Vortragsabend "Kriegsgefangenen- und Vermisstenforschung" an der Landesverteidigungsakademie
Ein hochkarätiges Symposium zum Thema "Kriegsgefangenen- und Vermisstenforschung unter Einbeziehung geheimdienstlicher Tätigkeiten", fand am Donnerstag an der Landesverteidigungsakademie in Wien statt.
Kooperation mehrerer Forschungseinrichtungen
Das Institut für Strategie und Sicherheitspolitik der Akademie lud gemeinsam mit dem Österreichischen Schwarzen Kreuz für Kriegsgräberfürsorge, dem Grazer Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung und der Österreichischen Gesellschaft für Heereskunde, ein.
Kriegsgefangene sind keine Strafgefangenen
Gunther Hauser, mit der Leitung des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik beauftragt, hob in seinem Vortrag den völkerrechtlichen Wert der vier Genfer Abkommen aus 1949 und der beiden Zusatzprotokolle aus 1977 als Kernregelungen des humanitären Völkerrechts hervor. Dieses zielt darauf ab, Menschen vor Grausamkeiten in Kriegen zu schützen. Dier Schutz gilt besonders für Personen, die nicht (mehr) an Kriegen teilnehmen - Kranke, Verletzte, Zivilpersonen und Kriegsgefangene. Auch letztere sind somit keine Strafgefangene, sondern vor eine Nichtteilnahme am Krieg zu sichern.
Schicksal österreichischer Kriegsgefangener
Stefan Karner vom Ludwig-Bolzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung widmete sich in seinen Ausführungen dem Schicksal der Gefangenen. So konnten seit 1990 durch die Öffnung russischer Archive die Schicksale von 12.000 Kriegsgefangenen allein aus Österreich ab den 1940er-Jahren geklärt werden.
Öffnung russischer Archive
An die 90.000 sowjetische Soldaten und Zivilisten sind allein in Österreich begraben. Nun wurde begonnen, Kasachen, Moldawier und Ukrainer ausfindig zu machen, die in österreichischen Friedhöfen begraben sind. Aus der Ukraine sind laut Schätzungen 40.000 bis 50.000 Menschen betroffen. Insgesamt befinden sich zwischen 28 bis 36 Angaben von jeweils 220.000 Menschen in Datensätzen aus russischen Archiven.
Projekt "Wringer"
Dieter Bacher vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung stellte das Projekt "Wringer" vor. Davon abgeleitet wurden heimkehrende Kriegsgefangene durch westliche Nachrichtendienste befragt. Für britische und amerikanische Dienste war Österreich demnach als Operationsgebiet zwischen "Ost" und "West" äußerst relevant, es ging hier auch über die Lage der sowjetischen Truppen in Österreich und um Jugoslawien.
Missbrauch von Kriegsgefangenen
Erwin Schmidl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Heereskunde, widmete sich in seinem Vortrag dem Schicksal von Kriegsgefangenen. Kriegsgefangene wurden stets und werden weiterhin für Propagandazwecke bzw. für Zwecke psychologischer Kriegführung missbraucht und gedemütigt. Das schließe auch den gegenwärtigen Krieg in der Ukraine nicht aus, so der Historiker.