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Heimatschutz - ein Dilemma für die National Guard

von Raymond E. Bell Jr.

Kurzfassung

◄ Die amerikanische National Guard umfasst die beiden Komponenten Army National Guard und Air National Guard und leitet sich von den kolonialen Milizen des 17. und 18. Jahrhunderts her. Bis zum Ersten Weltkrieg oblag den Milizen der Heimatschutz unter der Befehlsgewalt des jeweiligen Gouverneurs, seither zählten auch Kampfeinsätze im Ausland zu ihren Aufgaben.

Bis 1948 gab es eine einheitliche National Guard; mit der Etablierung der Luftstreitkräfte als eigener Teilstreitkraft wurde in einigen Bundesstaaten eine Air National Guard ins Leben gerufen, die sowohl dem Bundesstaat wie der Regierung unterstand. Air National Guard und Air Force Reserve sind vollständig in die Air Force-Struktur integriert, was man von der Army National Guard und ihrem Verhältnis zur aktiven Armee nicht behaupten kann.

Bis zum 11.9.2001 wurden die eigentlichen Heimatschutzaufgaben vornehmlich von der Air National Guard wahrgenommen, weil sich im Kalten Krieg Heimatschutz in erster Linie als Luftverteidigung gegen einen sowjetischen Angriff darstellte. Die Army National Guard bewährte sich mit 19 Divisionen im Zweiten Weltkrieg, später dann im Korea-Krieg und im Kalten Krieg. Mit dem Ende der allgemeinen Wehrpflicht 1972 wurde auch die Army Guard stark reduziert, und im Golfkrieg von 1990 stellte sie nur mehr Kampfunterstützungsverbände, aber keine Kampftruppen mehr.

Während Air National Guard-Verbände in den Lufteinsätzen über dem Kosovo oder in Afghanistan zum Einsatz kamen, scheint sich Heimatschutz zur alleinigen Aufgabe der Army National Guard zu entwickeln. Der daraus resultierende Widerwille der Gardisten, auf Nicht-Kampfrollen beschränkt zu werden, ist nach Meinung des Autors verständlich.

Die National Guard, deren Hauptauftrag bis in die 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts in Heimatschutz bestand, bevor sie in vielen transnationalen Kampfeinsätzen ihren Wert unter Beweis stellen konnte, sieht ihre Kampfrolle zunehmend marginalisiert und befürchtet, in eine Kampfunterstützungsorganisation umgewandelt zu werden. ►


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Heimatschutz - ein Dilemma für die National Guard

Die National Guard, die heutzutage zwei Komponenten umfasst - die Army National Guard und die Air National Guard -, ist die älteste militärische Organisation der Vereinigten Staaten. Die Guards der 50 Staaten sowie jene in Guam, Puerto Rico, auf den Jungfern-Inseln und im District of Columbia, die in ihrer Gesamtheit die National Guard ausmachen, gehen in ihrem Ursprung auf die kolonialen Milizen des 17. und 18. Jahrhunderts zurück.

Jede der Kolonien verfügte über ihre eigene Milizorganisation, deren Einsätze im Wesentlichen auf das eigene Kolonialgebiet beschränkt blieben. Kampfeinsätze außerhalb des kolonialen Gebietes wurden zumeist von Freiwilligen oder vom Mutterland Großbritannien durchgeführt. Einige der Kolonisten waren aus Profitgier nach Amerika ausgewandert, andere suchten das Abenteuer, viele waren wegen der neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten gekommen, andere um der religiösen Unterdrückung in ihren Heimatländern zu entgehen. Auf Grund der eigenen Erfahrungen, die die Mitglieder dieser Milizorganisationen in Europa gemacht hatten, reflektierten diese die Einstellung der jeweiligen Kolonie zu Selbstverteidigung und Heimatschutz. So versuchten zum Beispiel die pazifistischen Quäker Pennsylvanias, die die koloniale Regierung kontrollierten, die Aufstellung einer Miliz zu verhindern. Erst 1747, lange nachdem sich die ersten Siedler im Commonwealth von Pennsylvania niedergelassen hatten, gelang es dem Erfinder und Staatsmann Benjamin Franklin in Philadelphia einen Verteidigungsbund von Freiwilligen auf die Beine zu stellen.

Die Hauptaufgabe der Milizen war der Heimatschutz. Bis vor Ausbruch der amerikanischen Revolutionskriege konnte sich jeder Gouverneur auf seine Miliz verlassen, wenn es darum ging, die Bürger vor lokalen Überfällen durch Indianer oder deren Verbündete, den Franzosen und Spaniern, zu schützen. Seit der Gründung der Vereinigten Staaten bis kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges führten bewaffnete Truppen, die aus den ursprünglichen Milizen hervorgegangen waren, kaum Kriege außerhalb der Landesgrenzen. Schließlich wurden die Einheiten der National Guard der Regierung unterstellt und 1916 und 1917 auf Befehl des Präsidenten der Vereinigten Staaten zum Dienst an der mexikanischen Grenze mobilisiert, nicht aber zum Kampfeinsatz in Mexiko selbst.

Nach dem Krieg von 1812 waren es Freiwilligenverbände und Einheiten der regulären Armee, die den Großteil der Kampftruppen in transnationalen Kriegen stellten, wie von 1846 bis 1848 in Mexiko und von 1898 bis 1902 gegen Spanien.

Im Ersten Weltkrieg wurden Verbände der National Guard erstmals ins Ausland verlegt, was einen Wendepunkt für die Verwendung der National Guard darstellte, denn seit diesem ersten Truppeneinsatz außerhalb der kontinentalen Grenzen der USA sind Kampfeinsätze außerhalb der USA und Heimatschutz gleichwertige Aufgaben der National Guard.

Die Verlegung von National Guard-Divisionen nach Frankreich im Ersten Weltkrieg brachte einige US-Bundesstaaten in eine Zwangslage, da sie dadurch ihrer Heimatschutztruppen beraubt wurden. Dem wirkte zum Beispiel New York mit der Aufstellung einer so genannten State Guard entgegen. Die Freiwilligen dieser Organisation rekrutierten sich aus Männern, die für den regulären Dienst in der National Guard von New York oder der US-Armee untauglich oder aus dem aktiven Dienst ausgeschieden waren. Als zum Beispiel der Aquädukt, der New York City mit Wasser versorgte, durch deutsche Sabotage gefährdet schien, wurde die Guard von New York mobilisiert, um die lange Pipeline zu schützen. In jüngster Zeit verrichtete sie Dienst in Lower Manhattan, nachdem die von Terroristen gesteuerten Flugzeuge in die Twin Towers des World Trade Centers gerast waren. Obwohl es sich um bundesstaatliche Truppen handelt, erhalten sie keine finanziellen Zuwendungen von der Regierung, sondern dienen ausschließlich dem Gouverneur. Damit sind sie mit den Milizen der ehemaligen Kolonien am ehesten zu vergleichen. Es ist jedoch nicht Absicht des vorliegenden Beitrags, bundesstaatliche Kräfte zu untersuchen, die keine Regierungsunterstützung erhalten.

