Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Psychologie: Der Tschad - eine Herausforderung

Der Einsatz in Afrika mit der Entsendung eines größeren Kontingentes in dieses Gebiet ist für das Bundesheer ein Novum. Aufgrund der zu erwartenden höheren Belastungen im Einsatzraum wurde im Vorfeld durch den Führungsstab/Einsatzvorbereitung die Militärpsychologie zur Beratung herangezogen,was unter anderem das Ergebnis einer Einsatzdauer von vier Monaten mit sich brachte. Die Vorbereitung unserer Soldaten auf das Phänomen Kindersoldaten und eine Einweisung hinsichtlich Gefangenschaft/Geiselnahme sowie die Erstellung von Isolated Personal Reports (ISOPREP) für Spezialeinsatzkräfte waren weitere Anliegen der psychologischen Einsatzvorbereitung. Die Vorbereitung zu diesem Einsatz war durch ständige Verschiebungen des Entsendezeitpunktes geprägt. Zudem wurden die Angehörigen durch die tendenziöse Art der Berichterstattung der Medien stark verunsichert, was wiederum für die Soldaten eine gewaltige Belastung darstellte. Seriöse Information im Rahmen der Familienbetreuung des Streitkräfteführungskommandos mit umfassender Berichterstattung über den Einsatzraum, die Lebensbedingungen usw. konnte dem entgegenwirken. Anders als in der Vergangenheit fühlten sich die Angehörigen wesentlich besser informiert und das Angebot der Familienbetreuungstage wurde deutlich häufiger angenommen. Vor allem auch das frühzeitige Wissen hinsichtlich des persönlichen Rotationstermins schuf Perspektiven, Sicherheit und Vertrauen sowohl unter den Soldaten als auch bei den Angehörigen.

In den ersten Tagen nach meiner Ankunft war augenfällig, dass viele der Soldaten, die sich schon vier Monate und länger im Einsatzraum befanden, ziemlich ausgelaugt und erschöpft wirkten. Es wurde von allen durchwegs bestätigt, dass ohne dazwischen liegenden Heimaturlaub die Einsatzdauer von vier Monaten das Maximum sei und eine Verlängerung für die meisten nicht in Frage käme. Als absolut richtige und notwendige Maßnahme ist die Entscheidung des National Contingent Commanders zu beurteilen, dass jeder bei Verlängerung zumindest einmal einen Heimaturlaub in Anspruch nimmt.

Der Begriff "joint" bzw. "combined" hat innerhalb des Kontingents auf taktischer Ebene eine eigene Bedeutung bekommen. So wurden bei den Aufklärungsfahrten der Jagdkommandoteile sowohl Sanitäts- als auch Instandsetzungs-Elemente eingegliedert, um einen eventuellen Bedarf unmittelbar vor Ort abdecken zu können. Dieses integrierte Agieren machte es möglich, dass beide Seiten die Fähigkeiten und die Fertigkeiten des Anderen kennen und schätzen lernten. So entstand eine hervorragende Zusammenarbeit, die von gegenseitiger Achtung getragen war. Besonders die Elemente des Jagdkommandos erhielten mit ihrer "Transparenz" sehr viel Respekt für ihre Tätigkeiten.

Die klare Vorgabe der strategischen Führung, nur Soldaten mit bestehender Auslandseinsatzerfahrung heranzuziehen, wurde nicht erreicht. Dies wirkte sich aber nicht negativ aus. Besonders in Situationen mit erhöhter Belastung, wie die mittelbare Bedrohung des Camps durch die Rebellen und die dadurch notwendigen, teilweise nächtelangen Sicherungs- und Bautätigkeiten, machte sich der gute Zusammenhalt der KPE-Elemente besonders mit jungen Soldaten sehr positiv bemerkbar. Die Ausbildung und Vorbereitung, das gegenseitige Kennen der Stärken und Schwächen des anderen sowie gute Kommunikationsstrukturen und Führungstätigkeit ließen diese Phasen sehr ruhig und strukturiert ablaufen. Vereinzelte Belastungsreaktionen wurden durch die als sehr gut erlebte Kameradschaft und Unterstützung der anderen Soldaten kompensiert, wodurch es zu keinen psychischen Ausfällen kam.

Nach Monaten im Einsatzraum zeigte sich bei mehreren Soldaten eine deutliche Verschlechterung der anfänglich positiven Einstellung gegenüber der Bevölkerung. Die allgegenwärtige Armut und die dabei erlebte eigene Ohnmacht, die fehlende Unmittelbarkeit der Wirkung der eigenen Präsenz, die Skepsis der Bevölkerung und fehlende sichtbare Dankbarkeit spielen dabei aus psychologischer Sicht eine wesentliche Rolle. Zum Tragen kommen aber auch die tagtäglichen physischen und psychischen Entbehrungen der Soldaten sowie die deutlich eingeschränkten Freiheiten. Verkürzte Einsatzdauer, guter Gruppenzusammenhalt und verstärkte Dienstaufsicht sind in diesen Fällen ein wirksames Regulativ.

Viele Rahmenbedingungen und Probleme im Tschad ähneln denen in anderen Einsatzräumen, manche sind allerdings ganz spezifisch und fallweise unbekannt. Das österreichische Kontingent hat mit hoher Professionalität und Flexibilität bisher einen herausragenden Einsatz geleistet.

Autor: Oberst dhmfD Mag. Christian Langer

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle