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Reales Üben mit "Keiler" und "Biber"

… durch kein Planspiel zu ersetzen

Die Ausbildungskooperation mit der Deutschen Bundeswehr macht es möglich: Übungseinlagen wie "Hier befindet sich ein Streuminenfeld; warten Sie mit Ihrem Zug 30 Minuten, dann ist die Sperre fiktiv durch befreundete Streitkräfte beseitigt worden und sie können weiter angreifen" gehören nun an der Lehrabteilung der Pioniertruppenschule der Vergangenheit an.

Die Pioniertruppenschule des Österreichischen Bundesheeres pflegt eine Ausbildungskooperation mit der Pionierschule und Fachschule für Bautechnik des deutschen Heeres. Im Zuge dieser Zusammenarbeit ist unter anderem die gegenseitige Teilnahme an Kursen vorgesehen.

Im Hinblick auf die österreichische Beteiligung an einer EU Battle Group müssen die österreichischen Soldaten auch mit dem deutschen Gerät vertraut sein. Zu diesem Zweck stellt die Pionierschule der Bundeswehr dem Bundesheer für Ausbildung und Übungen Pioniergerät - beispielsweise einen Minenräumpanzer "Keiler" und einen Brückenlegepanzer "Biber" - zur Verfügung. Außerdem entsendet die österreichische Pioniertruppenschule Personal zur Ausbildung nach Deutschland.

Die Unterstützung durch den Minenräumpanzer "Keiler" und den Brückenlegepanzer "Biber" bot erstmals die Möglichkeit, im Zuge von Stabsunteroffizierslehrgängen Gefechtsabläufe realistsch zu üben. Das Schaffen von Gassen in Streuminenfeldern oder das Überwinden von Hindernissen und Sperren konnte mit ihrer Hilfe praktisch durchgeführt werden. Damit kann sich der angehende Pionierzugskommandant realistischer als je zuvor auf Einsätze vorbereiten.

Das Kaderpersonal der Lehrabteilung der Pioniertruppenschule kann aus der Ausbildungskooperation mit der deutschen Pionierschule bereits auf umfangreiche Erfahrungen zurückgreifen: Einerseits nahmen österreichische Soldaten an Lehrgängen wie dem Bataillonskommandeur-Lehrgang und dem Kompaniechef-Lehrgang der Pioniertruppe der Deutschen Bundeswehr teil, andererseits erfolgte eine sechsmonatige Verwendung von Kadersoldaten beim Panzerpionierbataillon 4 (PzPiBtl 4) in Bogen/Deutschland. Das dabei erworbene Wissen konnte daher in die Vorbereitung der von 14. bis zum 23. November 2007 auf dem Truppenübungsplatz Bruckneudorf abgehaltenen Übung einfließen. Im Rahmen der Ausbildungskooperation wurden bei der Übung auch ein Minenräumpanzer "Keiler" und ein Brückenlegepanzer "Biber" (mit vier Soldaten Bedienungsmannschaft) - gestellt von der Panzerpionierkompanie 200 (PzPiKp200) aus Augustdorf/Deutschland - eingesetzt.

Der Brückenlegepanzer "Biber"

Mit dem Brückenlegepanzer "Biber" (die Bundeswehrbezeichnung lautet Panzerschnellbrücke BrPz 1 "Biber") unterstützt die Pioniertruppe die Beweglichkeit der eigenen Truppe. Transport- und Verlegefahrzeug für die zwei je 11 Meter langen Brückenelemente ist das Fahrgestell des Kampfpanzers "Leopard" 1.

Die Brücke des "Biber" wird verwendet:

  • zum schnellen Überwinden von Geländeeinschnitten bis 20 Meter Breite;
  • zum Verstärken bestehender Brücken;
  • als Auf- und Abfahrhilfe bei Kriegsbrücken; als Behelfsrampe für das Zuwasserbringen von Abschnitten der Faltschwimmbrücke;
  • als behelfsmäßige Kopframpe an Eisenbahnflachwagen.