Der Heimatschutz im Wandel

Im 19. Jahrhundert trugen die bundesstaatlichen National Guards die Hauptverantwortung für den Heimatschutz. Doch mit dem fortschreitenden Jahrhundert nahmen die Bedrohungen für die territoriale Integrität der Vereinigten Staaten deutlich ab. Weder Kanada im Norden noch Mexiko im Süden stellten eine wirkliche Invasionsbedrohung des Landes dar. Währenddessen waren die Vereinigten Staaten auch zur Seemacht geworden und damit in der Lage, feindliche Kräfte von den amerikanischen Küsten fern zu halten. Zugleich und bis ins 20. Jahrhundert hinein konnte man sich zur Verteidigung wichtiger Küsteninstallationen und Häfen auf feste Artilleriestellungen auf beiden Seiten des US-Kontinents verlassen. Da die Marine, Vorgänger der Coast Guard, und die Army Coast Artillery zunehmend den Schutz der Küsten übernahmen, nahm die Notwendigkeit der Ausbildung von Milizkräften zur Verteidigung gegen Eindringlinge aus Übersee ab.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Luftstreitkräfte noch nicht genug entwickelt, um eine Bedrohung für das Festland der Vereinigten Staaten darzustellen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Sowjets begannen, atomare Waffen und eine strategische Luftwaffe mit Langstreckenbombern nach dem Modell der US-amerikanischen B29 zu entwickeln und schließlich auch über Raketen und Flugkörper verfügten, sah sich Amerika real aus der Luft bedroht.

Die sowjetische Marine baute inzwischen ihre U-Boot-Flotte aus, die die amerikanische Marine auf hoher See herausfordern und die USA mit Nuklearraketen bedrohen sollte. Andererseits trieben die Sowjets den Ausbau der amphibischen Verbände nicht weit genug voran, um das Festland der USA wirklich angreifen zu können, wenngleich Alaska durch seine Nähe zu Sibirien gefährdet war.

Als Abschreckung für den Warschauer Pakt ließen die Vereinigten Staaten zu Beginn des Kalten Krieges Streitkräfte in verbündeten Überseestaaten stationiert. Der Heimatschutz konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Luftverteidigung. Während vorgeschobene Kräfte der Armeebodentruppen, des U.S. Marine Corps und der Seestreitkräfte potenzielle Gegner auf Distanz hielten, waren die Air Force und die Army für die Luftverteidigung des Heimatlandes zuständig.

Die Air National Guard

Der Ausbruch des Kalten Krieges war für die National Guard von großer Bedeutung. Bis 1948 hatte es nur eine Organisation gegeben, die als National Guard bekannt war. Doch während des Zweiten Weltkrieges hatte sich die Heeresluftwaffe als ein so bedeutender Faktor in der Kriegführung der Vereinigten Staaten erwiesen, dass auf die Schaffung eigener Luftstreitkräfte gedrängt wurde. 1948 wurde die U.S. Air Force als eigene Teilstreitkraft eingerichtet. Zugleich wurde in einigen Bundesstaaten eine Air National Guard aufgestellt, die sowohl dem Bundesstaat wie der Regierung unterstand, während die Bodenelemente der bundesstaatlichen und territorialen Guards kollektiv zur Army National Guard wurden.

Von Anfang an wurde die Air National Guard der einzelnen Bundesstaaten und Territorien der Army National Guard gegenüber bevorzugt. Als relativ junge, heute kaum 50 Jahre alte Organisation hat sie freilich nicht die Wurzeln und das historische Erbe der Army Guard. Deshalb gibt es auch kaum Kontroversen zwischen der aktiven Air Force und der Guard, wie sie leider zwischen der aktiven Armee und der Army National Guard bestehen. Heute ist die Air Guard zusammen mit der Air Force Reserve (einer strikten Reservekomponente, die der Regierung unterstellt ist) vollständig in die Air Force-Struktur integriert. Die Tüchtigkeit und Erfahrung der Air Guard, die zu einem großen Prozentsatz aus ehemaligem aktiven Air Force- Flug- und Bodenpersonal besteht, werden von ihren aktiven Kameraden sehr geschätzt. Deshalb gibt es bei der Air Guard kein "Zweiklassensyndrom", das zu unangemessenen Reibereien zwischen den drei Air Force-Komponenten führen könnte.

Die Bedrohung durch die Sowjets und die Rolle der National Guard in der Luftverteidigung

Die kürzeste Route, den nordamerikanischen Kontinent anzugreifen, führte von der Sowjetunion über den Nordpol nach Kanada und in das Gebiet der Vereinigten Staaten. Dies führte zur Schaffung des gemeinsamen amerikanischkanadischen North America Air Defense Command, das über ein Frühwarn- und Fliegeralarmsystem verfügte. Zum integralen Bestandteil des Alarmsystems gehörten die Abfangjäger der Air National Guard, die in Bereitschaft standen, im Falle eines feindlichen Angriffs sofort aufzusteigen und den Luftraum Kanadas und der Vereinigten Staaten zu verteidigen.

In diesem Verteidigungsschema spielte auch die Army National Guard eine bedeutende Rolle. Ursprünglich wurden die um wichtige Installationen und Städte angeordneten Flak-Batterien von der aktiven Armee gestellt. Schließlich wurden die Kanonen aber durch Nike Ajax- und Hercules Boden/Luft-Raketen abgelöst. Mit der Zeit gab die aktive Armee die Aufgabe der stationären Luftverteidigung an die Army National Guard ab, da es sich als effizienter herausgestellt hatte, über ein stabiles Reservoir von Gardisten zu verfügen, als einberufenes Armeepersonal für die Waffensysteme bereitzustellen.

Kader von hauptberuflichen Guards (Zivilisten des Department of Army) hielten die Batterien in Bereitschaft und waren in der Lage, eindringende feindliche Flugzeuge kurzfristig unter Beschuss zu nehmen. Dieser Kern von hauptberuflichen Gardisten wurde durch Teilzeitgardisten, d.h. Guards im traditionellen Sinn, verstärkt, die die Organisationen in Zeiten eines Krisenfalles oder Krieges auffüllten. Gardepersonal, das sich für sechs Jahre verpflichtete, und uniformierte zivile Techniker des Department of Army, verbrachten im Rahmen des Luftverteidigungsprogramms mehr Zeit an ihrer Dienststelle als jene, die aktiven Dienst verrichteten. Dies führte dazu, dass sie an Fachkompetenz und Leistungsfähigkeit dem aktiven Heerespersonal überlegen waren, was auch durch das jährliche Übungsschießen belegt wurde.

In gleicher Weise profitierte auch die Air National Guard von einer stabilen Personalsituation. Die Air Guard war von der Wehrpflicht, dem so genannten Draft, nicht in gleicher Weise betroffen wie die Army National Guard. Nicht nur, dass es hier weniger personelle Veränderungen gab, die Air Guard verfügte - und verfügt bis heute - über einen größeren Kader als die Einheiten der Army National Guard. Das Air Guard-Personal bestand seit jeher bis zu 25% aus vollberuflichen Technikern (Zivilisten des Department of Air Force). Durch die aktive Integration der Air Guard in die Struktur der aktiven Air Force übernahm die Air Guard einen Gutteil der Verantwortung für die Verteidigung des amerikanischen Luftraums. In vielen Bundesstaaten hielt die Air National Guard Abfangjäger rund um die Uhr in Bereitschaft.

In den 70er-Jahren, ungefähr mit Ende der Wehrpflicht, lief das Raketenabwehrprogramm der Army National Guard aus. Vergeltungsschläge mittels strategischer Langstreckenraketen ersetzten das stationäre Raketenabwehrsystem, und der Auftrag des Heimatschutzes wurde fast ausschließlich von der Air Force und ihren Reservekomponenten übernommen - oder besser gesagt: bis zum Terrorangriff vom 11. September 2001.

Wie man sieht, hatte sich der Fokus des Heimatschutzes zunehmend verengt. Der Einsatz von Streitkräften außerhalb des eigenen Landes, insbesondere der Air Force mit ihrer Guard und Reserve, wurde zum einzigen und wichtigsten Mittel, das Leben der Amerikaner in den Vereinigten Staaten zu schützen.

Die veränderte Rolle der Army National Guard

Welche Rolle kam nun der Armee und insbesondere der Army National Guard zu, wo doch der Heimatschutz vornehmlich zur Aufgabe der Air Force geworden war?

Wie bereits erwähnt, wurde die National Guard aller Bundesstaaten und des District of Columbia 1917 bei Eintritt Amerikas in den Krieg mobilisiert und zum Kampfeinsatz nach Frankreich verlegt. Obwohl nicht alle Gardisten im Kampf eingesetzt wurden, trugen sie doch sehr wesentlich zu den amerikanischen Bemühungen und dem Sieg der Alliierten bei. Nach dem Krieg regelte der National Defense Act von 1920 die Rolle der National Guard innerhalb der zukünftigen Struktur der amerikanischen Streitkräfte. Da die aktive Armee stark reduziert wurde, wurde die National Guard zum größten Bodentruppenverband der USA.

Als Amerika in den Zweiten Weltkrieg eintrat, war die National Guard einzelner Bundesstaaten bereits mobilisiert worden und fungierte so als Basis für die rasche Erweiterung der US-Armee. Dabei wurden viele Unteroffiziere der National Guard zu Offizieren ernannt, und die meisten Einheiten der National Guard verloren erfahrenes Personal, das als Kaderpersonal für die neu entstandenen Divisionen gebraucht wurde.

Nach der Niederlage der so genannten "philippinischen" Division auf der Halbinsel Bataan wurden die ersten bedeutenden Einheiten der amerikanischen Bodeneinsatztruppen vornehmlich aus National Guard-Verbänden zusammengesetzt. So wurde zum Beispiel im Sommer 1942 die 32. Infanterie-Division der Bundesstaaten Wisconsin und Michigan auf Neuguinea im Kampf gegen die Japaner eingesetzt, nur Monate nach dem Fall der Insel Corregidor auf den Philippinen. Insgesamt wurden im Zweiten Weltkrieg 19 National Guard-Divisionen im Kampf eingesetzt, das sind um zwei mehr als im Ersten Weltkrieg. Ungefähr die Hälfte der Armee-Divisionen, die am pazifischen Kriegsschauplatz eingesetzt wurden, waren Guard- Divisionen.

Während des Koreakrieges und des Kalten Krieges wurde regierungsunterstelltes Army National Guard-Personal ins Ausland entsandt. Die 40. und 45. Infanterie-Division kämpften auf der nordkoreanischen Halbinsel, die 28. und 43. wurden nach Deutschland verlegt. Die Guard-Divisionen wurden von Divisionen der aktiven Armee ersetzt, sobald diese ihre Struktur vergrößert hatte. Leider wurden im Vorfeld des Vietnamkrieges Einheiten der Army Guard auch zum Schlupfloch für Wehrdienstverweigerung. Obwohl viele dieser Organisationen mit Personal aufgebläht waren, waren sie als kampfbereite Verbände von geringem Wert.

1972 kam mit der Schaffung von Streitkräften auf Freiwilligenbasis das Ende für die Wehrpflicht. Dies führte dazu, dass die Army Guard stark reduziert wurde, nicht nur durch die Abschaffung der Wehrpflicht selbst, sondern auch durch die Reorganisation der Verbände. Dennoch verlangte der Kalte Krieg die Einsatzbereitschaft von National Guard-Verbänden, insbesondere in Westeuropa. Etliche National Guard-Divisionen wurden in erhöhter Bereitschaft gehalten, während Flak-Bataillone der Guard Raketenstützpunkte mit Personal besetzten und Air National Guard-Einheiten ausgebildet wurden, sowohl im Ausland wie über dem nordamerikanischen Kontinent zu kämpfen.

