielle Vorteile für die Einführung des Milizsystems. Ein Berufsheer käme den Staat nämlich wesentlich teurer, weil er die Berufssoldaten durchgehend bezahlen müsste. "Der Staat versucht daher, die Kosten in Friedenszeiten möglichst gering zu halten", sagt Bauer. Im Anlassfall könne er dann auf die Miliz zurückgreifen und dadurch schnell personell aufrüsten: "Armeen sind grundsätzlich für außergewöhnliche Situationen wie die Corona-Krise geschaffen." Wie ist die Miliz strukturiert? In Österreich gibt es derzeit rund 25.000 Milizsoldaten; mit Grundwehrdienern und Berufssoldaten kommt das Heer auf rund 55.000 Soldaten. Von historischen Spitzenständen ist man damit weit entfernt. "Während des Kalten Kriegs war geplant, dass bis zu 300.000 Soldaten zur Verfügung stehen", erklärt der Oberst. Zu Höchstzeiten seien um die Mitte der 1990er-Jahre rund 180.000 Mann einsatzbereit gewesen. "Ab dann ist es bergab gegangen." Die Miliz ist folgendermaßen aufgebaut: In jedem Bundesland gibt es ein Miliz-Jägerbataillon, die einzige Ausnahme ist Wien, dort bestehen zwei. Jedes Bataillon umfasst rund 1000 Mann und ist in Kompanien gegliedert. Daneben gibt es zwölf selbständige, regionale Jägerkompanien wie die Jägerkompanie Hietzing oder Jägerkompanie Pongau. "Diese Kompanien sichern wichtige strategische Objekte wie Kraftwerke oder das ORF-Zentrum am Küniglberg. Die Soldaten üben alle zwei Jahre dort und wissen daher genau, was ihre Aufgaben sind", sagt Bauer. Weiters existieren auch Milizverbände anderer Waffengattungen wie etwa die Pionierkompanien. Wer wird nun konkret einberufen? 3000 Mann werden einberufen. "Aus den einzelnen Bataillonen werden einzelne Kompanien herausgenommen", erklärt Bauer. Dadurch sei es möglich, die Soldaten regional gut zu verteilen. Welche Personen betroffen sind, sei noch unklar, sagt Bauer. Fest steht, dass Ärzte nicht einberufen werden. "Es wird auch Ausnahmen für Personen geben, die für die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur verantwortlich sind", erklärt der Oberst. Jemand, der hauptberuflich in leitender Funktion bei einem Elektrizitätswerk beschäftigt ist, werde also nicht einberufen. Wie schaut der weitere Zeitplan aus? Bis 10. April soll feststehen, wer einberufen wird. Mit 4. Mai rücken die Milizsoldaten ein, es folgt eine zweiwöchige Ausbildung. Ab dem 18. Mai übernehmen sie dann schrittweise die Aufgaben, die derzeit von Berufssoldaten und Grundwehrdienern durchgeführt werden. Das Verteidigungsministerium geht davon, dass die 3000 einberufenen Milizsoldaten zur Erfüllung der Aufgaben reichen werden. Der Einsatz ist auf drei Monate angelegt. Quelle: "Wiener Zeitung" vom 26.03.2020 Seite: 6 Ressort: Politik Von: Daniel Bischof