Für das Verlegen der Brücke mit der militärischen Lastenklasse 60 (MLC 60) werden fünf Minuten, für die Aufnahme 15 Minuten benötigt.

Der "Biber" wird immer in Kombination mit einer Pioniergruppe eingesetzt, da diese (sofern dies nicht bereits durch Pionieraufklärer erfolgt ist) das Hindernis aufzuklären hat und in der Folge die Einweiser zum Befahren der Brücke stellt.

Technische Daten:

Besatzung 2 Soldaten.

Länge über alles 11,79 m, Breite über alles 4,00 m, Höhe über alles 3,55 m.

Gewicht 45 t.

Zehnzylinder-Dieselmotor MTU MB 838 CA M-500, Motorleistung 610 kW (830 PS), Geschwindigkeit 62 km/h.

Unbewaffnet.

Brücke: Länge 22 m (2 Elemente à 11 m), Stützweite 20 m, Tragfähigkeit MLC 60

Der Minenräumpanzer "Keiler"

Der Minenräumpanzer "Keiler" ist ein Kettenfahrzeug mit dem Fahrgestell des Kampfpanzers M-48A2C. Er wird in der Pioniertruppe eingesetzt, um befahrbare Gassen durch Minenfelder zu schlagen.

Der "Keiler" verfügt über eine schwenkbare Räumeinrichtung mit hydrostatischem Antrieb, an der 24 gegeneinander ausgewuchtete rotationssymmetrische Räumelemente rotieren. Die Räumelemente fräsen den Boden in einer Breite von 4,70 Metern und einer Tiefe von bis zu 25 Zentimetern auf. Dabei werden alle offen oder verdeckt liegenden Minen zur Detonation gebracht oder zerstört. Damit öffnet der Minenräumpanzer jede Art von Minensperren mit vertikaler, von unten nach oben gerichteter Wirkung unter allen Sichtbedingungen mit einer Räumsicherheit von mindestens 98 Prozent. Es können drei Räumtiefen gewählt werden:

  • Oberflächenräumung;
  • 5 Zentimeter Räumtiefe;
  • 25 Zentimeter Räumtiefe.

Der Kommandant der Kampftruppe stellt als Voraussetzungen für einen wirkungsvollen Räumeinsatz sicher:

  • Einweisung in die geplante Kampfführung (Lage der zu schaffenden Gasse);
  • Zuweisung und Sicherung eines Verfügungsraumes;
  • Verbindung (Funkfrequenzen);
  • eine Deckung in unmittelbarer Nähe der Einsatzstelle zum Herstellen der Räumbereitschaft - aus der Marschfahrt 1 (mit verzurrter Räumvorrichtung) etwa 30 Minuten, aus der Marschfahrt 2 (in Gefechtsbereitschaft) rund 2 Minuten;
  • Ausschalten von beobachtetem Flachfeuer auf dem Weg zur Einsatzstelle und während des Räumens durch Einsatz aller Kräfte, Mittel und Maßnahmen.

Der "Keiler" wird immer in Kombination mit einer Pioniergruppe eingesetzt, die den Minenräumpanzer während des Räumens leitet (Richtung), die Gasse markiert und ihn nach Minenteilen absucht.

Technische Daten:

Besatzung 2 Soldaten.

Länge über alles 8,67 m, Breite über alles 3,79 m, Höhe über alles 3,80 m.

Gewicht 53 t.

Achtzylinder-Dieselmotor MTU MB 871 Ka-501, Motorleistung 816 kW (1 110 PS).

Geschwindigkeit 48 km/h (Räumeinrichtung in Transportstellung), Räumgeschwindigkeit 0,2 km/h bis 4 km/h, Räumbreite 4,70 m, Räumtiefe +5 cm / -5 cm / -25 cm

Übungszweck

Zweck der Übung war es, in der Aktionsart Angriff die unmittelbare Kampfunterstützung durch die Pioniere sicherzustellen. Dabei wurde insbesondere in der Gefechtsphase die eigene Bewegung forciert sowie die Zusammenarbeit der Kampftruppe mit der Kampfunterstützungstruppe und somit im kleinen Rahmen der Kampf der verbundenen Waffen geübt.