Mit Ende des Kalten Krieges begannen die US-Streitkräfte ihre Stärke und Struktur zu verringern, was auch die Reservekomponenten mit einschloss. Zum Glück war dieser Prozess erst im Anlaufen, als Saddam Hussein 1990 in Kuwait einmarschierte. Die Reaktion etlicher Staaten darauf führte schließlich zur Vertreibung Saddams aus Kuwait und zur Schwächung seiner militärischen Kräfte. Doch zum ersten Mal nahmen Kampfverbände der Army National Guard an einem großen Krieg nicht teil, obwohl sich Air National Guard-Einheiten und Army Guard- Kampfunterstützungs- und Versorgungstruppen für den überragenden Sieg als absolut notwendig erwiesen.

Wird die Army National Guard an den Rand gedrängt?

Es wurden weder Army National Guard-Divisionen noch Kampfbrigaden der Infanterie oder Panzertruppen in den Golf verlegt, obwohl drei Kampfbrigaden mobilisiert worden waren. Dass man diesen Einheiten nicht die Möglichkeit der Kriegsteilnahme gab, bewies einmal mehr die entstehende Spaltung zwischen der aktiven Armee und der bundesstaatlichen Army National Guard. Der "Auffüllungs"-Plan von General Creighton W. Abrams, der vorsah, dass eine National Guard- oder Army Reserve- Kampfbrigade innerhalb einer Division den Platz einer dritten Brigade der aktiven Armee einnehmen sollte, wurde aufgegeben. 1997 schlug die aktive Armee vor, die Stärke der Army Guard wesentlich zu reduzieren. Auch sollten Army Guard-Divisionen in den Kriegsplänen nicht mehr inkludiert werden. Durch die Beseitigung der Army National Guard-Divisionen, argumentierten einige Militärexperten, würden Geldmittel frei, um die aktive Armee leistungsfähiger zu machen.

Ungefähr zur selben Zeit wiesen auch Studien darauf hin, dass Heimatschutz Priorität der National Guard sein sollte. Es wurde sogar vorgeschlagen, den Heimatschutz zur einzigen Aufgabe der Army National Guard zu machen. Während man erkannte, dass die aktive Armee nicht über die Infrastruktur verfügt, ohne Kampfunterstützungs- und Versorgungseinheiten der Army National Guard in den Krieg zu ziehen, betrachtete man die Beibehaltung einer großen Anzahl von Kampfverbänden der Guard als problematisch. Army National Guard-Divisionen sind dieser Argumentation wegen der angeblich zu mühevollen wie zeit- und raumaufwendigen Mobilisierung und Kampfvorbereitung besonders ausgeliefert.

Ist Heimatschutz für die Guards die einzige Aufgabe oder eine von mehreren Aufgaben?

Heimatschutz hat nationale Priorität. Auch wenn sich zuweilen schwer sagen lässt, ob die Regierung den Heimatschutz als oberste Verteidigungspriorität betrachtet, läuft es jedenfalls ungefähr darauf hinaus. Die Frage ist, ob die Schaffung einer solchen Vorrangigkeit dem Verteidigungsressort nicht als ausgezeichneter Vorwand dient, den Heimatschutz komplett der Army und Air Guard aufzuhalsen. Soll Heimatschutz nun die einzige Aufgabe oder eine von mehreren Aufgaben der National Guard der einzelnen Bundesstaaten sein? Wird sie zur obersten Priorität der National Guard werden und andere Aufgaben wie Kampf-, Kampfunterstützungs- und Versorgungseinsätze in Übersee verdrängen?

Schon vor den schrecklichen Ereignissen vom 11. September 2001 gab es Anzeichen für eine Verlagerung der Prioritäten. Nur Monate vor dem schicksalhaften Tag im September hatte die Air Force beschlossen, die zwei strategischen B1-Bombergeschwader der Air National Guard zu beseitigen. Umgehend stellten Mitglieder der Air Guard die Frage, ob die Air Guard damit ihre Rolle als gleichrangiger Partner in weltweiten Luftoperationen verlieren sollte.

Man braucht jedoch nur einen Blick auf die Einheiten der Air National Guard zu werfen, wie die für Sondereinsätze, Luftbetankung, Arktis- und Antarktiseinsätze, um zu sehen, wie bedeutend diese Organisationen für Luftwaffeneinsätze außerhalb der kontinentalen USA sind. Darüber hinaus scheint auch die Teilnahme der Air National Guard an Lufteinsätzen über dem Kosovo, in Afghanistan und Irak auszuschließen, dass Air National Guard-Verbände nur noch Heimatschutzaufgaben wahrnehmen sollten.

Für die Army National Guard ist die Sache jedoch nicht so klar. Die Einheiten der Army National Guard wären die ersten der Reservekomponenten, die ihre Rolle als Kampftruppen verlieren würden. Deshalb hat die Army National Guard in den letzten Jahren verstärkt Versuche unternommen, ihre Aktivitäten in die der aktiven Armee zu integrieren und in Übersee eine gleichrangige Rolle einzunehmen. Durch die Autorität des Präsidenten zur Einberufung und Unterstellung unter die Regierung ist die National Guard stark angewachsen. Der Präsident hat nunmehr das Recht, bis zu 75.000 Mitglieder der Reservekomponenten für ein Jahr zu mobilisieren. Für die Operation Enduring Freedom im November 2002 wurden 31.324 Mann der Army Guard und Reserve einberufen. Der Präsident hat auch von seinem Recht Gebrauch gemacht, Army Guard-Personal in Bosnien und in der Wüste Sinai einzusetzen, Missionen, die mit der Operation Enduring Freedom nichts zu tun haben.

In einem Integrationsanlauf hat die Army Guard sechs ihrer "verstärkten" bzw. vorrangigen Kampfbrigaden den Divisionskommandos der aktiven Armee unterstellt: der 7. Infanterie-Division (leicht) und der 24. Infanterie-Division (mechanisiert). Der Transformationsprozess der US-Armee sieht in Zukunft die Umwandlung einer Brigade der 28. Infanterie-Division (mechanisiert) der Pennsylvania Army National Guard in eine der sechs sich formierenden temporären Brigadekampfteams vor. Dieses Kampfteam wird mit Stryker-Radpanzern ausgerüstet sein. Auf diese Weise hat die Army National Guard Wege gesucht, ihre Position innerhalb des Operationsschemas der US-Armee zu konsolidieren, und zwar nicht nur als Kampfunterstützungskraft, sondern als fest integrierte Kampftruppe mit weltweiter Einsatzfunktion und Kriegsteilnahme. Doch sind die Bemühungen, die in dieser Richtung unternommen wurden, auch ausreichend?

