Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

"Die Leute sehen einen Sinn in ihrer Aufgabe" - Interview mit Bataillonskommandant Koroknai

14. April 2020 - 

Oberst Stefan Koroknai ist einer von zehn Kommandanten eines Miliz-Jägerbataillons. 2016 übernahm er das Kommando über das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister". Jetzt steht fest, welche seiner Jägerkompanien aufgeboten wird und in den Einsatz geht. Was das für ihn bedeutet, welche Arbeit jetzt zu tun ist und wie die Stimmung seiner Kameraden ist, darüber haben wir mit ihm gesprochen.

Das Interview

Herr Oberst, Sie sind jetzt seit 32 Jahren Milizsoldat und kommandieren seit vier Jahren das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister". Hätten Sie je damit gerechnet, die Aufbietung der Miliz zu erleben?

Koroknai: Es gab zwar meiner Meinung nach schon die eine oder andere Situation, wo die Aufbietung der Miliz vertretbar gewesen wäre. Aber ich hätte nicht erwartet, dass ich das noch erleben werde. Umso besser finde ich es, dass in der aktuellen Lage mit der Verlängerung der Grundwehrdiener eine direkt greifende Maßnahme gesetzt wurde. Als längerfristige Maßnahme ist die Aufbietung der Miliz die logische Weiterentwicklung. Dadurch kann der Bevölkerung gezeigt werden, dass wir - die Miliz - als strategische Reserve für diese Aufgabe prädestiniert sind.

Die Kommunikation der österreichischen Bundesregierung sehe ich als außergewöhnlich konkret. Trotzdem passiert die Arbeit der Soldaten hauptsächlich im Hintergrund. Wir spielen die Polizei frei, beispielsweise an den Grenzen oder vor den Botschaften, damit diese ihre zusätzlichen Aufgaben im Rahmen von Corona wahrnehmen kann.

Die 2. Kompanie des Jägerbataillons Wien 1 geht in den Einsatz. Üblicherweise führen Sie das gesamte Bataillon, sprich drei Jägerkompanien und die Stabskompanie. Was bedeutet es für Sie, wenn nur Teile des Bataillons eingesetzt werden?

Koroknai: In der aktuellen Situation haben schon und werden noch viele weitere Teile des Bataillons im Hintergrund mitarbeiten. Vorweg aber ein Lob an die Garde und das Militärkommando Wien, die uns von Anfang an in die Planungen einbezogen haben. Sie haben mir die Freiheit gelassen, die betreffende Kompanie auszusuchen. In der Vorbereitung unterstütze ich den Kompaniekommandanten, er ist jetzt auch oft bei Besprechungen dabei und in den Planungsprozess eingebunden. Wir erarbeiten gemeinsam den Bedarf an Ausbildung und Einsatzvorbereitung, bei der wir auch durch Ausbildungspersonal unterstützen. Wir verstärken aber auch die Garde, es sind zum Beispiel jetzt schon einige Offiziere und Unteroffiziere des Bataillons dort im Einsatz. Wichtig ist, dass den einrückenden Soldaten ganz klar der Sinn kommuniziert wird. Ich habe schon mehrfach die Aussage gehört "Jetzt werden die Maßnahmen gelockert, wozu ist das überhaupt noch notwendig?". Das ist nur die halbe Wahrheit. Die Polizei wird die Maßnahmen noch länger kontrollieren müssen - und damit sie das kann, müssen wir sie freispielen.

Wieso genau diese Kompanie, was war dafür ausschlaggebend?

Koroknai: Ich schätze alle drei Kompanien, jede hätte die Aufgabe meistern können. Ausschlaggebend war die Befüllung im Org-Plan, die dem Wandel der Zeit unterliegt. Hin und wieder gibt es Personen, die aus dem Org-Plan herausfallen, weil sie zum Beispiel in Milizpension gehen. Damit sind dann gewisse Schlüsselpositionen eine Zeit lang unbesetzt. Die zweite Kompanie ist derzeit am besten mit den Fachfunktionen befüllt. Die Fachbereiche sind mit Experten versorgt, daher müssen wir hier nicht auffüllen oder die Kompanien mischen.

Wie ist die Stimmung in der Kompanie? Haben Sie ein erstes Stimmungsbild?

Koroknai: Es gab schon von Beginn an, nach Bekanntgabe der Aufbietung, beide Extreme. Viele wollten wissen, welche Kompanie betroffen ist. Manche sind unabkömmlich, die Mehrheit aber fragte "Wo muss ich mich melden? Ich will helfen. Ich will unterstützen!". Es gibt eine starke Tendenz in Richtung Freiwilligkeit, weil die Leute einen Sinn in ihrer Aufgabe sehen.

Wie geht es jetzt weiter? Am 15. April werden die Einberufungsbefehle ausgeschickt. Was passiert dann?

Koroknai: Die Vorbereitungen sind im Laufen, wir haben mögliche Varianten geplant. Viel davon wird jetzt in der Privatzeit gemacht. Eine Woche vor der Kompanie rückt das Kompaniekommando mit seinen Schlüsselpersonen ein. Ich selbst werde bei der Einrückung sicher dabei sein. Zusätzlich habe ich vor - sofern es mein Beruf zulässt - so oft wie möglich bei den eingesetzten Soldaten zu sein und bestmöglich zu unterstützen. Auch wenn dies größtenteils in meiner Privatzeit erfolgen wird, für mich ist das ganz normale Kommandantenverantwortung.

Das Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister" ist traditionell stark mit der Stadt Wien verhaftet. Was bedeutet das im Hinblick auf den Einsatz?

Koroknai: Wir sind zwar regional verbunden, können aber österreichweit eingesetzt werden. Bundesländer, die selbst wenig Miliz haben, können so verstärkt werden. Das halte ich aber nicht für wahrscheinlich. Wir werden eher im Objektschutz in Wien eingesetzt werden. Die anderen Kompanien werden eine zweiwöchige Einsatzvorbereitung haben, bei uns wird es vermutlich eine vierwöchige sein. Der Grund dafür ist die notwendige und intensive Ausbildung in den polizeilichen Kompetenzen. Unser Vorteil ist, dass wir sehr gut ausgebildet sind und in grundlegenden Bereichen weniger Einsatzvorbereitung brauchen.

Oberst Koroknai, l., im Gespräch mit Major Claus Triebenbacher. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Oberst Koroknai, l., im Gespräch mit Major Claus Triebenbacher.

2016 übernahm Koroknai das Bataillon von seinem Vorgänger. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

2016 übernahm Koroknai das Bataillon von seinem Vorgänger.

Für die 2. Kompanie wird es bald wieder so aussehen: Ausbildung... (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

Für die 2. Kompanie wird es bald wieder so aussehen: Ausbildung...

...und dann in den Einsatz. Archivfoto ohne Mund-Nase-Schutz. (Bild öffnet sich in einem neuen Fenster)

...und dann in den Einsatz. Archivfoto ohne Mund-Nase-Schutz.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle | Verhaltenskodex