Übungsteilnehmer

Teilnehmer waren die Angehörigen der Stabsunteroffizierslehrgänge der Pioniertruppenschule und der Panzertruppenschule; für sie wurde diese Übung vorrangig geplant und durchgeführt. Neben den deutschen Pioniersystemen nahmen als Fülltruppe noch ein Panzerpionierzug des Pionierbataillons 3 und Feinddarsteller teil, die von der gepanzerten Pionierkompanie des Stabsbataillons 1 gestellt wurden.

Übungsablauf

In der ersten Woche wurden die Lehrgangsteilnehmer in die deutschen Pioniersysteme eingewiesen und mit gemeinsamen Planspielen auf die Zusammenarbeit zwischen Kampf- und Kampfunterstützungstruppe vorbereitet. Am 19. November begann die Gefechtsübung unter der Führung der Lehrabteilung der Pioniertruppenschule.

Geübt wurde der Angriff einer gemischt verstärkten Kompanie auf eingebrochene Feindkräfte, die sich nach Überschreiten der Staatsgrenze zu einer eilig bezogenen Verteidigung eingerichtet haben.

Die angreifende Kompanie, bestand aus

  • einem Aufklärungszug,
  • einem Kampfpanzerzug "Leopard" 2,
  • einem Panzergrenadierzug "Ulan" sowie
  • einem Panzerpionierzug, verstärkt mit einem Brückenlegepanzer "Biber" und einem Minenräumpanzer "Keiler" der Deutschen Bundeswehr.

Das Hauptaugenmerk lag auf dem Kampf um Sperren. Nachdem dieser Kampf um die Sperren von der Kampftruppe gewonnen und die Sicherung aufgebaut war, konnten die Pioniere die Sperre räumen bzw. eine Gasse durch die Sperre schaffen, um so den weiteren Angriff sicherzustellen. Folgende Sperren waren zu überwinden:

  • ein natürliches Hindernis (Graben, 16 Meter breit);
  • ein fernverlegtes Streuminenfeld;
  • ein ausgeschobener Panzergraben;
  • eine Panzerigelsperre;
  • eine Panzermauer.

Das Feindfeuer wurde mit Hilfe von Pyrotechnik so realistisch wie möglich dargestellt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei den Absprachen zwischen der Panzer-/Panzergrenadiertruppe und der Pioniertruppe sowie einigen technischen Problemen beim Minenräumpanzer "Keiler" konnten die Herausforderungen auf dem Gefechtsfeld schlussendlich gemeinsam gelöst werden.

Erfahrungen und Lehren

Die Pioniertruppe wird in den nächsten Jahren vermutlich kein modernes Gerät zur Pionierkampfunterstützung bekommen. Umso wichtiger ist es, den angehenden Führungskräften realistische Vorführungen im Gelände zu bieten. Ein Üben mit Pioniersystemen wie "Keiler" und "Biber" im Gelände ist durch kein Planspiel und durch keine "Annahme: wir hätten…." zu ersetzen.

Im Rahmen des EU Battle Group-Konzeptes oder des ORF-Bataillons (ORF - Operational Reserve Forces) kann es in Zukunft vorkommen, dass österreichischen Einheiten solche oder ähnliche Systeme unterstellt werden. Für die Soldaten des Österreichischen Bundesheeres ist daher das Wissen über deren Einsatz und Wirkungsweise unabdingbar.


Autor: Hauptmann Walter Hofer, Jahrgang 1974. 1993 bis1996 Ausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, nach der Ausmusterung 1996 Dienstverwendung als Pionierzugskommandant, Kompaniekommandant und in Stabsfunktion beim Pionierbataillon 3; ab 2005 Hauptlehroffizier Brückenbau und Wasserdienst, seit 2006 Verwendung als Abteilungsleiter der Lehrabteilung; 2003 Auslandsverwendung bei UNDOF.

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