Aus Perspektive der Army Guard - und zu geringerem Maße auch der Air National Guard - haben die Ereignisse des 11. September leider dazu beigetragen, sie aus Kampfeinsätzen, ihrer wichtigsten bundesstaatlichen Funktion, zu verdrängen. Während die Air Guard Warnaufgaben auf ausgewählten Flugbasen in den Vereinigten Staaten wahrnimmt, fliegt sie weiterhin auch Auslandsmissionen, sowohl über dem Irak als auch über Afghanistan. Auf die Army National Guard wird hingegen starker Druck ausgeübt, den Heimatschutz zur Aufgabe höchster Priorität zu machen. Dazu kommt der Ruf nach Reorganisation der Army Guard-Verbände, insbesondere der Divisionen, von denen bereits zwei in Reorganisation begriffen sind. Dies zeigt deutlich, wie stark der Druck ist. Viele innerhalb der Verteidigungsorganisation betrachten den Heimatschutz als Hauptaufgabe der Army Guard und verweisen auf die Effizienz der Kampfeinheiten der Guard, die zur Zeit den Heimatschutz wahrnehmen.

Innerhalb der National Guard regt sich jedoch großer Widerstand dagegen, vor allem die Army Guard ausschließlich zur Heimatschutztruppe umzuwandeln.

Die jetzige Regierung wird sich jedoch schwer tun, der Army Guard ausschließlich diese Rolle zuzuweisen, denn der Kongress der Vereinigten Staaten schätzt die Vorzüge der Heimatverbundenheit der Gardisten sehr. Darüber hinaus verfügt die National Guard Association, die aus National Guard-Offizieren besteht, über eine sehr mächtige Lobby im Kongress.

Es gehört zum Selbstverständnis der National Guard, sowohl als Regierungstruppe eine Kampfrolle zu übernehmen als auch für bundesstaatliche Aufgaben zur Verfügung zu stehen. Insbesondere für die Traditionalisten innerhalb der Guard ist das Konzept, in dem die Guard im Vergleich zur aktiven Armee und Luftwaffe eine untergeordnete Rolle in den Kämpfen der Nation spielen soll, unannehmbar.

In vielerlei Hinsicht ist der Widerwille der Gardisten, auf Nicht-Kampfrollen beschränkt zu werden, völlig gerechtfertigt. Das Beispiel der Army National Guard-Flak-Bataillone, das zuvor erwähnt wurde, ragt dabei heraus. Umfassende individuelle Erfahrung und Kenntnis findet man eher in Army und Air Guard-Einheiten als bei ihren aktiven Gegenstücken. Zum Teil ist das darauf zurückzuführen, dass viele Freiwillige der National Guard ehemalige Mitglieder von Kampfkomponenten der aktiven Streitkräfte sind und als Freiwillige ihren Patriotismus mit ihrem Wunsch vereinen können, als Feuerwehrleute oder im Katastrophendienst tätig zu sein. Dazu kommt, dass viele der Guard-Mitglieder in ihren zivilen Berufen dienstrelevante Aufgaben ausführen wie etwa als Polizisten, Baupersonal, Piloten oder Ärzte.

Andererseits sind sich die Mitglieder der Guard, auch wenn sie bereit sind, in den Kampf zu ziehen, sehr wohl ihrer Verantwortung dem Bundesstaat gegenüber und der Notwendigkeit auf die Bedürfnisse ihrer Gouverneure zu reagieren, bewusst.

Die 54 National Guards und ihre Gouverneure

Wie zu Beginn dieses Beitrags erwähnt, gibt es 54 Army Guards und 54 Air Guards (jeweils eine Army und Air Guard pro Bundesstaat, plus jeweils eine für die Jungfern-Inseln, Guam, Puerto Rico und den District of Columbia). Diese Guards umfassen jeweils einige hundert bis zu einigen tausend Mitgliedern. Diese Verbände gehören in erster Linie dem Gouverneur des Bundesstaates oder Territoriums, mit Ausnahme der National Guard des District of Columbia, die dem Präsidenten der Vereinigten Staaten untersteht. Der Gouverneur oder sein territoriales Gegenstück kann bei Bedarf die Guard für den bundesstaatlichen/territorialen Dienst einberufen.

Beispiele für solche Einberufungen sind die Eindämmung des Missouri oder die Evakuierung von Menschen aus überfluteten Gebieten wie in West Virginia. Es ist auch vorstellbar, dass Gouverneure benachbarter Bundesstaaten ihre National Guard zum Flutkatastrophendienst entlang von Flüssen wie dem Ohio und dem Missouri mobilisieren. Die Oberhoheit der jeweiligen bundesstaatlichen Guard bleibt jedoch beim eigenen Gouverneur, der das mobilisierte Personal für einen solchen bundesstaatlichen Dienst auch entlohnt.

Bei größeren Naturkatastrophen wenden sich die Gouverneure in der Regel an die Bundesregierung um Unterstützung. In den meisten Fällen wird der Präsident die Federal Emergency Management Agency, die Teil des Ressorts für Heimatschutz ist, anweisen, der Forderung nachzukommen. Er könnte auch aktives Dienstpersonal entsenden lassen, wie dies kürzlich bei Waldbränden und Eisstürmen der Fall war. Er könnte ebenso bundesstaatliche Army Reserve-Einheiten zur Unterstützung der National Guard-Einheiten mobilisieren. Weil die Bundesregierung eine übergreifende Autorität ist, kommt es sehr selten vor, dass Truppen der National Guard eines Bundesstaates dem Gouverneur eines anderen Bundesstaates unterstellt werden. Dies wäre praktisch wie rechtlich zu kompliziert. So sind zum Beispiel Soldaten der National Guard im bundesstaatlichen Dienst nicht durch das Posse comitatus-Gesetz gebunden, das aktiven Regierungstruppen verbietet, Gesetze zu exekutieren. Doch was würde beispielsweise geschehen, wenn eine Infanterieeinheit in Iowa vom Gouverneur von Iowa mobilisiert und auf die Bitte des Gouverneurs von South Dakota zu einem Assistenzseinsatz in South Dakota beordert würde, um Plünderungen vorzubeugen? Hätten die Mitglieder der Iowa-Guard das Recht, Leute in South Dakota festzunehmen, die in Hochwasser gefährdete Häuser einzubrechen versuchen? Wäre der Gouverneur von South Dakota dazu bevollmächtigt, die Leute der Iowa-Guard für ihren Dienst in South Dakota ohne bundesstaatliche Gesetzesgewalt zu entlohnen? Um solche Situationen zu vermeiden, würde der Gouverneur des Bundesstaates höchstwahrscheinlich den Weg über die Regierung gehen, was ihn nicht nur finanziell zum Teil entlasten, sondern auch den Dienstweg klären und mögliche rechtliche Probleme ausräumen würde.

