Die "alten Hasen" der Kompanie
Auf den ersten Blick haben die beiden Soldaten wenig gemeinsam: Der Korporal ist schlank, mittelgroß und hat kurze, schwarze Haare. Der Gefreite neben ihm ist groß, hat einen leichten Bauchansatz, die graumelierten Haare spiegeln seine Lebenserfahrung wider. Doch als sie zu erzählen beginnen – von der ersten Übung der Kompanie in Stixneusiedl, bei der sie extrem gefordert wurden, aber noch nie so viel gelernt haben, oder von der Übung in Allentsteig, bei der sie 36 Stunden durchgehend auf Posten waren – wird klar, dass sie doch vieles gemeinsam haben. Beide sind Milizsoldaten, und beide dienen von Beginn an in der Jägerkompanie Tulln.
Bis heute nicht enttäuscht
Die Milizkarriere des Gefreiten Daniel Sch. ist untypisch: Er rückte 1997 ein und war Systemerhalter. Als Schreiber verbrachte er den größten Teil seines Grundwehrdienstes in der Kompaniekanzlei. "Das hat mich gar nicht begeistert. Danach wollte ich vom Bundesheer meine Ruh' haben", erzählt er. Die hatte er. Bis 2015, als die selbständigen Jägerkompanien aufgestellt wurden. "Damals sprach mich der Kommandant der Jägerkompanie Tulln an, ob ich bei ihnen mitmachen will. Was er erzählte, klang interessant – da war ich dabei", so Sch.
Als die Nachricht über die Aufbietung kam, war für den 42-Jährigen klar: "Ich gehe in den Einsatz!" Seine Frau, eine Volksschullehrerin, unterstützt ihn dabei. Auch die Kinderbetreuung ist organisiert, denn ab nächster Woche steht sie wieder in der Klasse. Schwerer ist es für seine Kinder, vor allem für seine 9-jährige Tochter. Doch mit der neuen Freizeit-Regelung werden die drei Monate Einsatz nicht ganz so lang. Volle Unterstützung hat er auch von seinem Arbeitgeber: Denn als Ein-Personen-Unternehmen ist er sein eigener Herr. Auch wenn der Einsatz sein gewohntes Leben in allen Bereichen merklich beeinflusst, zu Hause bleiben war für ihn keine Option. "Es wäre für mich nicht in Frage gekommen, meine Kompanie jetzt im Stich zu lassen. Ich bin seit 2015 dabei und wurde bis heute nicht enttäuscht", sagt Sch.
Haben sich eine Pause verdient
Korporal Manfred B. ist gelernter Maschinenschlosser. Den ersten Kontakt mit dem Bundesheer hatte er schon lange vor der Stellung: Das Bundesheer war sein Lehrherr, seinen Beruf erlernte er in der Heereszeuganstalt im Wiener Arsenal. 2003 rückte er zum Panzerbataillon 33 in Zwölfaxing ein, die Nähe zu seinem Heimatort Mauerbach führte ihn später zur Jägerkompanie Tulln.
Der 36-Jährige ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich der zivile Beruf und die militärische Berufung ergänzen können: Im zivilen Leben arbeitet er als Sicherheitsfachkraft in einem Kraftwerk, sein militärischer Job ist der Schutz kritischer Infrastruktur – wie eben Kraftwerke. Was er hier lernt, kann er auch im Beruf nutzen und umgekehrt. Was ihn stört, ist das fehlende Verständnis für den Einsatz in seinem Bekanntenkreis: "Was niemand versteht ist, dass wir die Soldaten ablösen, die in den letzten Monaten im Einsatz waren. Viele davon kamen fast nicht nach Hause. Die haben sich jetzt eine Pause verdient! Jetzt machen wir den Job, und nach drei Monaten lösen uns die nächsten ab", bringt es der Korporal auf den Punkt.
"Mutter, Ehefrau, Geliebte"
Was bringt Menschen dazu, ihr gewohntes Leben für drei Monate hinter sich zu lassen und die Uniform anzuziehen? Dafür glaubt der Miliz-Gefreite die Antwort gefunden zu haben: "Für einen Grundwehrdiener ist das Bundesheer wie eine Mutter, für Berufssoldaten wie eine Ehefrau und für Milizsoldaten wie eine Geliebte", sagt er mit verschmitztem Lächeln.
Für viele Milizsoldaten ist die Beziehung zu ihrer militärischen Aufgabe und Heimat durchaus eine emotionale. Das trifft auch auf die Jägerkompanie Tulln zu. Die beiden Soldaten sind gerne dabei, weil die Kameradschaft stimmt, ihre Vorgesetzten gute Führungsqualitäten haben, und sie ihre Arbeit gerne machen. Ob sie sich eine Ausbildung zum Unteroffizier vorstellen können? Korporal B. kann sich das vorstellen, sofern die Milizausbildung geändert wird. "Jetzt geht es nicht, ich kann nicht ein Jahr weg von der Firma. Wenn es wieder wie früher in Modulen möglich ist, dann ja", sagt B.
"Nein, mit 42 glaube ich nicht, dass ich dafür noch der richtige bin. Außerdem mag ich das, was ich jetzt mache", sagt Gefreiter Sch. nach kurzem Überlegen. Zur Diskussion um den Einsatz möchte er noch eines loswerden: "Ich möchte, dass jeder weiß, dass die Miliz niemandem den Job und schon gar kein Geld wegnimmt. Wir unterstützen unsere Leute und brauchen auch deren Unterstützung."