Die Artillerie im Verbund mit Aufklärungsmitteln (I)
Der Einsatz als "Präzisionswaffe" zur Vermeidung von Kollateralschäden
"Ein guter Soldat fürchtet zwei Dinge: Den lieben Gott - und die eigene Artillerie". Dieser Spruch mag vielleicht einmal gegolten haben. Heute, in Zeiten des asymmetrischen Gefechtsfeldes und rasch ablaufender Kampfhandlungen, sind für den Einsatz der Artillerie zwei andere Dinge unerlässlich: weitreichende Aufklärung und höchste Präzision.
Exkurs zum Wort"Kollateralschaden"
Kollateralschaden allgemein: Das Wort "kollateral" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet: seitlich; auf der gleichen Körperseite befindlich; seitlich angeordnet. Die Übersetzung aus dem Englischen von "collateral damage" bedeutet "(unbeabsichtigte) Nebenschäden".
Kollateralschaden im militärischen Sinn: Kollateralschaden ist ein unbeabsichtigter - wenn auch in Kauf genommener - Begleitschaden, der bei Anwendung militärischer Gewalt zur Umsetzung eines militärischen Auftrages gegenüber Zivilpersonen, zivilen Objekten und der Umwelt auftreten kann.
Präzision: Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "genau, pünktlich bzw. eindeutig". Im militärischen, artilleristischen Sinn liegt die Hauptbedeutung auf der Genauigkeit.
Hinsichtlich der Vermeidung von Kollateralschäden kann Präzision daher nicht hoch genug einzuschätzen sein.
Das Wort "Kollateralschaden" hat im Zuge der militärischen Auseinandersetzung am Balkan, vor allem im Kosovo-Krieg, einen unrühmlichen Beigeschmack bekommen. Eine Jury aus Sprachwissenschaftern und Journalisten erklärte den Begriff zum "Unwort des Jahres 1999". Nach Ansicht der Jury stellt das Wort ein Missverhältnis zu der bezeichnenden Sache dar. Ebenso wird der Vorwurf erhoben, dass Schäden an nichtmilitärischen Personen und Sachen durch den Begriff "Kollateralschaden" zu belanglosen Nebensächlichkeiten degradiert werden.
Bei allen möglichen Einsatzszenarien, beginnend bei der Unterstützung ziviler Behörden im Rahmen der Assistenz im Katastropheneinsatz, bei der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben, aber ebenso bei militärischen Einsätzen wie "Peace Support Operations", "Peace Enforcement" oder "Separation of Parties by Force" kann nicht ausgeschlossen werden, dass Zivilisten zu Schaden kommen oder zivile Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen werden. In diesen Fällen sollte die Sachlage ohne Verwendung des Unwortes Kollateralschaden dargestellt werden. Ebenso sollte allgemein bei der Darstellung militärischer Einsätze auf die Verharmlosung in der Wortwahl verzichtet werden. Die Aussagen von Militärs müssen glaubwürdig sein und sollen ein realistisches Bild der Tatsachen wiedergeben.
Die Artillerie
Der Ursprung der Artillerie ("ars tollere" - die Kunst des Schleuderns/Werfens) ist im klassischen Altertum zu finden. Artillerie hatte den Zweck, Geschosse auf größere Entfernung zu "werfen", als es der Mensch mit Muskelkraft imstande gewesen war.
Mit der Erfindung des Schießpulvers, durch das Abwägen der Geschosse und das Messen der Pulverladung entwickelte sich eine Waffengattung, die einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang kriegerischer Auseinandersetzungen hatte. Vorrangig wurden diese Waffen zur flächenhaften Wirkung auf nächste bis mittlere Entfernung (100 bis 1 000 Meter) eingesetzt. Das Bekämpfen von Punktzielen war durch die damals noch mangelhafte Präzision kaum durchführbar. Einzeltreffer, die einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang einer Schlacht oder eines Gefechtes hatten, erfolgten eher zufällig.