Heimatschutz oder Katastrophenhilfe und Niederschlagung zivilen Aufruhrs

Es stellt sich jedoch die Frage, ob Heimatschutz etwas anderes ist, als auf Naturkatastrophen oder zivilen Aufruhr zu reagieren. In gewisser Weise ist er das nicht. Die Angelegenheit geht im Kern auf die Frühzeit der Kolonien zurück, als wichtige Orte und Hauptgemeinden von bürgerlichen Milizen beschützt wurden, die nur bei Anzeichen bevorstehender Gefahr einberufen wurden.

Heute gibt es jedoch eine Unmenge lebenswichtiger Einrichtungen, die beschützt werden müssen. Zum Beispiel gab es im 17. Jahrhundert noch keine Flughäfen. Heute gibt es Hunderte davon, und zählt man die Landebahnen für Privatflugzeuge hinzu, noch einige weitere Hundert. Was die Letzteren betrifft, ist es nicht so sehr die Sorge, dass diese kleinen Luftfahrteinrichtungen angegriffen werden, sondern eher die Unmenge von Installationen, die Luftangriffen ausgesetzt sind. Die Analogie zwischen den isolierten Kolonialhütten in der Wildnis und den kritischen Objekten von heute, die es zu verteidigen gilt, ist klar. Sie unterscheiden sich lediglich durch ihre Andersartigkeit und den Umfang der Schutzaufgaben.

Es ist daher notwendig, Prioritäten zu setzen, welche Installationen bewacht oder verteidigt werden müssen und welches Ausmaß dieser Schutz annehmen soll. Hier muss zusätzlich ins Kalkül gezogen werden, inwieweit private Versicherungsfirmen, Einheiten der städtischen Polizei, der Staatspolizei oder spezialisierter lokaler und staatlicher Exekutionsstellen (Parkpolizei etc.) involviert sind. Aus Perspektive der National Guard werden zivile Schutzorganisationen zumeist bevorzugt. Nur bei den wichtigsten Installationen wäre die Präsenz bewaffneter Gardisten psychologisch und sachlich wünschenswert.

Das Problem dabei ist, dass sich zum Kampf ausgebildete Gardisten nicht besonders für solche Sicherheitswachdienste eignen. Soldaten von Infanterie-, Panzer- und Artillerieeinheiten der Guard erhalten nur wenig stationäres Sicherheitstraining während ihrer ohnehin knappen Ausbildungszeit. Obwohl sich grundlegende militärische Fähigkeiten wie der Gebrauch der eigenen Waffe oder das Beziehen von temporären Stellungen bei der effizienten Verteidigung von lebenswichtigen Installationen eignen, werden diese Soldaten nicht in den Feinheiten von Schutzaufgaben ausgebildet. So kann man zum Beispiel von einem Infanteristen nicht erwarten, so professionell wie ein tüchtiger Polizist oder Sicherheitswachmann mit Spezialausbildung zu sein, der weiß, wie man einen verdächtigen Eindringling ausmacht. Dennoch könnte die Präsenz eines Gardisten in Kampfanzug und Waffe im Anschlag die effektivste Abschreckung für Selbstmordterroristen sein. Umgekehrt stellt ein uniformierter Gardist auch ein ausgezeichnetes Ziel für Terroristen dar.

Mit Blick auf die Hauptaufgaben, für die die Gardisten in Kampforganisationen ausgebildet werden, schiene es logisch, dass Gouverneure darauf drängten, Infanterie- und Panzerverbände in Militärpolizeieinheiten zu konvertieren, da hier die Kampf-, Sicherheits- und Exekutivausbildung umfangreich ist. Hier haben wir die Situation, dass die Army National Guard bereits über Militärpolizeieinheiten verfügt (wie übrigens auch die Air National Guard über Sicherheitskräfte verfügt), jedoch nicht genug, um alle potenziellen Unruheherde in den Griff zu bekommen. Zugleich würden mehr Militärpolizeieinheiten dazu führen, gerade das zu schwächen, wofür die Traditionalisten der National Guard Partei ergreifen, nämlich die gleichberechtigte Teilnahme an transnationalen Kampfeinsätzen.

Männer und Frauen, die sich dazu entschließen, in der National Guard zu dienen, tun dies aus Gründen der Kameradschaft und des Patriotismus. Viele freuen sich, wenn notwendig, sich auf dem Schlachtfeld zu bewähren. Darüber hinaus gibt es auch andere gute Gründe, der Guard beizutreten. Entschädigungen und der Erwerb von Pensionsberechtigung sind attraktive Gründe, in der National Guard zu dienen. Doch gibt es auch eine Kehrseite, die eine Mitgliedschaft uninteressant machen kann, insbesondere dann, wenn keine allgemein empfundene Bedrohung für den Staat, wie etwa ein bevorstehender Terroranschlag, besteht.

Konflikte für Gardisten, die im Heimatschutz dienen

Die Anforderungen des Heimatschutzes sind eine besondere Herausforderung für die Mitglieder der Guard. Die Ungewissheit der Kriegführung gegen den Terrorismus bedeutet, dass ein Gardist, der für längere Zeit zum aktiven Dienst einberufen wird, große finanzielle Einbußen, eine Unterbrechung des Studiums, den Verlust einer Führungsposition in seiner Firma oder familiäre Schwierigkeiten in Kauf nehmen muss. Er oder sie können auch vom Arbeitgeber unter Druck gesetzt werden, der nur ungern eine hoch qualifizierte Arbeitskraft, wie dies viele der heutigen Mitglieder der Guard sind, verliert. Gardisten, die der Regierung unterstellt sind, genießen jedoch den Schutz des Uniformed Services Employment and Reemployment Rights Act (USERRA), der im Titel 38 des United States Code festgeschrieben ist, sowie den Schutz des Soldiers’ and Sailors’ Civil Relief Act (SSCRA). Das erste Gesetz betrifft die Angestelltenrechte des Gardisten während er der Regierung unterstellt ist, während das zweite Gesetz gewisse finanzielle Erleichterungen bereitstellt, wiederum solange der Gardist sich im Status des Regierungsdienstes befindet. Doch wenn ein Gardist bundesstaatlichen Dienst verrichtet, wie zum Beispiel bei einer Waldbrandbekämpfung, kann er unter Umständen rechtlich schutzlos dastehen.

