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Militärpolitik: Schwerpunktthemen für 2009

Es ist nun ein guter Zeitpunkt, eine Vorschau auf die verteidigungspolitischen Schwerpunktthemen im nächsten Arbeitsjahr für die "Brüsseler" Themenfelder EU und NATO und NATO zu skizzieren.

Im Bereich der ESVP sind vor allem die Fähigkeitsentwicklung, der weitere Ausbau der Führungsstrukturen und die Operationen weiter zu führen.

Die Zusammenarbeit zur Bereitstellung von Hubschraubern und von strategischem Lufttransportraum muss verstärkt werden. Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) hat über diese Projekte hinaus in Zusammenarbeit mit dem Militärkomitee der EU (EUMC) ein wesentlich breiteres Feld erforderlicher Fähigkeiten definiert, das zum Beispiel ABC-Abwehr (CBRN) oder Netzwerk-Technologien mit hoher Priorität enthält. Zusätzliche Anstrengungen werden notwendig sein, eine größere Zahl von Mitgliedsstaaten zu intensiverer Zusammenarbeit in einer größeren Zahl einsatzrelevanter gemeinsamer Projekte zu bringen. Unabhängig vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages und der dort vorgesehenen Permanenten Strukturierten Zusammenarbeit wird es notwendig sein, die spärlicher werdenden Ressourcen gezielter auf den gemeinsamen Bedarf auszurichten. Der Erfolg der ESVP hängt immer stärker von Kooperationen zwischen Streitkräften ab, nicht nur bei Ausrüstung, sondern auch bei der Ausbildung.

Braucht die EU ein eigenes strategisches Kommando (OHQ), oder soll sie sich weiterhin auf die von Mitgliedsstaaten oder ggf. der NATO zur Verfügung gestellten Strukturen abstützen? Diese Frage ist stark politisch befrachtet und es werden wohl in absehbarer Zukunft nur kleine Schritte möglich sein. Der derzeit in Umsetzung stehende "kleine Schritt" ist, dem bestehenden EU-Militärstab (EUMS) durch an sich geringfügigen Personalzuwachs die Möglichkeit zu frühzeitiger strategischer Planung zu geben. Der nächste Schritt wäre wohl, Operationen begrenzten Umfanges durch das ebenfalls bestehende Operationszentrum der EU strategisch führen zu lassen. Dieser Schritt könnte mit einer weiteren personellen Verstärkung des EUMS einhergehen.

Für die militärischen ESVP-Operationen im Tschad und in Bosnien sind die kommenden Monate entscheidend. Für den Tschad ist eine Weiterführung der Operationen in ähnlicher Form unter Führung der Vereinten Nationen wahrscheinlich. Die Rahmenbedingungen für diesen Übergang sind aber zu klären. In Bosnien stellt sich die Frage der Weiterführung der Operation "Althea". Bei dieser Entscheidung werden der Status von Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in EU und NATO sowie der regionale Zusammenhang zu berücksichtigen sein. Die möglichen Aktivitäten der EU zur Unterstützung der UN-Resolution 1816 (Eindämmung der Piraterie vor der Küste Somalias) müssen rasch definiert werden.

Im Zusammenhang mit den Operationen soll nicht unerwähnt bleiben, dass die EU parallel zu den militärischen Operationen eine größere Zahl zivil- militärischer und ziviler Operationen führt. Erst die Gesamtsicht all dieser Aktivitäten und die Einbeziehung der Europäischen Kommission zeigen die breit gefächerte Wirkung der EU. Der Schwerpunkt dieser Wirkung liegt deutlich in Afrika. So gut die Zusammenarbeit mit Afrika in den Mitgliedsstaaten der EU auch akzeptiert wird, so schwierig ist es weiterhin, Zustimmung zu militärischer Aktion zu finden. Die EU wird daher verstärkt an der Formulierung einer umfassenden Afrika-Strategie arbeiten müssen, um sich bei Einsätzen wie im Tschad und eventuell in Somalia nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, es fehle die Kohärenz.

Ein anderer Prüfstein für die Glaubwürdigkeit der ESVP wird die Umsetzung der Operation EULEX im Kosovo sein.

Für die NATO steht der Jubiläumsgipfel in Strassburg und Kehl heran. Es wird Anstrengung brauchen, diesen Gipfel mit Inhalten zu füllen, die dem Anlass gerecht werden. Es fehlt nicht an guten Themen, wie dem Abschluss des Beitrittsverfahrens für Albanien und Kroatien, was gesichert sein dürfte, und eventuell für Mazedonien, was immer noch von einer Lösung der Namensfrage abhängt (Griechenland akzeptiert den Staatsnamen "Mazedonien" nicht). Ob sich in Folge des Gipfels von Bukarest in der Frage des Status von Georgien und der Ukraine Bewegung zeigen wird, ist schwer vorherzusagen. Das Resultat hängt überwiegend von einem komplexen Dialog mit Russland ab. Die NATO beabsichtigt auch, ihr strategisches Konzept zu erneuern. Die dazu im Vorfeld geführte Diskussion wird auch vor dem Hintergrund eines möglichen Zusammenwirkens von EU und NATO interessant. In beiden Organisationen wird der "Comprehensive Approach" für internationales Krisenmanagement ein zentrales Thema bleiben. Afghanistan (ISAF) ist dabei für die NATO das wesentliche Anwendungsgebiet. Für die Glaubwürdigkeit der Allianz werden hier Erfolge dringend gebraucht. Eine entscheidende Frage für die Weiterentwicklung der NATO, auch vor dem Hintergrund Afghanistans, ist die Haltung der neuen US-Administration. Wird sie die Rolle der USA in der Allianz neu, womöglich wieder stärker als in den letzten Jahren definieren wollen und wird sie die europäischen Verbündeten wieder stärker zur Beitragsleistung aufgefordern?

Autor: Generalmajor Wolfgang Wosolsobe

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