Artilleriewaffen sind Schwergewichtswaffen des militärischen Truppenführers und unterstützen die Kampftruppen in allen Einsatzarten und -verfahren. Sie ermöglichen eine massive Feuerunterstützung, dienen der überraschenden Schwergewichtsverlagerung und sind geeignet, den Kampf in die Tiefe des Feindes hineinzutragen, um lohnende Ziele wie Aufmarschstraßen, Reserven, Verkehrszentren, Versorgungsanlagen, befehlsgebende Stellen etc. zu zerschlagen oder erheblich zu behindern. Die Anforderungen an das System Artillerie sind nicht nur allgemein zu betrachten, vielmehr ist durch die Analyse der Aufgabenstellung die Wahl der Mittel abzuleiten. Die Artillerie bekämpft den Feind durch Wirkung und unterstützt eigene Truppen mit Feuer sowie durch Aufklärung. Sie wirkt dabei sowohl gegen Ziele in der Tiefe des Gefechtsfeldes als auch gegen Ziele unmittelbar vor den Kampftruppen. Durch Aufklärung schafft die Artillerie die Grundlagen für den Feuerkampf und trägt wesentlich zur Lagefeststellung durch den Truppenführer bei. Die Artillerie ist befähigt, Feuerschwerpunkte überraschend zu bilden und schnell zu verlegen. Dadurch kann sie das Gefecht unmittelbar und oft entscheidend beeinflussen.
Es gab und gibt keinen Stillstand in der Entwicklung dieser Waffengattung. Diese muss den zwei Anforderungen entsprechen, die an die Artillerie gestellt werden: einerseits die nach wie vor nachhaltige Wirkung auf eine vorgegebene Fläche und andererseits die immer dringlichere Forderung zur präzisen Punktzielbekämpfung.
Unbedingte Voraussetzungen zur Erfüllung dieser Forderungen sind sowohl moderne Aufklärungsmittel als auch moderne (intelligente) Munition sowie der aufeinander abgestimmte Einsatz beider Mittel.
Zur Vermeidung von Kollateralschäden bei der Bekämpfung von Punktzielen ist von einer Zielgröße auszugehen, die bei maximal 15 Metern Durchmesser liegt (z. B. Kampfpanzer, Einzelfahrzeuge, Gefechtsstände, Einzelobjekte). Das bedeutet, dass die zu erreichende Präzision dieser Zielgröße zu entsprechen hat.
Allgemeine Problematik des Kollateralschadens
Rechtliche Aspekte: Auf mögliche juristische Aspekte wird nicht näher eingegangen, weil sich dieser Beitrag auf die technischen Lösungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Begleitschäden konzentriert. Dennoch ist ein Blick auf das frühere Kriegsvölkerrecht und das humanitäre Völkerrecht angebracht. Im Völkerrecht gibt es den Begriff der "Zulässigkeit der Gewaltanwendung". Dieses Recht beruht auf bestimmten Satzungen, und es sind auch Sanktionen damit verknüpft. Auch ohne Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und auch ohne ein völkerrechtliches Mandat können bewaffnete Konflikte ausgetragen werden.
Das Völkerrecht in seinen einzelnen Abkommen gebietet die Schonung und den Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte. Klar und unmissverständlich kommen ebenfalls das Verhältnismäßigkeitsprinzip und die Angemessenheit der zu wählenden Mittel zum Ausdruck. Unter keinen Umständen darf die Zivilbevölkerung als Gesamtheit bzw. dürfen auch einzelne Personen das Ziel von Angriffen sein, getötet, verwundet oder gefangen genommen werden. Zivile Objekte (alle Objekte, die nicht militärische Ziele sind) unterliegen ebenfalls den Schutzbestimmungen.
Politische Sensibilität: Aus dem Blickwinkel der politischen Verantwortungsträger ist die Forderung nach Präzision bei der Anwendung von Waffen vordergründig. Ist die Bekämpfung von Punktzielen in ziviler Umgebung erforderlich, sind militärische Führer und die zur Verfügung stehenden Waffensysteme gefordert, dieser erwarteten Präzision zu entsprechen, denn wenn sich solche militärischen Ziele in sensibler Umgebung befinden, ist ein möglicher Begleitschaden politisch schwer vertretbar.
Gerade bei Missionen zur Friedenssicherung und Friedensdurchsetzung ist die minimale Gefährdung des zivilen Umfeldes enorm wichtig. Schon deshalb, weil durch korrekte und legale Vorgehensweise auch der Schutz und die Sicherheit der eigenen Soldaten erhöht werden. Bei der Vorbereitung und Durchführung von "Peace Enforcement Operations" gilt als politische Zielsetzung, dass nicht das Staatsvolk, sondern die betroffene Staatsführung und deren Machtinstrumente angegriffen werden.
Drei Beispiele
Die Auswahl der Beispiele umfasst Vorkommnisse im und um den Kosovo-Konflikt und deren Echo in den Medien.
Am 8. Mai 1999 zerstörten drei ferngesteuerte Raketen die chinesische Botschaft in Belgrad. Es ist im Nachhinein nicht mehr von entscheidender Bedeutung, ob diese Fehlschüsse durch die Falschinformation eines serbischen Doppelagenten über die Gebäudelage, durch veraltete Stadtpläne oder durch einen Programmierfehler zustande kamen. Faktum ist, dass der Schaden nicht nur ein bedrohlicher politischer Kollateralschaden war, sondern dass es dabei auch Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung zu beklagen gab.
Am 29. April 1999 um 0440 Uhr schlug eine Rakete in ein Wohnhaus in Sofia in Bulgarien ein. Über die Begleitumstände, die dazu führten, wurde kaum etwas bekannt.
Während man beim ersten Beispiel theoretisch auch von Absicht sprechen könnte, handelt es sich im zweiten Fall tatsächlich um einen klassischen Kollateralschaden im militärischen Sinn.
Der oftmalig in allen Massenmedien kommentierte Raketenangriff auf die Kursumlija-Brücke (im Grenzgebiet zwischen Serbien und dem Kosovo), auf der sich zum Zeitpunkt des Einschlages ein Bus mit Zivilisten befand, wurde seitens der NATO als "bedauerlich" abqualifiziert.
In den beiden letztgenannten Fällen war nicht das technische Versagen von Waffensystemen ausschlaggebend, sondern die Komponente Mensch spielte bei der Verursachung der Kollateralschäden eine erhebliche Rolle. Damit ist klar, dass - unbeschadet aller möglichen technischen Defekte - der Mensch die wichtigste Kontrollinstanz ist, wenn es darum geht, Kollateralschäden zu vermeiden.
Einsatzszenarien
Durch die nachhaltigen Veränderungen in der sicherheitspolitischen Situation Europas verschieben sich die Prioritäten für den Einsatz militärischer Kräfte. Die klassische militärische Bedrohung innerhalb Europas tritt zunehmend in den Hintergrund. Lokale Krisenherde sind - am Beispiel Südosteuropas - gegenwärtig, ein Krisenpotenzial ist bis an die Peripherie Europas und darüber hinaus stets vorhanden.
Unter diesen Gesichtspunkten wird ein verstärktes (militärisches) Auftreten in der Gesamtregion immer wahrscheinlicher. Dieses militärische Handeln wird sich im gesamten Spektrum der "Petersberg-Aufgaben" niederschlagen.
Bezogen auf die Waffengattung Artillerie muss daher der mögliche Aufgabenkatalog innerhalb der Friedenssicherung und bei friedensschaffenden Einsätzen neu definiert werden. In den Vorstufen der "low level"-Szenarien, wie einer humanitären Hilfeleistung oder der Evakuierung von EU-Bürgern, sind Aufgaben der Artillerie schwer zuzuordnen. Bei diesen Szenarien ist die Auftragserfüllung für Artilleriekräfte (im artilleristischen Einsatz) durch die Eigenart des Waffensystems eine besonders schwer zu lösende Aufgabe. Dennoch ist eine Aufgabenzuweisung an Artilleriekräfte auch im Bereich unterhalb möglicher Eskalationsstufen sehr wohl zu überlegen.
Aufgabenstellung für dasSystem Artillerie
Eine moderne Artillerie in einem modernen Heer bedingt entsprechend den vorgegebenen Aufgabenstellungen:
- Die leistungsfähige und zuverlässige Aufklärung bis in die Tiefe des Raumes, bei Tag und bei Nacht sowie unter allen Witterungsbedingungen.
- Die Fähigkeit, dem Truppenführer die notwendigen Informationen zur Feststellung der Lage zu liefern. Dazu muss sie über eine ausreichende, aufgabenorientierte Befähigung zur Beobachtung unter allen klimatischen Bedingungen und zu jeder beliebigen Tageszeit verfügen.
- Die Sicherstellung einer mobilen, flexiblen, durchsetzungsfähigen und treffgenauen unmittelbaren Feuerunterstützung.
- Die Wirkung der Artillerie bis in die Tiefe eines Raumes muss gegen Ziele aller Art präzise und ausreichend möglich sein.
Diese Anforderungen an das System Artillerie sind nur in einem Verbund von Führung, Aufklärung und Wirkung lösbar. Aus diesem Grund ist eine moderne Artillerie immer ein System aus Führungs-, Aufklärungs- und Wirkmitteln, und nur diese Kombination kann Kollateralschäden minimieren.
Zweck und Ziel derAufklärung
Aufklärung hat den Zweck, so frühzeitig und so vollständig wie möglich zuverlässige Nachrichten zu gewinnen, um der Führung jederzeit ein möglichst zutreffendes Bild von der Lage und von der Absicht des Gegners zu geben. Je nach Führungsebene, Auftrag und vorhandenen Mitteln besteht ein nach Zeit, Raum und Art unterschiedlicher Bedarf an Aufklärungsergebnissen.
Ziel der Aufklärung in bewaffneten Konflikten ist es vor allem, die Art, Stärke, Gefechtsgliederung und Absicht der feindlichen Kräfte, ihren genauen Standpunkt sowie die Richtung und Geschwindigkeit ihrer Bewegungen festzustellen.
Der militärische Führer muss wissen, welche Ergebnisse er von den eigenen verschiedenartigen Kräften und Mitteln hinsichtlich der Lage-, Ziel- und Wirkungsaufklärung erwarten kann und wie er diese einzusetzen hat. Nur im Verbund eingesetzte Aufklärungsmittel liefern ein umfassendes Lagebild. Bei Kräften und Mitteln der Aufklärung wird unterschieden nach - der Gefechtsfeldaufklärung, - der raumgestützten Aufklärung durch Satelliten, - der luftgestützten, abstandsfähigen Aufklärung, - der Fernmeldeaufklärung, - der Aufklärung durch Kampf, - der Aufklärung durch Fernspäher und Spezialkräfte und - der Artillerieaufklärung.
Die moderne Artillerie klärt mit ihren Aufklärungs- und Zielortungsmitteln aus dem eigenen Gebiet heraus auf. Sie dringt mit Aufklärungsflugkörpern und Sensoren in den vom Feind besetzten Raum ein und kann innerhalb kürzester Zeit Lage- und Zielaufklärungsergebnisse liefern. Sie ortet Ziele und klärt durch Überwachung des Gefechtsfeldes die Gefechtsgliederung und die Bewegungen sowie Art und Stärke des Feindes mit Zieldatenqualität (= sichere Schießgrundlagen) auf. Ergänzend werden Zielinformationen den Luftstreitkräften zur Verfügung gestellt.
Die Aufklärung liefert Daten über Ziele, deren Umfang und Zustand sowie darüber, an welchem Ort sie sich zu welcher Zeit befinden. Sie erhöht damit die Treffgenauigkeit und Wirkung und trägt dazu bei, ungewollte Begleitschäden zu vermeiden. Eine gediegene Aufklärung hilft darüber hinaus, Kräfte und Munition zu sparen.
Die Verantwortung des Truppenführers im Waffenverbund
Die militärische Führung beruht auf dem Prinzip ungeteilter persönlicher Verantwortung. Jede Handlung eines Truppenführers muss deshalb auf ein klares Ziel ausgerichtet sein, dessen Erreichen einen verwertbaren Erfolg bedeutet.
Weil aber menschliche Fehler nicht auszuschließen sind, ist gerade der Faktor Mensch in einem hohen Maß gefordert, die Verursachung von Kollateralschäden zu vermeiden.
Es liegt auch in der Verantwortung des Truppenführers, Truppen ihrer Eigenart und Leistungsfähigkeit entsprechend zu verwenden. Dies verlangt vom militärischen Führer auch das Verständnis für technische Belange, Kenntnis der technischen Grundlagen und richtige Beurteilung der Leistungsmöglichkeiten und Grenzen technischer Mittel.
Die Grenzen der Rohrartillerie und Raketenartillerie
Der Einsatz der Rohrartillerie mit herkömmlichen Munitionsarten erfordert bestimmte Rahmenbedingungen. Das bedeutet, dass die Rohrartillerie bei der militärischen Aufgabenerfüllung ihre Aufträge auf der Basis einer Zielaufklärung zu erhalten hat. Diese Zielaufklärung kann durch verschiedenste Organisationselemente der Artillerie erfolgen. Darüber hinaus ist es notwendig, die Beobachtung der Treffpunkte durchzuführen, um erforderliche Korrekturen zu befehlen. Diese Vorgangsweise erfordert einen hohen Munitionseinsatz, hat gegen Punktziele relativ geringe Effizienz und die Beobachtung des Zielbereiches ist nach wie vor erforderlich. Ein Begleitschaden ist kaum auszuschließen, und durch die lange Bekämpfungsdauer erhöht sich die Verwundbarkeit der eigenen Feuerstellung.
Bei den in den westlichen Staaten eingeführten Mehrfach-Raketenwerfersystemen sind die Probleme ähnlich gelagert.
Artilleriesysteme entsprechen den herkömmlichen Einsatzszenarien und erfüllen die Aufgaben als Steilfeuerelement des Truppenführers. Aber für die Erfüllung der vorhin bereits erwähnten "heiklen Missionen" können Artilleriewaffen nicht ohne besondere Vorkehrungen und Grundbedingungen eingesetzt werden.
Daraus sind zur Vermeidung von Kollateralschäden folgende Forderungen an eine moderne Rohr- und Raketenartillerie abzuleiten:
- präzise Aufklärung (bei Beistellung der entsprechenden Mittel); - Reduktion der entfernungsabhängigen Streuung; - Minimierung des Geschossbedarfes (was gleichzeitig die Reduzierung des logistischen Aufwandes in der Munitionsversorgung darstellt); - Verringerung der Aufwändungen in Relation zur Wirkung; - Möglichkeit der Bekämpfung von Punktzielen in ziviler Umgebung; - Bekämpfung von besonders wichtigen Zielen in jedem Gelände.
Die Richtung für die zukünftige Artillerieentwicklung hat daher auf - den Einsatz von vorgeschobenen Beobachtern, ausgestattet mit Sensoren, Aufklärungs- und Schießradar und der Befähigung zur Durchführung von Drohnenaufklärung, - die exakte Flugbahnberechnung und Flugbahngestaltung mit Hilfe von verbesserten Feuerleitrechnern und GPS-Steuerung sowie - den Einsatz von "halbintelligenter" und "intelligenter" Munition zur Reduktion des Munitionsaufwandes abzuzielen.
Als weitere Forderungen zur Verbesserung der Effizienz von Artilleriesystemen sind - eine Reichweitensteigerung auf etwa 45 km und darüber hinaus, - die Fähigkeit, Munition mit dem Attribut "fire and forget" (eigenständig zielsuchende Munition) zu verwenden und - die entfernungsunabhängige Treffgenauigkeit mit kleiner als 50 m CEP (Circular Error Probability = Radius eines Kreises, in dem mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit 50 Prozent aller Treffer liegen) festzulegen.
Einsatz von Aufklärungsmitteln
Die Artillerietruppe verfügt im Allgemeinen über ein weit verzweigtes Führungs- und Fernmeldenetz, das vom Beobachter bei der Kampftruppe bis zum Gefechtsstand des Truppenführers reicht. Darüber hinaus ist sie mit vielfältigen Aufklärungs-, Einsatz-, und Fernmeldemitteln ausgestattet, die sie entsprechend der Befehlsgebung und dem politischen Auftrag einsetzen kann. Dabei muss die Nutzung der Fähigkeit zur weitreichenden Aufklärung und Wirkung im Vordergrund stehen.
Prinzipiell wird zwischen - bodengestützten Aufklärungsmitteln (Artilleriebeobachter), - Artillerieortungsmitteln (Artillerie Aufklärungs- und Schießradar, Gefechtsfeldradargeräte, Lichtmess- und Schallmess-Systeme) und - luftgestützten Aufklärungssystemen (Aufklärungsdrohnen und Kleinfluggeräte zur Zielortung) unterschieden.
Der Begriff der "bodengestützten Aufklärungsmittel" umfasst die Beobachtungstrupps mit ihren optischen Aufklärungsmitteln. Deren Einsatz muss immer unter den Aspekten Autonomie, Mobilität, Nacht- und Allwetterkampftauglichkeit sowie Selbstschutz betrachtet werden. Der fahrzeuggestützte Einsatz des Organiationselementes sowie seiner Aufklärungs- und Beobachtungsmittel ist zwingend erforderlich. Wobei zusätzlich vorhanden sein muss: Splitterschutz, ballistischer Schutz, Minenschutz, ABC-Schutz, Autonomie, eine entsprechende Bewaffnung zur Selbstverteidigung sowie die Ausstattung mit Nachtsichtgerät, Tageslichtvideokamera, Wärmebildgerät, Laserentfernungsmesser und Gefechtsfeldradarsystem.
Artillerieortungsmittel wie Schallmessanlagen oder auch Artillerieortungsradargeräte stellen die permanente und weiträumige Aufklärung feuernder Waffen im indirekten Richten sehr schnell sicher.
Die durch Artillerieaufklärungsmittel gewonnenen Zieldaten können mit der Verwendung der entsprechenden Munitionssorten für verschiedenste Maßnahmen genützt werden, wie z. B. zur Abschreckung und Warnung, einer "Show of Force", bis hin zu einem gezielten Waffeneinsatz, wenn es die Situation erfordert. Der konzentrierte, punktgenaue Feuerschlag vor oder neben die Position eines Aggressors oder Störers im Sinne einer letzten Warnung - unter Vermeidung eines Kollateralschadens - ist damit möglich. Der Gegner muss davon überzeugt sein, dass es keinen Sinn hat, sich neben sensiblen Objekten aufzuhalten, um einen Artillerieeinsatz wegen zu erwartender Begleitschäden zu vermeiden.
(wird fortgesetzt) ___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberst Rainer Karasek, Jahrgang 1953. 1975 Ausmusterung als Artillerieoffizier zur Brigadeartillerieabteilung 5; Verwendung als 1. Offizier, Batteriekommandant und in verschiedenen Stabsfunktionen. Ab 1979 Dienstverrichtung im Stab des Landwehrstammregimentes 52, u. a. als stellvertretender Regimentskommandant. Kommandant des Sicherungsbereiches Ost beim Sicherungseinsatz 1991. 1993 bis 2003 Kommandant des LWSR 52 bzw. des Artillerieregimentes 1. Seit April 2003 Kommandant der Artillerieschule und gleichzeitig Waffenchef der Artillerie.