Vor kurzem wurde eine National Guard-Einheit durch einen Gouverneur zur Waldbrandbekämpfung mobilisiert. Der Bundesstaat verfügt über ein ausgezeichnetes Gesetz, das die Arbeitsplätze von Gardisten schützt, die vom Gouverneur in solchen Fällen einberufen werden. Leider befand sich das Zeughaus der Einheit in einer Stadt nahe der Grenze zu einem anderen Bundesstaat, der kein entsprechendes Angestelltenschutzgesetz für Gardisten hat. Ein Mitglied der Einheit, die vom Gouverneur des ersten Staates einberufen wurde, arbeitete zufälligerweise jenseits der Grenze, in dem Staat, der über kein adäquates Angestelltenschutzgesetz verfügt. Als dieser Gardist nach Beendigung seines Dienstes an den Arbeitsplatz zurückkehren wollte, weigerte sich sein Arbeitgeber, ihm seine alte Position zurückzugeben. Er sagte ihm, dass sein Job möglicherweise in jenem Staat geschützt war, in dem er Dienst verrichtet hatte, doch weil er nicht der Regierung unterstellt war, sei er nicht dazu verpflichtet, ihn wieder einzustellen.

Das mag als Einzelfall erscheinen. Doch es gibt kein Verbot dafür, dass Bürger eines Bundesstaates in der Guard eines anderen Bundesstaates dienen. Für höherrangiges Personal kann es sogar notwendig sein, in einem anderen Bundesstaat Dienst zu leisten, falls er oder sie befördert wird oder die militärische Position verbessern will. Das ist deshalb so, weil man in der National Guard nicht befördert oder versetzt werden kann, solange keine dafür geeignete Position vorhanden ist. Wenn ein Gardist keine passende Position finden kann, muss er entweder in die Army oder Air Force Reserve überwechseln oder, wie in manchen Fällen, in die inaktive National Guard.

Der bundesstaatliche Dienst bringt dem Gardisten keine Vorzüge von Seiten der Regierung. Während er die Einrichtungen des aktiven Dienstes, wie zum Beispiel den Post Exchange, in Anspruch nehmen darf, steht ihm nur eine gewisse Anzahl von Tagen pro Jahr zur Benützung des Commissary zu. Auch qualifiziert er sich nicht für die staatliche medizinische Versorgung. Es ist für den Gardisten daher offensichtlich lukrativer, von der Regierung mobilisiert zu werden als seinem Bundesstaat zu dienen. Andererseits können auch Bundesstaaten Gardisten besondere bundesstaatliche Vorteile bieten. So qualifiziert sich zum Beispiel ein Gardist für ein Stipendium an staatlichen Universitäten und Colleges. Manchmal stellt der Bundesstaat auch andere Vorteile bereit, wie spezifisch gekennzeichnete Nummerntafeln für Privatfahrzeuge oder Rabatte für Jagdscheine.

Motivation der Gardisten Alle Vorteile, ob sie nun von der Regierung oder vom Bundesstaat bereitgestellt werden, sind jedoch kaum eine Kompensation für die Verantwortung, Mühe und Schwierigkeiten, die mit einer Mitgliedschaft bei der National Guard Hand in Hand gehen. Die Motivation des Personals hängt auch von der Zufriedenheit mit der Arbeit, der Anerkennung hervorragender Leistungen, dem Frieden zu Hause und einer guten Arbeitsatmosphäre ab. Da der Heimatschutz zum Großteil die undankbare Aufgabe hat, etwas vorherzusehen, das entweder mit geringer Wahrscheinlichkeit oder völlig unerwartet und mit großer Gewalt eintritt, ist die Motivation der Gardisten von großer Bedeutung.

Wenn die familiäre Situation sehr angespannt ist, wird ein Gardist, der im Rahmen des Heimatschutzes einen Wachposten besetzen muss, nicht so effektiv und wachsam sein, wie dies von ihm verlangt wird. Auch die längere Abwesenheit eines Gardisten von seiner Familie, ohne das Gefühl zu haben, eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, wird ihn oder sie für die Bedrohung nicht so sensibilisieren, wie dies wünschenswert wäre. Viele Gardisten sind verheiratet, oft ohne dass die Ehepartner dieses Teilzeit-Soldatendasein schätzen, das ihnen häufig als allumfassend erscheint. Jene, die ihr Studium unterbrochen und dadurch finanzielle Einbußen erlitten haben, sind ebenfalls anfällig dafür, von den sensiblen Aufgaben, wie sie ihnen der Heimatschutz abverlangt, abgelenkt zu werden. Und dann gibt es noch die Inhaber kleiner Geschäfte, die diese während ihres Dienstes anderen überlassen müssen. Ihre Möglichkeit, Geschäftstransaktionen zu beeinflussen, ist daher sehr eingeschränkt, solange sie sich ihren militärischen Aufgaben widmen.

Der Einsatz des 1. Bataillons des 101. Panzeraufklärungsregiments der New York Army National Guard bei der Katastrophe in New York City am 11. September 2001 brachte rasche und effektive Hilfe. Es wurde zu Fuß in Marsch gesetzt, um die zivilen Behörden in bundesstaatlicher Rolle zu unterstützen. Die ungeheure Zerstörung, die die Terroristen verursacht hatten, garantierte die Motivation der Gardisten, die an den Sicherheitsvorkehrungen teilnahmen. Sie arbeiteten Schulter an Schulter mit zivilen Feuerwehrleuten, dem Notdienst und der Polizei von New York City und New York State, und keiner der Gardisten beschwerte sich auch nur im Leisesten über die nüchterne Funktion, in der er oder sie eingesetzt war. Aus Perspektive der Gardisten war die Antwort auf eine Katastrophe dieses Ausmaßes zu Hause durchaus angebracht, unabhängig davon, welcher Art von Einheit sie angehörten.

Eine andere Perspektive

Leider gab es innerhalb der aktiven Armee einige, die fragten, ob es nicht besser gewesen wäre, statt des Panzergrenadierbataillons mit seinen Panzern Militärpolizei oder eine Pioniereinheit einzuberufen, um in Lower Manhattan Katastrophenhilfe zu leisten. Darin schwang freilich mit, dass Guard-Einheiten Kampfhandlungen lieber so genannten "Vollzeitprofessionellen" überlassen sollten. Wenn die Guard keine Kampffunktion mehr besäße, würde dies der aktiven Armee mehr Geldmittel aus ihrem limitierten Budget für ihre eigene Ausbildung, Ausrüstung und den Reorganisationsprozess zur Verfügung stellen.

So scheint es, dass sich die Army Guard in einer schwierigen Lage befindet, egal was sie macht. Sie befindet sich in einem Zwiespalt, indem sie einerseits zum Heimatschutz beiträgt und andererseits an transnationalen Kriegshandlungen teilnimmt. Wenn Heimatschutz zur ersten Aufgabe der National Guard, insbesondere der Army Guard wird, kann man eine radikale Reorganisation der Army National Guard erwarten, was das Ende der acht Kampfdivisionen bedeuten würde. Der für 2001 ausständige, alle vier Jahre erscheinende Bericht über die National Guard, der Quadrennial Defense Review (QDR), ist zum Zeitpunkt dieses Artikels noch nicht veröffentlicht bzw. an den Kongress weitergeleitet worden. Je länger dieser Bericht in der Regierungsbürokratie herumliegt, umso weniger Aufmerksamkeit wird den Empfehlungen gewidmet werden, umso weniger Einfluss wird er haben und umso weniger Widerstand wird sich gegen die Reorganisation regen, bevor sie in Angriff genommen wird.

Verschiedene Lobbygruppen der National Guard sind sich jedoch der Konsequenzen bewusst, die sich aus dem QDR ergeben könnten. So werden zum Beispiel bereits jene innerhalb der National Guard Association der Vereinigten Staaten zur Rede gestellt, die eine Reorganisation der Army National Guard befürworten, in dem Sinn, dass diese ihre Kampfrolle aufgeben und sich auf ihre Hauptaufgabe, den Heimatschutz, konzentrieren sollte. Auch außerhalb der Guard werden Gardisten nicht nur als Bewacher innerstaatlicher Institutionen, sondern als volle Mitspieler in allen Aktivitäten der aktiven Armee verstanden.

Es fand kaum Medieninteresse, als kürzlich ein Mitglied der 19. Spezialeinheitsgruppe, einer Army National Guard-Organisation, in Afghanistan im Kampf getötet wurde. Sicher jedoch fand dieser Tod in der National Guard-Gemeinschaft Beachtung. Der Unteroffizier der Spezialeinheit war ein gutes Beispiel für die Kampffähigkeit der National Guard. Dass er ein Gardist war, der Seite an Seite mit seinen Kameraden der aktiven Armee gekämpft hatte, war für die Soldaten im Feld nicht außergewöhnlich. Dass er aber in Afghanistan kämpfte, bewies, dass die Army Guard jedes Recht zur Forderung hat, am gesamten Spektrum der nationalen Verteidigung teilzunehmen, und nicht ausschließlich auf den Heimatschutz limitiert werden darf.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die zwei Komponenten der National Guard, die Army National Guard und die Air National Guard in einem Auftragsdilemma befinden. Historisch gesehen kämpften bis zum Ersten Weltkrieg die Vorgänger der heutigen National Guard - die organisierte Miliz - selten außerhalb ihrer lokalen Umgebung, sei es Kolonie, Stadt, Bezirk oder Bundesstaat. Der Hauptauftrag der National Guard war somit ausschließlich der Heimatschutz. Doch seit dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mussten sich die Vereinigten Staaten auf die verschiedenen National Guards auch in transnationalen Missionen verlassen können. Die Weltkriege, der Koreakrieg und der Kalte Krieg wären ohne Mitwirkung der National Guard nicht führbar gewesen.

Seitdem die aktive Armee nach dem Zweiten Weltkrieg vergrößert worden war, hat sie die Kampfrolle der Army National Guard zunehmend marginalisiert. So sind heute Divisionen der Army National Guard starke Anwärter darauf, in Kampfunterstützungsorganisationen umgewandelt zu werden, während zugleich Army Guard-Verbände als die idealen Heimatschutzkräfte hervorgehoben werden.

Einheiten der Air National Guard, die viel besser in die Air Force-Struktur integriert sind, sind davon weniger betroffen. Sicher werden sie auch weiterhin Luftpatrouillen über US-Einrichtungen fliegen. Der Heimatschutz wird der Air National Guard lediglich deswegen überantwortet, weil sie von der aktiven Air Force als gleichwertig betrachtet wird.

Es besteht kaum Zweifel daran, dass die US-Streitkräfte keine umfassenden oder anhaltenden Kampfmissionen ohne die Mitwirkung der Army und Air National Guard durchführen können. Die National Guards der einzelnen Bundesstaaten stellen täglich ihren Wert unter Beweis, nicht nur im Sinne von "Kosten pro Einheit", sondern durch ihren Professionalismus, ihre Kompetenz und ihre Erfahrung. Heimatschutz bleibt nur einer der Pfeile im Köcher der Fähigkeiten der National Guard. Die National Guard ist im Gedächtnis der Nation so sehr als Kampfkraft verankert, dass Heimatschutz kaum zu ihrer ausschließlichen Mission werden wird.

Aber die Guard sieht sich einem Dilemma gegenüber. Elemente des 1. Bataillons der 69. Infanteriebrigade, das 1. Bataillon der 258. Artilleriebrigade und das 1. Bataillon der 127. Panzerbrigade, die alle zur New York Army National Guard gehören, zeigen dies deutlich. Vielleicht ist es Ironie des Schicksals, dass heute der älteste, durchgehend operierende militärische Standort der US-Armee, West Point, auf dem sich die Militärakademie der Vereinigten Staaten befindet, zu ihrem militärischen Schutz von diesen Einheiten abhängt. Diese Guard-Einheiten, die zu den ältesten im Bundesstaat zählen, stehen Wache - wie dies in den Tagen der amerikanischen Revolution gewesen sein mag - im Sinne des Heimatschutzes. In einem größeren regionalen Konflikt erwarten die Infanteristen und Artilleristen jedoch, mit ihren Kameraden der aktiven Armee auf dem Schlachtfeld zu sein wie beispielsweise heute in Afghanistan. Das ist es zweifellos, worauf es der National Guard ankommt.

Aus dem Englischen übersetzt von Mag. Eva Hosler Dr. Raymond E. Bell jr.

Geb. 1935; Brigadegeneral i.R.; 1957 Militärakademie West Point; 1975 Army War College/Carlisle; 1982 Doktorat in Österreichischer Militärgeschichte, University of New York; ehemaliger Kommandant der 5th Psychological Operations Group und 220th Military Police Brigade U.S. Army.



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